Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm ![]() | ![]() ![]() ![]() | |||||||||||
gewette bis gewetze (Bd. 6, Sp. 5698 bis 5708) | ||||||||||||
| ![]() ![]() nur bedingt gehört in den bereich unseres wortes das gewette in heergewette für heergewaete (vgl. darüber 1) c), das den überlieferungen der wörterbücher angehört. ein innerer zusammenhang ist freilich auch zwischen gewaete und gewette anzunehmen, insofern beide bildungen auf die gleiche wurzel zurückführen, für die mit Mehringer (indogerm. forschungen 17, 142) die bedeutung von binden (flechten, weben) anzusetzen ist. gegen die entwicklung des juristischen begriffes pfand aus der grundbedeutung binden liegen keinerlei bedenken vor, und unterstützt wird diese deutung durch die althochdeutschen participialbildungen (kawetan, kiwetan, conjugatus, conjunctus 1, 738), die unsere wortsippe im gleichen bedeutungszusammenhang vorführen, und die sich in mundartlichen gebrauchsformen fortsetzen. 1) älteste belege, concurrenzbildungen gleichen stammes und deren mundartliche ausläufer, heergewette. a) das mit dem i suffix gebildete neutrum (wette) in der bedeutung von pfand, pfandsetzung hat schon einen langen zeitraum des gebrauchs und der entwicklung durchlaufen, ehe es mit dem präfix ge bezeugt ist. dasz das deutsche wort den lateinischen (vas, vadimonium) und auch griechischen bildungen (s. unten) urverwandt sei, wird neuerdings allgemein angenommen. schon bei Ulfilas ist die form [Bd. 6, Sp. 5699] vadi mehrmals bezeugt und ist dort durchweg übertragen gebraucht: jah siglands uns jah gibands vadi ahman in hairtona unsara 2. Korr. 1, 22 (und in unser hertzen das pfand, den geist gegeben hat. Luther); ebenso 5, 5; ähnl. Ephes. 1, 14. Skeireins 48. in der althochdeutschen periode bieten die glossen vielfach zeugnisse sowol für die sachbedeutung als auch für die function des nomen actionis, vgl. wetti, pignus, vadimonium, stipulatio, pactum, fenus 1, 740; vgl. mittellat. vadium (gage); aus der groszen zahl der mittelhochdeutschen belege für wette (mhd. wb. 3b, 775) ist vor allem die entwicklung hervorzuheben, die die bedeutung eines pfandvertrages hier erfährt. allgemein als abmachung, der ein gegenseitiger einsatz von pfändern vorausgeht, im besondern als einleitung eines kampfes (vgl. DWB wettkampf), liegt sie den mannigfaltigsten formeln zu grunde, mit denen die blüthezeit der mittelhochd. dichtung schaltet. das compositum mit dem präfix nimmt an diesem gebrauch erst bei den nachzüglern aus dem ende des 13. jahrh. teil; vorher ist es ein einzigesmal in einer predigt aus dem 12. jahrh. belegt, und zwar in einem gebrauche, der vielleicht dem übergang zur bedeutung von busze, strafgeld als erklärung dienen kann: michel mêre suln die mennesgin gefrouwit werdin, den der fride gemachôt was an der erde. der fride chom an der cîte: wan diu gewette werete funftûsind jâre unde mêre, daz wir armennesgen newedir habetôn gotes hulde noch der engile minne. s. altd. lesebuch 194. das genus des fem., das der artikel hier dem gewette beilegt, entspricht dem mitteldeutschen gebrauch von wette, das dort früh als fem. bezeugt ist. für die bedeutungsentwickelung des wortes ist der gegensatz bemerkenswerth, in den gewette hier zu friede tritt, es kennzeichnet die störung des friedens, die zeit des kampfes. da nun der juristische begriff von gewette im sinne eines strafgeldes vom gleichen anlasz ausgeht, vom friedensbruch (s. u.) und da das friedensgeld geradezu friede (fredus vgl. rechtsgesch. 12, 230) genannt wird, so wäre auch die entgegengesetzte benennung (vgl.