Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm ![]() | ![]() ![]() ![]() | |||||||||||
gewirbelt bis gewirrt (Bd. 6, Sp. 6110 bis 6138) | ||||||||||||
| ![]() ![]() 1) die ältesten belege lassen eine bedeutung des verbums zur geltung kommen, die an gewirbel nicht zu beobachten ist, wol aber an wirbel; sie zielen auf die äuszere form, die ein gegenstand durch die bewegung (des drehens) erhält: turbinatio, gewirblite gestalt wie einer biren unden zgespitzt. 874b; ebenso Dasypodius Mm 8b (gewürblete gestalt); 1338b; 179a; 1206a; 832a; etwas gewirblets 874b; 1338b; dazu vgl.: spitzig z gewirblet, das dem spitz nach gadt, turbinatus. 179c; gewirbelt, turbinatus bei Kirsch, Matthiae, Steinbach, Hederich; gewirbelt, tournoïé 2, Uu 3e; ebenso (1783) 1, 746b; dieser schneck wirt ziemlich grosz, ist gewirbelt mitten wie ein nabel ... (der andere) ist etwas lenglechter mit viel krümmen gewirbelt. fischbuch (1598) 140b; dazu vgl. aus jüngster zeit: und der in zwei gewirbelten spitzen auslaufende schwarze schnurrbart wirkte nicht nur gefärbt, was er natürlich war, sondern zugleich auch wie angeklebt. frau Jenny Treibel cap. 2. 2) die jüngeren belege bringen solche bedeutungen zur geltung, die das verbum mit gewirbel theilt: a) hinstolperts von fliehenden, reiszt wie im sturmwind wär' ich verdammt, umsonst dir nachzuringen, von der leidenschaften wuth, die quellen ... stürzten mit einmal sich turmhoch, schnell ward düster die luft, und gewirbelter regen mit donner hoch über die sausenden wipfel schafft dann trockenes holz von aspalathos, oder von stechdorn, b) mit freudig melodisch gewirbeltem lied ![]() ![]() guot milt und gevellig gar, [Bd. 6, Sp. 6111] als gewirbig bist mit fragen. 99. dazu vgl. auch gewîrwech, gelenkig wb. d. Luxemburger mda. 145a. ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() im neuhochdeutschen gebrauch hat die sachbedeutung die älteren allgemeineren beziehungen (z. b. auf das bauwerk) ganz abgestreift, sie beschränkt sich auf die beiden bedeutungsrichtungen: die parallele mit gewebe einerseits und das zellenwerk im bienenstock andererseits. hieraus erwächst ein regerer pluralgebrauch als die angaben der wörterbücher erwarten lassen: mit schwarzen gewürcken 51; ähnlich 239; 219; 37; seine kostbaren gewirke C. F. Meyer; bienengewirk' (sind dort) Voss. in der parallele mit gewebe wird an gewirk die function eines nomen actionis entwickelt, doch entsprechen die litterarischen belege nicht ganz dem gewicht, das die wörterbücher dieser bedeutungsfärbung beimessen. dagegen ist der allgemeinste begriff, den das verbum wirken zur geltung bringt, mit dieser function schon in der ältesten prosa vertreten. in entsprechend späteren belegen ist diese bedeutung nicht immer sicher gegen übertragungen aus dem begriffe eines flechtwerkes abzugrenzen. 1) der allgemeine begriff: gewirk als nomen actionis zu wirken: das würcken und dʒ werden das ist ein. so der zimmerman nit würcket, so würckt auch das hausz nit, da die bartt oder axt lt, da lt auch das gewerden. got und ich wir seind ein in disem gewürcke, er würcket, und ich gewürde. Tauler predigten (1521: auf aller hl. abend) 305b; der vater ist daʒ anegenge, der sun daʒ mittel, der heilige geist daʒ zil des götelichen fluʒʒes, wan daʒ oberste guot mac niht an stete gestân alsô, eʒ enteile sich und erbiete sich ze nieʒende unde ze würkende daʒ beste. und wan enkein crêatûre begrîfenlich bevâhic ist genzlîche des nutzes unde des gewürkes, daʒ diu oberste maht unde güete unde wîsheit ist unde bringen mac. Pfeiffer, z. f. d. a. 9, 50; vgl. auch die belege auf sp. 5634: so wird die welt ein punct genennt [Bd. 6, Sp. 6112] die Herrnhuter, als menschen liebte, und wo er kunte, ihnen dienste that: aber mit dem grafen und seinem gewürcke, wolte er nichts zu schaffen haben. selbstbiographie (1750) 165; ähnlich 151 (bei alle dem unnützen gewürcke); 300 (secten-gewürcke ... das todte, einförmige und abmattende gewürcke der mancherlei secten). 2) gewirk, gewebe: Noema erdachte darnach mancherleie gestricke unde gewircke von wollen unde von baste unde von andern dingen. Rothe Dür. chron. bei bl. 166a (Germania 18, 377). vgl. gewirk neben gewebe bei Odyssee 81a (s. b, η); vgl.: wenn sich aber an einem kleid eine aussätzige stelle zeigt — sei es nun an einem wollenen oder linnenen kleid —, oder an einem linnenen oder wollenen gewebe oder gewirke oder an leder ... und es ist die betroffene stelle an dem kleid oder dem leder oder dem gewebe oder dem gewirke ... grünlich oder rötlich, so liegt ein fall von aussatz vor. 3 Mos. 13, 48 Kautzsch (am werfft oder am eintracht. Luther; in dem wepff und in dem wefel. Eggesteyn; Koburger; in den vedemen off in dem weuelsse. Quentel; in deme gharne effte in deme weuegharne. Arndes; am zettel oder am eintrag. Züricher bibel; Dietenberger; am wäpfen [am rande: zettel] und am eintrag. Eck; in stamine atque subtegmine); will mir nicht allein ein schönes gärtlein schaffen, um mich in demselben, an dem zierlichem gespinste, gewircke, und teppichwercke der natur, zu erquicken; sondern auch ein mittelmässiges lust-haus dazu setzen. Er. Francisci lust. schaubühne (2, 1) 2, 350. a) das nomen actionis: α) zu den buchungen vgl.: der weber wirckstatt, item die kunst desz gewircks, textrina. 1602; pluribus licijs texere primum Alexandria instituit, das gewürck mit vielen kammen, blätern, und schemeln, hat die stadt Alexandria in Egypten erfunden. 94; das von gewirck ist, opus textile. 1602; ebenso 94; vgl. auch gewirk, textura (neben tela, pannus bei Henisch, Stieler, Hederich); vgl. Frisch (gewirk, gewirke, textura); das gewircke oder gewirck, das weben, the weaving. teutsch-engl. lex. (1716) 2, 774; gewirk, tricotage de bas; tissure de tapisserie. 2, Uu 3e; gewirk ... l'action de tisser, le tissage, tissu, la tissure. 1, 746b; act of working or weaving. 2, 1 s. 465b. Adelung, unter dessen einflusz die letzten beiden belege stehn, geht von dem verbalsubstantiv aus, und führt von da zur sachbedeutung über. β) in litterarischen belegen ist das nomen actionis nur selten sicher gestellt: ebenmässig geht die hocherfreute mutter, zu ihrer tochter, welche, unter der aufwartung ihrer juncfrauen und gespielschafft, bei einem gewirck, sich in ihrer kammer antreffen liesz. indisch-chines. lustgarten 1 (1668), 92a; Peleus sohn nur verbarg sich im kreis lykomedischer jungfraun. und über ihn warf er den mantel, b) die sachbedeutung: gewirktes, das gewirkte, ein gewirk, textura, textum, tela. 2559. schon die buchung bei Henisch (neben textura auch tela, pannus, vestis) kennzeichnet die dreifache richtung, in die sich die sachbedeutung hier gabelt: das ergebnisz der thätigkeit schlechthin; der gewandstoff, der daraus entstanden ist, und endlich der gebrauchsgegenstand, zu dem dieser stoff verarbeitet wurde. α) auch das ergebnis der thätigkeit als solches wird in verschiedenartigen formen erfaszt. [Bd. 6, Sp. 6113] 1)) den weitesten begriff erschlieszt das substantiv in einigen belegen, in denen das subject der verbalthätigkeit das einzige bestimmungsmerkmal bildet: ir spinneweb lang nicht zu kleidern, und jr gewircke taug nicht zur decke, denn jr werck ist mühe und in jren henden ist freuel. Jes. 59, 6 Luther (noch werdent bedeckt mit irer werken Eggesteyn, Koburger u. a.; klaidern Eck, machwerken Kautzsch; neque operientur operibus suis); vgl.: si brüten basiliscen eier, und wircken spinnewepp: aber das gewirck und gewerck taugt nichts zur decke. (s. sp. 5636); dergleichen habest du im auch etliches gewircks deiner arbeit z einem gegenwurff und widergeltung seiner gaben zhanden gestellt. (von guten u. bösen nachbarn cap. 29) 2, 193 Bolte. 2)) auf die herstellungsart weisen einige attribute (zahlreicher bei β): ein sonderlich gewirck, das allweg nach zweien gleichen fäden einen kleineren faden hat, sextarius. 1602; ein weit gewirck von grober gesponst, tela levidensis, crassi fili. ebenda; genau so 1567; ebenso 95. in der litteratur überwiegen schmückende beiworte, unter denen nur fein, zart im gegensatz zu grob auf die technik im engeren sinne weist: vgl. köstlich gewirk 2, 289; disz schon gewirck was nit zu stroffen (var. gwirck), sie (Kirke) sang mit melodischer stimme, 3)) die unterordnung des substantivs unter ein zweites dient der einengung des begriffes, wobei gewirk nicht das gewebe schlechthin, sondern das einzelne muster in demselben kennzeichnet: Arachne fieng zu weben an dort auch laufen hindurch die geschmeidigen faden des goldes; betracht des wäbers stuhl, der schöne zeuge wäbt; [Bd. 6, Sp. 6114] (1703) 134; verdammter erzähler! ...; die zuschauer zittern: und du malst uns das gewirke der tapeten, den ganzen gestirnten himmel von seide. (anmerk. über Euripides) 153, 428. auch für den bloszen knäuel tritt gewirk ein in: was hängt da hinten, fragte der prinz, an der wand, das ganz wie eine wurst aussieht? ... so könnte man fast in die versuchung geführt werden, anzunehmen, dasz es das letzte gewirk, oder der rest von der fädensammlung sei, den er, im mittelpunkt des gebäudes angelangt, nicht mehr gebrauchte, und welches ihm Ariadne, die königstochter gegeben hatte, um nicht zu verirren. die vogelscheuche 2, 6, vgl. sp. 6115. 