Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm ![]() | ![]() ![]() ![]() | |||||||||||
gewerde bis gewerfen (Bd. 6, Sp. 5617 bis 5632) | ||||||||||||
| ![]() ![]() 1) die nebenform zu gewähr (vestitura) ist schon oben besprochen worden. vgl. DWB gewährde sp. 4808; vgl. auch sp. 4784 (giwerida). dazu vgl.: (13. landsgwerd.) item wenn ein landkind ein gt im land Sanen, es si erbs, kaufs oder gabswis innimbt und dasselb fünf jar darnach in rüwiger gewerd nützt und besitzt, so sol es von dem zil hin des guts halb kein rechtliche antwürt zu geben verbunden sein. landrecht v. Sanen (1598), zsch. f. schweiz. recht 9, 2, 110. 2) zur sippe von wahrnehmen, gewahrsam (s. d.) gehört ein anderes, früher veraltetes, fem.: gewerde = behutsamkeit (vgl. gawarida 1, 912; mhd. wb. 3, 510a); vgl.: schicke diʒ frouchin in stillen gewerdin balde von mir unde von minem bette unde gib ir eine marc silbirs unde laʒ si gen. leben des heil. Ludwig 21, 16 Rückert. 3) ein drittes substantiv ist zu werth (pretium, dignitas) zu stellen; vgl. auch das verstärkte adjectiv gewert, gewerth. für die form des nominativ sing. und für das genus dieses subst. liegen wenig anhaltspunkte vor. immerhin ist neben dem fem. (das gleiche genus im mittelniederl. s. DWB gewerde bei Verwijs u. 2, 1888) auch im masc. oder neutr. nachzuweisen: vgl.: de dre brunswickschen pennigk weren beter in orer gewerde wan de krosse. Braunschweiger schichtbuch, d. städtechron. 16, 418, gegen schullen affgedan unde von neinem gewerde sin. ebenda 385 (die gleiche formel im urkundenbuch v. Westphalen 3, 190; machtloess, unbundich ind van geinem gewerde mer sin); wi arbeidet over nichte, unde waget unse lif unde zele vorgewes, unde wervet nichtes gewert. Lübecker chron. bei Grautoff 2, 505. da von diesen belegen abgesehen (zu dem problematischen gewert bei Wickram, Geiler, vgl. unter c), alle zeugnisse aus niederd. und oberd. gebiet entweder den nominativ plur. oder den dativ. sing. zeigen und somit die anhaltspunkte für das genus versagen, so sind die belege hier vereinigt, da sie auch im bedeutungsgehalt keine unterschiede aufweisen. a) do man zalte 1362, do gab klein Fritsche von Heiligenstein ein bürgerlin zu Strosburg ein pfunt figen gewichtes umbe ein pfunt erweiszen gewichtes, und schetzetent die kornkeufer, daz die erweiszen eins helbelings beszer worent wan die figen, noch dem also do z mole gultent die beden gewerde. Closener Straszb. chron. (d. städtechron. 8, 135), vgl. auch die belege unter 4); und so su kumment uf die jormerckete, do manigerleige volg und koufmanschatz hine kumment, so kerent sich die wisen z den aller koüfigesten gewerden und lon die doren ir narrenspil triben. Schürebrand 32, 3 Strauch; kleide oder kleinoeter, es werent ... büchelin oder heilgelin oder des gelich von aller leige klütterote und gewerde, daʒ junge lüte gerne hant. 39, 28; ebenso 31, 13 (variante gewerbe s. oben sp. 5504). b) hei sprach: ich enkomen vur den koning neit, [Bd. 6, Sp. 5618] ok wart der stadt beste gesein, c) fraglich ist, ob die folgenden formen hierher zu stellen sind; sie würden dann für übertragenen gebrauch des subst. zeugen: die weil ir vormals auch in einem solchen gewert mit mir gewesen sind, als der schalckhafft vogel mir ,.. auch zlegen wolt. Wickram (Gabriotto u. Reinh. cap. 31) 1, 274 Bolte (der gefert vorschlägt); ein gter lümbd, ein gut gewört, ist besser dann silber und gold. buch d. sünden d. mundes (1518) 28bc; sein gter lümbden unn gt gewörte. ebenda (ist an ein collectiv zu wort hier zu denken?). 4) ein fem., das der bedeutung nach auf werden zurückgeführt werden könnte: korn und gewerde ... die secke mit der gewerde. Straszburger rathsschlusz von 1452, s. 144; (die müller sollen) schaffen das jederman sin gewerde trucken heim kumme. ebenda; und ouch alle gewerde natürlicher und frischer blibe (var. spis). Schürebrand 37, 4 Strauch; waʒ ist di werlt?daʒ sage mir. ![]() ![]() 1) verwendungen, die auf ein compositum zurückführen und die unter dem einflusz der ursprünglichen bedeutung des präfixes ge stehen, vgl. das angelsächsische geweorþan in den bedeutungen von convenire und consentire. 466; vgl. gewerden (unpers,) becomen, (goede), gevolgen hebben voor iemand. Verwijs u. 2, 1890. a) der ältesten sprache gehört eine unpersönliche construction an, bei der der casus für die betroffene person (accus. statt dativ) auffällt. er erklärt sich wohl dadurch, dasz das object von der dem compositum als solchem zustehenden bedeutung angezogen wurde, nicht aber mit dessen einzelnen elementen in verbindung trat: thar was Krist guaterjoh selba ouh thiu sin muater, so sie thar tho gazun,thie in themo grase sazun, gisah er einan altan ... thea gumon alle giwarð [Bd. 6, Sp. 5619] b) so ist auch der bedeutungszusammenhang gewonnen, in dem die oben (sp. 4851 ff.) besprochene wortverbindung einen gewerden lassen = einen gewähren lassen, ihre erklärung findet. durch sie ist das verstärkte werden in die späteren wörterbücher eingebürgert worden. den oben beigebrachten beispielen sind einige noch nachzutragen (vgl. auch 2, 1890; friesch woordenboek 1, 455b). α) für den objectsaccusativ ohne weitere bestimmung: de Berschen branten Liblar ind ander dorper ind brachten einen groissen rouf mit sich etc., want de Coeltzschen inhadten neit vil luitz, ind sin (des bischofs) broder der greve inwas ouch noch neit viant: darumb leis man si gewerden ind neit darzo indeden. chronik von Cöln, s. deutsche städtechron. 