(fehde für busze) nicht ausgeschlossen. b) lange vor diesem zeugnis ist das präfix ge bei andern ableitungen vom gleichen stamme belegt. α) schon in die sprache des Ulfilas reicht das verbum zurück: gavadjoda auk izvis ainamma vaira mauja svikna du usgiban Christau 2. Kor. 11, 2 (ich hab euch gemehelt aim man cod. Tepl.; ich habe euch vertraut einem mann, dass ich eine reine jungfrau Christo zubrächte Luther). die bedeutung von gavadjon (trauen, antrauen) läszt sich von dem juristischen begriffe der pfandsetzung ableiten (vgl. Schröder die verlobung als wettvertrag rechtsgeschichte4 300) oder aber mit a. a. o. auf den begriff conjungere zurückführen. für die zweite erklärung spricht die bedeutungsrichtung des particips, das schon in den ältesten glossen überliefert ist, und das dort ebenso wie im sprachgebrauch Notkers und einiger mittelhochd. dichter übertragene verwendungen entwickelt, die alle immer wieder auf die bedeutung ins joch spannen, conjungere, conjugare zurückführen; conjugate, nupte, kiwetan, Hrabanisch-Keronische glossen s. 1, 60; tiu zwei sint kewetiu. bediu heizet taz argumentum a conjugatis. Boethius 190a Hattemer; mit clesinemo puluere, chleino gemalnemo unde gnôto gewetemo (handschr. geuéutemo) 27a. die normale schwache participialform ist nur bei Notker und in varianten zur genesis (vgl. auch die substantivbildungen in β) belegt, die mittelhochdeutschen zeugnisse zeigen wie die glossen nur starke flexion; do was des dritten werwort er hiete gechouffot unde flôch âne strît. ich vant an der fossiure [Bd. 6, Sp. 5700] in deʒ tievils ioch β) in eben diesen zusammenhang weisen auch substantivbildungen der althochdeutschen zeit, die von der schwachen form des präteritums abzweigen; sie leben noch heute mundartlich weiter und halten an der gleichen eng begrenzten bedeutung fest. 1)) auf das neutrum weisen: a)) jugis ... giwetun, giwetene glossen zu 1. könige 19, 19 1, 441 (er pflüget mit zwelff jochen Luther); par, giwet ebenda (ein joch rinder Luther); jugales, giwet, glosse zu Jeremias 51, 23 (joch Luther) ebenda 1, 634. dem entspricht auch die notiz bei Maaler: gewätt (das), allerlei rüstung unnd band zum jochen dienlich, jugamentum, compago 178c. das gleiche wiederholt bei 2, 444c. dazu vgl. die späteren mundartlichen feststellungen: das gewätt, das joch sammt zugehör zum einspannen ... ein g'wätt ochsen schweiz. idiot. 2, 438; g'wet, das joch, das joch ochsen, auch die ochsenhörner, weil die ochsen daran eingejocht werden. Kärnt. wb. 256; ebenso gewette bei 290a. b)) auf diese bedeutung könnte das folgende substantiv zurückgeführt werden, das andererseits sich auch aus gewett 2) erklären läszt: darnach machentz ain gewett c)) von einer allgemeineren fassung der bedeutung conjungere geht eine andere buchung Maalers aus: wol in einanderen gefügte und gewättne blöcher, trabes compactiles 178c; dem entspricht: gewätt ... gebäude, welches aus ordentlich gefügten balken besteht. 2, 438. 2)) auch im genus des masculinums zweigt das particip eine form der substantivierung ab, die die ersterwähnte bedeutung verallgemeinert und die im besondern den unter 1)) b)) angeführten beleg erhellt: gewete, genosse vgl. mhd. wb. 3, 774b; 1, 989; dâ prîs mit wârheit ist vernomn daʒ im Marjodô c) die verbindung heergewette an stelle von heergewaete ist nur in wörterbüchern belegt und mag überhaupt auf schriftlicher überlieferung beruhen. den ausgangspunkt haben wir wol in der niederdeutschen form von gewaete zu suchen. hierauf weist auch die älteste buchung — bei Stieler — hin: ab hoc wad venit antiquum