Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm ![]() | ![]() ![]() ![]() | |||
esse bis essen (Bd. 3, Sp. 1158 bis 1167) | ||||
| ![]() ![]() [Bd. 3, Sp. 1159] ![]() ![]() als man daʒ golt sol dô gloste ich als daʒ îsen, die sêle fuorten si dannen die brunnen als ein ësse, sîn muot dër was sô wesse, von zinken, quâter, esse dô truoc ër von dër ësse daʒ wuniclîche wërc. Ortnit 176, 2. nhd. man sach von seinem munde gan es erstarr an der esse die amboszhand! ...; sah ich den rauch und die glut und die holen mauern und essen. ![]() ![]() ![]() ![]() wie kümts dasz ein gemeiner mann um trankgeld pflegt zu bitten? [Bd. 3, Sp. 1160] ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() fürs goth. praet. at, êtun ist der sg. ohne beleg und die anscheinende analogie von frêt, frêtun, altn. ât, âto könnte auf êt, êtun leiten, doch frêt entsprang vielmehr aus fraat, bestätigt also at. ags. ät, æton oder æt, æton? engl. eat, ate. altn. ât, âto, schw. t, te, dän. aad. durch solche production des sg. wird ein ablautsgesetz gekränkt. ahd. aʒ, âʒun, die kürze des sg. nach mhd. aʒ (: laʒ. Parz. 217, 11. 218, 16), âʒen, gleichwol steht geschrieben âʒ bei N. Boeth. 179, bei 2, 66. 113 und vrâʒ : unterlâʒ gereimt Servat. 2955; auch neben nl. at taucht aat auf. nhd. asz, aszen. das compositum ahd. giaʒ, giâʒun oder gaʒ, gâʒun, namentlich gewährt O. III. 6, 18 gâʒi und III. 6, 43. IV. 11, 1. V, 15, 1 gâʒun. mhd. gaʒ, gâʒen, gæʒe (wb. 1, 759b). nhd. alsbald er nun das imbis gasz, dem part. praet. ist goth. zuzutrauen itan, ags. ëten, engl. eaten, altn. lautet es ëtinn m. etit n., schw. ätit, dän. ädt. ahd. belege sind unverzeichnet, ëʒʒan und gëʒʒan für giëʒʒan = ags. geëten höchst wahrscheinlich, wobei nur zweifelhaft bliebe, ob das anlautende g, gi blosz dem part. von ëʒan zutritt oder die composition durch das gesamte wort zieht. auf ungâʒêr incoenatus ( 1, 528) werde ich sogleich kommen. mhd. gelten zwei formen nebeneinander, gëʒʒen und gâʒ: ich ne hete sîn inbiʒʒen, nû habent si wol gëʒʒen dô si getrunken hêten und gëʒʒen überal. Nib. 1612, 1; dër hunt hât lëder gëʒʒen. dô wolt ër aber gëʒʒen haben. pass. K. 276, 17; hâstu daʒ obeʒ gâʒ? anegenge 18, 25; dâ du ane hâst gâʒ den tôt. fundgr. 2, 20, 3; ëʒn sî denne gar ein vrâʒ, wëlt ir, si hânt dâ gâʒ genuoc. 815, 21; ûf stuonden die dâ hêten gâʒ (: saʒ). Wh. 277, 11; ê daʒ ich mit in het dâ gâʒ (: daʒ). frauendienst 336, 15; het ich mit in niht gâʒ aldâ. 336, 19; als sie wolte haben gâʒ (: saʒ). krone 13629; als schier sie hâten gâʒ (: gesaʒ). 14804; dô si alle wârn gesëʒʒen schiere hâte er gnuoc gâʒ. 28876; dô daʒ gesinde het gâʒ (: baʒ). Wigam. 2664; het ër âne zannen nu dâ gâʒ was genuoc. Mai 219, 15; daʒ lieʒen si wol âne haʒ, den het dër ungetriwe frâʒ ich bin gewësen zwelf wochen und ein jâr, si âʒin gâs und quâmin. Athis C*, 164 [Bd. 3, Sp. 1161] gehört vollends nicht hierher, denn gâs ist = gâhes, subito. geâʒ, gâʒ, oder nach vielen reimen gaʒ, gewinnt für unsre grammatik werth, ich sehe darin die erloschne form eines part. praet. activi, während gëʒʒen part. praet. passivi ist. beide gâʒ und gëʒʒen gleichen merkwürdig den sl. participien jed und jeden und Slaven grenzen an Ostdeutschland. zwar hat in den voranstehenden belegen gâʒ völlig