13, 55. β) für die verbindung mit der präp. mit: dairumb, her, voulget raits, laist uns gewerden mit der stat, ir sult des bat ind ere kriegen. Koelhoffsche chron. (deutsche städtechron. 13, 589; ebenso 560; desgleichen 14, 832). γ) zum fortleben in den wörterbüchern (s. sp. 4852) vgl.laet mi gewerden, sine me quod volo facere. 146b; ganz ähnlich 1598; lass mich gewerden, ne me prohiberes, permitte, ut faciam. 170; lass mich gewerden, be quiet, leave off from me. teutsch-engl. wb. (1716) 771. c) auszerhalb dieser verbindung mit lassen ist das compositum in solcher bedeutung nur selten mit persönlichem subject verbunden (vgl. 2, 101): so dan ein raet tor tid mit den sulbigen nicht konde gewerden, so sollen se veer van der gemeinheit und veer van den emptern tho sich bidden und mit em gewerden. statutarrechte v. Brilon (übersetzg. des 15. jahrh. aus dem lat.) urkundenb. v. Westphalen 1, 530; sagten uns das haus van stunde an zu, sachten, sei wolten des zins wol mit uns gewerden. buch Weinsberg 1, 291, ähnl. 292. da in solchen verwendungen frühzeitig bestimmungen neben dem compositum belegt sind, die den schwerpunkt der bedeutung an sich ziehen und die das verbum zum hilfsverbum herabdrücken, so ist nicht sicher zu stellen, was primäre, was secundäre (etwa auf ellipse beruhende) bildung ist, vgl.: enkonden sei des gheldes nicht eins gewerden. statutarrechte v. Rüden (1310) bei urkundenb. v. Westphalen 2, 91; des ne kunde die rad nicht ens gewerden, dar umme dat sie it so hoghe vorboden hedden. brem. chron. (z. j. 1344) bei geschichtsqu. 89. d) einzelne belege für gewirt, gewerden u. a. scheinen einen schroffen bedeutungsgegensatz zu den obigen feststellungen darzuthun. sie gehören jedoch zu dem verbum gewerren, s. d. 2) verwendungen, in denen das präfix ge keine eigene bedeutung mehr zum ausdruck bringt, vielmehr der verstärkung des verbums dient. aus der alt- und mittelhochdeutschen zeit sind hieran zunächst nur poetische denkmäler beteiligt: der Heliand, die mittelhochdeutsche dichtung (vgl. auch angels. geweorþan). neben rhythmischen einflüssen und syntaktischen bedingungen (bevorzugung der verstärkten form im präteritum) wirken auch bedeutungsschattierungen mit, insofern das verbum da, wo es die energie seiner bedeutung wahrt, häufiger in der verstärkten form erscheint als da, wo es zum hilfsverbum herabgedrückt ist. dieses gilt namentlich für die prosa, deren belege für diese verwendungen bis zur neueren sprache heranreichen. a) die wahrung der energie der verbalbedeutung: gewerden ohne weitere bestimmungen. vgl. auch Verwijs u. 2, 1888. α) verbindungen mit persönlichem oder nominalem subject. 1)) auch hier ist die verstärkung zumeist an formen des präteritums belegt. a)) im hauptsatze: von dinem willen gewart diu fruht ûf dürrem holz gezwîget ist, [Bd. 6, Sp. 5620] b)) im nebensatze: die da wolden schowen vor der zit man da beten pflac der slaf ist niht so vollen alt, daʒ von den Juden nie gewart husere ist der besten tugend ein, seht, diu ie gewart uf der erden. der der beste trank, der ie gewart, daʒ ist der guote wîn. die groste dogent di i gewart (var. war), 2)) andere verbalformen mit ausnahme des infinitivs sind hier nur spärlich betheiligt: so that witan ni mag ire mantele wâren gesteinit bî der erden 3)) um so beliebter ist das präfix beim infinitiv, der in dieser form bis in die neuhochdeutsche periode heranreicht und in der sprache der mystiker namentlich freieren verwendungen dient. a)) einen sûl van golde dî dâ hîʒ gewerden dat is de den himel zu der erden sinen willen sin gebot von waʒʒer unde von erden 'ob du wilt, vil lieben sun, ouch lieʒ gewerden din (gottes) gebot rüst dich und far hin wunderbaldt [Bd. 6, Sp. 5621] b)) minnet mich got mit aller sîner nâtûre (wan diu hanget hie ane), sô minnet mich got rehte, als sîn gewerden unde sîn wesen dar an hange. meister Eckart (43) deutsche myst. 2, 146; daʒ blôze wesen, dem niht zuo geleit ist, daʒ meinet 'erat'. zem andern male 'erat' meinet ein geburt, ein vollekomen gewerden. 2, 88; das würcken und dʒ werden das ist ein. so der zimmerman nit würcket, so würckt auch das hausʒ nit, da die bartt oder axt lt, da lt auch das gewerdē. got und ich wir seind ein in disem gewürcke, er würcket, und ich gewürde. predigten (1521) 305b. β) der abschwächung unterliegt die verbalbedeutung schon neben pronominalen bestimmungen, die den schwerpunkt des bedeutungsgehaltes über den rahmen des satzes hinausrücken. hier tritt der infinitiv in formelhafter verwendung an die spitze der belege für das präfix. 1)) die form des präteritums: dô daʒ sô gewart, ieglicher wol den sinen vant, was ie gewart uff erden 2)) andere verbalformen: hwand sô hwan sô that gewirðid,that waldand Krist ... kumit. Heliand 4380 u. a. 3) die infinitivform: hwô mag that giwerðan sô. Heliand 141 u. a.; daʒ nemag niet gewerthan. Leidener handschr. zu 44, 5, s. Seemüller s. 15 (var. niet werdan); mûste daz gewerde, ein wîser man der râte waʒ daʒ müge gesîn: allet dat got hei leis gewerden. b) in der engeren verbindung mit bestimmungen, die am verbum die bedeutungskraft schwächen und die funktion eines hilfsverbums entwickeln, ist das präfix spärlich belegt. α) voran steht die verbindung mit einem possessivpron., in der sich am meisten von der grundbedeutung erhält: thes thu te wârun ni wêst daʒ lieʒe ich alleʒ hin varn genædeclîcher trehtîn, do hielt der sariant bei in, ich weisz mir ein edel pluett, he slôch se dicke to den êrden (der ackermann seine frau), β) ganz anders wirkt der engere anschlusz an substantivbestimmungen: [Bd. 6, Sp. 5622] al giwurðun do er (Johannes) ein iungelinc gewart sal ich ein nunn gewerden (var. werden) des enhave neiman wunder, γ) wan alle ir werg, die sie begant, ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() 1) der älteste gebrauch ist auf glossen beschränkt und läszt das substantiv nur im bereich von lateinischen (griechischen) parallelen erscheinen. der bedeutungsumfang ist [Bd. 6, Sp. 5623] weit gezogen, doch steht auch dieses moment unter fremdsprachlichem einflusz. für die bestimmung des genus am substantiv liegen hier keinerlei anhaltspunkte vor; dagegen knüpfen an die bildungsweise schon bei Notker erklärungsversuche an. a) der grundbedeutung des verbums entsprechen einige vereinzeltstehende gleichungen: lithostrotos (steingemauertes) stein cawerf, Tegernseer handschr. d. 9. jahrh. 4, 244; simmatibus, graece, conlationibus giwerpf cod. S. Pauli, 1, 554, vgl. auch 1, 555. b) die meisten belege lehnen sich an termini der christlichen kirche an und sind ebenso gut mit erscheinungen, gegen die das ältere gemeindeleben ankämpfte, verknüpft als mit solchen, die es grosz zog. gewerf verdeutscht die begriffe collecta, collata, collatio, symbolon u. a. auf der einen seite werden heidnische bräuche getroffen, schmausereien auf umlage, andererseits tritt das wort für liebesgaben ein, die die christlichen gemeindegenossen zusammenbrachten. vgl. gelage (zu zusammenlegen); vgl. DWB geschosz (zu beischieszen, zusammenschieszen). α) symbola, giwerf, Salzburger. Tegernseer, Regensburger und andere glossen des 11. u. 12. jahrh. zu sprüche 23, 21 (noli esse ... in comessationibus eorum, qui carnes ad vescendum conferunt: quia ... dantes symbola consumentur) 1, 537; ex collatis, giwerfun, giwerphun in den glossen (gleicher herkunft) zu den beschlüssen des konzils von Laodikea, das nach dieser seite ein verbot richtete. 2, 113. β) collecta, giwerf, giwarf, die gleichen handschriften mit glossen zu 3 Mos. 23, 36 (solt ewr opffer dem herrn thun, Luther). 1, 352; collationem, kewerf vel oblei Reichenauer u. Tegernseer handschr. des 11. jahrh. zu Römer 15, 26 (haben williglich eine gemeine steuer zusamen gelegt. Luther). 1, 757. c) vereinzelt folgen die glossen auch der weitgehenden übertragung, die die worte symbolon, conjectura entwickelt haben: conjectura, cawerf, kiwerf, kawerf vel interpretatio, Hrabanisch - Keronische glossen. 1, 89. das Graeci chedent symbolum unde latini collationem, daz cheden wir gewerf, wanda iz apostoli gesamenôtôn unde zesamene gewurfen, daz iz zeichen sî christianae fidei, also auch in proelio symbolum heizet daz zeichen, daz an scilten alde an geinôtên worten ist. Notker zum symbol. apost. (denkm. 13 250); vgl. auch diesen salmon heizen wir giwerf, wanda in die heiligen poten gisaminoten unde cesamine giwurfen. ebenda 257. auf die bedeutung der stelle hat schon J. G. Eccard in der vorrede zu katechismus s. 24 hingewiesen. 2) von allen diesen prägungen der althochdeutschen periode führt nur eine auch in die spätere zeit über, die gleichung von gewerf mit umlage, beisteuer, geschosz, abgabe. sie ist in der urkundensprache reichlich vertreten und an die verschiedensten formen geknüpft (gewerf, gewerpf, gewerff, gewarff, gewerft, gewerb). ebendort wird sie geradezu als eine gangbare deutsche benennung gekennzeichnet, während die eben angeführten glossenbelege vielmehr auf eine anlehnung an fremde vorbilder weisen. es sind zunächst zwei möglichkeiten: entweder stellt das gewerf der mittelalterlichen urkundensprache eine weiterentwicklung der in den althochdeutschen glossen aufgeführten anlehnung an conjectura, collatio dar, oder es ruht mit seinen wurzeln in einer eigenbildung der deutschen rechtssprache und wurde in den glossen erst umgedeutet. für die zweite annahme sprechen beweismomente, die auszerhalb des hochdeutschen sprachgebietes gesammelt sind. (rechtsgeschichte I2, 176 anm. 6) macht darauf aufmerksam, dasz an stelle des wortes thing in friesischen und sächsischen denkmälern auch warf oder werf gebraucht wurde, vgl. hwarf im Heliand (wurðun êo-sagon alle kumane an hwarf werôs 4469 u. a.), vgl. DWB warf im sachsenspiegel und in niederd. weisth. (nach erkenntniss des gemeinen werfs weisth. 3, 104) und dazu das abgeleitete langobardische gawarfida (omnes iudices et fidelis nostri hic dixerunt, quod cawerfeda antiqua usque nunc sic fuisset. leges cap. 77; vgl. d. glosse d. cod. Cavensis: guarfida id est consuetudo antiqua u. a. Brunner I2 152 anm. 8) er stellt die gleichung auf: gewerf [Bd. 6, Sp. 5624] zu warf wie geding zu ding, und damit wäre das substantiv zu werben, gewerbe zu stellen, wo die bedeutung von kaufvertrag (vgl. oben sp. 5496) an einigen belegen für die formen gewerf, gewerft schwierigkeiten dargeboten hatte. mit diesen läszt sich jedoch nur eine einzelne — landschaftlich begrenzte — gruppe der unten folgenden zeugnisse zusammenstellen, in denen die bedeutung einer abgabe auf eine verhandlung, einen vertrag zurückgeführt werden kann (vgl.