Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm ![]() | ![]() ![]() ![]() | |||
verwandtnis bis verwandtschaftsthätigkeit (Bd. 25, Sp. 2128 bis 2132) | ||||
| ![]() ![]() 1) zu verwandt 1: freundschaft, gutes verhältnis: in einer gerechten, frayndlichen verwantnuss teutsch Cicero 69b; alter freundschaft und verwandtnis mansfeld. chron. (1572) 374b; denn vorzeiten war gutes vernemen und sonderlich verwandnis zwischen den Franzosen und den unsern Curäi chronica 52; so ists jedennoch auch auszer meiner anderweit verwandnisz mit meiner einmahl zu e. f. g. gesetzter affection also gethan ernsth. ged. u. erinn. 2, 202. 2) zu verwandt 2: staatliche gemeinschaft, staatsrechtliche zugehörigkeit: in alle lande unser verwendtnusz br. 5, 718; dasz die stat denen von Appenzell und iren pondtzverwandten und eidgnoszen hulden sölte und mit denselben in gemeiner verwandtnuss ston 1, 507; die stadt Bremen, so ... der alten erzstiftischen verwandnus ... unabbrüchig zu verbleiben ihr vorbehalten v. schwed. krieg 2, 670. verpflichtung: ihrer eidpflicht und verwandnus, damit sie ihme (die lehnsmannen dem herrn) zugethan sind v. georg. curiosa aucta (1715) 10b. bündnis, bund: verwandtnusz und bndtnusz kriegsbuch 1, 26a; die wahren, die aus den hansischen seesteten in andere derselben verwandnus seestedte zum marg gefuhret worden hist. rer. prussic. 3, S 2a; übertragen: die grausamkeit und sszes lachen, 3) zu verwandt 7: cognatio, verwandtnus, gesipp, gesipschaft Schöpper; nach dem hab ich mir vorgestzt, alle, so des entleibten geschlecht oder verwandnüss seint, ... umb zu bringen 4, 13 B.; soliche verwandtnüsz, vetterschaft, gesipschaft und mogschaft postill 2, 104; verwandtnisz und blutsfreundschaft hebammenbuch A 3b; das zwischen eheleuten ein neher verwandtnis sei, den zwischen eltern und kindern Adam u. Eva H 1b; Erici I. gemahlinne aber, als die näheste in der verwandnus altes Pommerland 3, 405. — geburtssive verwandtnüszlinie stammbaum 1139. 4) zu verwandt 8—9: wie zwischen gold und quecksilber ein natürliche verwandnusz ist Mathesius Sarepta [Bd. 25, Sp. 2129] (1571) 101b; so krftig, als die geheime verwandnsz die magnetnadel gegen den beliebten angelstern zeucht Arminius 2, 21a; von der verwandtnsz der menschen mit der erden anthropodemus plutonicus 1, 57; misgunst, so mit dem geitze die genauste verwandns ... fhret Pathmos, einführung 3a; vom ursprunge der franzsischen sprache und derselben verwantns mit der griechischen helikon. rosenthal (1669) 40; thier ... hat im laute und bedeutung eine verwandns mit dem griechischen θὴρ rechtschreibung (1666) 50; darumen sind auch denen Welschen zu lieb lauter teutsche kunstwörter, die am besten mit denen lateinischen eine leidentliche verwandtnusz führen, hierinnen angewendet d. neueste a. d. anmuth. gelehrsamk. 