die passivbedeutung von gëʒʒen und eins dieser wörter scheint entbehrlich, weshalb wir ihm auch später entsagt haben. allein der schwankende oder wechselnde, bald transitive bald intransitive sinn von essen mochte längst den der participien verwirren, man sagte ich hân gëʒʒen für intransitives edi, comedi, ich hân gâʒ den tôt für transitives edi mortem, während es im ersten fall ich hân gâʒ, im andern ich hân den tot gëʒʒen heiszen sollte. dasz gâʒ ursprünglich einen aussagt der gegessen hat, folgt unwidersprechlich aus seiner unabhängigen, adjectivischen verwendung, die auch verneinendes un vorschiebt und der wir eben bei Hartmann begegnen, welcher sich des hân gâʒ enthielt; es sind die redensarten, wo sich dies participium mit den wörtern sein, sitzen, ligen, fahren u. a. m. bindet: dô ër vierzic tage was ungâʒ. anegenge 10, 24; sô daʒ ër sîns gebëtes phlac sô muoʒ ër dâ ungâʒ ligen. 2699; manegen tac ungâʒ ër gienc. Parz. 485, 29; ungâʒ ûf dem gevilde dô ich alsô trûric saʒ, ër was ungâʒ, gedenke sat. 3026; daʒ ër ungâʒ muose sîn ër wær wol iemer ungâʒ nieman mac lërnen ungâʒ. Reinh. s. 337, 1248; und lige hiut den driten tac ungâʒ und ungetrunken. 1, 86.überein mit diesem ungetrunken kommt freilich ungëʒʒen: ob ich nu hie ungëʒʒen sitze. Renner 16397; ich bin hiut den dritten tac dër dô wære gesëʒʒen als iwer geselle trinken sol, und muost du ungëʒʒen wësen. 7, 359; noch was Jacob ungëʒʒen. passional H. 95, 57; daʒ ein mîn vil lieber vrunt wande si binnen vier tagen daʒ si hînt sîn ungëʒʒen. pass. K. 144, 79: ich wil ungëʒʒen blîben. 226, 21; lieʒ man in wësen ungëʒʒen. 275, 1; von dem morgen dicke ër las erklärbar ist die schon früh auftauchende verdopplung des praefixes, gleich als sei die wurzel des verbums nicht ëʒʒen, sondern gëʒʒen und dieses mit den völlig unverwandten ergëʒʒen, vergëʒʒen, oblivisci in éine reihe zu stellen; ein goth. gaitan (wie fraitan, frëʒan) würde nichts verwirren, das ahd. giëʒan konnte zu gëʒan, giaʒ zu gaʒ werden und verführen, noch leichter mhd. gëʒʒen, giʒʒet, wobei man das ge in gleich, genug, glauben, geglaubt betrachte. bei 3, 53 lesen wir: daʒ du dës boumes hâst gegâʒ; 2, 66 warumbe ër den apfel hête gegâʒ. nhd. bilden wir heute zu essen, asz ein part. gegessen, statt des organischen, noch bis ins 16 jh. allgemein gültigen gessen, geessen, wie Keisersberg, Luther, Hans Sachs, Fischart und alle ihre zeitgenossen richtig schrieben: und Adam sprach, das weib, das du mir geben hast z einer gesellin, die hat mir geben von dem holz und ich hab davon gessen. s. d. m. 12b; die schlang hat mich betrogen und ich han geessen. bibel 1483, 6b. 1 Mos. 3, 13; das dich niemand kenne bis man ganz gessen und getrunken hat. Ruth 3, 3; und da Boas gessen und getrunken hatte. 3, 7; die aber gessen hatten der waren [Bd. 3, Sp. 1162] bei fünf tausent man. Matth. 14, 21; wir haben fur dir gessen und getrunken. Luc. 13, 26; da sie das brot gessen hatten. Joh. 6, 23; davon wil ich, alsbald wir geessen, in den wald gehn. legende bei 6, 501a; da man geessen hatte. 501b; ich hette nit ein bitzlin geessen. 26; brosmen usz den kleken (ritzen) gesucht und geessen. 27; die hetten sie denn gedöttet und gessen. reise s. 129; das es so lang ungessen hieng uber dem fewr. s. 156; der eifer deines hauses hat mich gessen. Jerus. 