Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm ![]() | ![]() ![]() ![]() | |||
trennemesser bis trennungszeichen (Bd. 22, Sp. 111 bis 134) | ||||
| ![]() ![]() ![]() ![]() I. herkunft und form. 1) mhd. trennen. ahd. nur in der composition mit en- und za-, mnl. trennen, ternen, terren, tarren, nl. tarnen, tornen. dän. trende 'einschlagen, anzetteln (beim weben)', älter auch 'schlitzen, spalten' ist entlehnt. in den andern germ. sprachen nicht vorhanden. meist wird trennen zusammen mit ahd. abtrunnig 'apostata', antrunneo 'profugus', ab-, antrunnigi 'apostasia', mhd. drunege 'trennung, spaltung, trünne 'schwarm, herde' zur idg. wurzel der- 'spalten' (genauer zur wurzelvariante dren-, die neben der- steht wie ren- neben er-) gestellt, so von 34, 170; 1283; beitr. z. idg. wortforschg. 778; 1, 798 (vgl. aber 796). doch ist die an den genannten stellen vertretene auffassung, trennen sei causativum zu mhd. trinnen 'entlaufen', aus gründen der bedeutung und bezeugung abzulehnen; dies erst im 15. jh. durch ge- und undertrinnen gesicherte seltene vb. (die von den wbb. für trinnen gegebenen stellen gestatten — oder fordern — sämtlich die auffassung als entrinnen) ist vielmehr durch falsche zerlegung aus ahd. entrinnan, mhd. entrinnen = ags. otirnan 'entlaufen' entstanden, s. 10 495 u. teil 3, 640. die möglichkeit ähnlicher herkunft von trennen aus ent-rennen als gegensatz zu garennen 'coagulare' (und von ab-trunnig aus ant-runnig, vgl. ahd. zintrinnanne 'apostatare' ahd. gl. 1, 568, 59) ist nicht zu bestreiten; doch wird sie weder von der chronologie der belege (da zatrennen schon im 8. u. 9. jh. belegt ist, s. ahd. gl. 1, 277, 26) noch von der bedeutung genügend gestützt. 2) im prät. und part. prät. zeigt trennen den sog. 'rückumlaut'. die ahd. und klassisch-mhd. belege sind durchaus unumgelautet. der ausgleich beginnt in der 2. hälfte des 14. jhs.: 111a Primisser; 94, 15 Schatz, beide unter reimzwang; do wir kunig Alexandrum aller werlte herschaft entrenneten ackermann aus Böhmen 75 Bernt. im 15. jh. wird der ausgleich allgemeiner, bei autoren des 16. jhs. herrscht er schon durchaus, z. b. bei Fischart, Brant, Weiskunig, zimm. chronik, u. a. daneben behauptet sich die unumgelautete form noch bis hoch ins 18. jh. ältere grammatiker wie Duesius, Schottel führen beide formen nebeneinander auf, ebenso lexikographen wie Stieler, dasz die umlautlose form schon mitte des 17. jhs. antiquiert und blosz dem reim zulieb verwendet wird, zeigt der vers: wer da sich hat getrennt, der hat sich dort getrant (: band) 60 lit. ver. im 18. jh. gebrauchen sie im reim noch Bodmer, (der aber auch erkennt (prät.): getrennt ged. [1750] 48 reimt), Gleim, letzterer auch im versinnern, ged. (1735) 1025, zuletzt um 1780 Meiszner bei 4, 876. 3) d-anlaut findet sich vereinzelt ahd. bei 1, 596, 10 P. entsprechend seinem anlautgesetz; später bei den alemanen 382 Bihlmeyer und (1564) besatzung 13b; seltener im rheinischen: chron. d. dtsch. st. 13, 363 u. 366; 31 ndr.; vereinzelt auch bei 6, 236 u. gloss. 177a. 4) spielformen des wortes. alemanisch, 16. jh.: ain laucher, da mitt du das fleisch von ain ander trenngest chirurg. 20b, vgl. hierzu zertrenglung zerstreuung [Bd. 22, Sp. 112] Keisersberg bei hist. wb. d. elsäss. maa. 439; tirolisch, 17. jh.: eine naht auftrendeln 754; moderne ma: zertrenschen eine naht auftrennen, wb. d. lux. ma. 503. II. bedeutung und gebrauch. trennen, als simplex im ahd. und mhd. nicht allzu häufig, tritt in altdeutscher zeit vornehmlich in unsinnlicher anwendung entgegen; erst im nhd. tritt neben den unverminderten reichtum des übertragenen gebrauchs kräftiger die verwendung in unverblaszter, sinnlicher bedeutung. dazu entwickelt sich ein stark terminologischer gebrauch, bes. in der kriegs- und rechtssprache. die starke bedeutungsdifferenzierung dieser epoche spiegelt sich in der tatsache, dasz in der älteren lexikographie das wort mit etwa 70 lat. vocabeln umschrieben ist. in der neueren spr. gewinnt die sinnliche anwendung sehr an breite, wird aber stets schattenhafter und blasser; das terminologische geht bis auf kleine reste verloren, ebenso ein groszer teil des mit dem sinnlichen noch enger verbundenen unsinnlichen gebrauchs; in beiden fällen gelten heut meist synonyma. diesem verlust entspricht auf der anderen seite ein vordringen des wortes im bereich des unsinnlichen, gedanklichen ordnens und sonderns, zuletzt in der früher ganz ungebräuchlichen durativen (imperfectiven) anwendungsart. das im verhältnis nicht häufige wort hat im sprachboden keine tiefen wurzeln getrieben. es scheint groszenteils auf die oberen schichten der sprechenden, mehr noch der schreibenden, beschränkt gewesen zu sein. dasz es allgemein in mundarten fehlt, wurde öfters angemerkt, so bei wb. d. dtsch. spr. (1834) 676; schwäb. 2, 367. wo es doch eingedrungen ist, wird es entweder blosz registriert Appenzell 174; in Wiener sitz.-ber. 140, 34; ostfränk. ma. § 268, 4; Handschuhsheim. dial. 72; nass. dial. geogr. 75; Westerwald. 7; Bistritz 192; Nordharz. wb. 196; Waldeck 277; Samland 157) oder in ganz wenigen, kargen bed., in denen es häufig mundartechteres verdrängt hat, vorgeführt ( 754; Aargau 60; schwäb. 2, 367; 2, 759; 1, 247; lux. ma. 503; Samland 88; 105; 3, 434. trennen bedeutet in seiner ursprünglichen sinnhaltigkeit: etwas, das eine fest geschlossene einheit bildet, in einzelne teile zerlegen. dabei ist es ohne belang, ob diese einheit von vornherein vorhanden war und durch den vorgang der trennung zerstört wird, oder ob sie erst künstlich durch zusammenfügen entstanden ist, der vorgang des trennens also ein auseinanderlegen des sinnlich als einheit erscheinenden gegenstandes in seine ursprünglichen bestandteile darstellt. dagegen ist die vorstellung der gewaltsamkeit dieses lösungsvorganges für den verbalen begriffsinhalt ursprünglich wesenhaft. A. transitiv. 