Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm ![]() | ![]() ![]() ![]() | |||
fäh bis fahl (Bd. 3, Sp. 1236 bis 1239) | ||||
| ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() der nasalform goth. also noch keine spur, es gilt weder faggan noch ein subst. faggs. ahd. aber zeigt sich, neben dem praes. fâhan, zwar das praet. fie, selten pl. fiegun, gewöhnlich fiang pl. fiangun, part. gifangan. das mhd. vâhen, gekürzt vân, praet. vie und vienc, pl. nur viengen, part. gevangen stehen fast ebenso; nhd. beginnt fangen auch ins praes. vorzudringen, obgleich fahen fortbesteht. Luther gibt dem praes. noch überall in der bibel fahen, nur Col. 2, 20 und 2 Macc. 12, 35 hat sich fangen eingeschlichen, doch im praet. sg. das fie aufgehört, nur fieng und fiengen sind üblich. heute klingen uns fahen, anfahen, empfahen, umfahen edel und feierlich gegen die herschenden fangen, anfangen, empfangen, umfangen. nicht anders erscheint neben ags. fôn das praet. feng, fengon, alts. neben fâhan fêng fêngun, fries. neben fân feng fengon, nl. neben vân vieng viengen. den nord. sprachen konnte der nasallaut erst in den pl. praet. und das part. einschreiten, praes. und sg. praet. hielten sich frei davon, altn. fâ feck fengo fenginn, schw. f fick fingo fngen, dän. faae fik (für sg. und pl.) faaet. in feck, fick, fik erscheint die ten. härter als die goth. asp. in faifah, welche im ahd. fîo fie völlig abfiel, nur dasz im pl. älterer denkmäler noch fiegun ausbricht. die genäselten formen ergeben sämtlich ng (strengahd. nk), auslautend und im anprall an t wird auch nhd. fahen zu fach und fächt = væt. erwägt man alle verschiedenheiten, so folgt, dasz fahen die ältere gestalt des verbums war, fangen die jüngere. beide steigen aber schon auf in urverwandten sprachen. sp. 1218, bei untersuchung der wurzel von fach wurde zu fahan, fâhan das skr. pax, amplecti, capere, gr. πήγνυμι, πέπηγα, ἐπάγην, lat. pango pepigi, paciscor, pactus sum gestellt. pax, pacisci, fahan sind nach der regel verschoben und goth. ahd. h neben lat. ten. für ch eingetreten, wie jener imp. vâch und das subst. fach, ags. fäc bestätigen; auch im nord. feck, fick deutet ten. auf ältere asp. zum nasallaut bekennen sich πήγνυμι, pango, compingo, halten ihn aber vom praet. pepigi, compegi fern, während er umgedreht bei uns vorzugsweise dem praet. zu theil wurde. ähnlichem verhalt begegnen wir bei hahan, gehen und stehen neben hangen, gangen, standen, doch mit oft abweichender entwicklung. Das allermerkwürdigste wäre eine kaum zu verkennende nahe berührung zwischen fahen, heben und haben, welchen lat. pangere, capere und habere zur seite steht. von haben = habere ausführlicher zu reden musz auf dies wort selbst verspart bleiben. capere [Bd. 3, Sp. 1237] ist aber förmlich unser heben, goth. hafjan, der bedeutung nach unser fahen, wie sehr sich die begriffe des hebens und nehmens verwandt liegen, denn der aufhebende nimmt und der nehmende faszt oder fängt, beginn ist sowol anheben als anfang. durch diesen einklang ihres gehalts wird man auf die vermutung geleitet, dasz die wörter selbst auch éiner wurzel angehören, was sich nur aus lautumstellung erklären liesze. cap ist umgestelltes pac und fah umgestelltes haf (vgl.pecus faihu, pecto und capillus, fahs sp. 1225). alle einen solchen wandel vermittelnden vorgänge müssen aber in tiefe urzeit zurück verlegt werden, sie ermöglichten, dasz in einer und derselben sprache beide erscheinungen nebeneinander festgehalten wurden, lassen auch einzelne daraus hervorgegangne störungen der lautverschiebung wol begreifen. die reduplicationen faifah, pepigi, πέπηγα sehen wir auf gleicher linie, während die blosz ablautenden cepi und bôf eine ältere reduplication ahnen lassen, die geschwunden ist. capere und hafjan würden hiernach einmal dem pangere und fahan vorausgegangen sein, unserm fahen wohnt der sinn von capere ein. bedeutungen des heutigen fahens (lauter praesensformen), 1) menschen fahen: welche du mit deinem schwert und bogen fehest, die schlahe. 2 kön. 6, 22; er fehet die weisen in irer listigkeit. Hiob 5, 13; noch fehet man in mit seinen eigen augen. 40, 19; ir seid ausgangen, mit schwerten und mit stangen, mich zu fahen (goth. greipan mik). Matth. 