vocab. wette et gewette, quasi gewade, propr. vestimenta aliaque supellectilia lintea: superest nobis adhuc vox heergewette 2406, ähnlich 2, 1049 u. a. in einigen buchungen ist ein allgemeinerer begriff herausgearbeitet: gewette, suppellex ... s. geräth 1, 1422: das gewett oder gewette kommt in älteren büchern nicht sowohl für kleid, als für ausstaffirung oder geräth vor. man hat davon noch das heergewette, wofür einige [Bd. 6, Sp. 5701] unrichtig hergeräth gebrauchen, weil jetzt dieses letztere eine viel weitere bedeutung hat. 2, 55. man könnte versucht sein, diesen begriff von supplex mit den unter b) β) belegten verwendungen in beziehung zu setzen und von hier aus das heergewette zu erklären; es würde sich hierbei auch eine neue parallele zu gewende (ein gewende pferde sp. 5472) ergeben. doch die eigenart der zeugnisse für diesen gebrauch von gewette, die sich auf wörterbücher beschränken und die deutlich die abhängigkeit von einer eng begrenzten überlieferung verrathen, legt es uns näher, den ausgangspunkt für die entwicklung des allgemeinen begriffes in der parallele heergewaete, heergeräthe zu suchen, vgl. auch DWB gewette (das, pro geräthe) res; heergewette (pro heergeräthe), res expeditoriae 2, 985. 2) unter den verwendungen, die an die bedeutung von pignus anknüpfen, hat die zusammengesetzte form gewette anscheinend nur solche entwickelt, die die function eines nomen actionis bloszlegen. einige zeugnisse, die sachbedeutung verrathen, weisen auf eine spätere secundäre entwicklung hin (vgl. das analoge bei ἀθλον, wettkampf, kampfpreis). a) die ältesten belege führen unmittelbar auf die bedeutung eines durch den einsatz von pfändern geregelten kampfes (wettkampf) zurück, die in poetischen übertragungen und erweiterungen die bindung an einsätze mehr und mehr abstreift und dem allgemeineren begriffe kampf, streit zustrebt. α) zum einsatz eines pfandes als der vorbedingung des zweikampfes vgl. die schon von R. Schröder rechtsgesch.4 759 angezogene stelle: ich bin ouch ein recke und solde krône tragen. de ûtbut den kamp, dat is dat recht, β) diesen belegen gehen die beispiele für den kampf selbst schon voraus, ebenso ist die erweiterung des begriffes in poetischer übertragung früher bezeugt: eʒ wart gesehen an Gamurette, von der trc er minnen last, daʒ ein maget einvaltic b) wie schon die unter a) α) angeführten belege zeigen, lassen die verwendungen, die in der übergangszeit zur neueren periode hervortreten, die vorstellung eines pfandes, eines einsatzes stärker wieder aufleben. α) hier zuerst ist der rechtsbegriff rein gefaszt bezeugt: umb gewett gelt Münchener stadtrechtbuch (v. 1453) vgl. 22, 1050) vgl.gewedde hant, gewette scult Verwijs u. [Bd. 6, Sp. 5702] 2, 1904; vgl. wei ock eghen slot hedde oder slot gheweddes Hansische urkunde von 1352 (urkundenb. 3, 113); deponiren ... etwas zu treuen handen pfandsweisz underlegen. etwas wetten unnd umb ein gewett pfandt hinder ein dritten man legen. Simon Rot E b β. dazu vgl.: so han wir jedweder teil dem andern gelobt, und zu einem angewette ufgesetzt und gelobt, und verbrget 200. markh silbers Zrich gewicht, weder teil nit statt hette dasz die schildlt oder der obmann uszseiten, oder der merteil under inen, dasz er dem andern teile, der da gehorsam ist, des vorgenanten 200. march schuldig sig ze geben, und darzu gefallen sig, ab allem rechte siner sachen. Tschudi Schweiz. chron. (urk. von 1311) 1, 256a Iselin. β) auch die bedeutung eines kampfes ist in der strengen bindung an einsätze (wettkampf) bezeugt, die belege sind nur aus Wickram übermittelt: sobaldt die junckfraw solchs geret, inn solchem zog der jüngling fort, γ) reichlicher freilich flieszen die zeugnisse für die verwendungen, die sich mehr der heutigen bedeutung einer wette nähern. der einsatz eines pfandes bleibt im vordergrunde, während das moment des kampfes und streites sich mehr und mehr verflüchtigt: als sie nn gehn Rom kumen sind, haben sie aller deren heuser, zo das gewett bestanden durchgangen, irer weiber thn und lassen z erkundigen. Wickram (von guten u. bösen nachbarn cap. 38) 2, 222. vor allem zahlreich sind hier die belege aus H. Sachs: 1)) bauer. ja, wer wolt uns aber bescheiden, ains tages sagt der kafman fein, der bawer schlegt das gewett dar und spricht. (bauer mit dem plerr) 17. 48 Götze; 2)) pei dem ein piderman mag wol pedencken, mit dem (kaufmann) macht Ambrogilo haimlich ain gewet, wir drei detten vor acht tag ain gewette, [Bd. 6, Sp. 5703] weil man aber vor hat vernommen 3)) ich pin dir ein warsager, 4)) comedia von zweien fürstlichen rähten, die alle beede umb eines gewetts willen umb ein weib buleten. titel eines stücks von 1, 11 Keller. c) in der neueren sprache ist es nur diese engere bedeutung von wette, in der auch gewette noch weiter lebt. ganz vereinzelt macht sich in den ältesten belegen dieser periode noch der allgemeinere begriff kampf, streit geltend: d Hussiten wollt kaiser Sigmunð α) in den wörterbüchern wird das compositum meist mit sponsio gleichgesetzt und weist hierin auf eine ältere fassung des begriffs wette. später verräth sich in manchen nachträgen eine wandlung dieses begriffes, und die jüngern wörterbücher setzen gewette und wette im neuern sinne einfach als identisch an, nur dasz an gewette das verbalsubstantiv nach analogie von getreibe, gethue herausgearbeitet wird: verheissung oder gewett, audax sponsio 179a; gewette, satz, verheiszung, sponsio, sposum, omnis promissio stipulatioque, à wetten, deponere 1598; gewett, n., sponsio 2, 74b; ebenso 936a; 291b; 2, 151b; 2, 181a; gewett, n., wett ... gagûre 1, 383a; gewette, n., la gageure, le pariement, sponsio 133; ähnlich 75a (gewett); wette, oder gewette, lat. sponsio, franz. gageure, ist ein contract, da man sich über die wahrheit oder den ausgang einer noch ungewissen oder unbekannten sache ... dergestalt vergleichet, dasz derjenige, dessen meinung mit der wahrheit oder dem ausgange übereinkommen würde, einen gewissen gewinn haben solle, s. DWB pact. 8, 2325; gewette, die wette (a bet or wager), die wettung (the laying of wagers or bets). teutsch-engl. wb. (1716) 772; ebenso 1, 464a; gewette, wettung, gewedde, wedding, wed-spiel 2, 97a; ein gewett anlegen, faire une gageure; das gewett gewinnen, gagner la gageure 2, Uu 3b; das gewette, n., das wetten (im gemeinen leben; im oberdeutschen auch für) die wette; ein gewette anstellen ... es gilt ein gewette 2, 661; gewett, die wette neues idiot. Wiennense 51; gewett ... wette. Martin u. wb. d. Elsässischen mundarten 2, 879a (um's gewett; was gilt's gewett? er hat e gewett gemacht). β) die litterarischen belege sind spärlich, sie entstammen dem schriftgebrauch älterer süddeutscher stilisten, vor allem aus der Schweiz: dieses gedicht war eine art eines gewettes: mein freund d. D. Stähelin und andere werthe bekannte ... erhoben die Engelländer und rückten mir oft das unvermögen der deutschen dichtkunst vor. ich nahm die ausforderung an ... ich suchte in einem nach dem englischen geschmacke eingerichteten gedichte darzuthun, dasz die deutsche sprache keinen antheil an dem mangel philosophischer dichter hätte. Haller (vorbericht zu den gedanken über vernunft) 43 Hirzel; das war ein spasz, wie ihr einst ein gewette mit ihm anstelltet, wer den schönsten fisch angeln würde, und euer taucher ihm einen eingesalznen fisch an seiner angel hieng, den er mit grossem eifer herauszog. Wieland übersetzung des Shakespeare, (Antonius und Cleopatra 2, 5) 4, 231 (Schlegel: lustig war mit ihm das wetteangeln ... 