α, β). die hauptmasse der belege knüpft ungezwungener doch an die auch den glossen gesicherte bedeutung von umlage an. da die graphische wiedergabe des lautbildes keine anhaltspunkte giebt, ist eine sichere entscheidung nicht möglich, man darf aber vielleicht annehmen, dasz die bedeutungen abgabe und umlage verschiedenen wurzeln entsprangen und erst in dem allgemeinen begriffe von steuer sich zusammenfinden. mit der mittelalterlichen urkunden- und verwaltungssprache ist der geltungsbereich von gewerf im allgemeinen sinne von umlage, steuer nicht abgeschlossen, es lebt in der geistlichen und weltlichen litteratur des 16. und 17. jahrh. weiter, bei Geiler, Pauli, Wimpheling, im Straszburger bibeldruck, ebenso in Nürnberger vocabularien und bei Mathesius. a) belege aus der rechts- und verwaltungssprache der urkunden (1166—1520) vgl. 712; deutsche rechtsalterthümer 298 (14, 414); alterthümer d. d. reichs 1, 275; bischofs- und dienstmannenrecht von Basel 17; samml. ahd. mhd. wörter s. 11. das genus ist an den einschlägigen stellen mehrfach gekennzeichnet, durchweg als neutrum, so in der Musbacher urk. v. 1286 bei Schöpflin, in Freiburger urkunden von 1291 (ztschr. gesch. Oberrh.), von 1293. 1310 (Schreiber), in einer Kolmarer urk, von 1293 Schöpflin und im Züricher richtebrief. vielfach ist das genus gerade gegen das mit gewerf gern verbundene fem. stiure abgegrenzt: dekein gewerf noch dekeine stiure. Kolmar 1293; zuo deme gewerfte oder zuo der stiure. Freiburg 1293; in einem späteren beleg aber färbte in solch enger verbindung das genus von stiure auf gewerf ab: mit der gewerff und stür. Mühlhäuser urkunde Carls IV (1351) Schöpflin. α) eng an die erstgenannten termini schlieszt sich die älteste urkunde an: domum vero nostram ibidem in Meirle sitam cum curia et ortulo adiacente cum omni utilitate eorum hac determinatione ei assignavimus, quatinus collectas advocatorum, quos ibidem vulgari nomine qwerf vocant, exinde persolvat .., erbpachtbrief des stiftes zu Münster Meinefeld von 1166 bei Beyer urk. gesch. Mittelrheins 1, 705 (zur form vgl. guwere für gewere s. 523). hier handelt es sich anscheinend um eine form des schutzgeldes, das der bevogtete dem vogt entrichtet, eine bedeutung, die sich als verallgemeinerung in den bedeutungszusammenhang von gewerf = συμβολον einfügt, wofür überdiesz die lat. parallele collecta zeugt. β) aus diesem zusammenhange fallen andere belege, die zeitlich am nächsten hier sich anreihen, heraus. gewerf kennzeichnet hier mehr den rechtsgrund für eine abgabe als diese selbst (das gleiche bei consuetudo), und die leistung erscheint nicht periodisch wiederkehrend, sondern an bestimmte anlässe gebunden: mansum ... recipi debent de manu nostra, seu ab heredum nostrorum; ita quod receptor persolvet nobis ... quatuor solidos denar. Colon. ratione iuris, quod vulgariter gewerve appellatur. urk. v. 1249 bei codex dipl. 2, 949; quomodo G. d. S. mansum ... in feudum contulerit ecclesiae ... post obitum vero uniuscuiusque possessoris vel heredis domus ... heres aut successor instituendus dabit nobis in receptione dictorum bonorum duodecim denarios, pro jure quod gewerf vulgariter appellatur. urkunde des Kölner domkapitels von 1257 bei Lacomblet 2, nr. 446; post mortem vero meam ... melior equus ..- cum duodecim coloniensibus, qui solidus hereditarius appellantur, ecclesia supradicta cedat in curmedam. nihilominus tamen succedens sex solidos predicte monete pro porrectione bonorum, quod theuthonica dicitur gewerf, persolvat ecclesie supradicte. revers von 1269 ibid- nr. 592. ähnlich sind auch folgende belege zu erklären: et tantundem pro jure quod dicitur gewerf, cum persona que dicta bona receperat, decesserit, solvere de bonis prenotatis teneantur. urkunde des erzbischofs v. Köln 1290 Lacomblet nr. 897; [Bd. 6, Sp. 5625] annuam pensionem septem solidorum ... et jura que vulgariter vocant cerinc et dinc, curmedam, gewerf. Kölner urkunde von 1266 ebenda nr. 569; item predicti homines tenentur dare curmedam et gewerf de bonis et feodis suis secundum consuetudinem terre. Kölner urk. des 13. jahrh. bei Ennen und 2, 602 ebenso curmedam et gewerf 601; jus quod dicitur kormeda et gewerf 2, 603, dazu vgl. auch: ut abbatissa et conventus ad ipsam vineam tanquam emptionis titulo comparatam recursum habeant, siqua ipsis in posterum questio super premisso jure quod gewerf dicitur, moveretur. urkunde des erzbischofs von Trier 1213 bei Günther codex dipl. Rhenomos. in allen diesen fällen ist eine geldleistung mit dem act der besitzübertragung in beziehung gesetzt, sie wiederholt sich jedesmal, wenn ein neuer besitzwechsel eintritt. eine bedeutungsverwandtschaft dieser belege mit den oben (sp. 5496) beigebrachten zeugnissen für gewerf, gewerft im sinne von kaufvertrag liesze sich wol begründen; die thatsache jedenfalls, dasz eine gruppe auf den Niederrhein, die andere auf bayr.-österr. gebrauch beschränkt erscheint, findet in dem niederdeutschen warf, werf und dem langobardischen gawarfida ihre beleuchtung. auf späterer deutung beruht es wol, wenn dieses gewerf mit werben im sinne von erwerben, gewinnen in verbindung gesetzt wird, vgl. item wanne ein man offt ein vrawe gehorende in den hœff, doitʒ halven sein affgegaen, ... ind dat die ersten erven, offt ein ander, die dat mit rechte mag doin, begert vom herrn off seinem scholtisʒ dat guidt zo hand gewinnen iud werven, dasz sall ime der herr oft scholtisʒ gunnen, und vur dat handgewin sall der man ind vrawe, die op den hœven wonen, geven gelick; -.. so dicke alsʒ desʒ dan gefiele, dat is vier alden guldenschild mit gnaden; die genne, die aver op den kotten wonnen, sollen geven für handgewinn ind gewerff, hie sie man off vrauwe, zwein alde guldenschild mit gnaden, off dat werdt darvoir als vurg. steit und neit mer. hofrechte zu Ekel 19 (1500), s. weisth. 