1, 827; nur ein eintziges fällt mir noch bey, welches mit dem, was ich biszher geschrieben, eine ziemliche verwandnisz hat d. vernünft. tadlerinnen 2, 253. ![]() ![]() 1) zu verwandt 1—2: früntlich verwandtschaft ... zwüschen dir und mir ... entsprungen ist spiegel d. waren rhetoric q 1a; dieweil ein vil andere v., lieb und pfleg zwischen ehleuten bestehet als zwischen der herschaft und eim knecht 3, 189 H.; derjenigen vinculo und v., welches mit dem königreich Böhmen die incorporirten länder ... hetten, im geringsten zu praejudiciren v. schwed. krieg 2, 226; standhaft und treu, treu und standhaft, 2) zu verwandt 7. a) cognatio XI ling. 262a; parentela, consanguinitas, affinitas 1024b; propinquitas, sanguinis conjunctio, necessitudo, v., blutsfreundschaft 1174a; gesippschaft, v. 938a; der könig sol kein v., sondern allein die billickeit ansehen Friedrich Wilhelm sprichwörterregister fa nr. 290; die beiden herren verständigten sich schnell über den grad ihrer v. 5, 74; nahe (d. neueste a. d. anmuth. gelehrsamk. 4, 530; gesch. d. Deutschen 3, 75), ferne ( 12, 121 Gr.) v.; die fesseln ( w. 9, 89), bande ( w. 3, 227) der v.; v. durch heirat, verschwägerung: iedermann verlangte seine gunst und verwandtschaft 4, 748 Keller; zwei edle häuser in Mirandola, b) die gesamtheit der verwandten personen: all sipschaften, verwandschaften, vetterschaften Garg. 94 ndr.; Adolph hatte ohnehin eine mächtige gesch. d. Deutschen 4, 255; ob er etwa zur v. gehörte III 2, 147 W.; die nähere v. war in der geräumten groszen wohnstube versammelt ges. w. 1, 254. c) viele zusammensetzungen: verwandtschaftsähnlichkeit 49, 238 W. — -band: desjenigen ..., den das engste v. an uns knüpfen sollte theater d. Deutschen 18, 471; völkerkunde 2, 182. — -baum, stammbaum allg. deutsche bibl. 25, 204. — -begriff kl. schr. 3, 30; eine cousine meiner groszmutter, also nach schlesischen v-en eine tante meiner armen [Bd. 25, Sp. 2130] mutter erz. schr. 22, 40. — -bezeichnung: fünf v-en, nämlich die masculina fater und bruoder, die feminina muoter, tohter und swester Braune althd. grammatik3 202. — -beziehung ges. w. 4, 236; völkerkunde 415. — -folge s. ausgew. schr. 31, 209. — -glied: bis in das vierte v. ist keine ehe gültig erdkunde 4, 644. — -gliederung völkerkunde 2, 66. — -grad: immer nöthiger wird es daher, dasz schon jetzt die konsistorien von allen verbotenen v-en auf einmal dispensirten 30, 23 H.; päpstliche gesandte ordneten hier alles nach römischer weise, über priesterehe, v-e, besetzung geistlicher stellen usw. gesch. d. Hohenstaufen 3, 254; der nähere oder entferntere v. erzähl. schr. 23, 92; in den bürgerlichen kreisen hält man es für höchst kleinständtisch und altmodisch, entferntere v-e noch zur familie zu ziehen naturgesch. d. volkes 3, 142; unsere bezeichnungen für v-e Kluge etymol. wb.6 XIII. — -himmel: die ganze honoratiorenwelt meiner vaterstadt war eigentlich ein einziger, groszer v. denkwürdigkeiten 38; schr. 18, 169; Blücher 1, 47. — -liebe Brandenburg bei poesie d. Niedersachsen 5, 232. — -name: ich nehme von der familie (meiner frau) keine v-n an Sophiens reise 2, 198; W. Deecke die deutschen v-n (Weimar 1870); die indogermanischen v-n etym. d. neuhd. sprache 166. — -neigung 3, 359. — -pflicht mediz. maulaffe 26. — -stufe: vermählungen bis zur siebenten v. s. ausgew. schr. 29, 106. — -system III 5, 164; s. w. 2, 213; völkerkunde 2, 65; 273. — -titulatur: man ist stolz auf eine recht grosze sippe und beobachtet sorgfältig die v-en naturgesch. d. volkes 3, 142. — -verbot: so galten z. b. für die sklavenehe auch die v-e geist d. röm. rechts 2, 1, 175. — -verhältnis: da ... die ableitung -ung, -ing ein v. ausdrückt heldensage (1867) 16; wie wenn die bedürftigen zu beiden ehegatten in dem v. ständen, auf dem die unterhaltspflicht des verpflichteten ehegatten beruht bgb. § 1604. 