Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm ![]() | ![]() ![]() ![]() | |||
tyrannigkeit bis tyraszhund (Bd. 22, Sp. 1986 bis 1996) | ||||
| ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() 'gewaltherrscherin, despotin'. 1) im eig. sinne (zu tyrann B 1); bei Luther mit dem beisinn des illegitimen, 'usurpatorin' (auf 2. kön. 11, 1 f. bezogen): zur zeit der königin Attalia, sechs gantzer jar, kein son David auff seinem stuel sas, sondern sie selbs Attalia die tyrannin, denn sie hatte allen menlichen samen im hause David erwürget 53, 474 W.; die unschuldige kaiserin eine tyrannin heissen Octavia (1677) 1, 271; die tyranninn (Elisabeth) [Bd. 22, Sp. 1987] müsse sterben; ihr name sey allgemein verhaszt; ihr tod sey eine wohlthat für das vaterland 10, 39 L.-M.; tyrannische werkzeuge der tyrannin (Turandot), 2) schon früh auch sonst für jede despotisch auftretende gebraucht, vgl. die entsprechenden bedeutungsgruppen von tyrann B 2. a) als abschätzige bezeichnung der ehefrau, (stief)— mutter u. a., die einem hauswesen despotisch vorstehen (vgl. haustyrannin s. w. I 5, 2 Klemm; s. schr. [1868] 7, 163): diese ist rechtschaffen seine fraw vnnd tyrannin weiberspiegel (1565) m 2b; öffentlich ehrt, liebkoszt sie ihn, ins geheime macht sie seine fürchterliche tirannin 15, 1, 202 G.; die tyrannin des vaters (zweite frau) erz. schr. 35 (1866) 57; diese person (Cölestines tante) scheint die tyrannin des ganzen hauses zu sein, ist gegen Cölestinen hart, gegen die gnädige frau schwägerin höhnisch, gegen die dienerschaft hochfahrend ebda 16 (1862) 70; (aus lauter rücksicht auf den gatten) ist sie an den kindern schier zur tyrannin geworden Etzel Andergast (1931) 280. gelegentlich in scherzhafter anwendung: und nun stelle dich daher, liebliche tyrannin meines zerschlagenen gemüths (für die ehefrau), zu den zwey glücklichen (neuverlobten) theatral. w. (1827) 4, 321. b) für die kaltherzige geliebte: brich, o herz fromm, er (d. liebende schäfer) schleppt den matten leib vor der tyranninn haus so lebt nur, marmorbusige tyrannin! Shakespeare (1797) 2, 296. c) für eine gegen ihre umgebung despotisch auftretende, sie in launischer willkür tyrannisierende: verkrüppelt, häszlich, eigensinnig, wurde sie (Mathilde v. Buchau) zur tyrannin der ihrigen so wie aller umgebungen erz. schr. 6 (1861) 75; kann ich mit diesem (zartfühlenden) herzen die freundin einer tyrannin sein, der die höhere weiblichkeit ein fremdling ist? ges. schr. (1891) 2, 410; von einem kinde (vgl. DWB tyrann B 2 e): so erfülle ich dem kind jeden wunsch ... alles kriecht vor der kleinen tyrannin ges. schr. (1893) 4, 283. 3) metaphorisch. a) bildlich (vgl. DWB tyrann B 4 b): verbände mich (den Leipziger korrespondenten) nicht eine unverbrüchliche zusage, dir (Franz Moor) auch nicht das geringste zu verhelen, was ich von den schicksalen deines bruders (Karl) auffangen kann, liebster freund, nimmermehr würde meine unschuldige feder an dir zur tyranninn geworden seyn 2, 16 G. b) übertragen. α) von geistigen wesenheiten (vgl. DWB tyrann B 4 c α): die tyrannin der gewaltigen (das glück) [Bd. 22, Sp. 1988] der launenhaften tyrannin, mode genannt, nicht ganz zu entziehen vermöge kl. schr. 3 (1838) 50; ein mensch, den diese launische und unbeständige tyrannin (d. mode) beherrscht schr. f. u. an s. lb. Dt. (1845) 2, 164. β) von menschlichen leidenschaften, affekten und schwächen (vgl. DWB tyrann B 4 c β): sie (d. liebe) musz denn eine tyrannin der herzen ... heissen w. I 3, 7 akad.; besonders von der gewohnheit: die gewohnheit, die tyranninn der groszen s. philos. rom. (o. j.) 5, 233; die gewohnheit ist zudem meine tyrannin, was einmal mein ist, müszte sehr schlecht sein, wenn ich es ganz und für immer missen möchte (5. 12. 