26, 55. Marc. 14, 48; fürchte dich nicht, denn von nun an wirst du menschen fahen (goth. fram himma nu mannê siud nutans). Luc. 5, 10; noch kam es darzu, dasz es dem vatter kund ward, der denn sobald verschuf den ritter in still zu fahen. buch d. l. 235, 3; sobald der könig sein hinwegscheiden würde vernemmen, würde er ihm eilends nachhangen und ihn unterstehen zu fahen. 257, 1; dis ward der pfleger inne, schicket hin sie zu fahen. preusz. landt. 343; man fahe die beiden andern und thue ihnen ebenso, riefen einige. 8, 178; alle diese liebeswaffen leg ich an, Reineke fuchs sei schuldig des todes! so soll man ihn fahen, zornig sagt es der könig und liesz im augenblick beide es ist des kaisers will und ordonnanz, dasz mich der landvogt fahen liesz und binden. 540b; er wollte nicht, dasz einer von dem häszlichen fahen läszt er einen zwerg, 2) wild fahen: so nim nu deinen zeug, köcher und bogen und gehe aufs feld, und fahe mir ein wildbret. 1 Mos. 27, 3; und welcher mensch, der ein thier oder vogel fehet auf der jaget, das man isset, der sol des selben blut vergieszen und mit erden zuscharren. 3 Mos. 17, 11; fahet uns die füchse, die kleinen füchse, die die weinberge verderben. hohelied 2, 15; gottlose, die den leuten stellen und fallen zurichten sie zu fahen, wie die vogeler thun mit kloben. Jer. 5, 26; ein falsch herz ist wie ein lockvogel auf dem kloben und lauret wie er dich fahen müge. Sir. 11, 31; abermal ist gleich das himelreich einem netze, das ins meer geworfen ist, damit man allerlei gattung fehet. Matth. 13, 47; den leuten fah das schädlich wild. und dachte wie ein wild für seine küch er fahe. 3) sich fahen lassen: der fuchs läszt sich nicht leicht fahen; wie das sacrament kompt, fellt, so ists gottes sacrament und leszt sich fahen mit dem glauben. 1, 415b. 4) ich wil an ewr küssen (ad pulvillos vestros), damit ir die seelen fahet und vertröstet und wil sie von ewren armen wegreiszen und die seelen, so ir fahet und vertröstet, los machen. Ez. 13, 20; neige dich den letzten hauch zu saugen 5) die stadt, burg fahen, urbem, arcem capere, occupare, einnehmen: [Bd. 3, Sp. 1238] nun wird er fahn die weitgedehnte stadt. 6) ehmals sagte man eines hand oder hände fahen, was heute fassen, ergreifen, halten heiszt: mhd. sô wolder dar gâhen als ër vil gërne hin vür bisz das ich damit fach dein füsz. 7) den ball fahen, pilam excipere. in spielverzeichnis unter 69 : nu fah den ball ehe er fall. 8) den harn fahen, urinam redditam excipere: deckt ihn zu gar warm 9) ram fahen, sorde se maculare: wer sich an alte kessel reibt, der fähet gerne ram. Hildebrandslied; so soll sich ire hohe kunst an den alten kessel reiben und den rechten ram fahen. 8, 5b; ich meine, er solt anlaufen und ram fahen. 8, 59a. 1512 nimmt ram fahen abstract für spe sua falli.10) fahen, in se recipere, annehmen, aufnehmen: ist aber das verbrunnene gut kupferig, so ist es desto besser, so mustu ihm kupfer zusetzen, dann es wird der abgezogene zeug schmeidiger davon und fecht das blei das silber und gold lieber in sich, als allein aus dem unartigen zin. beschr. der erzt. 34b. 11) gedanken, lehre, wahrheit fahen: nein, solche gedanken fehet er nicht aus dem exempel. 5, 70b; das ein mensch die zarte warheit fehet und preiset. br. 2, 162; wer meine lere mit rechtem herzen fehet. 2, 243. 12) was wir fahen, haben wir nit, und was wir nit fahen, haben wir. röm. gesch. 135b. 13) steht kein acc. dabei, so wird die bedeutung intransitiv, z. b. der zunder fäht nicht, will den funken nicht aufnehmen; die pflanze fäht nicht, will nicht wurzeln, bekleiben; denn meine rede fehet nicht unter euch, sermo meus non capit in vobis (goth. vaurd mein ni gamôt in izvis). Joh. 8, 37; daher kompt es, das auch gots wort nit bei ihr (der welt) fähet. paradoxa 2a; ein jeder stern fähet nach seiner kraft und art von der sonne. Aurora, Stuttg. 1825 s. 108; der lebendige geist fähet in der süszen qualität. s. 118. besonders merke man fahen in der eigentlichen bedeutung des fahens, umfahens, ohne beigesetzten casus, der sich leicht hinzudenken läszt: und ging nit fur (ergieng nicht) eincher kus noch einch wort umbsunst oder unvergolten, jetzt facht er, dann facht sie. transl. 