3, 63. die zusammenstellung von gewerf mit der werpitio, die eine neue anlehnung an werfen ermöglichte, hätte von hier aus allerdings etwas bestechendes; ihr steht aber unter anderen im wege, dasz es sich bei der werpitio immer um eine besitzentäuszerung handelt (vgl. z. rechtsgesch. d. germ. u. rom. urk. s. 274) und hier von anfang an um den nächstfolgenden act der übertragung. γ) wie sich auch die eben angeführten verwendungen erklären lassen, die übrigen belege weisen auf ganz andere bedeutungen, sie prägen überhaupt viel weniger einen privatrechtlichen als einen öffentlich-rechtlichen begriff der steuer aus. mag auch in denjenigen belegen, die die steuer einem schirm- und schutzverhältnisz entspringen lassen, die grundlage ebenfalls eine privatrechtliche sein, so macht sich dieses moment jedenfalls in der bedeutungsabstufung nicht geltend. dagegen läszt die überwiegende masse der verwendungen gerade den begriff einer periodischen, vielfach gemeinsam festgesetzten, umlage hervortreten und so mündet auf alle fälle der hauptgebrauch in die gleichung gewerf = conjectus (symbolon) wieder ein. unter den verbindungen, die gewerf eingeht, steht ebenfalls die mit steuer voran. 1)) gewerf allein gebraucht, ohne synonyma: dur daz si deste baz luste ze buwenne un da ze belibenne, daz si uns jergelich niht wand vierzec phunt phenninge geben sulen ze gewerfe. Basler urkunde v. 1274 urkundenbuch d. st. Basel 2, 79: wir Bertholt ... der apt und das capitel zu Murbach ... tun allen kunt ... das wir ... der stat von Gewilr ... und den luten die inwendig der muren sitzent, durch das dieselb stat gerichert würde an lüte und an gute, han ginamet von in vierzig marck gebrantes silbers ze gewerffe, das man geben sol enzwuschent sancte Martini mess und winacht ... och han wir ... uns behalten ze habende one dis gewerff allü die recht, die unsere vordere oder wir hand gehabet unze an disen tag. urk. v. 1286 bei Alsatia 2, 34; swenne ouch daʒ were, daʒ man ze Basil gewerf gebe, so weren von altem rehte die gewanheit unde daʒ über ein komen, daʒ bischof Heinrich mit keiser Frideriche det umbe daʒ, daʒ ietwedre daz halbe neme ... tuomherren, ambtliute unde tuomherren unde gotshus dienestmannen eigenen liute unde gesinde sint des gewerfes vri unde alles getwinges vri ... bischofs und dienstmannenrecht [Bd. 6, Sp. 5626] von Basel § 2 Wackernagel 17. jahrh. (vgl. omnis exactionis quam episcopus fecerit in Basilea duae partes spectant ad jus episcopi, tertia ad jus advocati. urk. bei Ochs 1, 290); und swa ime an den sehs und zwenzig pfunden abe giengi von unseren vorgenanten silberbergen, so han wir unser juden ze Friburg geheissen, das sü ime dü vorgenanten sehs und zwenzig pfunt von unserem gewerfte, das sü uns jergelich gent, ervollent ... Freiburger urk. v. 1310 bei Schreiber 1, 187; darnach so en gat dikein gebot innerthalp des abbetes etheren (etter), darnach so engit dikein siner lute die innerthalp sines etheren gesessen sint gewerff. dinghof zu Ebersheimmünster (Unterelsasz 1320) bei weisth. 1, 679; swer der burger gewerf nicht git der sol nicht ze rate gan da man das gewerf uf leit ald da man die uf liset die das gewerf uf legen suln. da sol enkein vogt bi sin. swenne das gewerf uf geleit wirt, so sol man die tavillen vor all dien burgern lesen da das gewerf an stat, und sol es danne ein vogt helfen in gewinnen. richtebrief der bürger v. Zürich (Helvetische bibl. 2, 31). vgl. gesch. d. Schweiz 2, 113. 2)) gewerft und steuer. a)) wir grafe Egene von Friburg kunden allen ... daʒ wir den erberen geistlichen herren, abbet Meinwarten von Thennibach, ... ze burger nemen ze Friburg vnd enpfhahen also, daʒ sú uns, noch unsern erben enkein gewerft noch stre geben sulen. urk. v. 1291 ztschr. gesch. Oberrh. 10, 241; wir wellen ouch, swenne man ze Friburg dehein gewerft, oder stüre uf leit, das man dar zuo neme viere von den vierundzweinzigen, viere von den koufluten, und viere von den antwerklüten. were aber das man zuo deme gewerfte oder zuo der stüre me oder minne wölte nemen, so sol doch dirre drier vorgenanten lüte zal allewege gelich sin, und sülen ouch bi den allewege sin ein schultheisse und ein burgermeister. Freiburger urk. v. 1293 Schreiber 1, 142; swas edeler lüte ze Colmer burger sint, die uns dienent, als edele lüte ze rehte sulnt, die söllent mit den andern burgern dekein gewerf noch dekeine stüre geben. Kolmarer stadtrecht v. 1293 bei Schöpflin 2, 58; und ensüln ch wir in den selben nachgenden nehesten sehs jaren, noch nieman von unsern wegen, von den selben Juden enkeine stüre noch gewerfte, noch enkeinen nuz ... niemer gemten noch geuordern dekeine wis. Freiburger urk. von 1333 (ztschr. gesch. d. Oberrh. 13, 107); darumb bitten wir üich ... daʒ ir uns ze diser zit darzu beholfen sint, mit der gewerff und stür, di ir uns und dem riche ditz jahrs schuldig sint ze geben und ze richten, ane diselben gewerfe und stür wir es nie wol zu mügen bringen. botschaft Karls IV. an Mühlhausen bei Schöpflin, Alsatia 2, 201; ouch hand wir inen gelobt ze rattende und ze helfen, wider allermenglichen der sie beschwren wolte; und tun sie alles gewerfes und aller steuren frei, also daʒ wir stre noch gewerfe, diewile so wir geleben, nimmer von inen gevorden sollend wider ihren willen. Basler handfeste von 1399 bei Ochs, gesch. der stadt und landschaft Basel 1, 380; behept och jemand ... einen frömden der einem herrn von eigenschafft, von lehenschafft oder von vogttie wegen zugehört oder in sinen zwingen und bennen gesessen ist unnd im dienet mit sturen und gewerffen, hohen unnd nidern mit andern diensten als gewonlich ist. gerichtsordnung von Basel von 1457, Schnell s. 16a. b)) decimas, redditus, census, fructus, proventus, sturas seu exactiones vulgo dictas gewerff. urk. v. 1335 bei Schöpflin, Alsatia dipl. 2, 250; ich Johans, herre von Üsenberg ... gibe ze kffende ... Johanse dem Malterer ... Eystat das dorf, mit aller siner zgehrde, lüte und gt, twing und ban, vogtien, gerichte, gros und kleine, dúbe und frevelina, stúren, gewerf und bette ... urk. von 1357 (ztschr. f. gesch. des Oberrh. 