't was merry when you wager 'd on your angling); dasz sie in diesem augenblick gegen untadelhafte männer [Bd. 6, Sp. 5704] dieses thun würden, schien so unwahrscheinlich, dass der hr. Tronchin und ich ein gewette darüber gegen die frau Tr. verloren haben, zu unserer gröszten schande, denn wir hatten fait les agréables à ses dépens. (briefe an Bonstetten) 13, 207. 3) die bedeutung strafgeld führt auf den dualismus zurück, der an den geldstrafen des älteren deutschen rechts wahrgenommen wird: neben dem sühngeld, welches der verletzten partei zuerkannt wurde, war in der regel auch ein bestimmter betrag an die öffentliche gewalt oder an das gemeinwesen zu entrichten, das friedensgeld, in den lateinisch geschriebenen quellen fretus, fredus, freda, gelegentlich auch pax oder poena pacis genannt rechtsgesch. 12, 230; vgl. auch R. Schröder rechtsgesch.4, s. 81. dieses friedensgeld wird von der mitte des 13. jahrh. ab in deutschen rechtsquellen auch wette, gewette genannt und als solches der busze gegenüber gestellt, später jedoch von ihr nicht mehr unterschieden. vgl. a. a. o. 116. vgl. auch: gewette, sachsenbusse u. a. s. unten sp. 5706, vgl. Verwijs u. 2, 1871. die deutung dieses gebrauchs darf aus lautlichen gründen nicht von wite (althochd. wîze) ausgehen, obwohl das angelsächsische und niederdeutsche auch diese wortsippe (wite ursprünglich = peinliche strafe) in den kreis der synonyma eingeführt haben, vgl. a. a. o. vgl. wedde, geldstrafe mulcta, sonst auch wite. vers. eines brem. nieders. wb. 5, 209, vgl. auch wite bei 5, 747 ff. die oben (sp. 5701/2) beigebrachten belege berechtigen dazu, auch für gewette als strafgeld von der gleichung wette, pfand auszugehen; vgl. auch die beitreibung von busze und gewette durch pfändung s. sp. 5705. auch dafür lieszen sich gründe beibringen, dasz zuerst das friedensgeld und nicht auch die busze an diese gleichung gebunden wurde. vielleicht ist aber doch mehr gewicht auf die oben (sp. 5699) angeführte alte stelle zu legen, in der der gegensatz zwischen gewette und friede so scharf gefast ist. da die busze auch fehde ( a. a. o. 81), das strafgeld sonst friede genannt wird, so wäre mit gewette die bezeichnungsart der einen form der geldstrafe auch auf die andere übergegangen. gewette würde aber mit der bedeutung unfriede, streit, kampf im letzten grunde ebenfalls auf die gleichung wette, pfand zurückführen. in der bedeutung einer geldstrafe ist nun gewette vom 13. bis zum ende des 15. jahrh. aus denkmälern der verschiedensten deutschen landschaften belegt, nicht nur aus nieder- und mittel-, sondern auch aus oberdeutschen quellen. bei den belegen aus rechtsbüchern, wie dem schwabenspiegel oder dem spiegel deutscher leute, läszt sich der oberdeutsche gebrauch durch die übernahme der betreffenden stelle aus der niederdeutschen vorlage einfach erklären. dasz aber der rechtsausdruck auch tiefer in die süddeutsche rechtssprache eindrang, beweisen die belege aus österreichischen urkunden. später schrumpft der gebrauch freilich wieder zusammen und geht auf das ursprungsgebiet zurück. zu den formen vgl.: gewedde im sachsenspiegel und im Berliner stadtb., gewetde in Mainzer urk., gewatte, gewette österr. urk. und gewett in mitteldeutschen