4)) unter den verbis, denen sich gewirk als object hier unterordnet, ist das verbum wirken selbst aus älterer zeit belegt: stund er vor der junckfrawen Angliana, welche an einer rammen köstlich gewirck, desz sie dann ein meisterin was, wircket. (goldtfaden cap. 9) 2, 289 Bolte; dagegen gewirk bereiten Voss. dazu vgl.: gewirk vollenden Odyssee 81a; ein gewirck wider auff thun 1602; ebenso 95 (telam retexere); gewirk beginnen Odyssee 19, 142. β) gewirk für den gewandstoff, der durch wirken entstanden ist: gewirk ... ein gewirkter zeug. 2, 667; 2, 365b; un tissu. nouveau dict. des passagers 2, 280; gewirks, n. gewirktes, gewebtes zeug. wb. der Kölner mundart 65b. 1)) substantivverbindungen kennzeichnen den rohstoff, aus dem das zeug hergestellt wurde: seidengewirk, textum sericum. 2559; ward doch der schaden, den sie am seiden gewürk von Damasco gebracht, saiffen ... erlitten, nit klein. reisbeschr. 146; alsz da seind schöne tapetzereien, kostliche seidingewürck, darein blmen unnd rosen von mancherlai farben künstlich gewircket, ... 3, 7; wöllin gewirk, laneum. 2559; wie auch jre hemmeter, die mehrthails von zartem bomwollin gewürck zugericht, und wir (!) jre klaider an helsen so weit auszgeschnitten sind. reisbeschr. 49; kamen wir ... z etlichen vil zelten, welche mit groben gewürcken von gaisz und eselhaaren bedeckt ... waren. 239. 2)) auf die herstellungsart weisen adjectivverbindungen: dreischifftig gewirck oder gewand, das ist, das mit dreien schemelen gewircket wirdt, zwilch, federrit, ein jeder grat, oder carisey inn wollenem gewand, tela aut vestis trilix. 1602; tela, vel vestis bilix, ein zweischifftig tuch, oder gewirck ... tela, aut vestis trilix. ein dreischifftig gewirck. 95; pannus seu vestis levidensis, crassi fili, ein weit grob gewand, oder gewirck. 88; das türckisch gewirck, arbeit, vestis Alexandrina. 1602; ein gewirck von vielerlei farben, vestis polymita. ebenda; ebenso 95. γ) unter den gebrauchsgegenständen, die aus gewirktem zeuge verfertigt sind, werden teppiche, decken, schleier und kleidungsstücke aller art genannt. unter diesen ist namentlich der mantel der Penelope von den übersetzern verschiedenster zeiten als gewirk eingeführt. aber auch die tarnkappe Siegfrieds wird von R. Wagner mit unserm substantiv gekennzeichnet: sie (die Perser) haben aber under andern wahren fúrnemlich schne teppich von mehrerlai farben, zarte bomwolline gewürck, mit wellicher arbait sie sehr kunstreich seind. reisbeschr. 219 (gewirck reisbuch d. hl. lands 1, 577); der Parthen arbeit hat die schlechte wand geziert, komm doch, Praxinoa, komm; den künstlichen teppich betracht' [Bd. 6, Sp. 6115] und wirst du, holde schäferin, sprach's und langte die strümpf' und die festlichen schuhe von atlas, und die hülle der Thisbe (Hagen:) und nichts entnahm'st du ihm? c) übertragungen sind hier jetzt weit seltener beobachtet als bei gewebe. zum nomen actionis vgl. unter 1); zur sachbedeutung führt das gewebe der parzen herüber: der schicksalsgöttinnen dunkles gewirk. und ist dies gedicht faden von seiner spule — fern sei von mir da sagt Vafrin: nun gieb dem wunsch erhörung, 3) in der beziehung auf thierische arbeit ist gewirk nur selten für das gewebe der spinne oder seidenraupe beobachtet. um so häufiger tritt es für das zellenwerk im bienenstock ein, wo es noch bei Voss viel verwendet wird. a) man musz ... über dem kunstreichem gestrick und gewirck dieser lufft-wirckerinn (der spinne), erstaunen. lust. schaubühne (2, 1) 2, 272; spinnengewirk, aranearum tela. 2559; in gestalt des innern gewirkes der seidenwürmer. Brandenb. bienenkunst 287; dazu vgl. die übertragung: ach, unser leben ist recht ein gewürk der spinnen, b) wachs ... heisset das beim feuer zerlassene und geläuterte roos (gewircke, wüftig, wafel oder honig-waben, nachdem vorhero das honig davon geseimet worden). ökon. lex. 3060; vgl.: geren, gewürke, wachstafel. [Bd. 6, Sp. 6116] 396; s. auch 399; gewürchte, gewirk, gebäu, roosz, waben, (bienenzucht) die sämmtlichen scheiben oder das werk in einem bienenstock. technol. wb. 2, 86b; dazu vgl. 2, 667; 2, 665b; on appelle aussi das gewirk l'ouvrage des abeilles. 1, 746b; das gewirk der bienen, the working of the bees, honey-comb. II, 1 s. 465a; gewirk, das werk im stocke. 193; ob auch hier ein nomen actionis sich entwickelt hat, ist fraglich. doch kann das folgende so aufgefaszt werden: so bringen die bienen ihren könig allerhand nothdurfft zum gewürche an honig, wachsbändern und beutlein. kluger hausvater 156. in allen andern belegen ist die sachbedeutung gesichert. der umfang dieser bedeutung ist jedoch verschieden gefaszt, bald wird das ganze des werkes (die wabe mit samt dem honig), bald im engeren sinn die wachsscheibe gekennzeichnet. α) die weiteste bedeutung zeigt folgender vereinzelter beleg: dasz die ambra schwerlich ein gewirck der bienen seie; weil sie anfangs stincket: welches von keiner bienenarbeit, zu vermuten. lust. schaubühne (3, 2) 3, 1146; in engerer richtung auf das zellenwerk, aber das ganze umfassend, zielen die folgenden belege: gleich an mute den ungewafneten dronen, schafe sind dort, dort geisze mit zwillingen, dort voll honigs β) der engere begriff der wachsscheibe: weil, durch ihr (der bienen) gewirck, das honig, vielerlei dinges, mag conserviret werden. lust. schaubühne (3, 2) 3, 1153; das gemülbe fällt täglich herab in das hönig und gewircke. adel. land- u. feldleben 2, 387a; scheinet den gantzen tag ... die sonne drauf, so erhitzen die bienenstöcke, das gewircke wird flüssig. 2, 369a; mitten steht ein teller mit würzigem scheibenhonig, γ) zu den verbis, mit denen sich gewirk in dieser bedeutung vorzugsweise verbindet, vgl: wie jhnen das gewürche (im text gewürchte und gewürcht) zu verkehren sei. Colerus hauszbuch, register (unter bienen); mit solchen (drat) kan man nachmals das gewürche in beeden stöcken ohne schaden voneinander schneiden und theilen. adel. land- u. feldleben 2, 371b; wann man das gewircke unten ein paar finger hoch wegschneidet. 2, 439a; hierzu musz man die bienen beräuchern, dasz sie halb beschweimlen, und dann das gantze gewürcke ausbrechen. kluger hausvater 157; dass jhnen im führen das gewircke (im text: gewürchte) nicht abfalle. Colerus hauszbuch, register; dem verbalsubstantiv bau des gewirks (erklärung zu Georg. 4) entsprechen bei Voss mehrere, nicht immer anschauliche verba: drin auch stehn mischkrüg' und zweigehenkelte urnen, ![]() ![]() [Bd. 6, Sp. 6117] ältere sprache die formen mit präfix beim absoluten gebrauch meidet, da dieser im allgemeinen hier imperfective actionsart bedingt. wo die jüngeren denkmäler das präfix trotzdem eindringen lassen, gilt dies meist dem von hilfsverben (mag, kann) abhängigen infinitiv, der ja seinerseits die verstärkten formen begünstigt. zu den bei wirken beobachteten schwankungen des stammvocals in den präsensformen vgl. das oberdeutsche ü (u) bei Wolkenstein und in der Hätzlerin und die md. zeugnisse für i. charakteristisch stehen sich hier meister Eckhart und Seuse gegenüber, wenn auch die handschriftliche überlieferung Eckharts ebenso wie bei David v. Augsburg und Heinr. v. Nördlingen variiert. 1) der relative gebrauch: a) die verbindung mit persönl. object, die im Heliand und bei Isidor beobachtet ist, läszt sich einmal auch aus meister Eckhart belegen, ebenfalls mit beziehung auf das verhältnis gottes zu den menschen: alle crêatûre, die got ie geworhte. (liber positionum 137) myst. 2, 673. die verbindung mit prädicativem adjectiv, wie sie der Heliand zeigt (ina hêlan gewirkean. 2108 u. a.), wird nicht mehr wiederholt. b) unter den sächlichen objecten treten die concreten immer mehr zurück. der fülle von älteren belegen (himil enti erda gaworahtôs. Wessobrunner gebet u. a.), die sich namentlich auf den häuserbau beziehen (vgl. schon Marc. 9, 5 jah gawaurkjam hlijans þrins), ist nur ein einziges beispiel aus Eckhart entgegenzusetzen: daz ein czimmermann ein schon hus nicht gewerken in kan uz wormechtin holcze. pred. bei Jostes 110 (gewirkin zeitschr. f. d. alt. 15, 380). die bei wirken und gewirkt (s. d.) so viel beobachtete beziehung auf gewandstoffe (vgl. DWB unze man geworhte die Sîfrides wât. Nibelungen 66, 3 Lachmann) ist nur aus einer späteren buchung zu erschlieszen: contexere, gewirken. handschr. voc. lat. germ. (15. jahrh. md.) bei Diefenbach. die beziehung auf metalle und edelsteine (fürspan gewürken. meister Eraklius 1823 Massmann) scheint nicht mehr aufgefrischt worden zu sein. dagegen dringen abstracta vor, die in der älteren sprache weniger entwickelt waren, vgl.: elliu dinc gewürken. gold. schmiede 1695; wunder gewirkjan. Heliand 2166 u. a.; Apollonius 6713; zeichun. Wessobrunner glaube, denkmäler 13, 293; bilde. Tristan 6695; giwirkean is willeon. Heliand 1172 u. a. naturgemäsz sind es andere substantiva, die nun bevorzugt werden, und die häufigkeit ihrer verwendung steht im gegensatz zu der spärlichkeit der concreta: und sol ainen solichen erbern man einnemen, der sein handwerck vor alter und krankhait nicht mer gewürken müg. stiftungsbrief der St. Antons-pfründe, s. stadtbuch von Augsburg (1276) 275 (genau so in einer Augsb. urk. des 15. jahrh., s. d. städtechron. 