1) eigentlich. a) ausdruck der älteren kriegssprache: das durchhauen von rüstungsgegenständen mit dem schwert. so bereits mhd.: von mînem swerte wirt daz harnasch hin getrant Lohengrin 519 Rückert; beide si zetranden mit einem ringen leichten schwert der schusz das pantzer trennen thet [Bd. 22, Sp. 113] es schien als wann er bald mit einer lantze rannte für die zerstörung von festungsbauten, dickem mauerwerk u. ä.: Renoceros tho mich nennen, wenn in entzündter lufft die kugeln sich entbrennen, proevet, frund, ind ouch ir, vyant, vom fliehen will ich floh dich nennen, b) 'schneiden, abschneiden, durchschneiden': ain laucher da mitt du das fleisch von ain ander trenngest chirurg. (1539) 20b; sie gleichet einer welcken traube, dasz du noch nicht den jungen faden trenntest, sie hatte ein silbernes messer das beil des henkers sollte dein verdammtes haupt das ist ein bain von meinem bain da trennte der wogen gedenke (saget er) der du mein hertze brennest c) den breitesten anwendungsbereich und eine bedeutungsspecialisierung entwickelt trennen bei kleidern, stoffen u. ä. α) das zusammengenähte wird längs der nahtstelle mit messer oder schere aufgeschnitten (vgl. DWB trennmesser). diese bedeutung ist wohl eine der ältesten; sie findet sich in Monseer und Tegernseer glossen des 9.-11. jhs., dissuta vestimenta z. b. ahd. gl. 1, 349, 51, allerdings in compositis, wie denn hier auf-, ver-, zertrennen mit dem simplex von anfang synonym gehen. in den mundarten ist diese bedeutung die weitaus verbreitetste: 754; 2, 367; 2, 759; lux. ma. 503; 206; 1, 247; die meisten uncommentierten dialectbelege gehören wohl hierher, doch ist diese verbreitung [Bd. 22, Sp. 114] wohl secundär, indem trennen ältere heimische wörter verdrängt hat: für obd. mundarten scheint trifelen Defregger dial. 43, schwäb. 2, 381, fürs ostfriesische und zumindest westnd. törren, törnen (vgl. oben ndl. tornen) 285; hamb. 310; holstein. 4, 271; dann auch altmärk. 225 ursprünglicher zu sein; z. teil führen die wbb. beide wörter an, z. b. 3, 426; 434. von einem zum kleid zusammengenähten stück stoff: do sach er sîn hürnîn gwant da recht, da lehn jhn an die banck, und trennet vom mantel die flecken, die fleck an diesen rock (Christi lehre) geflickt ... β) die auflösung eines gewebes wird in erweiterung von α in nhd. zeit auch dann als trennen bezeichnet, wenn sie nicht mit messer oder schere geschieht: der faden kann herausgezogen, -gezupft werden 225; 3, 426; noch anders ist der vorgang bei gewirkten, gestrickten, gewebten dingen: retexo, detexo (häufiger auftrennen) 4, 271. bei ketten, schnüren, fäden bedeutet trennen die auflösung der verschlingungen durch aufknoten, auseinanderzupfen: eine ... Penelope, die ihren schleier webt und trennt, trennt und webt 22, 127 Suphan. sehr beliebt in bildlicher verwendung: höre doch endlich mein liebesgeschrey! (die vaterhand) selber jedes eheband drum wenn du nun ... doch kann kein ferngelegen land [Bd. 22, Sp. 115] kein besser noch füglicher mittel ... als das band der einigkeit und guten vertrauens zwischen churfürsten und ständen zu trennen v. schwed. krieg 1, 3; im fal sich einiger garstiger neidhammel unter die verträglichen schafe mit einmischen und das band unserer genossenschaft trennen und zerstükken solte helikon. rosenthal (1669) 31; dasz sie, ihrer lust wegen, die stärksten banden der natur trennten: das können sie nicht verantworten 2, 291 L.-M. davon löst sich als selbständiger rechtssprachlicher terminus die verbindung die ehe trennen ab (s. u. 2 c α, αα, sp. 125). d) mit abgeschwächter intensität für die gewaltsame auseinanderfügung, zerreiszung von einheitlichen dingen. α) das lose element zerreiszen, zerstreuen, vornehmlich dichterisch: die wolcken trennt seins glantzes glitzen durch ihrer (der winde) flügel muntres weben das vivat trennt die dicke luft schluchzen und seufzen trennt wie ein schiff die wellen trennet, strebe, mächtiger kiel, trenne die schäumende fluth dasz der geschlagne strand der breiten Donau schäumt β) hinsichtlich politisch-geistiger ganzheiten: der papst Paschal ii. hatte Arras von Cambrais getrennt, und dem ersteren einen eigenen bischof gegeben gesch. d. Dtsch. (1778) 2, 326; bei der geschichte jenes denkwürdigen aufruhrs, der die vereinigten Niederlande auf immer von der spanischen krone trennte 7, 8 Göd.; der zustand der von der hierarchie getrennten landeskirchen erhielt im allgemeinen die bestätigung des reiches s. werke 4, 219; Paschalis faszte ... den ... gedanken, alles zurückzugeben, was die kaiser der kirche jemals verliehen, sie im grunde ganz von dem staate zu trennen ebda 1, 23. γ) von concreten einheiten, die gewaltsam zerrissen werden: diese zwey schriftsteller vergleichen den risz, der Sicilien von dem übrigen Italien getrennet hat, mit demjenigen, welcher zwischen Afrika und Spanien erfolget ist untersuch. vom meere 55; vornehmlich dann, wenn die aufspaltung nicht vollständig erfolgt, sondern trotz des teilweisen risses die einheit des ganzen weiter bestehen bleibt: was seine (des erlösers) seite trennt, durch die ein speer gebrochen, so wie in einem wald, den hundert gänge trennen δ) ein scheiden von substanzen auf künstlichem wege; chemisch zerlegen (statt des häufigeren scheiden) 187, 489; synonymik (1826) 1, 62; verschiedene metalle auf nassem wege scheiden 207; physikalisch: metalle im hüttenwerk durch [Bd. 22, Sp. 116] schmelzen scheiden 187, 489; von farben: eine stätige reihe in einander greifender, aus einander gleichsam quellender farben zu trennen, zu zerschneiden, zu zerreiszen II 2, 62 W.; eine grosze anzahl verschiedener farben ..., die man mit einem spektroskop trennen und einzeln sehen kann mod. naturwiss. u. d. kosmos 208; bildlich: es musz etwas geben ... das anrege, das den strahlenbündel (der gesellschaftlichen harmonie) trenne und ihn in farben zerstreue 45, 134 W. e) das auseinanderscheiden zweier oder mehrerer selbstständiger, nebeneinander angeordneter oder ineinander verschlungener körper, wobei es gleichgültig bleibt, ob zwischen ihnen eine mehr oder weniger innige berührung statthat oder ob sie im weiteren sinn eine einheit darstellen; auch hier ebbt der gewaltmäszige vorgang bis zum einfachen auseinanderfügen ab. α) von lebewesen untereinander. αα) vorerst ein mehr gewaltsames auseinanderschaffen von in loser ansammlung, bzw. gegenüberstellung oder zu festen formationen verbundenen: 'streitende scheiden' 2, 2013; sie greifen zu den schwertern. werden durch die herolde getrennt, weil es nacht wird I 41, 281 W.; trennt sie, sie sind erhitzt Shakespeare 3, 352; offiziere, dazwischen springend, trennten die miteinander ringenden (1890) 1, 30; blasser: bisz dasz die finster nacht anbricht dem wünscht ein warmen (kühdreck) ich auff d' flennen ββ) als ausdruck der älteren kriegssprache 'die feinde zerstreuen, zersprengen', synonymisch mit er-, zertrennen; bis zum ende des 18. jhs. gebräuchlich, zuletzt aber kaum noch terminologisch. zunächst mit deutlicher anschauung: wann dann ein kriegszvolck schon in die gräben fielle, alszdann künden sie für den creutzhespeln (verhaue) nicht fort oder zusammen, sonder sie werden dardurch gedrennet besatzung (1564) 13b; wurden die Venediger getrennt und in die flucht gejagt chronika (1574) 55a; sie überfallen, getrennet und geschlagen wurden milit. discipl. (1602) 59; sie darauff in kurtzer zeit die gantze flotte getrennet und in unordnung gebracht haben theatrum amoris 414; doch endlich trennt dein arm die maurendichten glieder entblösse stahl und arm! komm! blitze, trenne, stürme, [Bd. 22, Sp. 117] trennen vollk. dtsch. sold. (1726) 278; die Niederländer brachen mit solchem ungestüm ... in den feind, dasz sie ... die schlachtordnung trennten und das ganze heer in die flucht schlugen 9, 5 G. häufig ohne diese bildliche vorstellung ganz allgemein 'schlagen, besiegen' (vgl. dazu 2 a ε): und ward das heer Anthony also getrent, dasz sie hilf durch die flucht wider in iere schiff erholten de claris mulieribus 266 lit. ver.; begibt sichs, dasz ... die feind seinen hauffen mehrertheils getrennet, viel umbbracht und die andern flüchtig zurück getrieben wendunmuth 115 lit. ver.; du hast ja (starcker got) ... der feinden gantzes heer der liga generale die andern (manipeln) trennt die wilde wuth der thiere (kriegselefanten) γγ) seit frühnhd. zeit in stärkerer abblassung der ursprünglichen bedeutungsschärfe für die leiblich-räumliche trennung von menschen, besonders von liebenden, ehegatten, freunden u. s. w.: der jetzige könig hat sich ... unterstanden, mich von meinem manne zutrennen weiberspiegel (1505) h ib; o schatz zu deim rosnfarben blut o wee des schweren leiden! da mich das wehrte Sachsenland man hat von meinen treuen kammerfrauen, nicht menschen macht, nicht kerker, nicht der tod wir stehn von uns getrannt von aller welt getrennt, vom musenchor geschieden, dasz du dein Alcestin verlohren, [Bd. 22, Sp. 118] es kömpt die zeit, da mich und euch er trennt und bricht: also trennet der tod zween göttliche gatten nichts ist uff erden weit und breit, δδ) von tieren: wölff ... trennen also, wanns müglich ist, den hauffen (pferde) von eynanders und fallen die jungen füllin an feldbau (1579) 617; anders: dieselbe (die hasen) theyleten sich plötzlich von einander, damit sie die hunde trenneten und irrschweifig machten eselkönig 285; verblaszt, mit vertauschtem object: eine zeitlang hält die familie noch beisammen, bis sie bald ihre unmäszige freszgier trennt Reinh. fuchs, vorr. (1834) xxii. β) von lebewesen in beziehung auf gegenstände, vorstellungen, geistige inhalte u. s. w.: αα) der miszmuth einer groszen seele, die von allem irdischen getrennt ist 22, 202 W.; so sehr ich durch ihre abwesenheit auch von allem genusz der bildenden kunst getrennt bin IV 12, 109; ein sinnbild der unschuldigen kindlein, weil diese durch das schwerdt vom leben getrennt ges. schr. (1852) 5, 223; die guillotine wird uns 'von tisch und bett trennen' nachgel. schr. (1850) 134; nichts kann sie von dem holden bilde trennen der eygen will auffhör zu bochen, du hast mich, Christe, teur erlost ... kein brennen, hauen stechen deine mir verhaszte sünden ... alle, die dich jetzt verspeyen, ββ) häufig begegnet die wendung leib und seele (geist) trennen: so denn der teufel diese macht hat ... dasz er den geist des menschen ausser seinen leib verzucken kan, solte es ihm nicht viel leichter seyn, leib und seel ohne einige zertheilung ... hinzutragen, als einen vom andern zu trennen und zu theilen ohne des menschen tod? Blockes-berges verr. (1668) 233; meist umschreibend für 'sterben'; als handelndes subject erscheint oft der tod selbst: o mensch, bedencke stets dein end, disz eine (traumbild), wir bekennen, man richtet keinen gifft in steinern schüsseln zu. [Bd. 22, Sp. 119] γ) von dingen: welch ein himmelweiter unterschied ist aber von da, bis auf die buchdruckerey, mit getrennten buchstaben? anmuth. gelehrsamk. 