1834) br. 1, 134 Schulte-K.; alte diener sind kleine tyrannen, an welche die grosze tyrannin gewohnheit uns knüpft ges. schr. (1893) 1, 23. ![]() ![]() 1) 'despotisch' im eigentlichen sinne, zu tyrann B 1 gebildet. a) 'willkürlich, gewalttätig (als tyrann) herrschend'; attribut despotischer regenten: wie der tyrannisch küng Tarquinius superbus von Rhom vertriben schweiz. schausp. d. 16. jhs. 1, 105 Bächtold; tyrannischer oberkeit vntrew, vngerechtigkeit vnd schalckhafftigkeit (16. jh., Frankfurt a. M.) notariatbuch 18b; wie die sieben brder ... von Antiocho, dem tyrannischen knig, gemartert worden güld. tugendbuch (1649) 87; du (bürgermeister) schtzest ihrer (d. stadt Danzig) freyheit rechte, [Bd. 22, Sp. 1989] b) wesen, machtmittel und wirken despotischer herrscher charakterisierendes beiwort: weyl sie (die tyrannen) seinem heiligen wort durch list ... ausz zu tilgen bas c) die handlungsweise eines despotischen herrschers charakterisierend (adv.): gewis ist, das yhr (fürsten) tyrannisch vnd wüetiglich regirt, das eüangelion verbietet vnd den armen man so schindet vnd drucket 18, 329 W.; wie viel feiner leut hat wol der keyser verloren in kriegen sein leben lang, darumb man jme doch nichts gethan hat, vnd wo er sie hett tyrannisch vmbbracht, were freylich nichts grewlichers gehrt kriegsbuch (1578) 1, k 3a; tirannisch wühlt Dom Philipp in dem herzen wan wo gi de armen under ju schattet unde plaget 2) im weiteren sinne (zu tyrann B 2-4). a) 'tyrannenartig' als attribut zu persönlichen oder persönlich gedachten gewaltträgern, die einem tyrannen wesensverwandt sind, als tyrann in engerem oder weiterem kreise wirken. α) von personen: also ging es auch dem künig Roboam mit seinen tyrannischen rhten w. 2, 433 Bolte; sklaven von zweien tirannischen pfaffen w. 8 Strausz; als attribut von autoritäten im engeren lebenskreis des einzelnen, so von einem unnachsichtig-strengen vater: daraus (aus Christi worten Matth. 5, 39) will folgen, das eyn kind slle und msse solchem unrecht gehorchen und (zur ehe) nemen, wo zu yhn solch tyrannischer und unveterlicher vater zwingt 15, 165 W.; wie solches der tyrannische vater vernommen, befahl er alsobald dem Sabartibam, einen holtzstoss zubereiten zu lassen, auff welchem die trbselige Fylane ihre unschuld [Bd. 22, Sp. 1990] auch in der glut bewhren solte asiat. Banise (1689) 631; der präceptor war ... zwar gegen mich nicht heftig, aber ... gegen seine 3 knaben, ... so strenge und tirannisch, dasz er sie bei den kleinsten vergehen barbarisch schlug bilderbuch (1849) 196; vom ehemann: (Nerine:) sie schinden ihre weiber um einen augenwink; (Liebreich:) alle werden nicht so tyrannisch sein s. lustsp. (1765) 1, 101; madame Heidermann, das ärgste fürchtend von dem zorne des tyrannischen gatten ges. schr. (1891) 2, 444; von einer kaltherzigen geliebten: ach bist du vielleicht in dieser gegend, anbetens-wrdige, aber zugleich tyrannisch Mimarda ...? Diogenes 1 (1742) 87. im sinne von 'grausam, roh, gewalttätig' schlechthin (zu tyrann B 3): darnach die armen frawen wann wir tyrannischer barbaren wie im voraufgehenden auch sonst in verschiedenen mitunter selbständigen sinnesfärbungen, so als 'herrisch, rücksichtslos': verlanget aber nicht, was mich tyrannisch macht dt. schaubühne (1740) 4, 260 Gottsched; 'überheblich, anmaszend': dann die leüth also stoltz, tyrannisch unnd übermtig worden, das inen armer kurtzweiliger leüt abentheür nit gefallen will schwankbücher 34 lit. ver.; die kashefs sind geizig, habsüchtig, tyrannisch, hochmüthig, hartherzig erdkunde (1822) 1, 1, 658; es (das gedicht, das Schücking senden sollte) braucht nicht an mich gerichtet zu sein, so tyrannisch bin ich nicht —, aber ich möchte wissen, in welche farben mein bild sich in ihrem (anrede) dichterherzen kleidet (17. 10. 1842) L. v. Gall in br. 17 Muschler; 'unnachsichtig, streng': alles in der natur ist glücklich, nur der mensch nicht; das, was wir vernunft nennen, steht ihm immer als ein tyrannischer zuchtmeister zur seite s. w. 4, 108 Schüddekopf; ich war ernster und freier geworden in der schule des schicksals und der weisen, aber streng ohne masz, in vollem sinne tyrannisch gegen die natur ges. dichtg. 