5, 197); der vater geworhte nie kein werc, daʒ minre wêre dan er selber ... wâ daʒ geworhte werk als edel sî als der wercmeister. meister (liber positionum 137) s. myst. 2, 673; ebenso 123 Zuchhold (vgl. got. hwa taujaima, ei waurkjaima waurstwa guþs? Joh. 6, 28); das höchste werk, daʒ got ie gewarcht, daʒ geschah in barmherzicheit. pred. der Nürnberger Eckhart-handschr. bei Jostes s. 8; dass wir also gewirkent guote werg ... pred. (Straszb. handschr.), s. zeitschr. f. d. alt. 7, 156; ähnlich pred. bei Jostes s. 110; ir zarten rosen des geblmeten geistlichen lebens ... tnt úwer hertzen ... uf gegen dem sssen meientowe der himelschen sunnen ... gebent ime stund und stat, daʒ er sin werk in úch gewúrken muge, daʒ úwer hertze werde ein appotecke der gotheit. Heinr. Seuse (grosses briefbuch: 8. brief) 431 Bihlmeyer; so mag die lieb ir weise [Bd. 6, Sp. 6118] als man dan durch mirket die wachter merckten eben, Aretha die Romer vorhte, 2) der absolute gebrauch: a) neben präpositionalbestimmungen kann das verbum am ehesten des objects entbehren; doch liegen für die verstärkten formen auch hier erst vom ausgang des 13. jahrh. ab belege vor, meist aus der sprache der mystiker. α) der lip, ob man die warheit giht, β) hab taugen wandel, daʒ ich taugenlich in dir gewurken mug. pred. der Nürnberger Eckhart-handschr. bei Jostes s. 55; daʒ er alleine in uns gewirken moge. bei Zuchhold s. 65b; ähnlich s. zschr. f. d. alt. 15, 414; unde wo er irluthet, beschirmet oder wirket an einre stat, die wile enmag er in einre andirn stat nit gesin noch gewirken. predigt bei Zuchhold 81 (bei meister Eckhart: gewerkin); der (ein meister) ordende waʒʒer uber wein alʒo, daʒ deʒ weines craft mak darinne gewurchen. Jostes s. 10; alse das obrist element ninder sô wol gewürken mac dan in dem grunde der erde, dâ würket eʒ golt unde silber und edelgestein. meister (pred. 46), s. myst. 2, 156; ein iegelich ding wirket in wesene. kein ding mag gewirken uber sin wesen, daʒ fur enmag nit gewirken dan in sime wesene unde inme holtze. bei Zuchhold s. 86 (bei Eckhart: gewerkin ebenda; würken bei Jostes s. 26). γ) ze Narne ein wîp het ein hant, b) ohne ziel- und ortsbestimmungen ist die unterdrückung des objectes nur selten belegt: sein gotliche hant krefticlichen gewirket: sein gotlichen hant hat sant Jeronimus erhohet. leben des hl. Hieronymus 105, 94 Benedikt (dextera domini fecit virtutem); wan ich mʒ wirken di werc des der mih gesant hât, alse lange iʒ tag ist: wan die nacht kummit, wenne nîmant gewirken mac. Joh. 9, 4 (Bechstein s. 202; ebenso cod. Tepl.; wircken Mentel u. a., ebenso Luther, Emser, Dietenberger, Eck; werken Quentel, Arndes, Züricher bibel; schaffen Weizsäcker; waurkjan Ulfilas, ἐργάζεσθαι. die stelle übernommen [gewircken] von an Marg. Ebner 265 Strauch). Otfrid zeigt an der gleichen stelle das verbum relativ gebraucht: thaʒ megi er wiht gewirken. 3, 20, 19. ![]() ![]() [Bd. 6, Sp. 6119] 1) von der breiten grundlage, wie sie durch die verwendungen des verbums gedeckt ist, a) zweigen schon früh attributive verbindungen des particips ab: egesta humo, kaworahtiu erdo (Reichenauer glossen zu 5 Mos. 23, 13) 1, 374; vgl. auch edito loco, caworahtemo (Wiener glossen z. Hrab.-Keron. gloss., in anderen handschr. cascafanero steteo) 1, 117; alsô diu sunne schînet durch die geworchten goltvaz der meister machte vier rat, mîns friundes grüeʒen solte vester sîn dann stein, b) in der neueren sprache sind in solchen verbindungen die concreta als träger des attributes aus dem litterarischen gebrauch zurückgetreten, soweit es sich nicht um das flechtwerk handelt (s. 2). dasz die sprache des täglichen lebens an der alten freiheit länger fest hielt, zeigt die späte buchung gut gewirktes brod, pain bien travaillé. 1, 746b, ein zeugnis für den einflusz des substantivs auf die bedeutung des mit ihm verbundenen verbums. α) dagegen machen sich immer mehr abstracta als träger des attributes geltend, sie treten noch zu den älteren formen des particips; vgl.: gewurckt sunde oder vollbracht sunde, peccatum actuale. voc. theut. (1482) m 5b; als er die von unserm heiland, und seeligmacher ... gewürckte wunderding hörte. hl. Antonius v. Padua 2; das allergröste von Antonio gewürckte wunderwerck. ebenda 46; ebenso (gewürckte mirackel) 45 und 256; desgleichen (sachen) 81; (geschicht) 52. gegen: wählt ihr hin und wieder von selbst gewirkte begebenheiten, mithin erzeugung aus freiheit: so verfolgt euch das warum nach einem unvermeidlichen naturgesetze. (krit. d. reinen vernunft 1787) 3, 337 Akademie; ein durch vernunftbegriff selbstgewirktes gefühl. 4, 19 u. a. s. th. 10, 1 sp. 475; nur das unvollkommene, das eingeschränkte ... zerstört sich: das gewürkte vollkommene bleibt. (urs. d. ges. geschmackes) 5, 647; der einzige unterschied zwischen dem verderblichen wirken übermäszig gemachter inländischer anlehen, und das maas überschreitender auswärts gewirkter schulden. handbuch d. staatswirthschaftslehre 3, 412. β) Göthe, der von diesen wendungen gebrauch macht, liebt ihn auch auf concreta auszudehnen: der regenbogen, ob wir ihn gleich als durch refraction gewirkt anerkennen, hat doch das eigene ... (nachträge zur farbenlehre: entoptische farben 31) 55, 50; unsre betrachtungen beziehen sich also 1) auf das vorbild, 2) auf die beleuchtung, 3) auf die linse, 4) auf das gewirkte abbild und 5) auf die aus den erscheinungen gezogene folgerung. (farbenlehre, polemischer theil 53) 59, 34; die durch den schloszbrand gewirkten gräulichen ruinen betrachtete man schon als anlasz zu neuen thätigkeiten. (aus meinem leben 20) 48, 174. γ) auf Göthe führt auch die substantivierung des part. zurück: in dem erfolg der literaturen wird das frühere wirksame verdunkelt und das daraus entsprungene gewirkte nimmt überhand, deswegen man wohlthut von zeit zu zeit wieder zurückzublicken. (maximen u. reflexionen 5) 49, 122; daher musz das wirkende trefflicher [Bd. 6, Sp. 6120] sein als das gewirkte. 105; ob mit recht oder unrecht, weisz ja der verfasser selber nie, da er aus seinen arbeiten zuletzt doch immer nur das gewollte herauslieset, nicht das gewirkte. (studien 1. vorrede) 1, 5 Sauer. 2) die engere beziehung auf ein flechtwerk, wenn sie auch schon in der älteren form des particips erscheint, ist im wesentlichen an das schriftsprachliche gewirkt gebunden: gewurckt, contextus voc. theut. Nürnberg 1482; contextus, gewurkt (md. voc. von 1440); gewurcht (hd. von 1470); geworck, gewirck (md. 15. jahrh.), gewroch (ndd. 15. jahrh.), gewirket (15. jahrh. md.). 146c; gewirckt, textum. 1602; gewirckt, adj. tissu, ou tissé, et lassé, textus. (1664) 199a; gewirckt, u. gewebt, tessuto, un tissu. (1711) 1, 384a; gewirkt, v. wirken. 2, Uu 3e; ebenso 1, 746b; gewirkt, textilis, textus, contextus, staminatus. 2, 151b; genau so 2, 181b; staminatus, gesponnen, gewirckt. 143a; textilis, gewebt, gewirckt. 2, 212a; gewirckt, textus. 1, 1425; gewirckt, etwas gewircktes, un tissu, textum. 199a; vgl. auch gework'ne n. das gewirkte, gewebte. preusz. wb. 2, 524. den bei gewirk für die sachbedeutung beobachteten drei gruppen entsprechen auch hier dreierlei arten von trägern des attributs: a) die auf die arbeit selbst zielende tautologische formel gewirktes werk wird später durch verbindungen verdrängt, die mehr und mehr specialisieren: vnd mit purpur ein gewürktes werck ist des manns gezierde. Syr. 45, 12 (purpura, opus textile; ebenso Koburger; gewracht werck. Quentel; gewrocht. Arndes; purpur gewürckte arbait. Eck; kunstwirkerarbeit. Kautzsch; künstlich gewirckt. Luther); allerlei köstliche unnd kunstreiche bild, gemalte tafeln, gewirckt heidnische werck, geschirr und grosze bächer. dtsch. (1572) 4, 79a (45, 33: exposita statuarum tabularumque, textilium et vasorum); textilis pictura, gwürckt bildwerck auff teckinen. 857a; gewürckt oder gestickt bildwerck auff deckinen oder tcheren. 1308b; genau so 180b; ein gemelde in ein teppich gewircket. 859a; gewrcktes bildwerck in teppichen. 803a; gewirckt mahlwerck, une peinture, tissuë, ou tapisserie historiée, pictura textilis. 199a; ebenso 1, 384a; mit gold und silber gewirckte arbeit, tessitura d'oro e d'argento, travail d'or et d'argent, du petit métier. (1711) 1, 384a; es glänzen hier in weichen kleidern, gewirket von der harten hand denn der staub auf ihrer schwelle b) zäher halten sich die verbindungen mit einzelnen gewandstoffen als trägern des attributs. den alten festen formeln treten neue zur seite: vnd er machet eilff gewürckte tücher von geiszhaaren zur hütten über die wonung. Züricher bibel 1527. 2 Mos. 36, 14 (vnd er machet eilff teppich von zigenharen. Luther). vgl.: eʒ sol auch nieman kain gra tch verkaufen, eʒ haben denne der maister drei oder ze dem minsten zwene besehen vor, daʒ eʒ also geworcht si und gewalken, als eʒ gesetzt ist. Nürnberg. polizeiordn. (14. jahrh.) 162 Baader; und solt ein tuch machen in die thür gewirkt von geler seiden. Luther 2. Mos. 26, 36; vgl. auch gewirktes tuch, aulaea, tapes u. a. unter c); flannell ist ein englischer, insgemein grob und leicht gewürckter. wollener krauser zeug. Amaranthes (Herdegen) frauenzimmer-lexicon 547 s. z. f. d. wortf. 