und oberdeutschen quellen. a) die bedeutung strafgeld. α) abgrenzung von gewette und busze: umme iewelke disse sake weddet he deme richtere; unde umme alle scult, dar de man sine bute mede gewint, dar hevet die richtere sin gewedde an. sachsenspiegel landrecht 1, 53, § 1, Homeyer3 s. 206, ebenso 3, 32, 10; vgl.alle schulde, da der man sine bzze mit gewinnet, da hat der richter sein gewette an. doch wettet man dem richter dikke umbe unzucht, die man tt vor gerichte. spiegel deutscher leute 73 Ficker; swer sô den anderen slêt âne vleischwunden oder roufet, wirt her gevangen mit gerûchte und vor gerichte brâcht, ez en gêt ime an den hals noch an sîn gesunt nicht, wenne gewette und bûze verburet her dar an. sachsenspiegel 3, 37, 1 Weiske-Hildebrand; sprich en man gut an des ime sin herre nicht ne bekant, unde he der gewere dar an darvet, he mut deme herren borgen setten sines geweddes unde siner manne bute of he sie verboret, er ime die herre dach to lenrechte bescheidet. sachsenspiegel lehnrecht § 52 Homeyer 1, 232; sprichet ein man guot an, und wirt er mit rehte dâ von gewîset, er belîbet âne buoze unde âne gewette, die wîle er sich des guotes niht [Bd. 6, Sp. 5705] underwindet. schwabenspiegel (landrecht 65) Wackernagel s. 64 (var. wette); genau so spiegel deutscher leute 73; iewelk richtere hevet gewedde binnen sime gerichte unde nene bute, wen die richtere ne mach beide klegere unde richtere nicht sin. sachsenspiegel landrecht 3, 53, § 2, Homeyer3 s. 349; vgl. auch 3, 45, § 10; over virteinnacht sal man scult gelden, de man vor gerichte gewint; gewedde over ses weken; bute na me gewedde over virteinnacht. 2, 5, § 2 ebenda s. 232; vgl. auch lehnrecht § 68, 10; sve gewedde unde bute nicht ne gift to rechten dagen, de vrone bode sal en dar vore panden. sachsenspiegel landrecht 1, 53, § 3 Homeyer3 s. 206; swer busze noch gewette nicht engît ze rehten tagen, der vrônbote sol in phenden. schwabenspiegel (landrecht 66) s. 64 (var. wette); die gleiche stelle im Berliner stadtbuch 108; der so einen scheppen strafet uf der bank her gewinet sine buse einen vierdung und der richter sin gewette. beschuldiget abir ein man einen schepphen so das orteil gevolget ist, so haben si gewunnen all ire busse und der richter sin gewette. alse manche busse alse mannich gewette. altes Kulm. recht 2, 3 s. 22 Leman. β) abstufung der geldstrafe je nach der stellung des strafenden oder nach der schwere des vergehens. 1)) zur abstufung nach der stellung des richters, vgl. a. a. o. s. 130: (der graf) konnte nicht, wie der könig schlechthin kraft seines amtes beliebige geldstrafen auf die nichtbefolgung seiner gebote verhängen, sondern die strafe (das gewette) richtete sich nach stammesrecht. demgemäss betrug das gräfliche gewette bei den salischen Franken, ebenso wie bei den Sachsen 15 schillinge. in besonderen fällen waren dem grafen auch höhere strafbefehle gestattet, namentlich wurde unter den Karolingern eine reihe von ausnahmefällen festgesetzt, in denen der graf die strafe des königsbannes im betrage von 60 schillingen verhängen durfte; dazu vgl. nun: Constantin de koning gaf deme pavese Silvestre werltlik gewedde to' me geistliken, die sestich schillinge mede to dvingende alle jene, die gode nicht beteren ne willen mit deme live, dat man sie dar to dvinge mit deme gude. sachsenspiegel landrecht 3, 63, § 1 Homeyer3 359 (var. gerichte). die gleiche stelle im Berliner stadtbuch 25. 