1, 116; der letzte (der setzer) konte nicht trennen, was der erste (der schriftgieszer) zusammengosz gramm. gespr. (1794) 43; bei seiner zurückkunft aber war der fusz so geschwollen, dasz der stiefel vom bein getrennt werden muszte dtsche sagen (1891) 1, 205; wenn die grabesurne bricht, so höb ich eine kunde an, von der herr: dämpfe mir den trieb, der für Banisen brennt, wir haben längst das nichts von menschenwitz erkennt, 2) leibliche trennung wird in reicher anwendung aufs uneigentliche übertragen, als scheidung im geistigen, seelischen bezirk, sodann auf dem gebiet der verschiedenen sociologischen und religiösen menschlichen gebilde. dabei ist die ursprüngliche sinnhaltigkeit des begriffs bereits so weit abgeblaszt, dasz die körperliche scheidung nicht durch physische gewalt, sondern durch nötigungen und anlässe höherer art (absichten, wünsche, ereignisse, willensakte u. s. f.) bewirkt wird. a) in der älteren sprache hat sich ein groszer gebrauchsumkreis gebildet, in dem trennen 'aufheben, auflösen, entfremden, vernichten, zunichte machen' bedeutet. und zwar tritt dieser gebrauch schon im mhd. voll ausgebildet hervor, im simplex wie in den compositis, auch reflexiv, vgl. 84, 39 Schatz; 90, 48; 111, 56; 8, 21; 30, 32 Lachm.; 113a [Bd. 22, Sp. 120] Prim.; 9 Schmeller; ges. 323, 17 Diemer; v. 17115; 18697 Ehrism., verbreitert sich im frühnhd., erreicht um die wende vom 17. zum 18. jh. die gröszte ausdehnung, um dann verhältnismäszig schnell zu schwinden. heut gelten bis auf wenige formale, stehende wendungen zumeist die oben angeführten umschreibungen. die composita en- und zertrennen begleiten diesen gebrauch völlig synonymisch. α) 'auflösen, zum auseinandergehen bringen'. der sinnliche ursprung läszt sich am ehesten wohl von dort erkennen und herleiten, wo das abstracte object ein (inneres oder äuszeres) beisammensein von menschen anzeigt: das trennen z. b. einer versammlung trägt die sinnliche vorstellung von der trennung der versammelten in sich; erst später erstarrte das wort im formal-terminologischen sinn: 'die versammlung aufheben': in dem gezänk sie stuenden auff, bald wird ein kreis gemacht, bald wiederum getrannt, β) 'vereinzeln, isolieren': aber griffen (die wölfe) erst nur einen (ochsen) an, aber wohin der mensch auf kühnem pfade sich wagte ... γ) der nachdruck liegt ganz auf der componente des seelisch sich auseinanderentwickelns, 'entfremden, seelisch auseinanderbringen'. in häufiger anwendung von liebenden, gatten, freunden: also pflegen sich auch zuzeiten zwischen klein füge unwillen ... zuerhalten, welche ... sie beide mehr von einander trennen und jeden den lust, welchen sie billich in jrer zuwonung beisammen haben solten, verlaiden 3, 145 Hauffen; die strafe der verführung [Bd. 22, Sp. 121] einer verehlichten frau war ... die schwerste, weil sie die heiligsten bande der gesellschaft zerreiszt, und diejenigen trennt, deren verbindung die innigste ... ist v. Alfred 50; man knüpfe personen, die schon am hochzeittage getrennt ..., so wird eine nerve des gefühls getödtet 3, 32 Suphan; wir nannten uns einstens brüder, lebten in freundschaft und liebe. ein böser geist trennte uns Klinger bei stürmer u. dränger 1, 123; sprichwörtlich: was sich treu und standhafft nennet, wird durchaus durch nichts getrennet dtsch. Dädalus (1675) 1, 188; mit anderer beziehung: so ist also unser ganzes einheimisches recht ein endloser wust einander widerstreitender, vernichtender, buntschäkiger bestimmungen, ganz dazu geartet, die Deutschen von einander zu trennen notwendigk. eines allg. bürg. rechts (1814) 413. δ) die innere entfremdung führt zum äuszerlich sichtbaren gegensatz, 'uneins machen, spalten, entzweien'. αα) allgemein; trennen distrahere aliquem ab altero 433a; animos aliorum dissociare 2, 1916; morum & studiorum dissimilitudo dissociat amicitias thes. erud. (1587) 769a; selten zusprechen trennet (διέλυσεν) manche freundschafft ders. 275b; er hat die gantze freundschaft getrennt omnes animos consanguineorum dissociavit dtsch. wb. (1734) 2, 839: gemeinschafft, gesellschaft, verbuntnisz oder fruntschafft sye zeern und nicht zetrennen spiegel d. wahr. rhet. (1493) f 5b; ach da (in der hölle) ist alles umbgewandt, ei der verfluchte kerkermeister der erste in der welt nur sein zerrbild kennt, ββ) insbesondere von der auflösung und zerstörung fester politischer gemeinschaften oder verbindungen: das er sy mit seiner fürstlichen macht und pillichen oberigkait gegen in hanthabet und in (ihnen) den pock (eine adelsverbindung) trennet und seinen vettern hertzog Ludbig zu hilff nam bair. chron. 224 Spiller; durch der ständ verklainerung biszweilen drennt die forcht, was einmal ist verglichen, [Bd. 22, Sp. 122] schwed. krieg 2, 5; und meintend damit die säxischen fürsten, so Philippo anhangetend, von ime ze trennen chron. helvet. 1, 99; es ist keine frage, dasz Preuszen nur so geneigt war ... dienstlich zu sein, weil man Kursachsen von dem kaiser zu trennen hoffte IV 11, 198 W.; mit dem blick auf das ganze 'in sich uneinigmachen': trennt bündnis und löszt auf die aid gehorsam ist im kriegesheer was machts? dort warst du (Deutschland) fest verbunden, ungleich gebräuch γγ) auf religiösem gebiet: confessionell spalten (vgl. DWB B 3 b β): sehet zu, yhr klugling, rotten, sectenprediger, qui trennet die christenheit 34, 1, 156 W.; ir hertz nicht eines sinnes ist, da ein glaub nur ist gewisz, ε) durch auseinanderteilen zerstückeln und damit zu grunde richten, zerstören, vernichten: ward das reich schon in vil fürstenthumb trent und theylet chron. Germ. (1538) 85a; zo der zit wart dat römsche rich sere gedrent ind geslissen: nu van den Gothen, nu van den Hunen chron. d. dtsch. städte (Cöln) 13, 353; wie Corah, Dathan, Abiron es ist ja hohe zeit, o got, das deine hand man thut sein einfach wesen dar, geradezu schon 'überwinden, besiegen' in überschneidung mit 1 e α ββ (sp. 116): (sonne) deren liebbegläntzter strahl [Bd. 22, Sp. 123] meine wort die threnen trennen die wahrheit trennt zwar dunst und schatten, wer will den schlusz des höchsten trennen? die solche irrthumb können trennen b) begriffliche, gedankliche sonderung; diese verwendungsweise gewinnt