1, 48a; in Italien werden die delphin von niemand gessen. 96a; gessen ungetrunken ist gehunken, arm hat er sich noch satt gegessen. 1, 79; du hast zu mittage blähende sachen gegessen. 3, 226, er würde sich hüten gessen zu gebrauchen. doch hat man es späterhin für den naiven, traulichen ausdruck wieder zugelassen: schenk mir was, ich habe kein brot gessen gestern und heut. 8, 19 = 42, 22; wenn ihr gessen und trunken habt, seid ihr wie neu geboren. 42, 12 (8, 12 gegessen und getrunken); aber wir, wenn wir gessen und trunken haben. 42, 13 (8, 12 gegessen, getrunken); ich habe gestern auch éine erlegt, das andere part. gasz kennt sie in der schrift gar nicht mehr, unterm volk in Hessen und am Main, wahrscheinlich sonst noch, ist genug zu hören 'ich han gasz'. 2, 73 unter gâsz gegessen weist auf essen und asz 1, 116. 119, wo man auch ich han gasz, ich habe gegessen angemerkt findet. grosz ist die urverwandtschaft zu unserm essen: skr. ad, gr. ἔδειν, lat. edere, comedere = gessen, sp. comer, wofür it. mangiare, fr. manger = manducare aus mandere, ir. gal. ith, welsch it, lit. ěsti, lett. ehst, preusz. ist, altsl. iasti, russ. iest', poln. ieść, böhm. jisti, in der ersten pers. des praes. lit. edmi, sl. iesm', iam' für iadmi, böhm. jim für jedm. Nach dieser einem so althergebrachten wort gebührenden darlegung seiner form kann auf die bedeutungen eingegangen werden. 1) urbedeutung des essens scheint beiszen und kauen, wie poln. ieść, serb. jesti ausdrücklich besagen. enbeiszen (sp. 446), ags. onbîtan ist anbeiszen und essen, unser entstelltes imbs mahlzeit. der rost iszt das eisen, edit ferrum, beiszt, nagt daran. man erwäge manducare, mangiare, manger, die den begrif masticare, mâcher ermäszigen. eine bestätigung liegt in zahn, ahd. zand, ags. tôð, goth. tunþus, lat. dens dentis, welsch dant, ir. deat, lit. dantis, skr. danta, welche sämtlich schon in frühster zeit des anlautenden vocals verlustig giengen, der nur in ὀδούς, ὀδόντος haftete. die ὀδόντες sind aber edentes, nicht sowol essende, als beiszende, malende, malmende, denn essend wäre auch zunge und gaume. man sagte gleichbedeutig ein buch essen, beiszen, schlingen (s. hernach unter 10) und auch eisen essen, beiszen, fressen, kauen, nagen sind synonym. [Bd. 3, Sp. 1163] 2) der Gothe setzt gewöhnlich matjan für φαγεῖν, ἐσθίειν, τρώγειν, βιβρώσκειν, selten itan für ἐσθίειν. wäre nicht unmittelbar zusammenhang zwischen mandere und matjan? der goth. vocal ist kurz und keine spur von verengung des worts, wie sie auch mats cibus, ahd. maʒ, altn. matr abweisen. nur scheint die buchstäblich rechtfertige herleitung von matjan aus mitan dem sinne zu widerstreben, es müste denn im kauen ein messen, vermessen liegen. gleich matjan jah drigkan, manducare et bibere, ἐσθίειν καὶ πίνειν Matth. 11, 18. 19, êtun jah drugkun Luc. 17, 27. 28 stehen essen und trinken gern beisammen: mhd. si trunken sêre und âʒen. tr. kr. 16316; nhd. mit im aʒ und tranc. 1, 53; liebe seele, isz, trink und habe guten mut. Luc. 12, 19; so er denn gisset und trinket mesziglich. bilger 18b; isset oder trinkt. 18b; pfuch, alles das er isset und trinket, das lügt er. s. d. m. 25b; ir werdet essen und trinken mit mir an meinem tisch. Jerus. 