8, 71a; camelot, ein aus cameel-haaren gewürckter zeug. a la modesprach der Teutschen (1727) 84b; dasz ich schöne neue seidene mit goldenem blumwerck gewürckte zeiche hätte. Türckischer vagant (21) 175; die zeit war schön, der himmel glänzte wieder, [Bd. 6, Sp. 6121] dicke wolgewirckte leinwad, von kleiner gespunst. thesaurus onomasticus 95; eine lange tafel war mit gewirktem linnenzeug gedeckt, worein laubwerk mit hirschen, jägern und hunden mit grüner seide und goldfäden gewoben war. (leute v. Seldwyla 2: Dietegen) 522, 191; der schneeweisze gewirkte damast auf dem runden tische war von einem grüngestickten tischläufer durchzogen. Buddenbrooks (4, 5) 1, 279; laszt schawen, sagte er, ob das armbandt noch vnverletzet sei, vnd ob der gewürckten seiden daran nichts mangele. übers. v. Barclay's Argenis (2, 15) 1, 301; ebenso (1, 2, 7) 1, 227; der grosze Artus hielt, vor seiner burg der purpur ist entzwei; die liljen-weisze seiden, ein breitgewirktes gold umgab der weste rand. c) am reichsten entwickelt sind die verbindungen, die den gebrauchsgegenstand kennzeichnen, dem die arbeit gilt. sie leben auch im neuesten sprachgebrauch weiter, vgl.: wirkerei, zweig der textilindustrie, der sich mit der herstellung gewirkter gebrauchgegenstände (strümpfe, beinkleider, handschuhe etc.) befasst. lex. der ges. technik 7, 944. α) gegensätze in der technik des webens und wandlungen in der ausschmückung des hauses spiegeln sich in den verschiedenen zeugnissen für solche gewirkte tücher, die dem gebrauch in wohnräumen, vor allem der wandbekleidung dienen (aulaea, tapes u. a.). ihren ursprung, der nach dem orient weist, verraten sie durch die in den wörterbüchern lange festgehaltene verbindung heidnische gewirkte tücher. ihren höhepunkt erreichte diese industrie später im westen Europas; und die romantechnik des 19. jahrh. weist immer gerne auf gewirkte teppiche (tapeten) hin, wo sie die pracht alter zeiten veranschaulicht: aulœa, gewürckte heidnische tcher, tapeten, etc. 111a; genau so 143a; ebenso Dasypodius, Maaler, Henisch; peristroma, vmmhang, fürhang, tapeten, heidische oder gewürckte tcher. 983a (umbhang. Cholinus-Frisius 648a); tapes, tapetum, ein gewürckte decke oder serge, heidnische decke, teppich. Dasypodius Ll 2d; ebenso 3b (gewirckte); babylonicum, tapezerei, gewirckete tücher. theatr. rom.-teut. 1, 642; aulaea babylonica, attalica, kstliche gewürckte teppich. 81a; aulaea, ein serg, decke, ein schön gewirckt tuch. 2a; aulaea ... tapeten, gewirckter teppich, fürhang. 1, 154b; peristroma, fürhang, gewirckte tcher. 852b; tapetum .., teppich, gewürckt tch oder tecke. 846b; ebenso 1289b; ebenso 1, 127; gewürckte tücher, damit man die wend bedeckt, plage, peripetasmata. 180b; gewürckt tuch, tapezzaria, tapeti. (1605) 63b; tapete, ein teppich, gewirkt tuch, deren man sich zur bekleidung der zimmer und bedeckung der tische bedienet. 723a; textilibus onerat donis, verehrungen von gewirckten teppichten. 859a; textile, ein gewirckter teppich, tuch, oder zeug. 2, 212a; in ain küniglichen stel, mit künstlich gewürckter tapezerei bedeckt. Odyssee 2b; für wem, (wären) jene so herrliche, schön aus gold gewirckte fürhänge? Fr. Caccia hl. Antonius v. Padua (2) 120; gewirkte tapeten, tapisserie de haute-lisse. 1, 746b; gewürkte tapeten. unter dieser allgemeinen benennung begreift man die hautelisse- und basselissetapeten, desgleichen die tapeten, die man savonnerie nennet. alle drei arten werden auf einem stuhl gewürkt, und die beiden ersten unterscheiden sich nur dadurch von der letzern, dasz jene einen glatten grund, da im gegentheil die tapeten der savonnerie einen sammetartigen oder geschnittenen grund haben. technol. wb. (1782) 286b; von den nicht minder berühmten Brüsseler gewirkten tapeten existirten vor wenig jahren noch fünf [Bd. 6, Sp. 6122] fabriken. ansichten vom Niederrhein 2, 179 (1804); mir besonders war dabei das gebäude merkwürdig, das zu ihrem empfang (der Marie Antoinette) ... auf einer Rheininsel ... aufgerichtet stand. was mich daran besonders interesirte ... waren die gewirkten tapeten, mit denen man das ganze inwendig ausgeschlagen hatte. (dichtung u. wahrheit 2, 9), 25, 234; zuletzt der alte (der doge) mit goldener phrygischer mütze geschmückt, ... drei diener sich seiner schleppe bemächtigen, alles auf einem kleinen platz vor dem portal einer kirche .., so glaubt man auf einmal eine alte gewirkte tapete zu sehen, aber recht gut gezeichnet und colorirt. (ital. reise 1. 6. oct. 1786) 27, 129; dem ist leicht abzuhelfen. wir haben ja die gewirkten tapeten, die nichts als wälder und gegenden vorstellen. (triumpf der empfindsamkeit 2) 14, 22; an den wänden hingen gewirkte tapeten, welche alte turniere darstellen. (Isabella v. Ägypten) 1, 64; als daher der Capuaner sich abermals bei der fürstin melden liesz, verbarg sich der könig hinter den gewirkten teppichen, mit denen man in damaliger Zeit die gemächer, anstatt der tapeten, zu behängen pflegte. Platen (gesch. des königreichs Neapel 1, 6) 3, 29 Redlich; es war der verblichene glanz eines früheren jahrhunderts ... die schweren gewirkten tapeten, mit leisten befestigt, die einst vergoldet waren und deren farbe jetzt ins dunkelbraune spielte. das bild des kaisers cap. 3; uralte gewirkte tapeten mit abenteuerlichen schildereien, zwei lange reihen von porträts bedeckten die wände. (der schatz) 6, 81 Krausz; die wände waren mit alten seidengewändern, gewirkten stoffen und teppichen aller art behangen. (grüner Heinrich 1, 6) 117, 59; die schloszuhr tönt und mitternacht rückt näher, β) den verhältnissen entsprechend steht im mittelpunkt älterer verbindungen auch die kleidung. die neueren formeln sind in bezug auf kleidungsstücke, die durch die arbeit des wirkens gleich gebrauchsfertig werden, an einen kleineren kreis gebunden. 1)) nexilis ante fuit vestis, quam texile (!) tegmen (!), gestrickte kleider sind ehe gewesen, als gewirkte. 859a; gewirkte kleider, des habits tissus ou tissés, vestes textae. (1664) 199a; vestiti tissuti, habits tissus. 1, 384a; wollig und purpurn war das gewand des erhabnen Odysseus, und zog das weiche gewand an, 2)) die haare der frauen stacken unter netzen, darein gute perlen gefaszt waren, oder auch unter mit gold gewirkten hauben. kunst-, gewerb u. handwerksgesch. von Augsburg 2, 88; obenauf lag jener bunt und prächtig gewirkte schal, den ihm seine mutter als das kostbarste stück der ganzen ausstattung besonders gepriesen hatte. (die reise nach dem glück) rom. u. nov. II, 7 s. 247; gewirckte strmpffe, calzette tessute, [Bd. 6, Sp. 6123] des bas tissus. (1711) 1, 384a; gewirkte strmpffe, bas tissus (faits au métier). (1765) 2, Uu 3e; ebenso (1783) 1, 746b; gewirckt, i. e. gewebte strmpfe. 2, 97b; die hände von den grauen gewirkten handschuhen zu befreien. (zwei gefangene) II, 9 s. 232. γ) unter den sonstigen gebrauchsgegenständen ist neuerdings vor allem die verbindung gewirktes band (schnur) bevorzugt, bei der der gegensatz von gewirkt gegen gezwirnt besonders deutlich wird: 1)) collocari hominem iussit in aureo lecto strato, pulcherrimo textili stragulo, mit sehr schnem gewirckten bettgewand. 859a; hiermit überreichte ihm die hochbekümmerte Jannetine einen mit gold gewürckten beutel, darinnen über 100 rthl. an golde waren. academischer roman (1741) 110; kaum spricht Pervont ihn (den wunsch) aus, so ist er schon erfüllt. schwinge, schwinge deine fahnen, 2)) des kutschers braune faust hält den gewirkten zaum, der satan legt euch goldgewirkte schlingen, ![]() ![]() [Bd. 6, Sp. 6124] liquida beeinfluszt, auszerdem tritt hier ein l-suffix an: gwurrl und gsäus 22, sp. 980. mundartliche einflüsse — jedoch gekreuzt durch grammatikalische regelung und stilistische neigungen — verraten sich auch im auslaut des schriftsprachlichen wortes: für die sachbedeutung (s. 2, b) ist durchgehends die form gewirre gebucht; sonst herrscht in den älteren zeugnissen, die auf Luthers gewirre folgen, apokope: gewirr im volkslied des 16. jahrh., bei Lehman, Grimmelshausen gegen gewirre bei Schütze. auch Schottel, der die erste wörterbuchnotiz für unser substantiv beibringt, führt es in der form gewirr an. ihm folgen später Aler, Adelung, Campe im gegensatze zu Steinbach, Matthiae, Hederich, Rondeau, Schwan, die gewirre buchen. dieser gegensatz in der schreibung entspricht nicht ganz sonstigen beobachtungen, wonach die apokope gewöhnlich oberdeutschen einflusz verrät. er erklärt sich aber daraus, dasz einzelne schriftsteller und lexikographen nicht immer die ihnen geläufige form zur geltung bringen. so ist gerade aus den angaben bei Adelung und Campe zu ersehen, dasz ihnen die form gewirre vertrauter ist, als die für die schreibung angenommene kürzere form. in der litteratur ist die apokope in syndetischen verbindungen vor und (s. sp. 6127) regel (gewirr und —, aber: — und gewirre), desgleichen ist sie in obliquen casus (namentlich dem dativ) beliebt. gerade hier aber lassen die Oberdeutschen, die zunächst die apokope überhaupt durchgesetzt hatten, neuerdings vollen auslaut vordringen, so G. Keller, Rosegger. umgekehrt gewinnt die kürzung, die bei Göthe, Herder, Arndt, Immermann, G. Freytag, W. Raabe nur wenig belegt ist, bei neueren vertretern mittel- und niederdeutscher landschaften immer mehr boden; sie ist bei Jahn, Hebbel, Gutzkow, Storm, P. Heyse, Fontane durchgeführt; desgleichen bei Frenssen und allen andern neuesten. der plural ist an und für sich nur für die sachbedeutung zuständig, die sich aus einer bedeutungsverengerung des begriffes wirrsal entwickelt (s. 2, b). ausnahmsweise ist auch vom allgemeinen begriff der plural belegt: in labyrinthischen gewirren entfliehen laszt mich, fliehn aus den gewirren 1) verbindungen, die sich in der bedeutungsrichtung des älteren gewerre halten: das ich aber solt widderruffen meine lere, da wirt nichts ausz, darffs ihm auch niemant furnehmen, er wolt denn die sach noch in ein grosser gewirre treibenn, da tzu mag ich nit leiden regel oder masse, die schrifft auszzulegen. (sendbrief an Leo X. 1520) 7, 9 Weimar (var. gewerre); denn, so dis concilium uns so viel gewirres gibt, was solts werden, wenn wir die andern auch solten fürnemen? (v. d. concilijs u. kirchen 1539) 7, 227a Jena 1581 u. a.; dadurch wir anders nicht mercken können noch vernehmen, denn das ihr zwitracht, spähne und gewirre zwischen uns zusehen und zustifften versuchet. Preuszen (1599) 220b (brief der Danziger); nach diesem kan man leichtlich erachten, dasz die dame nicht lang verzogen dem cavalier den eussersten geneigten willen zu erzeigen, und dieses wärete 4 oder 5 monat, dasz kein gewirr darein kam. histoire amoureuse des Gaules (Geneve 1667) 9; er wolte auch die hochzeit gleich für sich gehen lassen, ehe ein ander gewirr drein käme; aber der bernhäuter wolte nicht, sondern wendet andere geschäffte vor. (der erste beernhäuter) Simplicianische schriften 4, 308 Kurz. die beliebteste verbindung ist, wie schon bemerkt, ein gewirr machen, vgl. ein gewerre machen. Hebr. 12, 15 u. a., s. o. sp. 5677; das bachschmalz tt mir vil z lieb, [Bd. 6, Sp. 6125] mancher macht einem vor augen unnd ohren so ein gewirr, wie ein schnack. florilegium polit. 