2, 11 Litzmann; 'herrschsüchtig': der im herzen tyrannische (kann nicht) rechtlich empfindend ... werden Nic. Hartmann ethik (21935) 244.β) auf tiere nur vereinzelt bezogen; etwa gleichbedeutend mit 'furchterregend, wild': tyrannische ros pan- u. bergtaidingsbücher i. Österr. unter d. Enns 7, 50 Kaltenbäck. γ) neben sachbegriffen, die jedoch mehr oder minder als personifiziert empfunden werden; in verschiedener, durch den jeweiligen zusammenhang bedingter sinnesfärbung: weh der scheuslichen, vnfletigen, tyrannischen stad (Jerusalem) Zeph. 3, 1; Carolus wäre fur sich fromm; aber Hispania wäre tyrannisch tischr. 4, 152 W.; so geschah es, dasz ich die mädchen, welche ich gern sah, entweder fortwährend oben hielt in der region des ruhmes und der tugend, oder aber sie stets niederdrückte in die dunkle sphäre der sünde und der vergessenheit, in beiden fällen immer zunächst meinem tyrannischen herzen ges. w. (1889) 1, 93. δ) von geistigen wesenheiten; von überpersönlichen, vor allem moralisch-religiösen bindungen: wie oft habe ich [Bd. 22, Sp. 1991] ber die tyrannische mode geseufzt nord. aufseher (1758) 1, 131; wahre religion ist nicht unduldsam und tyrannisch s. schr. (1843) 7, 168; aber freilich schlieszt doch das tyrannische gesetz des tabu sie (die frauen) ... von allem aus, was ihnen als höchstes gut des lebens erscheinen musz völkerkde (1885) 2, 185; gebote und typen der moral (sind) exklusiv und tyrannisch Nic. Hartmann ethik (21935) 38. von menschlichen trieben, affekten, empfindungen u. dgl.: da befreundet die tyrannische angewhnung den mann mit grundstzen verm. schr. (1770) 2, 45; diese tyrannische erinnerung an die leichenöffnung wirkte fürchterlich auf die kranke Liane w. 15/18, 128 Hempel; meine liebe ist eben so empfindlich und viel tyrannischer wie die ihrige (Elise Rüdigers) (1842) br. 2, 114 Schulte-K.; der psychologisch-naturhafte charakter der affekte ist tyrannisch; ein jeder hat die tendenz die anderen zu verdrängen, sich auf ihre kosten breit zu machen Nic. Hartmann ethik (21935) 397; gleich anderen lastern ist es (das reisen) tyrannisch, verlangt es seines sklaven zeit, geld und energie und die opferung seiner bequemlichkeit Berliner zeitungen v. 1951; vereinzelt auch vom wirken einer krankheit: eine ... tyrannische ... unbäszlichkeit (!) Yoricks empfinds. reise (1768) 2, 20. b) wesenszüge, mittel und handlungen charakterisierend, die denen eines despoten vergleichbar sind; auch hier treten verschiedene bedeutungsschattierungen selbständiger art auf. α) 'grausam': erledigt von den tyrannischen ... hnden der ... bauren feldbau (1579) 36; als ob diese reuter in ihrer tyrannischen grausamkeit gantz unsinnig worden wren Simpl. 38 Kögel; aber bald zeigte sich (beim vater des kater Murr) ein hartes tyrannisches gemüt, ... kaum warst du (Murr) geboren, als dein vater den unseligen appetit bekam, dich ... zu verspeisen s. w. 10, 45 Grisebach. β) 'streng, unnachsichtig': sonsten war er (Wallenstein) eines sehr hochtrabenden geistes ... eines beraus strengen, vnd schier tyrannischen commendo schwed. krieg 2 (1653) 330; wir genieszen der herzen, ohne uns an den tyrannischen zwang der stdtischen rangordnung zu binden s. w. (1842) 2, 88. γ) 'rücksichtslos-eigenwillig': ich ward von jener bösen sucht befallen, die uns verleitet, aus der quälerei der geliebten eine unterhaltung zu schaffen und die ergebenheit eines mädchens mit willkürlichen und tyrannischen grillen zu beherrschen I 27, 111 W.; sie (Adelheid v. Mühler) lebte hier ganz auf, und ihre tyrannische vergnügungssucht griff störend in meine gewohnheiten ein (17. 7. 