1, 16a; und zahllose mal anderwärts, der kein verdienst besasz, er sasz in angst dabei und asz und trank nicht mehr. heiʒt uns drâte ze ëʒʒen gëben. 3) das goth. fraitan ist κατεσθίειν, aufessen, verzehren, schlingen, ein etwas härterer ausdruck als itan: frêt devoravit. Luc. 15, 30; fuglôs frêtun þata fraiv, volucres comederunt illud semen. 8, 5. auch unser heutiges sprachgefühl legt essen den menschen bei, fressen den thieren: ein unvernünftig thier friszt kaum das ander, solte dann ein mensch den andern fressen? reise 154, welche thierische grausamkeit wir dann mit dem ausdruck menschenfresser bezeichnen. doch ahd. manëʒo, ambro und s. d. m. 29a drückt sich so aus: kein thier isset das ander, kein sperber, falk isset den anderen, on allein ein wülpin, die isset ein (= einen) wolf, so sie hungerig ist. hier schiene frisset zutreffender: ein mensch sol ëʒʒen, ein wolf frëʒʒen, wolf, nu friʒ daʒ lamp! MS. 2, 171a; ze hant ër daʒ lamp vraʒ. a. w. 3, 170; sô diu katze vriʒʒet vil, dës hete ër (der slange) gërne vrëʒʒen niun vogele die dër slange vraʒ. 24202; nhd. der sperling pickt und friszt die körner, der finke friszt mir aus der hand, der käfer friszt das laub, die raupe den kohl. doch 487: zu zählen, wie viel bienen essen sô sie thar thô gâʒun thie in themo grase sâʒun. III. 6, 43; ioh ward thërô âleibô, thërô fisgô ioh thërô leibô, ich wæn dîn ors dicke gaʒ æʒe ëʒ höi, ëʒ wær ein fremdeʒ pfert. darzuo diu ros ungeëʒʒen lât. Amgb. 22b; dër hunt eniʒʒet höuwes niht. dër hunt hât lëder gëʒʒen. 138, 17; wie man auch huntâʒ für hundekost sagte. fraw, ich bit dich, hüte ein wenig, das der hund die speis nicht esse, die ich uf den tisch stelle. Aesop 1555. 16. die bibel 1483, 169a. 1 kön. 21, 23 setzt: die hund werden essen Jezabel in dem acker Jezrahel, wo Luther: die hunde sollen Isebel fressen an der mauren Jesreel. sie lieszen die ros essen. buch d. l. 217, 4; darnach gab er seim ros zu essen. ebenda; und sol man dem pferde strawen bis an den buch und ein kripf und rauf in dem stall machen, esze dan er (der vogt)[Bd. 3, Sp. 1164] und das pferd gern, do luge, wo er es neme (d. h. stroh, krippe und raufe hat das pferd im stall, fürs futter sorge der vogt). weisth. 1, 743. Seuter und Uffenbach in ihren arzneibüchern gebrauchen immer essen für fressen von den pferden, z. b. wenn das pferd den wolfszan hat, mag es nit wol essen. 341. im kindermärchen wird der traulichen hausschlange zugerufen: 'ding, isz auch brocken!', andere erzählen 'frisz auch' (myth. s. 560), jenes aber ist passender. thiere, die untereinander redend aufgeführt werden, läszt man ebenfalls 'essen' sagen, so die maus: nu iʒ an, trût gespîl! iʒ vaste, wir sîn wol behuot daʒ dich æʒen die maden! sô ëʒʒen si die wilden krân! die wurme ëʒʒent uns daʒ hërze. vultur, dum satur est modis, 4) die verba essen und trinken stehen intransitiv, wenn ihnen kein acc. folgt, transitiv wenn ein solcher von ihnen abhängt. sie, sowie alle ihnen gleichbedeutigen sind vorzugsweise geeignet, den partitivbegrif des genitivs von dem auf den ganzen gegenstand gerichteten accusativ zu unterscheiden (gramm. 