81 (beschwerden nr. 42); mir aber war diese schnelle hochzeit trefflich gesund, dan wan ich doch verehlichet, und gemeinem gebrauch nach über die cantzel hätte abgeworffen werden sollen, so hätten sich besorglich schleppsäcke gefunden, die mir ein verhinderliches gewirr drein zumachen unterstanden, dan ich hatte solcher unter den bürgerstöchtern ein gantz halb dutzet, die mich mehr als allzuwol kanten. Simplic. (3, 22) 278 Kögel; anders (s. sp. 6127) Simplic. Haspel-Hannsz 74 u. a., s. sp. 6135; länger als der litterarische gebrauch halten die buchungen gerade diese wendung fest: in einer sache gewirr machen, aliquid turbare, perturbare. 1, 938a; gewirr machen, perplexe agere, loqui u. a. ebenda; genau so (gewirre) 2, 151b; 2, 181b; perplexor ... scrupel und gewirre machen. 1, 995a; dazu vergleiche: gewirr, turbatio, burrae. Aler; gewirre, turbatio, tricae, burrae, implicatio. 2, 1039; burrae, tricae. 1, 1425. dasz die verbindung gewirre machen mit der alten bedeutung im mundartlichen gebrauch noch fortlebt, dafür spricht: du häst me ä sch gewirzchen gemjt. Ruhlaer mundart 193; vgl. auch wirri werri machen. Martin u. 846a. 2) der neuere begriff: gewirr, gewirre = wirrsal: gewirre, oder geverre, heist ein unordentlich zusammengeworffenes wesen. 4, 1061; gewirre, n. entortillement; brouillement; chose brouillée p. e. du fil etc. Rondeau Uu 3e; das gewirr, die handlung des wirrens oder verwirrens, und eine verworrene sache selbst, so wohl eigentlich als figürlich. so wirt im gemeinen leben verworrener zwirn so wohl, als eine jede andere verworrene sache, eine verwirrung, ein gewirre genannt; nieders. ein wirrwarr. s. verwirren. 2, 667 ; ähnlich 2, 365b; gewirre ... l'action d'entrelacer, d'entortiller; it. l'entrelacement, entortillement, brouillement, chose brouillée. it. fig. l'embarras, le labyrinthe. (1783) 1, 746b. 747a; gewirr, n. or gewirre, n. 1) the act of entangling, confounding or complicating. 2) entanglement, confusion, complication. II, 1 s. 465a. die bedeutungsunterschiede, die sich bei Adelung und Campe aus dem gegensatz zwischen einem nomen actionis und der sachbedeutung ergeben, müssen etwas anders gefaszt werden, da parallel mit ihnen auch eine bedeutungsverengerung läuft. der allgemeine umfassende begriff kennzeichnet ein geschehnis, noch häufiger einen zustand und er entwickelt hieraus auch einen collectivbegriff; dagegen ist die bedeutungsverengerung an die entwicklung einer sachbedeutung geknüpft. diese thatsachen sind bei s. 931 zwar nicht klar erfaszt, aber doch angedeutet. a) der allgemeine umfassende begriff, der einen zustand kennzeichnet und von da zum collectiv überführt: Atheor, der ewige aufruhr, [Bd. 6, Sp. 6126] dem auge. (kleine schriften) 18, 368. vgl. labyrinth ... gewirre verdeutschungswb. 2, 438a; vgl. auch labyrinthische gewirre sp. 6124. α) für den gegensatz zwischen der jüngeren und der älteren bedeutung von gewirr sind schon die synonyma kennzeichnend, mit denen das substantiv formelhafte verbindungen eingeht. in der älteren sprache überwog die verbindung gewerre unde nit (vgl. auch zwietracht, späne und gewirr, s. o. sp. 6124), während dem jüngeren gewirr meist substantiva zur seite treten, die den begriff der unordnung in anderer richtung herausarbeiten. sie lassen sich der hauptsache nach in zwei gruppen gliedern, je nachdem an dem begriff des wirrsals mehr die bewegung, das gedränge (gewirr und gewimmel) oder das geräusch hervorgehoben wird, das sich mit jeder art von unordnung so leicht verbindet (gewirr und geschwirr). manche verbindungen, die durch die besonderheiten des jeweiligen zusammenhanges bedingt sind, dringen nicht bis zur formel vor; meist kommt in ihnen eine üble nebenbedeutung, die dem begriff der unordnung anhaftet, zur geltung. 1)) in dem grösztmöglichen gewirr und gewimmel. 30, 134, s. o. sp. 5833; ei mein was kann 2)) es ist jetzt wieder ein solches gewirre und geschwire in Franckfurth, dasz einem der kopf sumst. frau rath (an Anna Amalia) 1, 105 Köster; es war die tage zu viel gewirr und geschwirr um uns, auch von gleichgültigen leuten. Friedrich Arndt bei schr. f. u. a. s. l. Deutschen 1, 142; was sie da alles vor sich sehen, dies gewirr und geschwirr, diese bediente, die ... erfrischungen bieten, diese hinter einem walde von tropischen blumen versteckte musik, diese conversationen ... alles das ist lüge. die diakonissin cap. 2; ich möchte in dem gewirr und geschwirr nicht mehr leben! herberge der gerechtigkeit (5) 1, 86; ach, dasz man nicht von sinnen kommt über den lärm und das gewirre. (Claudine v. Villa Bella) 57, 192; vom actienschwindel, von speculationen [Bd. 6, Sp. 6127] ein verworrenes getöse und das gewirr vieler streitenden stimmen unheil. Ernst Zahn herrgottsfäden (9)5 96; gassauf, gassab erschienen menschen mit lichtern, gewirr und murmeln nahte von überallher. Walther Siegfried Fermont3 249; ein gewirr, ein immer lauteres geschnarr von stimmen. 114. 3)) halffen auch ihnen die äpffel auffklauben, schoben aber fast mehr und sonderlich die schönsten in ihre säck, als den weibern in die körbe, ja sie machten nur den weiben noch grössers gewirr und vermischung. Simplicianischer Haspel-Hannsz 74; tausend schneidende, flehende zungen, röchlen der sterbenden, gegrinz, gewirr, gebad in blut, und leztes aufstemmen zu rächen, tobt über den gräbern. F. M. Klinger Simsone Grisaldo (1, 1) (1776) 16; mitten unter diesen unterhandlungen, über deren gewirr und unheil wohl ein ewiges dunkel liegen wird, stiegen neue plane zu kriegen und siegen auf. geist der zeit 22, 108; was es da für ein gewirre und für widersprüche in meinem innern absetzte. Bräker der arme mann im Tockenburg (selbstbiogr. 6) 186 Bülow; das gewirre und gekleckse (des systems des harmonischen weltalls) wuchs und wuchs und spiegelte sich so sichtlich auf den hauptbögen und beiblättern ab, dasz aus diesen stummen flächen in mein eignes gehirn der wahnsinn herüberzuschweben drohte. auch einer 311; der begrif und beweis gottes nichts als ein werk so feiner versuche, abstractionen und spekulationen! mit so vielem gewirr und schulkram umfangen! (älteste urk. 1. 7) 6, 310. β) diesem jüngeren begriff von gewirre ist auch eine reich entwickelte gruppe von verbindungen erwachsen, die das zugehörige subject kennzeichnen, und die meist in die form der composition übergehen. vielfach kreuzen sich diese verbindungen mit denen von gewimmel und getümmel, von denen sie sich in der bedeutung charakteristisch abheben. in der kennzeichnung von naturerscheinungen, wo gewirr mit gewimmel zusammentrifft, geht es von unbewegten objecten aus, in deren häufung das bild der regellosigkeit einen schein von bewegung gewinnt. gewimmel geht dagegen von bewegten objecten aus und erreicht erst in der vorstellung des gedrängten auch den anschlusz an unbewegte. von solchen ausgangspunkten aus werden beiderseits die formen der architektur gestreift, vor allem die regellosigkeit eines städtischen straszenbildes und dieses wiederum giebt den rahmen für die lebhaftigkeit des städtischen verkehrs, den das durcheinander von wagen und pferden steigert. hier tritt neben gewimmel auch getümmel als concurrent von gewirr auf, von dem es sich namentlich in der kennzeichnung von geräuschwirkungen unterscheidet: wenn bei gewirr das durcheinander von stimmen, die disharmonie der töne entscheidend ist, so giebt für getümmel die kraftentfaltung den ausschlag, die bei gewirr nur eine begleiterscheinung ist. ganz ähnlich heben sich die beiden substantiva auch in übertragenen verwendungen ab, wo gewirr den widerstreit menschlicher empfindungen und gefühle, meinungen und eigenschaften trifft, während getümmel mehr die stärke und leidenschaftlichkeit kennzeichnet. 1)) unter den naturerscheinungen, die mit gewirr gekennzeichnet sind, bilden bewegliche objecte eine vereinzelte ausnahme: das boot wurde eine zeitlang in dem gewirr der kurzen, schweren, sich überschlagenden wogen hin und her, auf und nieder gestoszen. Peter Moors fahrt nach Südwest (4) 35; mich dünkt, was voraus ein feierlich muttermärchen mit dem schwebenden gewirre von schattenzügen war, wird in meinem gesichtspunkt das bestimmteste, geendetste, vollste gemälde. (unterh. u. briefe über d. ältest. urk. 4) 6, 180. die meisten anknüpfungspunkte bietet der baumwuchs und die pflanzenwelt, mit der auch einzelne erscheinungen am thierischen körper verwandt sind. geologische gebilde werden ebenfalls häufiger gestreift, unter demselben gesichtspunkt, unter dem die formen der architektur angezogen werden. a)) dann als er herunter portzelte, fiel er in ein dücke gewirre von schilff und rohr (des sees). Blockesberges verrichtung (1668) 260; und er fühlt, wie sich des baumes wurzeln unter ihm regen, ... blickt er aufwärts, so betet er, und blickt er nieder, so schwindet er in dem gewirre der wurzeln, die wie lichte schlangen um ihn [Bd. 6, Sp. 6128] wühlen. (fragment aus Godwi) 5 (1852), 301; vgl. gewirr der tannenwurzeln. W. Siegfried Fermont3 150; dann aber stand er auf und blickte über sich in das gewirr der ranken, um die gefährdete blüthe zu entdecken und das ungeziefer herunter zu schlagen. Th. Storm (im sonnenschein) 1, 317; vgl. rankengewirre erg.