3) zu verwandt 8—9. a) gemeinsame abstammung, zugehörigkeit zu einer familie im ethnologischen und naturwissenschaftlichen sinn: die v. der groszen menschenfamilie untereinander IV 25, 157 W.; der entscheidenste beweis von der v. beider völker liegt in der ähnlichkeit ihrer sprachen s. schr. 1, 378; indem er (Niebuhr) aus ächt nordischer v. dem dichter der Luise ... diese übergrosze ehre anthut gesch. d. d. dichtung (1853) 5, 65; dasz die deutsche sprache eine grosze v. mit der griechischen haben müsse d. neueste a. d. anmuth. gelehrs. 1, 188; solcher sprachen und mundarten ..., deren v. anderweitig historisch erwiesen ist ges. schr. 4, 11 ak. ausg.; die gleichheit ... der wörter, die im bloszen laut bestehet, machet keine v. unter sie unterricht 1, 94; die delphine haben auch undereinander selbst ein v. Plinius 9, 106; (die blumen) waren nach jeder geschlecht und art im bette geordnet, [Bd. 25, Sp. 2131] v-e in sprachen gemeinschaftlicher abkunft ges. schr. 4, 422 ak. ausg. — -verhältnisse: zur frage nach den v-n der indogermanischen sprachen kl. schr. 1, 238; die ethnographischen v. der bewohner jener vorgeschichtlichen niederlassungen waldbäume u. kulturpflanzen 113. b) v. mit überirdischem: gleichwie sie in der güte und vollmacht, gutes zu thun, mit der göttlichen majestät in v. stehen ostländ. lorbeerhäyn 7a; der mensch ist göttlichen herkommens, göttlichen geschlechts! aller dieser v., wie unwürdig sind wir ihr lebensläufe in aufst. linie 3, 1, 208; der adelsbrief einer schönen seele, der geburtsschein ihrer v. mit den engeln pros. vers. 5, 120. c) ähnlichkeit, übereinstimmung in eigenschaften und wesensart; von äuszerer beschaffenheit: das stahel und eisen ... eine grosze v. mit einander haben Sarepta (1571) 79b; dasz diese kranckheit so nahende v. mit erst gedachter cephalaea hat, dasz Galenus und andere gemeiniglich beide miteinander beschreiben und fast einerley artzney darzu brauchen artzneybuch 32a; je näher ein ding v. hat mit den lügen, je mehr anhenger und beistimmer es unter dem gemeinen haufen findet Reinicke fuchs (1650) 77; wie nehmlich die klappern mit der menschen rede eine sonderliche v. haben mögen, und wie eines mit dem andern könne verglichen werden rockenphilosophia 1, 23; dabei roch das buch nach jenem seltsamen parfüm, der mit eau de Cologne nicht die mindeste v. hat 3, 340 E.; es besteht eine seltsame äuszerliche v. zwischen deinem büchsenspanner und herrn von erz. schr. 2, 260. von sprachlauten und tönen: das b hat eine nahe v. mit dem p hd. rechtschreibung 36; je besser ein intervall mit dem andern klinget, je gröszer ist auch ihre v. kl. generalbaszschule 132; eine jede tonart hat fünf andere tonarten, mit denen sie in genauer v. steht crit. musicus 472. von geistiger v.: die enge v. unserer temperamente und ideen discourse d. mahlern 1, 2; freunde von so inniger v. sind eigentlich niemals entfernt IV 36, 40 W.; das ist die v. zwischen deinem herzen und meinem dies buch gehört dem könig 2, 498; auch rechne ich mir die v. mit Kleist nur zur ehre, die zweite aber (mit Grabbe) musz ich ablehnen br. 5, 220 W.; zwischen beiden (Donattello und