in der jüngsten zeit immer breiteren raum. α) theoretisch sondern, unterscheiden; nur im frühnhd. in einem wohl aus der scholastik stammenden terminus: trennt und sondert die götliche natur von der menschlichen 20, 345 W.; 344 und öfter; so fiengen etliche an die beiden naturen inn Christo zu trennen Sarepta (1571) 68b; welchs sonderlich bedencken solln β) der auch heute noch übliche gebrauch im sinne eines theoretisch ordnenden sonderns oder unterscheidens innerhalb der begriffswelt (also ein mehr analytischer vorgang) entwickelte sich erst im lauf des 18. jhs., vielleicht unter dem einflusz der aufklärungsphilosophie: dasz man sich den unterscheid der begriffe, die entweder getrennet oder verknüpfet werden ... ordentlich vorstellet vernünft. gedanken v. gott (1720) 156; wer wird die allgemeine vorsicht ... von der besondern trennen verm. schr. 1 (1755) 9; gegenstände, die unsere sinne rühren und theils von selbst vorstellungen bewirken, theils unsere verstandesthätigkeit in bewegung bringen, diese zu vergleichen, sie zu verknüpfen oder zu trennen 3, 27 ak. ausg.; hat man uns nun unglückseliger weise gewöhnt, diese beyden arten der erkenntnisz zu trennen 8, 24 Lachmann; in menschlichen seelen war ihm (Sokrates) das gerechte, schöne und gute eins; er tadelte, als sophistenkunst, wenn man sie trennte 22, 93 Suphan; auch im analysieren gewann ich etwas mehr fertigkeit, doch ohne bedeutenden erfolg; trennen und zählen lag nicht in meiner natur II 6, 107 W.; wenn sie (philosophie) sich vorzüglich aufs trennen legt, so kann ich mit ihr nicht zurechte kommen IV 15, 280; so hoch die vernunft auch stieg, so zog sie doch immer die materie liebend nach, und so fein und scharf sie auch trennte, so verstümmelte sie doch nie 10, 288 Göd.; aber diese welt, wie sie durch trennen und verbinden, durch sondern und ordnen, durch begriffebilden entstand werke (1812) 3, 416; wir müssen für uns zweierlei in diesem urtheil trennen s. w. (1846) 1, 50; Tarent sezte er (Antiochus) ausserhalb Italiens in Japygien: eben so trennt Thukydides ... Japygien und Italien röm. gesch. (1828) 1, 27; ländliche einfalt und feine hofkünste fanden sich so artig in einander verwebt, dasz man sie nicht trennen konnte gesch. d. frl. v. Sternheim (1771) 1, 259; weder kann in einem wirklichen kunstwerke form und gehalt absolut getrennt werden Mozart 4, 143; ob das menschengeschlecht von den affen durch den rang einer ordnung oder nur durch den einer unterordnung getrennt werden solle völkerkunde (1874) 1; bisher haben wir die stimmlosen geräuschlaute von den stimmhaften getrennt Th. Siebs dtsche bühnenausspr.10 (1912) 12; von langer klagerede unbethört [Bd. 22, Sp. 124] etwas anders: ein begriff wird von einer umfassenden gedanklichen einheit abgelöst: wenn man das kleine, das komische der materie von der einkleidung trennet verm. krit. u. satyr. schr. (1758) 15; denn auszer logik, mathematik und naturlehre, wer wollte diesen goldnen zweig von der weltweisheit trennen leben u. gesinn. 1, 46; religion (ich trenne hier ihre politische seite von ihrer göttlichen) 3, 514 G. in fester verbindung mit der negation zum ausdruck der unlöslichen einheit zweier an sich nicht notwendig verbundener begriffe: wer Gottscheds art nicht kennt, der musz ihn gar nicht kennen: γ) zur bezeichnung einer erst im handeln sichtbaren unterscheidung: demnach haben wir dreyerley handlungen umb unser selbst willen vorzunehmen ... (diese) pflichten gegen uns selbst können nicht getrennt werden, sondern müssen beyeinander bleiben ged. v. d. menschen thun u. lassen (1720) 141; die natur war allzuweise, als dasz sie diese beyden stücke (kunsterkenntnis und kunstgenusz) hätte trennen sollen einl. in d. schön. wiss. (1758) 1, 58; dichter und priester waren im anfang eins, und nur spätere zeiten haben sie getrennt schr. 2, 126 Minor; wir lernen mit vieler mühe, sie (die sinne) im gebrauche trennen — in einem gewissen grunde aber würken sie noch immer zusammen 5, 62 Suphan; kräfte und übungen, die wir nur zu oft trennen und vereinzeln s. w. (1846) 1, 6; warum wird tag für tag geschütz gegossen, δ) in einigen selteneren anwendungen bedeutet trennen bei bewahrung eines gewissen zusammenhangs ein sich darüber erheben, innerlich loslösen, objectivieren: indem man nun einem andern die hand gibt ... so wird dadurch die idee der körperlichkeit lebhafter, als sie es bei der betrachtung unseres eigenen körpers wird, den wir nicht so von den gedanken, womit wir ihn uns vorstellen, trennen können, und ihn also über diese gedanken vergessen A. Reiser (1786) 3, 95; ich habe dich so oft gebeten, du solltest deine empfindungen und phantasien mehr von dir trennen, ... sie zur poesie erheben Cl. Brentanos frühlingskranz (1844) 448; der meister, an besonnenheit Haydn und Mozart ganz an die seite zu stellen, trennt sein ich von dem innern reich der töne und gebietet darüber als unumschränkter herr 1, 39 Grisebach. c) fachsprachliche sonderbedeutungen. sie haben sich sämtlich, noch deutlich spürbar, als specialisierungen von ursprünglich concreten gebrauchsweisen losgelöst und durch ihre häufige, schlieszlich terminologische verwendung die frühere sinnhaltigkeit verloren. [Bd. 22, Sp. 125] α) in der rechtssprache. αα) die ehe trennen. ursprünglich als voll sinnhaltiges bild: das band der ehe, das die gatten miteinander verbindet, durchschneiden (vgl. 1 c α); dabei läszt sich in älterer zeit nicht immer entscheiden, ob noch gesehenes bild oder schon terminologischer gebrauch vorliegt: das die priesterlich ehe also ein starcke band sey, das es nit mag getrent oder gebrochen werden gartenges. 