-wb. 642b; rankengewimmel theil 8, sp. 107; aus dem gewirr der äste am boden erkannte man, dasz auch der grund aufgewühlt war bis unter die wurzeln der nächsten bäume. (verl. handschr. 6) 6, 116; so ists zuletzt wie in einem wilden, verwachsnen walde: wo wenig alte stämme sind, aber ihre tausendfache äste, spröszlinge, zweige haben sich desto ärger vermischt, verwirret und verwickelt. wer nicht merkt, wo die alten stämme liegen, kann er durchkommen und wird sich nicht im ästegewirr aufs schlimmste verfangen? (älteste urk. 2. 7) 6, 416; vgl. astgewirr. (im walde) klingende tiefen (1903) 8; wolken ... (die) dem geäst der bäume zutrieben. in dem gewirr der zweige verschwanden sie. Herm. Stehr der begrabene gott2 (5) 62; so ganz eingeschlossen in der grünen wildnis, die ihn in kopfhöhe überdachte in unmittelbarer berührung mit diesem gewirr von zweigen und blattwerk, so ganz in dieser grünen enge eingeschlossen war es ihm erst wohl. der mann im nebel (1899) 11; vgl. zweiggewirre 3, 1629c; stundenlang stand ich auf einem stuhle davor und versenkte den blick in die anhaltlose fläche des himmels und in das unendliche blattgewirre der bäume (des bildes). Keller (grüner Heinrich 1, 15) 117, 151; nachtgebüsche, die ihr blättergewirr bis auf den steinwall hinabtauchen. Timm Kröger Hein Wieck2 (1905) 70; vgl. gewimmel der blätter; laubgewimmel sp. 5837; laubgewirre a. a. o.; an der felsenwand liegt ein weiszes gewirre herabgestürzter bäume. Stifter bunte steine5 37 Aprent; gewirre der bleichen herabgestürzten bäume. (studien 1: der hochwald 4) 1, 272 Sauer; die feuerrote sonne sah durchs funkelnde gewirr eines gebüsches und lockte. Asmus Sempers jugendland 98; vgl. baumgewirre, heckengewirre a. a. o. und erg.-wb. 642b; gegenüber, hinter einem schmalen sumpfe, der vom röhricht ganz durchwachsen war, stieg wiederum, anscheinend undurchdringlich, das gewirr des waldes auf. (schweigen) 7, 90; vgl. waldgewirre Sanders erg.-wb; aus dem schattigen, dicht bestandenen park ... trat man in ein gewirre von obstpflanzungen, die auf einer fläche von mehreren morgen feldes sich wahrhaft zauberisch darstellten. Auerbach landhaus am Rhein (2, 10) 1, 105; stiegen sie die treppe hinab und tappten sich durch ein gewirr von palmen. l'adultera cap. 12; (die kreuzotter) war in dem blumengewirr verschwunden. (quitt 31); vgl. blütengewimmel theil 2, sp. 179; jetzt öffnete sich eine lichtung, in der das gold des abendhimmels auf hülsen- und farnkräutern lag, die hier in unberührter einsamkeit beisammen standen. 'weiszt du denn wirklich, wo wir sind?' sagte Wulf, als Kätti vor ihm in das gewirr hineinschritt. Th. Storm (z. wald- u. wasserfreude) werke 5, 317; was zeigte sich mir da noch mehr? ein todtes huhn mit einem hanfgewirr um den fusz an einer kartoffelstaude hangend. schriften f. u. a. s. l. Deutschen 3, 491 (erinnerungen, gesichte geschichten); den astreifen mit dem strohgewirre (der zerrissenen strohharfe) hat er sich umgehangen. (schriften des waldschulmeisters51) 1, 303; das von den zähnen (der hechel) zurückgehaltene gewirre von fasern, das 'werrig', 'werg' oder die 'hede', ist bei der groben hechel unrein und reichlich. lehrb. der chem. technol. 2 (1847), 626; fädengewirre erg. wb. 642b; und nun gar Heine, der die wohnung im vaterlande verloren hat, der arme Krösus in der fremde! er sieht es nicht mehr seit vielen jahren, das tausendfache gewirr deutscher entwicklungsfäden, er hört in der ferne nur die resultate. neue reisenovellen 2 (vorwort); vor ihrer phantasie er, sie und die umgebung in ein gewirre von zauberfäden gerieth. (studien 1: der hochwald 3) 1, 262 Sauer; und diese sohle, schlaff und dürr, [Bd. 6, Sp. 6129] der korsar3 57; das haar ein gewirr von blonden, leicht rötlichen löckchen. Georg Reicke das grüne huhn (1, 2)2 21; das blonde lockengewirr. Jesse u. Maria (14) 1, 250. b)) gegenüber liegt das graue steingewirre der andern fluszseite, und unten quält sich die Ahr, die man an sechs, sieben orten glitzern sieht, durch die labyrinthische gasse. (Ahr u. Lahn) 10, 258 Hempel; vgl. auch steingewirre. Stifter bunte steine5 113; und mit hilfe dieser (der lichtung) glitt dann der blick nach der anderen felsenseite hinüber, auf der ein gewirr von spitzen und zacken ... sichtbar wurde. Cécile cap. 13; indessen senkte sich über steilwände und felsengewirre im feiertäglichen schimmer das sonnengold vom einsamen Athos-gipfel langsam zum tannenwald herab. Jac. Ph. Fallmerayer fragmente aus dem Orient2 235; unabsehbar war in den dünnbankigen, wenig geneigten kalken das gewirr der karsttrichter, die theils durch chemische auslaugung, theils durch mechanischen einsturz ... entstanden waren. reise durch Montenegro (1893) 31; aber wo früher der Priehl den alten erreicht hatte und an ihm entlang geflossen war, sah er in groszer breite die grasnarbe zerstört und fortgerissen und in dem körper des deiches eine von der fluth gewühlte höhlung, durch welche überdies ein gewirr von mäusegängen blosgelegt war. (der schimmelreiter) 7, 259. vgl.felsen-, stein-, hügel-, berg-, klippengewirre 3, 1629c, erg.-wb. 642b; inselgewirre ebenda; ländergewirre s. oben theil 6, sp. 105; sterngewirre a. a. o. dazu vgl. sterngewimmel s. oben sp. 5837. 2)) gewirr bezogen auf linien und formen vor allem der architektur; das straszenbild als rahmen für den städtischen verkehr: a)) eine weile lag er noch, mit offenen augen nach der decke starrend, wo die hand eines geistreichen stubenmalers sich in tollkühnen arabesken verewigt hatte. es tat ihm wohl, in dies gewirr von krausen schnörkeln und zackenwerk zu blicken. Paul Heyse (moral. nov.: vetter Gabriel) II, 3 s. 131; und zuweilen gelingt es einem klugen, nachdenklichen auge, zu sehen, wie das grosze, schöne und furchtbare schicksal auf dem ewigen steine sitzt und mit aufgestütztem haupte und gerunzelter stirn das gewirr von linien im sande malt, die verschlungenen wege, die wir menschen dann gehen müssen. Frenssen Jörn Uhl (6)30 117. b)) einige der schwestern widmeten sich der erziehung im waisenhause, wohin sie durch ein gewirr von gängen gelangen konnten. der zauberer von Rom buch 6, cap. 2; unter lachender bewunderung der sich hier darbietenden holzarchitektur stieg man ein gewirr von stiegen und treppen hinab. der Stechlin cap. 14; ihre grandiosen paläste und langen straszen erheben sich über einem gewirr solcher unterirdischen wölbungen, aquädukte, gänge und grotten. Ad. Stahr die republikaner in Neapel (cap. 41) 2, 322; ein gewirre von gassen und gäszchen, worin sich selbst solche, die schon mehrere jahre in Rom sich aufgehalten, nur mit mühe zurecht finden können. an Fugger 26. 10. 1826; die ganze innere stadt ist ein heillos unschönes gewirre von elend gepflasterten straszen oder vielmehr gassen und gäszchen, brücken und brückchen, formlosen plätzen und schmutzigen winkeln. das Eldorado der arbeiter, gartenlaube (1865) 302b; vgl.gassen-, dächer-, hütten-, treppen-, thürengewirre a. a. o.; vgl. gewimmel oben sp. 5837; dorthin gelangt wär' ich gern für mein leben; [Bd. 6, Sp. 6130] dieser schmale wasserlauf zwischen dem nächtigen gewirr der häuser sich so spurlos verlor. Georg Hermann Jettchen Gebert8 115; wenn du mit dem finger dort vom Wettingerhause, das am wasser steht, über das gewirre der dächer aufwärts fährst, so tupfst du auf das sogenannte grüne schlosz. (Züricher novellen) werke 6, 23; erst das gasthaus, das mit seinem dächergewirr wirklich an eine mittelalterliche 'burg Rodenstein' erinnerte. Cécile 14; vgl. ruinengewirre. erzählungen 1, 271 Aprent; zeltgewirr kaiser Heinrich IV. 2, 71; alles andere war blosz steindiele, von der aus ein gewirr von leitern zunächst auf einen boden und von diesem höher hinauf in das als taubenhaus dienende türmchen führte. irrungen, wirrungen 2. c)) eines tages ... finde ich jedoch das (wirts)haus von oben bis unten erleuchtet, gänge und treppen von menschen wimmelnd und vor dem hause ein gewirr ineinandergefahrener wagen. (die Marzipanliese) 4, 16 Schlossar; das gewirre der wägen vor der pforte. ritter vom geiste 4, 8; an der ecke des marktes hält auf seinem groszen pferde hoch erhaben der gensdarm, auch er ist heut im eifer, und seine stimme klingt herrisch über das gewirre der wagen, welche die einfahrt zur strasze verstopft haben. (soll u. haben 4, 6) 5, 111; gewirre der wagen und pferde. M. v. Ebner-Eschenbach der kreisphysikus2 82; unten in der stadt traf ich ein wagengetümmel, ärger wie am markttag vor der herberge gewirr der räder, geschrei der menschen, landleute und lakaien des hofes. (verl. handschr. 5, 3) 7, 475. anders rädergewirr in: es ist, als sähe sie in das rädergewirr einer erbarmungslosen maschine. Herm. Stehr der begrabene gott2 (5) 68. 