4, 649) und neben diesem zeigt dann das verbum transitive, neben jenem intransitive bedeutung. des brotes essen, manger du pain heiszt ein stück davon, das brot essen, manger le pain, das ganze aufessen, doch unsre heutige, die genitivfügungen einengende sprache zieht ein unarticuliertes brot essen dem früheren brotes essen vor, was näher zu entwickeln nicht hierher gehört. beispiele des partitiven genitivs: ahd. aphules, opaʒes ëʒan, ags. ofätes ëtan, onbîtan; mhd. ê ich nû der spîse wolde lëben, si sprach 'ir sult mîn ëʒʒen niht'. Parz. 131, 24; dar zuo iʒ du dër apfel und der kriechen. MS. 2, 101a; dër brûtgoum vant in dër hant dër rab dër botschaft gar vergaʒ, der meins brots asz. mein nächster freund, 5) statt dieses gen. reiszt bald die praep. von ein: du solt essen von allerlei bewmen im garten. 1 Mos. 2, 16; und also brach sie ein feig von dem baum und asze davon und gab sie Adam z verschen. s. d. m. 12b; so oft ir von diesem brot esset und von diesem kelch trinket. 1 Cor. 11, 26; und er wölte von keinem mehr essen. reise 138; ich bin nit her kommen, das ich von dir essen wölle. 141; leben daran wol und lassen in wol sein, essen fast von milch, fladen und süszem ding. weltb. 147b; ich mochte nicht davon essen; er asz von dem obst und liesz alles andere stehn; ihr spürtet ihn aus und hättet um alles leider hab ich zu viel von einer speise gegessen. 40, 23. 6) der acc. findet sich sehr häufig, wo essen in allgemeinem sinn genommen ist oder verzehren, aufessen bedeutet: brot, fleisch, [Bd. 3, Sp. 1165] suppe, gemüse, obst, honig, früchte, kirschen, nüsse essen; ich will etwas essen; ich gebe dir gleich zu essen, du bekommst wenig zu essen; es hat zwölfe geschlagen. essen wir bald was?; bleib ich hier, was sollen wir essen? esset ihr mäuse so gern? ebenda; wes brot ich esse, des lied ich singe; das trockne brot essen; er hat nicht einmal das liebe brot zu essen; das gnadenbrot bei einem essen; mehr können als brot essen; iszt was er kan verdewen. 7) man sagte es essen, den tod, das fieber, die krankheit an etwas, an einer speise essen: si sprach 'nu iʒ den grimmen tôt! er hets an vischen gessen. Appenzeller krieg 193; er hats an eim haiszen prei gessen. fastn. 683, 16; voraus ein (krankheit), die heiszt darmvol, die krankheit, die in hat besessen, sonst isset man die sorge frasz sein herz. altn. sorg ëtr hiarta. Sœm. 25b; alles einessen, in sich essen, fressen, verschlucken müssen (oben sp. 168. 235), man vergleiche noch fundgr. 2, 70: er scol alles leides irgëʒʒen, ëʒ prüevet aller schande hort, vor zorne ër sich sëlber aʒ. GA. 3, 66; und wann nid (f.) kiflet, nagt langzit, 8) essen mit adjectiven verbunden, a) satt essen (saturari): jah gairnida saþ itan haurnê, ἐπεθύμει γεμίσαι τὴν κοιλίαν αὐτοῦ ἀπὸ τῶν κερατίων. Luc. 15, 16; jah gairnida saþ itan drauhsnô, χορτασθῆναι ἀπὸ τῶν ψιχίων. 16, 21; arm bin ich zwar, doch ess ich satt. b) das fleisch roh, gesotten, gebraten essen: den krëbʒ wolt ich ê ëʒʒen rô. c) sich satt essen (saturare se), sich nicht satt essen; wir aszen uns an dem braten satt; asz mich an einer abgesottenen groszen fohr (forelle) gesund. 