132 Bolte; statt heute üblichem scheiden: trennen ehe auflösen, ungültig erklären repudiare dict. (1535) z 2a; nov. dict. gen. (1540) i jb; 2, 2013; 4, 1089; als ob durch auszlassung oder verfehlung eines worts ein ehe köndte auffgelöst oder getrennet werden delit. hist. et poet. 10 ndr.; nach den rechten und billigkeit musz die ehe getrennet werden floril. polit. 2, 627; noch heute mundartlich: sie sin gedrennt vun enander ihre ehe ist geschieden 2, 759; heute mehr lösen, auflösen: diese aus staatsabsichten getroffene heirath liesz er hernach ... wieder trennen gesch. d. Dtsch. (1778) 3, 81; wenn der papst sich ... entschlosz, seine ehe mit Margarethe von Valois zu trennen ... s. w. 9, 45; von der frau ... ist er (Brentano) zwar nicht getrennt, er wird sie aber niemals wieder nehmen, und sie wird nach Frankfurt zu ihren eltern gehn J. u. briefwechsel (1881) 146. das trennen in der ehe wird im sprachgebrauch oft als bloszes gesondert leben der gatten bei sonst gültiger ehe aufgefaszt, so auch heute durchaus: schwäb. wb. 2, 367; 187, 489; im herbst wurden die eheleute getrennt, da sie nicht geschieden werden konnten Auerbach bei 3, 1368. anders: ehe trennen amorem conjugalem dissolvere 2323; durch den tod: wann ein ee durch todt getränt wirt, soll das ander innerhalb .x. wochen wider zu der ee gryffen s. schr. 1, 113 ndr.; die ehe heisst für sich und hinter sich die ehe, ββ) im rein juristischen sinn: societät, handelsgesellschaft trennen auflösen 38, 177; 218, fabrik-, manufaktur-, handelsverbindung 187, 487, -compagnie 2, 2013; wohl auch aus der sinnlichen sphäre (das dokument der rechtshandlung zerreiszen) aufgestiegen sind juristische ausdrücke in der bedeutung 'null und nichtig erklären, rückgängig machen', annihilare, vgl. ahd. intranteru rescisso (contractu) ahd. gl. 2, 99, 26; einen kauf, vergleich, handel trennen 61, 1729. β) in der sprache der handwerker. 'sägen' (vgl. 1 b): ausdruck der zimmerleute, schiffbauer, meist für 'holz entlang der faserung, der länge nach zersägen' d.-frz. wb. 2, 1380; reinigkeit (1795) 430; 4, 876; ökon. encykl. 187, 491; baulex. 4, 367; Lübeck 43; spr. d. nd. zimmerm. 14. 'schlagen'; im bergwerk: das erzhältige vom tauben gestein mittels eines hammers scheiden 187, 489; 13; 206; in der glasfabrikation: die angeschnittenen glasstücke durch hammerschlag theilen 4, 41. fachausdruck in der weberei: das garn, ehe es aufgezogen wird, abtheilend auseinanderordnen u. ä. holst. id. 4, 279; 4, 876; brem.-nieders. wb. 6, 376; synonymisch mit scheren gebraucht ebda 4, 643, s. ferner teil 8, 2578; dazu die comp. trennraam, trennlade brem.-nieders. wb. 6, 375. [Bd. 22, Sp. 126] γ) in wissenschaftlicher terminologie. im gebiete der grammatik, rechtschreibung: wie bey den Frantzosen, welche gantze consonantes wegwerffen, versetzen, von einander trennen, neue hineinschieben unterr. v. d. dtsch. spr. 1, 111 f.; wie hätten die dichter (die vocale in den diphthongen) trennen dürfen, was so, wie durch eure aussprache, vereinigt war? Athenäum 1, 16; speciell 'in zwei worten schreiben': was junge-frau und dann was jungfrau, wird erkant, 3) durativ. dieser gebrauch ist der älteren sprache fast unbekannt und wird erst seit der mitte des 18. jhs. häufiger; heute ist er durchaus üblich. grammatisch liegt bei ihm eine art subjectsvertauschung vor; vgl. dtsche gr. 3, 31. a) im sinnlichen bereich. α) räumlich. für gewöhnlich ist das subject ein concretum ausgedehnter art: so manche grosze see, so manches langes land, es trennt uns kaum das dritte hausz ich bin dir nah, nur eine dünne mauer jenen berg ... (die sonne) kömmt zu völkern, welche das meer von uns, dich zu beruhigen, durchkreuzt ich schon (kaiser Josef II.), der die wand, [Bd. 22, Sp. 127] und seinen nahmen von der unsterblichkeit trennt nachl. (1899) 100; von diesen (fremden dichtungen) trennt ihn die scheidewand der sprachverschiedenheit schr. 6, 201. allgemein und abstract: o wäre nur graf Franz schon hier, den jubelsaal trennt ein kärglicher raum β) zeitlich: Philipp der zweite ist staub. zwei jahrhunderte trennen ihn von uns 4, 88 G.; überliefert, dasz die massenhafte hellenische einwanderung in Unteritalien und Sizilien von der niederlassung auf Kyme durch einen beträchtlichen zwischenraum getrennt war röm. gesch. (1923) 129; der oberstleutnant zählte einem ... die tage und stunden vor, die ihn noch vom wiedersehen mit seiner Lene trennten ges. schr. (1893) 4, 180; die köstlich einförmigen tage waren getrennt durch kurze nächte voll glücklicher unruhe tod in Venedig (1913) 95; allgemeiner als zeitspanne: so, ihr lieben musen, betrogt ihr wieder die länge eh die schauer langer dauer b) ins uneigentliche übertragen, als innerliches geschieden sein: wenn Pharisäer, und Sadducäer, wenn diese nahmen vom vater trennt den herrn ein einzger unterscheid; was den könig c) besondere anwendungen. α) in der bedeutung 'hindern, abhalten': es hätte zwar doch trennet mich von jeglichem besinnen [Bd. 22, Sp. 128] β) selten: eine erwünschte oder notwendige vereinigung verhindern; besonders im 17. jh. üblich: (die Troppauischen landstände) da sie ... grosze reste von steuern und contributionen unterstanden vom lande Schlesien zu trennen und von ew. kays. majest. kays. oberamts gehorsam genczlich zu entziehen acta publica 1, 240 Palm; kein blumwerck auch beharret dein vater, dem der tag kein stündgen ruh vergönnt, kinderspiel und himmel einen, B. reflexiver gebrauch. 