Michelangelo) fand eine auffallende geistige v. statt Michelangelo 1, 39; v. aller künste poeterei 12 ndr.; v. der mahlerkunst mit der dichtkunst crit. dichtkunst 1, 4. d) oft liegt die v. mehr in causalzusammenhang, wechselwirkung, gegenseitiger beeinflussung (vgl. verwandt 6): von dieser v. des leibes mit dem gemüthe ged. v. d. menschen thun u. lassen 133; (die) pole der magnetnadel, die, so sehr sie auch einander entgegengesetzt sind, doch eine grosze v. miteinander haben br. 2, 256 L.; als wenn sie (die strahlenkronen der blüte) ihre v. mit dem himmlischen gestirn recht zur schau tragen wollten IV 33, 126 W.; wahrscheinlich steht sie (die brustdrüse) aber mit der athemthätigkeit ... in einer gewissen v. vom baue des menschl. körpers 5, 304. e) von hier aus erklärt sich v. als chemischer fachausdruck: die v. des zusammenhanges oder der zusammenhäufung affinitas aggregationis, die v. der verbindung attractio, affinitas compositionis, die v. der zerlegung oder die wahlverwandtschaft attractio electiva sprachl. bereicherungen f. d. d. chemie (1793) 64; hwb. f. d. geschäftsführung 2, 539; Karmarsch-Heeren techn. wb.3 10, 124; technol. wb. 1, 813; 'ganz dem gewöhnlichen sprachgebrauch und der bedeutung des wortes entgegen, hat man die chemische kraft v., affinität genannt' chem. briefe 35. — verwandtschaftsäuszerung: die fähigkeit eines körpers, sich mit einem anderen zu verbinden, d. h. ihre v. ist abhängig ... von der temperatur hd. d. chemie 1, 46; wb. d. artillerie 1, 194. — -einheit: in den oxydverbindungen werden von den 8 v-en zweier [Bd. 25, Sp. 2132] atome zwei gegenseitig gebunden gedacht Karmarsch-Heeren techn. wb.3 2, 756; chemie 1, 737; 2012 St.-K.; — -erfolg: werden mehrere körper mit einander in verbindung gebracht, so sind die v-e ... von den gewichten der einwirkenden körper ... abhängig chemie f. landwirthe 1, 45; — -gesetz: den widerspruch gegen unsre bisherigen v-e allg. deutsche bibl. 103, 156. — -grad: anstatt dasz sonst der kalkerde der stärkste v. zugestanden worden war allg. d. bibl. 38, 494; der v. der körper 3, 442; — -gründe: auch kobalt und nickel lassen sich schwieriger vom kupfer trennen, weil ihre v. zum sauerstoff recht sehr verschieden sind chemie 4, 1763 St.-K.; — -intensität chemie f. landwirthe 1, 42. — -kraft: dasz die zusammengesetzten atome durch nebeneinanderlegung der einfachen infolge der zwischen ihnen thätigen v. entstehen chem. briefe 60; allg. wb. d. artillerie 1, 193; technol. wb. 1, 630; baulex. 1, 48; — -lehre allg. deutsche bibl. 38, 494; hd. d. chemie 98. — -mittel: eine anneigende verbindungsverwandtschaft entstehet, wenn zwei substanzen sich nicht unmittelbar mit einander vereinigen lassen, dies aber vermittelst eines dritten geschiehet, der zu beiden verwandtschaft besitzt und das anneigende v. genennt wird allg. wb. d. artillerie 1, 194; technol. wb. 1, 630. — -reihe: die erkenntnis der angeführten chemischen v-n 3, 444. — -stärke chemie f. landwirthe 1, 46. — -tabelle allg. d. bibl. 11, 2, 26; 73, 177; 90, 460; — -tafel 79, 464; technol. wb. 1, 630; — -thätigkeit: überhaupt verkündigt die entstehung von feuer, dasz eine grosze v. unter den ... körpern stattfindet chemie f. landwirthe 1, 184.
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