3)) engere beziehung auf menschen: a)) am gedränge wird nur die bildwirkung hervorgehoben: aus dem gewirr der regenschirme und pelze und schleier entwickelten sich zwei jägerinnen. der zauberer von Rom 5, 13; das lachen und die seufzer wilder lust dreimal schrie vom graben mit macht der edle Achilleus; [Bd. 6, Sp. 6131] gendarmen, in leichenlaken gehüllt, b)) die stimmentfaltung wird hervorgehoben: α)) kein tag verstrich, der nicht mein kleines wissen mehrte, siehe, da wimmeln von fröhlichem leben die krahne, die märkte, und rings durch die stadt verbreitet β)) das gewirr ... zuweilen auch von tönen. 2, 365b; ein gewirr freundlich-zärtlicher töne. ebenda (aus Benzel-Sternau); aufs neue, durch schrecklicher klänge gewirr. 4)) gewirr wird auf menschliche thätigkeit, auf empfindungen und gedanken, auf geisteserzeugnisse und begriffe übertragen: a)) er befindet sich in einem gewirre von geschäften, er ist in geschäfte verwickelt. 2, 365b; ebenso 2, 1, s. 465a (he is in such a labyrinth of affairs); im gewirr der kandidatschaft s. u.; es hat zwar ... herr Waitz uns in das gewirre der diplomatischen verhandlungen zurückgeführt. in der deutschen nationalversamml. s. stenogr. ber. 3, 2103a; so fände freilich zwar weder die grosze extension des menschenreichs auf der erde, und noch weniger das gewirre von scenen statt, das uns jetzt die geschichte darbeut. Herder (ideen z. philos. d. gesch. d. menschheit 1, 4) 13, 29; unsre geschichte schleicht unter einem gewirr kleiner und feiner bestimmungen, des standes, der lebensart, der zeit, des orts, der personen einher. (kleine schriften) 16, 389; die macht des talentes trug ihn bald über das gewirr seiner eigenen schicksale, über die widersprüche des wirklichen lebens in's freie gebiet selbstständiger wirksamkeit. (der letzte komödiant 3) 35, 250; in jeder politischen lage findet er (Blücher) sich rasch zurecht, erkennt sofort den [Bd. 6, Sp. 6132] springenden punkt im gewirr der ereignisse. dtsch. gesch. (1, 4) 15, 453. b)) wer will sagen, was aus diesem gewirr der schwäche und kraft für die äuszerste entwürdigung unsers welttheils endlich herauskommen wird. Pestalozzi (nachforschungen über d .... entwikl. d. menschengeschl.) 7, 188; das gewirre seines herzens. 18, 361; die entwicklung des ganzen gewirres menschlicher empfindungen, bedürfnisse und triebe eben an seiner verwickeltsten stelle, wie oder über diese, denken? (älteste urk. 4) 7, 116; in diesem gewirre von entgegengesetzten empfindungen, in this maze or entanglement of conflicting sentiments. II, 1, 465a; er (der dichter) sieht das gewirre der leidenschaften, familien und reiche sich zwecklos bewegen. (Wilh. Meisters lehrj. 2, 2) 18, 128; so machten die zerrüttung und anarchie ... allerdings einen so mächtigen schiedsrichter nöthig, um in diesem gewirre so vielfacher interessen und leidenschaften eine constitution zu gebieten. staatsgesch. Europas (1805) 1, 59; wer je einen solchen moment in sich fühlt, der winde ihn sanft und rasch, mit begeisterung, aus dem gewirre seiner wünsche. Godwi 136 Ruest; aber Zeus Kronion, der donnerer, sandte mir unheil, was mir in der brust von gedanken war, c)) ein gewirre von meinungen und erklärungen. 2, 365b; dies ist die grosze, veste und göttliche absicht der bibel, über alles gewirr menschlicher auftritte, meinungen und gaukeleien unendlich erhaben. Herder (lieder der liebe) 8, 629; die sonne hatte die hälfte ihres laufs zurückgelegt, als ich, nach einem leichten mahle, unter dem angenehmen gewirre von gedanken, ahndungen und träumereien ... einschlummerte. Wieland (Peregrinus Proteus 1, 2) 27, 134; gewirre von träumereien und erklärungen. 6, 344; in einem gewirre von ängstlich sich durchkreuzenden gedanken blieb ich mir selber überlassen. (maler Nolten 1) 4, 246 Krausz; das ist mein unglück, dasz ich von keinem gegenstand reden kann, ohne mich in ein gewirr von gedanken und bildern zu verlieren. briefe 2, 217 Werner; aus übersprüngen dieser art ist das ungeheure gewirr von vereinigenden hypothesen und deutungen entstanden, das unsre mythologieen und ikonologien beschweret. Herder (wie die alten den tod gebildet) 15, 438; mitten im gewirr dieser sich durchkreuzenden gerüchte und leider nur halbverbürgten nachrichten. der zauberer von Rom 7, 4; kein mensch in Paris und London wollte von diesem gewirre spitzfindiger distinctionen weiter reden hören. die begründung des deutschen reiches (9, 4) 32, 104. d)) aus dem gewirre des kriegswesens zu dir zu flüchten wäre mir sehr freudig gewesen. (an J. H. Jacobi 1792) briefe 9, 325 Weimar; indes waren diese (lese-)stunden noch die glücklichsten, welche er gleichsam aus dem gewirre der übrigen herausrisz. K. Ph. Moritz Anton Reiser (2) 175 Geiger; was die grosze menge in dem gewirr des tages urtheilt, darf uns nicht irren. G. Freytag (die Valentine 4, 2) 2, 209; bleibt meister eurer herzen, und ihr bleibt meister der welt. verachten könnt ihr sie mit allem ihrem gewirr äuszerer umstände und zwangmittel. vertheidigung des Herrn Wieland 26 E. Schmidt. e)) wirklich wüszten wir kein buch, worinn wir ein solches gewirre von heterogenen theilen beisammen fänden. rezension ... 59 O. Fischer; geschichtliche wahrnehmungen zur klarheit, dunkelgedanken ins helle licht, das gewirr einer unzahl von einzelnheiten in eine einheit, und diese zur deutlichen anschauung zu bringen, war das ziel. F. L. Jahn (deutsches volkstum, subskriptionsanzeige) 1, 137 Euler; Deutschland sei für den ausländer [Bd. 6, Sp. 6133] ein gewirr von abweichenden gesetzen, gebräuchen und sitten. (denknisse eines Deutschen) 1, 436; da sie in der schürze eine last gepflückter ernteäpfel und darüber eine masse gebrochener blumen trug. dies schüttete sie alles auf den tisch, wie eine reizende Pomona, dasz ein gewirre von form, farbe und duft sich auf der blanken tafel verbreitete. (der grüne Heinrich 1, 18) 1, 186. γ) die attribute, die dem substantiv beigesellt werden, stehen vielfach unter dem einflusz des im genitiv untergeordneten oder irgendwie supponierten subjectes. sonst kennzeichnen die attribute die mannigfaltigkeit und das regellose am gewirr. hierfür stehen zahllose adjectiva zu gebote, die an der regellosigkeit bald das erfreuliche, bald das unerfreuliche hervorheben. das akustische moment ist hier nur ganz spärlich entwickelt. 1)) das attribut steht unter dem einflusz des neben gewirr gekennzeichneten oder supponierten subjectes. a)) das adjectiv an stelle eines subjectiven genitivs: hineinträumen musz man sich in jenes heroische mönchische gewirr, musz Guelfe oder Ghibelline werden, sonst wirft man das buch mit ueberdrusz wieder weg. (üb. d. göttliche komödie) 3, 202 Böcking; sonderbar, dasz er, der so oft den sehnsüchtigen wunsch ausdrückte, recht bald aus diesem irdischen gewirre erlöst zu werden, gerade ... manche plane entworfen hatte. E. M. Arndt erinnerungen3 389; vgl. irdisches gewimmel sp. 5844. b)) das adjectiv bringt einen zug des angegliederten oder supponierten subjectes zur geltung: das komische läszt sich mit dem moose vergleichen. siehst du das kleine, dürre, gelbbräunliche, graue oder blaszgrüne gewirr vom weiten an, so erscheint es dir wie ein albern- einfältiges spiel der pflanzenwelt. (memorab. 1: die jugend vor 25 jahren. die familie) 5, 287 Maync; wann löset sich dies goldene gewirre, vor mir sah ich vielgestalt'ger bauzerstörung schnödes bild, 2)) wo das attribut die in dem begriff des substantivs ruhenden vorstellungen herausholt, kreuzen sich die verbindungen häufiger mit solchen von getümmel und gewimmel. a)) das schöne chaos wird angehende harmonie und ordnung; wenigstens bekomme ich einen leitfaden, mich durchs unermäszliche gewirr dieser unübersehbaren scenen an meinem theil herauszufinden, herauszuwinden. (briefe d. stud. der theol. betr. 3. th., 27. br.) 10, 294; vgl.(s. o.) das unendliche gewirre; vgl. DWB das unendliche, unzählige gewimmel sp. 5841; heute früh hab ich den ganzen plan unsrer maskerade zurecht schreiben lassen und alle departements ausgetheilt. es wird noch gehn ob es gleich ein ungeheuer gewirre ist. (an frau v. Stein 1781) [Bd. 6, Sp. 6134] briefe 5, 52; vgl.(s. o.) das tausendfache gewirre (Laube); in labyrinthischen gewirren (Tiedge); bleibt die geschichte der Nazaräer und Ebioniten das verflochtene gewirre, mit dem wir uns, rettend und anketzernd, ganz ohne noth tragen? (briefe zweener brüder Jesu. 4) 7, 519; schmuck und lied verkündeten hier ein lachendes volksfest! in dem lieblichsten gewirre, b)) die leidenschaften haben sich ihrer herzen bemeistert, und wir werden bald ein schönes gewirre in der guten familie sehen, die kaum noch lauter harmonie und liebe war. (Pandora 2, 1) suppl. 