13, 449); daʒ nieman der hie zuo Friburg sesshaft ist, er habe zünft oder nüt, an nieman andern sich sol machen mit keinre gelübde oder swerende noch nieman kein sondern dienst sol tuon, mit stüre und gewerfte. Freiburger polizeiordnungen 1338 Schreiber 1, 337; so soll das closter haben vier man, ein meiger, ein keller, ein ohsener, oder wer in dem hofe sitzet, er hab das gut und gülte oder erbeite es nit, und sont [Bd. 6, Sp. 5627] die viere lidig sin vor bette, vor gewerf, vor schetzunge, vor ussziehende, vor enger, vor stüre. weisth. von Ingemersheim (Unterelsasz) bei weisth. 1, 749; so laszt man ... sin eigen gut unbeschwert bliben, leit imm daruff weder steur, bett, gewerff, zinsz noch gult. freiheiten der stadt Straszburg, abschr. v. 1512 die Uspurg, s. 136. 3)) in den eben belegten verbindungen treten neben steuer auch andere begriffe, so die bede, als synonyma zu gewerf. als weitere zeugnisse vgl.: miner frawen meiger ist auch frei aller bet und gewerf und soll er auch den dritten vörster haben in den gemeinen welden. weisth. v. Wische u. Storbach bei 5, 414; mann sol auch jerlichen von dem dorffe dem landgraven sechzig viertel habern (geben) ... keme aber iemand frönder dar von frönden landen ... der sol dem landgraven dienen und öch dem banherren eine zit in dem jor von wunne und ven weide ein gewonlich gewerff, und vasenacht hunre geben. urk. v. 1314 bei Schöpflin 2, 109; item welher hie ze Friburg metzgen wil, der sol sunder hus haben, dem hantwerck und der statt tn mit gewerff und aller gehorsam, als ander in iren hantwerck tn ungeverlich. urk. der metzgerzunft zu Freiburg i. Br. von 1462 (ztschr. f. gesch. d. Oberrh. 17, 51); von gewerfe und von dienste. swelch burger in dirre stat ist des vatter ritter war, der sol ze ritter werden e er 30 jar alt werde. tuot er des nicht, so sol er gewerf geben mit dien burgern alle die wile unz er nit ritter worden ist. Züricher richtebrief (vgl. oben sp. 5626); also ob der abgestorben ... schuldner gewerfft, buwgelt, schatzung, freuel, oder oder anders schuldig pliben wer, das sol unser statt ... zugehören. nüwe stattrechten und statuten der statt Friburg im Priszgow (1520) 31; iarzitbücher, selbücher, unser statt zinsbücher, gewerfft, und rechenbücher, so in unserm kouffhusz ligen. s. 36. 4)) zur vervollständigung des gewonnenen bildes seien noch einige formen der composition beigefügt: und geben im (Hesmann Stamler für seine getreuen dienste) von unsern sunderlichen gnaden und keiserlicher macht hundert mark silbers Kolmarisches gewichtes. dofur wir im einseczen zu rechtem pfande, vier fuder weingelts, uff sand Marteins tag, und acht pfunt Basler pfenninge czinzes, die man nennet, hornung gewarff, alle iar in deme dorffe Ammerswiler. urk. Karls IV. v. 1360 bei Glafey, collect. anecdot. 338; und darum so sollen eins iglichen jahrs ... ihme und den vorgenanten seinen erben, so lang sie unsser ... vogt und ambtmann daselbst sein, werden und gefallen sollch nütz, recht und gefell ... ussgenommen die stattsteuer zu Keisersberg und Monstern, und die zwelff fuder gewerffe wine zu Durckheim. urk. v. 1504 bei 2, 443. fraglich ist banngewerf weisth. 1, 682, wo die handschr. an entscheidender stelle lückenhaft ist. b) noch deutlicher weisen die zeugnisse für den litterarischen gebrauch auf eine allgemeine, umfassende bedeutung von gewerf hin. der vocab. theut. von 1482 führt das subst. unter vier verschiedenen stichworten auf: gewerff, geschosz, stewr, loszung exactio H 5a; gewerff, stewr oder loszung setzen guadiare H 5b; gewerff, stewr, loszung, pet zol, tallia H 6a; gewerff, stewr, landtzinsze, maut, rennte, tributum ebenda. ähnlich führt der Straszburger bibeldruck, der gewerff Luc. 20, 22 u. a. für tributum einsetzt, in den bedeutungszusammenhang mit den substantiven schosz, zins, steur, rent, schatzgelt über, die in den anderen bibeldrucken hier auftreten. vgl. Dauner, die obd. bibelglossen 96. dazu vgl.: aber die newen ratsherren hetten dem volk versprochen freiheit vor zoll, ungelt und losung und anderm gewerb (var. gewerf). chron. v. Nürnberg; deutsche städtechron. 3, 147; stür und gewerffe sol man geben und thun inn einer stat so es not ist, und jedermann nach dem und er geschickt ist und gt hat. nun der rat, oder ein herr, der gibt eim geschlecht die friheit, das es nit bedurffe geben, stür und gewerff, so lang und di weil er, oder es sein huld hat, und nit brüchlich an im wurt. predigt der himmelf. Mariae (1512) 11d; item die sich widrēt z bezalen recht auffgesatzte stür, bett, gewerff, oder schatzungen. dreieckecht spiegel C c 4a; [Bd. 6, Sp. 5628] roub, unbillich stür, gewerff, fründtliche hilff, ungelt, frontag, herren werck, schirmgelt, schatzung. kastenvogti, pfleger, gewalt, undertruckung, urteil ausz gunst. irrig schaf A 3a; das was der iuden gifft, dz sie müstent zoll geben, schatzung, und gewerff wie andere lüt. postill. (1522) 4, 25a; also die herren nemen das grosz von den underthonen, gewerb, steür, und freuel, so kumen dan die amptlüt. Pauli schimpf und ernst (89) Österley s. 68; nach der sündflut aber, da .. Nimroth der erste gewaltige jeger unnd