2)) dem richtere sal man erdelen up ine (den, der einen in nothwehr erschlagen hat und sich selbst dem richter stellt) dat hogeste gewedde der penninge, die man ime pleget to weddene, unde den magen ir weregelt. sachsenspiegel, landrecht 2, 14, § 1 Homeyer3 244; weigeret sie aver dar rechtes unde werdet sie dem overen richtere beklaget, ire burmeister mut vor sie alle wedden en gewedde, unde den geburen mit drittich schillingen büten, unde iren scaden gelden. 3, 86, § 2 (var. en gemeine gewedde) ebenda 384; de wedde dat sint acht schillinge gewonliker penninghe. dat gewedde sal man gelden over ses weken. Berliner stadtbuch 108; was auch der richter richtet ader in geheigtem dinge thut, das sol er nach der scheppen verfolgten orteln richten und thun. er sol ouch für ein schlechte gewette einen schilling nemen landtpfenninge und nicht mer. vor ein freuel gewette funf schilling. vor hochste gewette dreissig schillinge landtpfenninge, die do im gerichte genge und gebe sindt, und die gewette sol ouch niemandt steigen noch höen; keiner der stadt inwonhaftig und besessen burger ader burgerin sol dem gerichte gewette nicht verbürgen. Jenaer gerichtsordnung aus der 2. hälfte des 15. jahrhs. bei s. 75; vgl. auch observationes (1608) 215; welch man den andern vor gerichte ubel handelt und böse wort spricht, der wett dem richter fünff schilling, heisst öm der richter swigen, thut ers nicht, so wett er daz höchste gewett alzo dick er ez thut. wan di bürger siczen an örem follen rate, wirt ein orteil von on funden, wer daz strafft, findet er nicht ein bessers vonstunt er sal wetten dem richter unse höchste gewett und sal dem rate ieglichenen besondern zu buss geben fünff schilling. statuten von Rudolstadt (1404) bei 214; demnach bedacht, seiner gnaden schultissen zu entpfelen, hinfurder von einem todtschlage, vier rinische gulden, von lemenisse und kampfir wunden zwen rinische gulden, und nicht darober, vor ein gewette und abetragk, der dem gerichte geboren moge, zu nemen. revers des raths [Bd. 6, Sp. 5706] zu Halle (1499) bei beschreibung des Saal-kreises 1 (1749), 673. γ) gewette wird unter dem gesichtspunkt der einnahme betrachtet: nen recht ne mach he aver in (der herr den bauern) geven noch sie selven kiesen, dar sie des landes richtere sin recht mede krenken, oder sin gewedde minneren oder meren mogen. sachsenspiegel, landrecht 3, 79, § 1 Homeyer3 376; emendis & iuribus antiquis, que gewetde volgariter dicuntur, sibi salvis. urk. v. 1315 bei codex dipl. anecd. r. Mogunt. 3. 129; ob aber er ieman icht gelten solt. dem werd von dem guet vergolten. ob er mit einer gueten gezeugnuzz bewärn mag. daz der sein gelter gewesen sei. und waz des guets uber wirt. des gevallen zwai tail der hausvrown und den chinden. aber der drittail gewatte unserm richter. urk. Friedrichs d. Streitbarn v. Österr. bei Senkenberg s. 271; diu hêrschaft hât verlihen hern Hûge unde sînem vetern ze lêhen, als si sprechent, alliu gerihte ze Dattenriet unde behuob ir selber niht mehr danne den drittren teil der gewettun. habsb.-österr. urbarb. (14. jahrh.) (5) 28, 19 Pfeiffer. δ) von wörterbüchern wird diese bedeutung in der älteren zeit nur bei Kilian und Henisch verzeichnet: ghewette (vetus sax) wette, mulcta 146b; gewette, straff, geldstraff, mulcta ... höchste gewette, ... richteres gewette 1598. bemerkenswerth ist schon hier die einschränkung des gebrauches auf Sachsen, die später immer wieder betont wird, namentlich auch seit die wörterbücher anfangen, ihre darstellungen geschichtlich zu vertiefen; gewette, emenda, amende. in Sachsen-recht die geld busz, so dem richter vor eine begangene frevelthat entrichtet wird. das höchste gewette in untergerichten sind 4 alte schock, oder 3 gulden 17 gr. allg. lex. d. künste u. wissensch. 