1) durch gewaltanwendung auseinanderbrechen. nur im mhd. und frühnhd.: si sluogen durch die helme, 2) zwei in mehr oder weniger inniger beziehung zueinander stehende körper werden durch einen von innen oder auszen wirkenden zwang aus ihrer räumlichen verbindung gelöst. a) concret: im wässerigen, zu schnell gebackenen brote trennte sich krume von rinden 33, 92 W.; wenn sich diese (wurzelknollen einer pflanze) trennen, so entstehen mutterstöcke von ziemlichen umfange standortgewächse 14; (bei einer ziemlich gefährlichen operation) wo haupt sich trennet von dem schwanz, da iede fläche sich von unsrer sonne zwar des aberglaubens blinde brut aufthat sich das licht! sich trennte den namen jener frau dann hört ich nennen [Bd. 22, Sp. 129] durch den tod: an meinem letzten ende, wenn sich leib und seele von einander wird trennen sollen d. vollk. teutsche sold. (1726) 142b; dann musz ja wohl der schmerz in mark und beinen brennen, b) in verbindung mit lassen, wobei das reflexiv sich auf dieses bezieht: ir reitendt, wohin euch geliebt, aber wo wir uns eyn mal trennen lassen, so kommen wir niemmer bei eynander hertzog Aymon (1535) n 5b; auff des printzen von Condé gemahlin, welche sich 1616 von ihrem gemahl nicht wollte trennen lassen und neben ihm eine freywillige gefängnisz erwehlete polit. redner (1677) 84; sprichwörtlich: wenn die ochsen sich trennen lassen, so hat sie der lew bald zurissen d. Teutschen weish. 2, B b b 6a; das epheu lässt sich nicht gantz von der staude trennen hilff, das wir dich (Jesus) als diener treu dasz ihr euch kein zwitracht trennen last, und lasz dich nicht gewalt noch lust c) der weiteste und häufigste gebrauch des reflexivs findet sich, wo das subject ein lebewesen ist: secessionem facere 1191a; in diversum ire 2, 1916. α) für rein äuszeres auseinandergehen, sich loslösen; dabei ist das zum mindesten in der vorstellung vorhandene präpositionale object für gewöhnlich auch ein lebewesen: vier thier gleich eim gluenden ertz (die vier evangelisten) ... wann ihr immer könnt ... der adler, wenn er erst geprüfft des jungen flug [Bd. 22, Sp. 130] England u. Italien (1785) 1, 2, 364; dasz sich die zwey ... kämpffer nicht zu trennen gedächten, bis einer dem schwerte des andern erläge (1809) 3, 218; er hatte aber so viel wohlgefallen an den geschichten und schwänken seines gastes, dasz er sich von seiner gesellschaft nicht zu trennen vermochte ein volksbüchl. (1835) 109; ohne dasz blut geflossen wäre, aber in äuszerster aufregung trennte man sich tief in der nacht w. (1875) 16, 89. im sportlichen kampf: im anschlieszenden treffen trennten sich Wac und Slowan (fuszballvereine) mit demselben ergebnis Prager tagbl. 2. sept. 1930; in der turfsprache sich trennen euphemistisch für 'vom pferd fallen' Meyers konv.-lex.6 1908, bd. 19; speciell von militärischen verbänden in älterer zeit 'sich auflösen, auseinandergehen': in meynung, daz sie nü sicher wern, trat unser fuszvolk ausz seiner ordnung und geschick und trantten sich, also kamen die veynde ... unter sie gerannt (1449) chron. d. dtsch. st. 2, 182, anm. 2; also zertheylt oder trant sich des keysers here und zoge männiglich heym hertzog Aymon (1535) b 2b; in militärischer ordnung auseinandertreten: hiermit befahl er: dasz in der mitten das fuszvolck sich augenblicks trennen und ... platz zum einbruche machen solte Arminius (1689) 1, 46b. euphemistisch für 'sterben': in wenig zeit wird er sich von uns trennen welcher sich aber von der schlacht herzliebster garçon, ich musz dirs nur bekennen, β) uneigentlicher gebrauch; er ist im sprachleben vom eigentlichen nicht schroff geschieden, insofern körperliche ferne häufig ein mehr oder weniger erkennbares fremderwerden mit einschlieszt; fast nur im menschlich-persönlichen bereich. dabei ist der grad der eingetretenen seelischen entfernung sehr verschieden. zunächst 'sich innerlich entfernen, fremd werden': wenn zwel gute freunde sind, der wird falsch ein freund genennt, dann gott und nechsten sind verknüpfft in eines band, wir wollen sein ein einzig volk von brüdern, [Bd. 22, Sp. 131] wenn ihr im suchen euch trennt, wird erst die wahrheit erkannt schroffer 'sich los sagen von jmd., brechen mit jmd.': dises zeychen hat bedeut, daz sich nun bald Teutschland und Gallia von einander trennen würden chron. Germ. (1538) 80a; damit von dir seit der zeit. da zuerst Agamemnon, herrscher der völker, trennen wollten wir uns? wähnten es gut und klug? heimlich man uns verkundschafft hat 3) ohne völlige aufgabe der sachlichen, begrifflichen oder gedanklichen einheit sich abzweigen, sich aufspalten, sich veruneinigen. a) concret; im raum sich abzweigen: ein seitenthal ... das gerade hier von dem hauptthale sich trennte Göthe I 15, 109 W.; die stelle ... wo sein weg sich von dem meinigen trennte und zu seinem pfarrhof in das kar hinabführte 5, 1, 73 Sauer; bildlich: den scheideweg, wo sich das dichterische genie ... von dem schönen geiste oder bel esprit trennt schlesw. lit. br. 215 lit.-denkm.; hier trennt sich der weg und ich sage dir, wo es recht ist, jene menschen zu vergessen, und wo es recht ist, sie nicht zu verachten Cl. Brentanos frühlingskr. (1844) 162; anders: hierdurch trennt sich die welt in zwei theile, und der mensch stellt sich als ein subjekt dem objekt entgegen II 1, 75 W. als visueller eindruck 'sich abheben': wie trennt sich klar vom himmels glanz [Bd. 22, Sp. 132] um den ganzen berg hing ein düsteres, elektrisches geheimnis, und seine zinnen trennten sich an manchen stellen gar nicht von den schwarzen wolken 2, 105 Sauer; akustisch: wann aber auff dem instrument b) auf geistige oder seelische vorgänge übertragen 'uneins werden; sich spalten; sich gegenseitig bekämpfen'; vornehmlich in der älteren sprache. α) von rein menschlichen oder politischen verhältnissen: anabaptistae plus, et in nostro hauff, qui suas opiniones habent de istis etc. et ubi man nicht vleissig ist mit leren, vermanen, trennet sichs 34 2, 308 W.; so bald er ins regiment kam, trennten sich die fürsten und bischoffe und begundete eine zerrüttung ... zu entstehen Joach. Curäi chron. d. herzogth. Schlesien (1607) 255; als er von etlichen reichsfürsten, einen aus ihrem mittel zuächten, gebeten ward, antwortete er ihnen: ihr wisset nicht, was ihr bittet; er ist ein fürst und glied des reichs, wollet ihr euch selber trennen? ostländ. lorbeerhayn (1657) 218; der mordens wird kein ende werden, die völker sich trennen, und sich durch bürgerliche kriege aufreiben (1809) 3, 191; sprichwörtlich: wo yhr euch aber trennen werdt, so wirt euch allen mangeln 750 teutsch. sprichw. (1534) c 6a; bund trennen sich und halten nicht d. Teutschen weish. 