72, 33. Wolfram hat den acc. dazu: ër bat die küneginne rîch ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() 1) was gefangen werden kann, fangbar: nimt ers nit in dem selben ougenblick, vergat es, als die fischer und vogler gewont sind, denn die fisch und vögel haben ihr gewisse zit und sind nit alle zit fähig. 1, 10. 2) was fassen, enthalten kann: Speusippus hat erfunden bretter zu schneiden und aus dünnen hölzern fähige fasz lernen machen. chron. 96a; der becher ist eines nösels fähig, calix sextarii capax. 393. 3) fähig zu haben, zu erwerben, mit gen. der sache: item wann jemand beklagt würde von sachen wegen, so er der überwunden sein leib und gut verwürkt hett und aus forcht [Bd. 3, Sp. 1239] solcher verschuldter straf sich selbs ertödt, des erben sollen in disem fall seins guts nit vehig oder empfengklich (bonorum neutiquam capaces. Gobler), sonder solch erb und güter der oberkeit heimgefallen sein. Carolina 135; einsi freundschaft fähig oder begirig, capax amicitiae. 129b; sie (die fürstinnen) könten beide des herzog Friedebalds nicht fähig werden. Arm. 1, 160; Livia, welche von dem abschied nehmenden Tiberius noch aufs flehentlichste ersucht worden war, ihn Thusneldens durch alle euszerste mittel fähig zu machen (in Th. besitz zu setzen). 1, 1256; die ehre in des herrn freundschaft zu gelangen ist mir so lieb, dasz ich nimmermehr glückseliger als disesmal, da ich derselben fehig worden, mich ermesse. kanzl. 39. 4) fähig etwas zu thun, aufzunehmen, zu empfinden, gleichfalls mit gen.: das man sein gemüte erkennen sol, wenn es einer oder der andern sache am fähigsten. Patm. 940; hiezu kam noch die jugend des tyrannen, welche seine noch nicht verhärtete seele neuer eindrücke fähig machte. 2, 277; unglücklicher weise war das volk so vieler mäszigung nicht fähig. 2, 285; aber meinen freund Ogul soll er ungehudelt lassen, wenn anders ein philosoph eines guten rathes fähig ist. 6, 59; seelen, fähig edler triebe. lehr ein mittel 5) fähig, habilis, facilis, aptus, ohne davon abhängigen casus: frömbkeit richt es allein nicht aus, saget er, er musz auch geschwind und fehig (schnell fassend) sein und sich in die welt und ire hendel zu schicken wissen. 151b; auch schien dieses versehn dem vater sehr willkommen zu sein, der das grosze vergnügen, sein söhnchen so fähig (begabt) zu sehen, wolbedächtig nicht an den tag gab. 18, 26; er ist einer der fähigsten köpfe im ganzen land; unser fähigster schüler. s. baufähig, hoffähig, unfähig. ![]() ![]() ![]() ![]() [Bd. 3, Sp. 1240] farb, herb, gelb u. a. m., die schlechte schreibung fahl ist wie in kahl, mahl; fahl und falb sind dasselbe wort. fahl gilt vornemlich von bart und haar, dann von pferden, aber auch von metall, getraide und andern dingen ähnlicher farbe. 1) etliche schwarze, kesselbraune oder fahle oder gelblichte kupfer. 74b; zohe ein fahles kleid an. Felsenb. 2, 137. 2) streiften ihm den groszen fahlen bart abe, banden ihn dem tatterischen heubtman an den spiesz. chronica alter preusz. historien. Königsb. 1599 s. 134. 3) und ich sahe ein falh (al. falb) pferd (ἵππος χλωρός, vulg. equus pallidus) und der drauf sasz, des name hiesz tod und die helle folget im nach. offenb. 6, 8; und wenn wir ains mer auf ainem valben pfert finden. fastn. 321, 5; ich hab dich oft gefunden ob ich sie find uber der karten ob er sie auf eim fahlen pferd zeuch, fahler, zeuch! zeuch, fohle, zeuch, das schulrecht mach ich hier gemach 4) fahl, bleich, abgeblaszt, welk, mhd. mhd. heide und anger und diu tal, nhd. so fahl, so schahl, so kahl gehts aus. Froschm. am schlusz; und wie kahl und fahl ist ihr feuer, ihre phantasie. J. P. Tit. 2, 3; mich macht verdrüszlich, dasz der mensch alle tage seines lebens leichter überlebt, als (den letzten ausgenommen) den ersten, und dasz ebenso unser realblatt zu kahl und fahl aufzieht. anh. zu Tit. 1, 6; ein solcher, dessen fahles herz nichts weisz von der bruderunität befreundeter herzen. Hesp. 1, 12 (48); euer fahles wesen, schwankende positur, welch ein gesicht so fahl und grimmig kalt, wenn du hinaus auf die felder gehst,
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