2, 185; hatte sich an einer gänseleber krank gegessen; sich dick, sich dick satt, sich rundherum satt essen; sie aszen sich an gänsen dick. man bilde sich einmal ein junges mädchen ein, 9) in der letzten stelle ist sich dativ, in den vorausgehenden acc. einen dat. fügt zu essen auch 1, 140, 3: [Bd. 3, Sp. 1166] mein tisch der darf mich nicht um übersatz verklagen, 10) man sagte: ein mal essen ist göttlich, wer zwiret iszt der ist ein mensch, wer drü mal iszt der ist ein vich, wer vier mal iszt der ist ein teufel, und wer fünf mal iszt der ist des tüfels mter genant. s. d. m. 5b. dem ziemlich, züchtig essen gegenüber steht unzüchtig, geitig, gierig: ein mensch der da zimlich isset, wenn er an dem morgen erwachet und abgetouwet hat, so begegnent im die ding so clar und lauter und in einer solicher feiner ordenung, das er ein ganzen tag sunst nicht finden möchte. 7a; also asz Esau geitiglichen ein schüssel mit linsen aus, darumb ward er beraubt des segens von gott, dan er het tötlich gesündet, da er also geitiglichen und giriklichen het gessen. 5a. ich esse gern, edere cupio, pruriunt mihi dentes: die Juden, da sie in der wüste waren und waren des himelbrots maszleidig, sie hetten gern fleisch gessen und sprachen 'uns unwillt ab der speis'. 4b; also hat er ein schleckerhaftige speis vor im ston, die er gern isset, so hungert in darnach, das er wolt das er mee essen möcht und ist im leid, das er niht mer mag. oder ist sollicher speis nicht geng da, die er geren isset, so hungert in, das nit noch mer da ist, das er den sack fülle. 10a. 'es gern essen' steht sodann überhaupt für 'gern haben': 'sehe da, was mir gefehlet hat, diser baum sol mir für ein leitstab und spiesz dienen', risz in derwegen flugs leichtfertig aus wie ein anderer Christoffel, behieb im die äst und machts wie irs gern eszt. Garg. 232b. so meint auch essen sich einer andern uneszbaren sache gierig bemächtigen und ein buch essen hiesz es gierig lesen, wie wir heute sagen es verschlingen: und dunkt sich strifecht und gelert, ein gelêrter heiʒt ein buochbîʒ. Ls. 3, 328, einer der bücher iszt oder in sich schlingt.10b) ermahnung zu essen: iʒ vaste und scham dich niht. meister 625, 36, vgl. sch. u. ernst 1555, 316: der bruder sasz nider und asz allerlei trachten die man darsetzt on scham. vgl. iʒ an, iʒ vaste sp. 1164 unter 3. 11) wie vom essich beiszen gilt vom gährenden wein essen, was eine hübsche stelle bei Keisersberg lehrt: darumb mstu dir selber einen starken gewalt und getrang an thn, wie man dem gten win tht, der do sol kreftig luter und stark werden, den tht man in ein stark wol gebunden vasz, das wol verschlagen ist und lot im kein liblöchlin, und so wird er heisz in im selber und vocht an im vasz z iesen und südet und tht vigentlichen (feindlich). so thnd sich die tugen (dauben) uf und wil usz dem vasz, so bindet man die vasz mit groszen strengen und seilen und ist angst und not das er im vasz blib. so gesitzt dan der win und isset und verieset in im selber und das werden denn die besten win. bilger 87c. 12) eisen essen ist was eisen beiszen und geht schon auf iarn bîta der wütigen Berserker zurück: ër ist geheiʒen Ungenant at ego pro isto, Phaedria et tu Chaerea, lasz die wetter unterdessen [Bd. 3, Sp. 1167] im essen bist du schnell, im gehen bist du faul, 13) die alte sprache war manigfalter in wörtern für essen, die den begrif nach vielen seiten abschatteten, mehrere einfache verba lassen ihn heute entweder gar nicht oder nur eingeschränkt blicken. des goth. matjan wurde vorhin