2, l 6a. β) besonders häufig von religiös-dogmatischer sonderung (vgl. DWB A 2 a δ γγ; ferner trennung sp. 136): und ist jn auch so ernst damit, auch die Franciscaner han er (d. Dominikaner) ist ein clerick und geistlich man, γ) 'sich auflösen, zunichte werden'; so schon im altdt., z. b. s gesang 323, 17 Diemer; renner 3, 6 Ehrismann. im nhd. nur bis ins 18. jh.: so wird der seelenbrand sich auch des sultans trennen aller zweifel wird sich trennen, hierauf so trennten sich die sterne nach und nach c) seit dem 18. jh. erfolgt die übertragung in anderer richtung. α) von der auflösung der geistig-seelischen einheit jedes menschen: indem er einer innern stimme des gewissens zu gehorchen glaubte: so beginnt er — wenn sie den ausdruck nicht zu kühn finden — sich von sich selbst zu trennen, sich in eine entfernung von sich selbst zu stellen Amyntor (1782) 72; wie schlau weisz sich der mensch zu trennen, und aus seinen leidenschaften ein von sich unterschiedenes wesen zu machen 2, 343 L.-M.; niemand wird sich selber kennen, zwei seelen wohnen, ach! in meiner brust, [Bd. 22, Sp. 133] sein gemüth trennt sich, wie auf der folterbank nach entgegengesetzten richtungen aus einander gerissen pros. jugendschr. 1, 107 Minor. β) mit abstracten redeteilen die aufspaltung einer ursprünglichen einheit durch inhaltliche differenzierung; im bereich des concret-sachlichen: die ursache, warum sich der hofstyl in dem nördlichen Deutschlande so sehr von dem gerichtsstyle getrennet hat mag. f. d. dtsche spr. (1783) 2, 1, 136; da sich die kunst erst damals anfing nach völkern zu trennen 3, 143 Gr.; die armee trennt sich überhaupt nicht in angriffsarmee und vertheidigungsarmee ges. schr. u. denkwürd. (1892) 7, 104. im bereich des geistig-seelischen: mit Cicero begann jene ... zeit, wo sich das licht von der wärme, die einsicht von der kraft, das wollen von dem können, der geist vom charakter trennte ges. schr. (1829) 6, 18; sein haus ... war eines der wenigen in der hauptstadt, in welchem ein geistreicher umgang sich niemals von der sitte trennte gesch. d. franz. revol. (1845) 84; bei dem tode Lothars trennte sich das kaiserthum wieder vom herzogthum s. w. 25, 9; von systematischer scheidung: es ist der moment, ... in welchem die frühere und die spätere deutsche geschichte sich voneinander trennen ebda 2, 250. 4) durativ. a) bei raumvorstellungen 'entfernt sein': er folgte diesem rath, und wich beschämt zurück, b) bei vergleichen 'sich unterscheiden'; concret: nachgehends kompt ain capuciner, o! gieb mir, theures haupt, auch einen handgriff an, C. intransitiver gebrauch in der bedeutung 'auseinanderklaffen, auseinandergehen' findet sich ganz vereinzelt, aber in verschiedensten sprachlandschaften und -epochen: es henget eine (schuppe) an der andern unnd halten sich zusamen, dasz sie nicht vonn einnander trennen Plinius (1565) 305; wenn seine schiff zum selbigen mal getrennet unnd nicht so steiff zusammen gehalten hetten ebda; der wolcken schaar stund häuffig umb ihn her, (die mutter, die) vor den lieben sohn, dem strumpff und hose trennt, D. composita mit trenn- als erstem bestandteil treten vereinzelt im 18., häufiger erst im 19. jh. auf, anknüpfend an verschiedene bedeutungen des verbs und zumeist in (technisch -) terminologischer verwendung: 1) composita, in denen trennen eine active handlung darstellt: trennfall, s. trennungsfall; -gatter, gestell, auf dem das rundholz in bretter zersägt wird s. Karmarsch u. 7, 477; -kraft: wo soll aber hier die stärk- und trennkraft des geistes aufhören, der schon z. b. bei heben der lasten keinen hebel zu vergröszern braucht als seinen entschlusz 44, 20 Hempel; -säge [Bd. 22, Sp. 134] wb. d. landbauk. 371; 607; 187, 485; -schärfe, allgemein gebrauchter ausdruck des rundfunkwesens: dasz die einstellungsmöglichkeit der empfangsapparate auf einen bestimmten sender, die 'trennschärfe', ... erhöhten ansprüchen genügt ich und der rundfunk 38; -schnitt, langsägung 4, 367; 1, 776; -strom, negativer strom zur trennung der (morse-) zeichen Meyers konv.-lex. 21, 892. 2) trennen in durativem sinn: trennbuhne, s. trennungsbuhne; -fläche: die trennfläche zwischen meer und luft dtsche allg. zeitung 11. 2. 1932 morgenausg.; -linie, auch trennungslinie, dividing rule; dash wb. d. fachausdr. 89a; -punkt, s. DWB trennungspunkt 4; -schicht, schicht zur isolierung elektrischer kabel 1, 776; -stift, buchdruckerspr. 'quadrat, ausschluszstück zum füllen leerer räume im satz' 1, 776; Klenz druckerspr.; -strich, z. b. auf postkarten 'der strich zwischen dem raum für die anschrift und dem für mitteilungen' tägl. rundschau, Berlin 1905, nr. 507, 1. beil., 2f.; -system, s.trennungssystem, 5, 436; -wand, bei kammer(ring)öfen chemie 8, 772; bildlich: es gibt auch keine zusammenstösze mehr ... hat das ungeheure leiden die trennwände zwischen ihnen niedergerissen? zwischen weisz u. rot (1930) 470; -wort, une disjonctive (disjunctivpartikel, z. b. 'entweder — oder') wb. d. frz. spr. 3, 22b; -zeichen: wegen der unvollkommenheit ... bey den bisher eingeführten unterscheidungs- (interpunctions-) zeichen ... schlägt der verfasser noch ein kleineres sowohl verbindungs- als trennzeichen vor allg. dtsche bibl. 22, 270.
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