könig, sein newes reich in Chaldea mit landtszordnung, rüstung, rendten und gewerben anrichtet und befestiget, da het man nach silber unnd goldt getrachtet. Sarepta 230a; dann niemands mer z altar godt, ![]() ![]() 1) die collectivbildung gewerf in der bedeutung von wurfzeug, geschütz. die belege fallen spät, erst von der mitte des 15. jahrh. ab; sie reichen für den lebendigen gebrauch nicht über das 16. jahrh. hinaus. die mittelhochdeutsche epik hatte sich, wo sie schleudermaschinen erwähnt, auf die spezialbezeichnungen beschränkt (trîbok, blîde, pfeteraere, mange u. a.), von collectivbildungen wurde zwar wohl schon das heutige geschütz (s. d.) verwendet, aber anfänglich mit beziehung auf pfeil und bogen und ähnl. handwaffen. unsere bildung dagegen taucht zuerst in der verbindung mit dem groben geschütz der feuerwaffe auf (neben büchse vgl. tormentum 588b), wird aber gerade in den spätesten belegen, den übersetzungen aus antiken schriftstellern, auf die primitivsten formen des wurfzeuges angewendet. das genus, soweit es gekennzeichnet ist, erweist sich als neutrum. vgl. Basler chron. 4, 193; dict. lat. germ. (1540); a. a. o.; gesch. d. stadt Basel 3, 450. a) isolierte verwendung (das substantiv neben dem verbum): und hatent min herren vor wol 14 tag enteil buchsen und das gewerf do oben ... wan si hatent die brug denen geschosen, und das gehus ... und fast das slos verwuest mit dem gewerf. (1445), s. Basler chron. 4, 193; am 15. tag des obbestimpten monats, in der nacht umb das ein, frtent die von Basel ir gewerff uff 13 wegen gon Rynfelden in die statt, das si das schlosʒ domit bewurffen. (1445), s. Basler chron. 5, 375; diese alle fhren in 8 schiffen mit einem gewerff gehn Straszburg, welche tausent z fsʒ unnd hundert pferdt darz gabe, die schlgen sich z den uberigen puntsgenossen ... legerten sich endtlich für Mülberg und Graben, schoszen und wurffen in die vestungen. Christian Wurstisen Baszler chron. (4, 24) 243; und weil ihnen aus dem stein mit schieszen feindlich zugesetzt wurde, liehen ihnen die Basler ihr sogenanntes gewerff, um das schlosʒ mit groszen steinen zu bewerfen. solches wurde den 15. juli ... (1445) hinaufgeführt. gesch. d. stadt Basel 3 (1819), 450; das werffen hielten sie auff bald [Bd. 6, Sp. 5629] b) verbindung mit synonymen. α) darumb so sich einer mit geschütz oder gewerff iebet, und den furgonden eigen man durch schüsset, sol man dar von underscheidlichen reden. instituten (1519) 113b (jaculis ludit et exercitatur); demnach so namend si den krieg dest ee widerumb für dhand, von wegen des rauhen ungelegnen orts, da si verhofftend den vorteil zehaben, unn von den hohen bergen herab mit irem gewrff und geschütz an die Rmer z fallen. Stumpf schweiz. chron. (11, 20) (1548) 361b, ebenso (1606) 673a. β) am 17. tag des augsten zugent die von Basel fur Rynfelden das schlosz, mit grossen buchsen, gewerff und anderem kriegzug. (1445), s. Basler chron. 5, 377; do belgert der Kmpter abt und der gottʒhusʒ-vogt von Ramschwag und die berg-lt desselben gottz-huszes die burg ze Appenzell, wurffend und schussend darin mit bliden, boleren und anderm gewerff. schweiz. chron. 1, 200b Iselin. c) in wörterbüchern wird diese bedeutung des wortes vom 16. bis zu anfang des 17. jahrh. mehrfach verzeichnet: gewerff, tormentum, balista Dasypodius T t 4b; vgl. auch ebenda: tormentum, ein jetlich gewerff, kriegsrstung, damit man schiesset M m 2d; balista, ein gewerff oder bler, ein kriegsrstung, damit man stein, kaat, schelmen, unnd anders geworffen hat D 3b; tormentum ... item ain jeglich gewerff, kriegzsrüstung, damit man scheust. 8b (vgl. ballista, ein werffzeug c 3b); ganz ähnl. 875a (balista ... ein geschtz, oder maurbrecher 102b); gewerff, instrumento da tirar piedre (1605) 63a; gewerff, kriegsrüstung, damit man etwas würfft, balista, tormentum quo tela aut lapides jaciuntur, quam nunc bombardam appellamus 1598; die späteren wörterbücher verzeichnen unter den lat. stichworten nur andere bildungen, steinwerffer, werfzeug u. a. 2) mit dem vorherigen berührt sich die ganz vereinzelte verwendung für das aufgeworfene, der erdaufwurf; der labial ist hier als verschluszlaut überliefert: dann sie die mauer sicheln mit stricken abkereten und wenn sie die gefast hetten, zogen sie solche mit reiszarmbrosten hinein, entzogen uns auch die gewerb und schantzen durch heimliche geng deste bas. Ringmann Caesar (de bello Gallico 7, 22) (1565) 242 (aggerum cuniculis subtrahebant). 3) die collectivbildung mit der engeren, auch an werfen, wurf ausgebildeten, bedeutung des gebärens bei thieren, gewerf = partus: im frling ziehen sie (die thynni) mit hauffen usz dem hohen mr, in das mr der insel Ponti, und leichen niergent anderszwo. das jung gewerff heisszt cordilla (cordyla appellatur partus), und folget den alten nach, die uff den herbst wider ins mr streichen. H. Eppendorff übers. von Plinius naturgesch. (9, 11), s. 109. 