gedacht. so galt nëman, capere für essen und weiden, wie wir noch sagen etwas nehmen, in sich, zu sich nehmen; nioʒan, goth. niutan, nieszen, genieszen; brauchen, ags. brûcan war frui, vesci (2, 315); entbîʒen, ags. onbîtan (3, 494); naschen geht auf leckerheit, nagen ist rodere: dër die halben bir nuoc. GA. 1, 214. speisen, ein noch nicht aufgehelltes wort, setzen wir vom essen vornehmer leute. schlingen und schlucken bedeutet hastiges essen, kauen langsames, gemächliches: der mewet die speis vorhin (ruminat, kaut wieder) ee er sie isset wie ein ochs, der die speis nach dem essen mewet und douwet. s. d. m. 7a. wir sagen in sich füllen, in sich schwingen, in sich bringen, hinunter bringen, asz über alle macht, soviel er nur hinunter bringen konnte. irrg. d. l. 191. aʒ in sîne hût. cod. pal. 361, 40d; aʒ in sînen munt. tr. kr. 24187; in den mund werfen, schieben, zu munde weisen, führen; dem munde bieten; einreiben; einschieben; einpacken; zu faden schlagen; räumen, aufräumen; zeliden, zerstücken, zeliden noch ëʒʒen. denkm. 82, 1, vgl. DWB stück und frühstücken; ein lützel brôtes tœten. Renner 5256; schnabelieren, krustelieren u. a. m. von den meisten wird an ihrer stelle näher gehandelt. Adelung führt landschaftliche, hauptsächlich niederdeutsche wörter für langsam, gierig, viel, wenig, unreinlich essen an. bausen, schlemmen und demmen geht auf übermasz und ausschweifung, doch zumeist in trank: ich isz nit wenic und trink dest mer. fastn. 562, 15; lautet heute:ich esse nicht wenig, der trunk erhält mich. s. DWB esch = eʒʒisc, fressen, gessen, abessen, anessen, aufessen, ausessen, einessen, mitessen, asz, äszig, atz, ätzen, etzen.![]() ![]() 1) cibus, speise, tracht, gericht: ein gutes, schlechtes, schmackhaftes, gesundes, köstliches, leckeres essen; dîn ëʒʒen ist vil kleine. dîn ëʒʒen wirt wol bereit. 1, 1025; daʒ ëʒʒen mir gar widerstêt. 1, 1039. mach mir ein essen, wie ichs gern habe und bring mirs erein, das ich esse. 1 Mos. 27, 4; und gab also das essen mit brot, wie sie es gemacht hatte in Jacobs hand ires sons. 27, 17; und der könig gieng weg in seine burg und bleib ungessen und liesz kein essen fur sich bringen, kund auch nicht schlafen. Daniel 6, 18; wie der hausknecht ein essen krebs auftruge. wendunm. 187b; die essen, welche von der Arsace tisch waren aufgehebt worden, disz waren köstliche essen. buch d. l. 211, 3; éin essen oder zwei bereiten. sch. u. ernst 1555, 318; schau, ob du kommest an doch nimmt ein kluger koch die mittelmasz in acht, sie singt und trägt das essen singend auf. indem er dies noch sprach, trat Fiekgen selbst herein, arm hatt er sich noch satt gegessen, bald als er essen sah und roch, ein mäuschen, sprach er, ist mein essen. das essen es soll euch mein weibchen ein bräutigam gehört schon zu den seltnen essen. 2) prandium, coena, mahlzeit, gastmahl: ein essen anstellen, zum essen einladen; [Bd. 3, Sp. 1168] es ist heut fastnacht, und ein essen wird 3) man sagte sonst vor essens, nach essens, mit ausgelasznem nomen 'zeit', wovon die genitive abhängen, wie in vor mittags, nach mittags, über nachts, unter tags, schw. i aftons, i morgens: nach essens spielleut einher bracht. nach essens so tanzet man wider.
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