247a; ebenso, nur ausführlicher bei 8, 543 unter sachsenbusse, ähnlich 2, 661 u. a. dazu vgl. die aus urkunden schöpfenden darstellungen bei 2089; samml. ahd. ausdr. 32; vgl. auch 4, 429a. ε) unter den rechtssprüchwörtern finden sich einige formelhafte verwendungen von gewette: so manche busze, so manch gewette (s. o.) Graf u. dtsche rechtssprichw. 322; nähme man kein gewette, so verginge das recht 314 u. a. b) die übertragung des wortes auf die behörden, die eine so gekennzeichnete geldstrafe verhängen und einziehen, ist bei dem grundwort wette mannigfach bezeugt, vgl. 2, 465 (für Danzig); am compositum ist sie für das verwaltungsgebiet von Rostock belegt: in sachen amts der brockfischer, klegere, wider die fischer aus der straszen, beklagte, gibt ein wohllöbl. gewette diesen bescheid, dasz es hiemit bei dem vertrage von anno 1667 sein verbleiben habe. publicatum im gewette 9. 1. 1679 bei beiträge z. gesch. der stadt Rostock I 4, 87; Voigts wunsch nach feststellung der arbeitszeit der gesellen ... wurde dahin beantwortet, dasz dies von se. rath dependire; wegen seines weiteren wunsches, dasz das rauchen der zimmergesellen bei der arbeit abgeschafft werde, sollte mit dem gewett gesprochen werden. ebenda 4, 6; auf grund ... der bekanntmachung des bundesrats vom 4. märz 1896 ... wird hiermit für ... bäckereien und konditoreien in Warnemünde ... an folgenden tagen des jahres 1907 ... überarbeit gestattet ... gegeben im gewett. Rostock, den 22. dez. 1906. B .... gewettssekretär. u. a. (vgl. dagegen gewettgericht). ebenso führt in dem von Rostock abhängigen Warnemünde die polizeibehörde den namen das gewett. in anderen gegenden sind für ähnliche functionen zusammensetzungen mit gewett üblich, vgl. gewettherrn, DWB gewettgericht. ![]() ![]() so sul wir aller heiligen schar ![]() ![]() [Bd. 6, Sp. 5707] wan dem auch gewettet ist (nulli solvenda est compositio, nisi cui facta est compositio) altes Straszburger stadtrecht bei s. 56: sve herberget oder spiset wetenlike enen vervesten man, he mut dar umme gewedden. ne weit he's aver nicht, he untredet dat gewedde mit siner unscult. sachsenspiegel landrecht 3, 23 Homeyer3 318; ähnl. 2, 12, § 8; 2, 42, § 4; u. a. sve so ungerichte klaget up enen, die dar nicht so jegenwarde n'is, kumt he sedervore, unde ne klaget jene up ine nicht, he mut deme richtere gewedden unde jeneme gebüten. 2, 8, § 1 ebenda 234; ähnl. 2, 11, § 1; 2, 12, § 5; scilt en man en ordel na der vulbort unde ne vulkumt he's nicht mit rechte, he mut dar umme gebüten deme die't ordel vant unde allen den die's gevolget hebben, he ne hebbe gesprekes gebeden vor der vulbort. die herre ne gewint aver nicht den en gewedde dar an, wende't n'is nicht recht, dat man enen manne umme ene sake tvies oder dries gewedde (var. leszet wetten; to wedde dreve; beʒʒere; berede; beclage). sachsensp. lehnr. § 69, 11 Homeyer 1, 282; von der scheppen missehandelunge. ab ein scheppe in gehegetem dinge uf der bank mit unbillichin worten von eime andirn manne missehandilt wurde. volkummet des der scheppe mit andirn sinen bankgenossen das si is gehort haben. iener mus den scheppen vorbussen und deme richter gewetten. altes Kulm. recht (2, 2) s. 22 (var. sin gewette); vgl. DWB gewedden Verwijs u. 2, 1871. ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() [Bd. 6, Sp. 5708] hervor, dasz der termin der schonzeit ... den Warnemündern gegenüber bereits 1606 ... geltend gemacht wurde. a. a. o. II, 1, 49. ![]() ![]() ![]() ![]()
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