4) auch die function des nomen actionis, wie sie unser neueres verbalsubstantiv ausprägt (s. unter gewerfe), kommt schon in der älteren kurzen form rein zum ausdruck: das hab ich nechst an einem ort, da man ein ubelthetige person gerichtet hat, ein geschrei, gedmmel, gelauff, gerauff, gewerff mit schneebaln, schnollen, und anderm, gesehen und gehrt. Jacob Ayrer histor. processus juris (2, 5) (1597), s. 524. ![]() ![]() 1) das lateinische vorago in der sage von Marcus Curtius wird einmal durch gewerf übersetzt: eʒ geschach z Rom, enmitten in der stat, daʒ sich ein fraisleich gruft auf tet ... do antwurtten sie (die götter) also der fraislich gewerf wirt nicht z getan, den eʒ laʒʒ sich ettwer willichleich hinein. gesta Romanorum, Keller, s. 34 (non claudetur haec vorago, nisi aliquis voluntarie se immergat); man könnte hier an wirbel, strudel (vorago) denken und so auf werben zurückgehen. ein anderer versuch (vgl. mhd. wb. 3, 727) will die erklärung aus der bedeutung schlund gewinnen und lehnt unsere verwendung [Bd. 6, Sp. 5630] an den jägerausdruck gewerf (vgl. unter 2) an; damit kämen wir auf gewerf = gelenk (s. o. sp. 5489 ff.) als ausgangspunkt. näher liegt es, hier die glosse uzwerf, jactus (terrae) heranzuziehen, die 1, 1040 aus den Hraban-Keronglossen anführt, ohne dasz sie bei 1, 194 in dieser form zu belegen ist; auszerdem vgl. zerwurft = zwiespalt 22, 998; vgl. auch zerwürfnisz und s. DWB gewerf II, 2. 2) gewerf als jägerausdruck, vgl.: gewäff, gewerf, gewerft, gewehr, waffen, dann schneid, nennt man die untern langen zähne einer sau 148 u. a., s. oben sp. 4742. das wort ist zuerst aus Wickram belegt, bald nach ihm taucht es auch in den buchungen der jägersprache auf, von denen aus es dann in die allgemeinen wörterbücher überdringt. litterarisch ist es auszer bei Wickram nur ganz selten belegt. die erklärung bereitet grosze schwierigkeiten, weil sich mehrere möglichkeiten darbieten, ohne sich durch entscheidende gründe stützen zu lassen. die zusammenstellung mit gewerf = vorago (in den gest. Romanorum) könnte auf gewerbe = gelenk zurückführen. Adelung knüpft an werfen an: die hau oder fangzähne der wilden schweine, weil sie damit gleichsam um sich werfen. 2, 660. wer die erklärung auf dem wege der bedeutungsentwicklung zu gewinnen sucht, wird die synonyma, mit denen dieses gewerf sich verbindet, beachten müssen, und da führen die collectivbildungen gewehr, gewäff, waffen, die alle kampfwerkzeuge kennzeichnen, auf das oben unter gewerf II, 1 angeführte collectiv. vielleicht musz sich die erklärung jedoch auf das lautliche gebiet beschränken und der formellen berührung mit gewehr und gewäff das hauptaugenmerk schenken. a) litterarische belege: die frucht, so uff den baumen stundt, dem lewen mocht sein sterck und grimm sein gwerff und zeen er (der eber) fürher warff da kam ein schwein, sein gwerff was scharff. (irr. bilger 18b) 4, 158 Bolte; das schwein hat starcke waaffen unn gewerff. vom feldbau 569; das gleiche jagd u. forstrecht 64b; jägerkunst Ba; allein das gröszte schwein, voll bosheit und voll list, b) belege der wörterbücher: gewerf, ist ein weidw., heisset die scharffe waffen des hauenden schweines. 634b; gewehr. in der jägersprache die zähne der wilden schweine, welche man waffen und gewerff nennet. (jagdw.) allg. lex. d. künste u. wissensch. (1721) 247a (vgl. auch ausgabe von 1767, s. 534b); gewehr, gewerff, oder waffen ... die vier grösten zähne der wilden hauenden schweine ... mit welchen sie leute und hunde darnieder zu schlagen vermögend sind. allg. ökonom. lex. (1731) 827; genau so 4, 1045; kriegslex. 1, 1055; ähnl. ökonom. lex. 947; forst-, fisch- u. jagdlex. 1, 1040 (vgl. unten theil 13, 285); 2, 660; (1783) 1, 745a; deutsches wb. d. naturg, 192 (gewähr, gewärft); 1, 464a; gewerf, waffen der raubthiere. versuch einer allg. teutschen idiot. samml. 583; gewerf (auch gewerff, gewehr, fänge, hauer, haderer und waffen genannt) heiszen die eckzähne der wilden schweine. 3, 418; vgl. auch 2, 435a; jagdbrevier 258; 4, 428b; Train5 s. 351. ![]() ![]() [Bd. 6, Sp. 5631] gewerfe 2, 362; 2, 435a; geräuschlos, ohne thürgewerfe, vgl. erg.-wb. 630a. ![]() ![]() 1) gewerfen mit der grundbedeutung. a) das präfix in formen des präsens: jah gawairpands ina sa unhulþa in midjaim urrann af imma. Luc. 4, 35 (und der teufel warff in mitten unter sie. Luther); ähnlich Marc. 9, 18; dazu vgl.: gar dicke in so gewirfet er in swer uf im swere burde hat, b) in formen des präteritums: nie gewarf dehein schûr mîn zorn was gewetzet als er uʒgewarf sin garn hie vor in miner jungen zitt, und uz dem wingarten da hin c) beim infinitiv: goþ þus ist galeiþan in libain haltamma, þan twans fotuns habandin gawairpan in gaiainnan. Marc. 9, 45 (βληθῆναι, und werdest in die helle geworffen. Luther); warumme mochte wir en (den teufel) nicht ûz gewerfin? Matth. 17, 18 (ejicere; ausgewerfen cod. Tepl., ebenso noch Mentel; auswerfen Augsburger bibel v. 1477 u. a.); wie mac Sathanas Sathanam ûz gewerfin? Marc. 3, 23 (auswerfen cod. Tepl. u. a.; austreiben Luther); und uffe dirre ersten staffeln stot dirre selbe anevohende mensche rehte geliche eime rore daʒ der wirt hin und her gewerfen mag. buch v. d. zwei mannen, Lauchert, s. 56; ob er irigin kein stein vnde da mit er den armen man mochte gewerfin. altdeutsche predigten 1, 104 Schönbach; so er mit dem ainen fues an dem hoffʒaun stet, und als weit er mit ainer parten gewerfen mag, so verr hat er zaunholʒ mit den von Rum. register von Rum (handschr. v. 1540) österr. weisth. 2, 220; die alt fraw sprach, ir müssen an dem sontag frü, als bald man das thor uff tt, hinuzʒ für die stat gon in den hanffacker, da der baum in stot, [Bd. 6, Sp. 5632] und als weit als ir gewerffen mögen, darvon ston. Pauli schimpf u. ernst (135) Österley, s. 99. 2) gewerfen mit ansätzen zu übertragener verwendung: dîe iro ubeli aba dero manheite gewirfet, quos improbitas deiecit ab humana conditione. Boeth. 178a. sît daʒ sîn herze nie gewarf so was ir antlitze als er die rede in vorgewarf, mit minen vreuden ich da ranc, ![]() ![]()
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