5 (1798), 44; wenn jeder nach seinem kopf redet, und es recht angelegt scheint, um den kontrast bis zum lächerlichen gewirre zu treiben. (über Ugolino) 4, 316; vgl. lächerliches, närrisches gewimmel sp. 5842; wenn er einen bessern plan zu seinem gedichte wählte, als ein so gothisches gewirr: so wär er vielleicht eine neue art Homer für uns. Ardinghello (4) 4, 238 Schüddekopf; auch euch faszt süszer schauder, hört ihr mich. schnell vor ihm her entsteht ihm die bahn, die hinter ihm schwindet, meine tage sind ein wüst gewirr von lust und ekel. δ) mit verbis tritt das substantiv nicht so oft in unmittelbare als in eine durch präpositionen vermittelte verbindung, bei der gewirr besonders eng mit gewimmel sich berührt (s. u.). in der unmittelbaren verbindung mit verben schlieszt es sich mehrmals näher an getümmel an. auch hier sind verba bevorzugt, die an keine bedeutungsrichtung gebunden sind: die vielen fäden der wissenschaften, künste und geschäfte ... kreuzen und drängen sich, so dasz es meiner ganzen ordnungsgewohnheit bedarf, damit kein [Bd. 6, Sp. 6135] gewirre entstehe. briefe 15, 8; dazu vgl. aus den bisher angeführten belegen die häufig beobachtete verbindung mit dem verbum substantivum (auch in der apposition ist gewirr mehrmals bezeugt); vgl. auszerdem die zahlreichen belegstellen für ein gewirr sehen, ansehen, finden, treffen, merken, malen; ein gewirr findet statt, wird sichtbar, vgl. dagegen ist unübersehbar, macht unerfreulichen eindruck, kommt grellem lichte gleich. factitive verba sind seltener, doch in bemerkenswerten zeugnissen beobachtet. so wird die für den älteren begriff (gewerre) besprochene verbindung gewirr machen auch in veränderter bedeutung wieder aufgenommen, vgl. gewirr und vermischung machen sp. 6127; vgl.: so sagte sie zürnend, verschränkte die maschen, und machte gewirr auf gewirre, und warf am ende verdrieszlich das netz weg. fischerged. u. erzähl. (1787) 22; dazu vgl. ein getümmel machen, anheben, anrichten, verüben sp. 4588; vgl.: darauf fährt der merker fort, ein gewirr über Yomsburger (die er oben Jomsberger genannt hatte) zu verheddern, wo er wieder seine geschichtliche unkenntnis bemerkbar macht. 2 I s. 271; sieh, und die jugend nachbarlicher dörfer auf höhn und in tiefen 1)) gegenüber den concurrenzformen entwickelt gewirr seine besonderen verbindungen, die dem begriff des wirrsals entspringen: die verhältnisse der garden und eliten sind in der zeit Alexanders so verwickelt, wie die verhältnisse des königthums überhaupt. ... es ist unmöglich und zuletzt auch von geringem interesse, dieses gewirre zu entwirren. W. Rüstow u. H. Köchly gesch. des griech. kriegswesens (3, 2 § 22) (1852) 260; ein gewirre aber, das gewaltthätigkeit, betrug, list und ihresgleichen in eins schnüren: das wolle kein mensch, das möge gott auflösen. (zerstreute blätter) 16, 149; heute früh haben wir angefangen den Büttnerischen wust in andere räume zu transportieren, man muszte freilich bei dieser gelegenheit abermals bedauern, dasz man dieses gewirre nicht nach und nach auflösen konnte, sondern in einigen puncten die unordnung vermehren muszte. Göthe (an Voigt 26. 1. 1802) briefe 16, 24 Weimar; vgl.: ein gewirr löst sich. (s. γ); mehr zu wirren! eine glückliche hand, die das gewirre an einem faden sanft und langsam zu entwickeln lust hat. Herder (auch eine philos. d. gesch.) 5, 567; oft scheint es ein unaufwirrbarer knäuel. der fremde erwartet stoszen und fluchen, und zuletzt eine prügelei. aber siehe! das gewirre entwickelt sich, und die in einander und an einander fest geworden schienen, gehen jeder seines weges. reisen 5, 429; vgl. auch (s. o.) das gewirr reiszt sich von einander (Klinger); zerstiebt (Voss); das gewirr durchdringen (Jahn); umschliessen (Moritz); denn kaum wird sie (die schleuse) gezogen, 2)) andere verba dienen der herausarbeitung des akustischen momentes: schrein, weissagen die grausesten ding', oft neigt' sich mein ohr hin, 3)) auch den übergang zum collectivbegriff kennzeichnen mehrere verba in den oben angeführten belegen: ein gewirr liegt gegenüber (Immermann, Stifter), umringt (Heine), steigt auf (Storm), führt wohin (Fontane), nimmt jemand auf (Raabe), wird blosgelegt (Storm). dazu vgl.: das gewirre seines herzens der obersten weisheit vorzulegen. (kleine schriften) 18, 361; ein gewirr von [Bd. 6, Sp. 6136] treppen hinabsteigen (Fontane); das blättergewirr hinabtauchen (Timm Kröger); ein gewirr von melodieen auf noten bringen (Ed. Helmer). dazu vgl.: nicht ein gewirr ist's, angelegt im wahne, ε) das bevorzugte anknüpfungsmittel an verba bilden auch hier die präpositionalverbindungen (vgl. oben sp. 6134). während getümmel (s. d.) die angliederung fast nur im dativ herbeiführt (mit, unter, aus dem, im getümmel), theilt gewirr mit gewimmel die weitgehende vorliebe für accusativverbindungen: in, durch, auf, über das gewirr. bei den dativverbindungen hält es sich gegenüber von an, mit, von (s. o. sp. 5839 zu gewimmel) ganz zurück. 1)) in ein solches gewirre möchte ich von heiler haut mich nicht hineinbegeben, da ich dergleichen anmuthige situationen schon kenne. (an Schiller 1795) briefe 10, 314. vgl.(s. o.): in ein gewirr fallen (Prätorius); geraten (Stifter, Halm); sich verlieren (Immermann); hineinschreiten (Storm); treten (Auerbach); blicken (Storm, Raabe, Heyse, Ompteda); sehen (Stehr); sich hineinträumen (Schlegel); täglich war ball bei ihr, wozu man freilich die damen unter den hausmädchen und den bauerndirnen der nachbarschaft suchen muszte. ... die seitenverwandten des domherrn ... hatten in dieses gewirre jenen ältlichen mann als aufseher gesendet. (epigonen 7, 9) 4, 70 Maync; vgl.: in ein gewirr versenken (G. Keller); eintauchen (Schnitzler); alle eilf andern ziegen ... drängen sich um mich und sind wie auszer sich. ... nur die ehrwürdige Sisi behielt einigermaszen ihre fassung, als sie durch das gewirre zu mir dringen konnte. (Münchh. 3, 9) 1, 353 Maync. das gleiche schon (s. o.); vgl. auch (s. o.): durch ein gewirr sich durchtappen (Fontane); umgehen (Rückert); gelangen (Gutzkow); einheit und grösze und harmonie und natur und simplicität und ähnlichkeit, und wie das ganze buch durch das gewirr folge — alles sind worte ohne sachideen, schatten ohne körper. Herder (krit. wälder 4. II, 2) 4, 60; in kurzer zeit war das vordere ende des saales ... überfüllt ... man suchte sich möglichst bald durch das gewirr zurechtzufinden, seinen nähern bekannten guten abend zu sagen. Georg v. Ompteda der zeremonienmeister6 146; das gleiche schon Herder (s. o.: sich durch ein gewirre herausfinden); dazu vgl. (s. o.): unter ein gewirr treten (Sonnenberg); auf ein gewirr zeigen (Gutzkow); über ein gewirr aufwärts fahren (G. Keller); senken (Fallmerayer); erklingen (G. Freytag); vgl. auch die belege aus Göthe und Arndt. 2)) dort auf dem markt strömt jetzt ein gewühl von wägen und rossen, [Bd. 6, Sp. 6137] und ewig selbst im gewirr zu bleiben. (über die würkung der dichtkunst) 8, 424; drauszen im gewirre 3)) aus dem gewirre herausreissen (Moritz) s. o.; aus dem gewirr sich heraushelfen (Göthe); flüchten (Immermann); sich entwickeln (Gutzkow); erlöst werden (Arndt); winden (Brentano); überhaupt wäre der ganze knäuel von ort- und zeitquästionen längst aus seinem gewirre gekommen, wenn ein philosophischer kopf über das drama sich die mühe hätte nehmen wollen, auch hier zu fragen: 'was denn ort und zeit sei?' Herder (von deutscher art u. kunst: Shakespear) 5, 226 Suphan; das getümmel dann im hofe, und wie darauf ein bedienter ihn mitten aus dem gewirre in dieses gemach gewiesen. dichter u. ihre gesellen 8. cap. b) die bedeutungsverengerung im übergang zur sachbedeutung setzt auf zwei getrennten gebieten ein: α) wenn einer in der erndte sein getreide vom felde gefahren, soll er auch zugleich das gewirre, oder die nachharcke mit wegschaffen, damit der hirthe an der hüthung nicht gehindert werde. gemeindeordn. v. Stöhna (1745) bei dorf- u. baurenrechte 1, 716; viertens musz er sich in acht nehmen, dasz aus den sogenannten kammern nichts von dem in bansen ausgefallenen getreide mit unter den probe-drusch komme. endlich, weil im einfahren auch durch die lagerstätte der mandeln und durch das nachharken, viel ungebunden gewirre mit in den tast kommt. öconom. encyclop. 9, 576. hierher gehört auch als frühes zeugnis übertragenen gebrauchs: auff diesen tag, und in diesem gericht wird der gerechte richter ... eine rechte musterung und scheidung halten .., auff das gottes reine und feine kirch, von allem gewirre und ungezieffer abgesondert werden. theolog. herold (1624) 246; vgl. auch: der inwendige mensch ist der edlere mensch. wenn gott nun den leib durch speise und uebung, die zunge durch sprache, die sinne durch kenntnisz nährte: siehe so konnten herz und verstand nicht leer bleiben, oder sie schossen in wildes gewirre und eigenmächtiges unkraut. (älteste urk. 4. 2) 7, 27. β) bei den schlössern führet in engerer bedeutung das eingerichte oder die besatzung, d. i. diejenigen künstlich versetzten stückchen metall, welche in die einstriche des schlüssels passen, und verhindern, dasz nicht jeder schlüssel das schlosz schliesze, den nahmen des gewirres, wo es auch den plural leidet. 2, 667; ähnlich 2, 365b (das gewirre, auch das eingerichte, die besatzung); das gewirre in einem schlosse, les gardes, garniture d'une serrure. (1783) 1, 747a; das gewirr(e) eines schlosses, the wards of a lock [that part of a lock, which, corresponding to the proper key, hinders any other from opening it]. II, 1 s. 465a; vgl. auch technol. wb. 2, 85a; gewirre, gewinde, charnier auch windklappe, ventil z. b. er hat kein gewirre im halse, verschlingt mit äuszerster geschwindigkeit essen und trinken. neuester zuwachs der teutschen ... sprachkunde 2 (1783), 78. ![]() ![]() ![]() ![]() [Bd. 6, Sp. 6138] dem klaren bach, der vom gebirge nieder rinnt, begegnete ich vor zwei nächten einer ganzen flotte von abgefallenen lindenblüthen, in denen wohl hundert geister herunter schifften, sie sangen hübsche lieder, und schwatzten und erzählten viel, es war aber nichts gründliches in diesem gewirrsel, denn sie waren von der groszen hochzeit ganz voll, zu welcher sie segelten. die vogelscheuche 2, 7. ![]() ![]() 1) eine schöpfung des hasses, durch hasz, durch ihn nur die hölle, 2) und es hängt mit dem flatternden segel das tauwerk das ganze, so hoch in den wolken, so tief in dem abgrund,
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