1865) br. a. s. braut 564 Bism.; (wir haben da bei Göthe, sagte Riemer) eine wachsende neigung zur einsamkeit, zur verknöcherung, tyrannischen intoleranz, pedanterei, sonderbarkeit, magischen maniriertheit, ... das ist nicht das alter allein Lotte i. Weimar (1946) 106. δ) 'unbillig, willkürlich': es ligt mehr ann deyner seelen selickeit, den an den tyrannischen, eygengeweltigen, frevelichen gesetzen 6, 442 W.; woselbst der falsche ruhm ... ε) 'selbstherrlich, hoffärtig': manchmal wider ... der geistlichen ... grossen gewalt, tyrannisch pracht ... gefochten ist dt. schr. 1, 131 Sch.; das geistliche wesen, tyrannisch, beschränkt und sittenlos, wie es damals (um 1500) in Italien war, sank in tiefste verachtung ges. w. (1886) 19, 7. [Bd. 22, Sp. 1992] ζ) 'herrschsüchtig': man wollte sich anfnglich ... blos wieder die ... herschsucht der tyrannischen gemther wafnen nationalstolz (1758) 190; tyrannische naturen sind mir auch recht; aber mich ärgert der kleine streit und, was ich aber Müller (Karl Otfried) nicht schuldgebe, die kleinliche intrigue an Jac. Grimm in: briefw. 2, 652 Leitzmann; ich meinerseits finde, die dame sei eine höchst tyrannische natur Bernadette (1948) 296. η) 'unwiderstehlich, unbarmherzig': und was anders als die tyrannische gewalt der liebe zwingt den greisen, zu den füssen eines buhlerischen mädchens ein geheucheltes lächeln zu erbetteln ...? w. I 3, 6 akad.; nun läszt sich begreiffen, warum die thierische empfindungen mit unwiderstehlicher und gleichsam tyrannischer macht die seele zu leidenschaften und handlungen fortreiszen 1, 147 G. θ) 'barbarisch': die tyrannische sprach der Africaner, die viehische sprach der Indianer himml. Jerusalem (1630) 2, 271. ι) 'hart, fronend': nach all dieser auszgestanden tyrannischen dienstbarkeit liessen die weiber sie (ehemänner) solches wenig geniessen gesichte (1650) 1, 366; die arbeit (auf der festung) war hart und tirannisch 4, 67 G. c) adverbiell. eine handlungsweise charakterisierend, die der eines despoten gleicht, mit den selbständigen bedeutungsfärbungen wie oben. α) 'in herrischer weise': wirklich tyrannisch beherrscht er (Bauer) die frauensleute im haus, von der alten an, dass ich's oft nicht ertragen kann (5. 5. 1814) an Jacob in: briefw. (1881) 317 Grimm-Hinrichs; aber er besasz eine gewalt, jünglinge an sich zu ziehen, fest zu halten und dann tyrannisch zu beherrschen was ich erlebte (1840) 2, 270. in genitivischer fügung mit weise (vgl. unter 1 c): sondern der gewalt halben (sollte der papst der oberste sein), das er die bischowe mochte, als jr herr, gewaltiglich und weltlicher, ja tyrannischer weise unter sich zwingen (1545) 54, 231 W. β) 'hart, überaus streng, unnachsichtig, rücksichtslos': man sol wol die kinder straffen, aber doch veterlich, oder mtterlich, nicht tyrannisch weiberspiegel (1565) e 1b; allein wie hart und tyrannisch gehen sie oft mit ihren grszern kindern um! pred. fürs landvolk (1776) 3, 78. ungeschliffen γ) 'unbarmherzig, grausam, roh': (ein totschlag gilt als mord,) wann ainer oder mer ainen so tyrannisch zerhagken und sich an ainem tödlichen schaden nit benüegen ... lassen (1565) österr. weist. 1, 225; dann sie (Hugenotten in Frankreich) vber die zwaintzig prediger auffs tyrannist getdt eins vnd hundert 2 (1570) g 5a; habens auch so weit gebracht, dasz sie dieselben (untreue freunde) ... ohne einigen unterscheid und gnugsame erkündigung vom leben zum todt brchten, darinn sie tyrannischer dann die Scythen verfahren seyn Lüneburger bibel (1679) 3. Macc. 7, 5; dasz sie sich um Christi ehr und lehr willen die zähn tyrannisch ausreiszen zu lassen nicht geachtet w. 1, 77 Strigl; von steten geisselhieben δ) 'willkürlich, wider recht und vernunft': ich hör eigenlich, dasz der bann tyrannisch brucht wirt dt. schr. 1, 339 Sch.; auss diesen angezogenen rechtsgrnden ist zu ersehen, wie wieder rechtlich, freuentlich vnd tyrannisch die jenigen richter handeln, welche offtermals vnschuldige frawen ... in thrn ... hinab werffen von zäuberern (1592) 259; da dieses [Bd. 22, Sp. 1993] nun in eines jeden freyheit stehet: so handelt derjenige unvernnftig und tyrannisch, der sich die macht zueignet, einen scribenten ... zur verantwortung zu ziehen satyr. u. ernsth. schr. (1739) 500; der mensch würde seine seele noch mehr miszbrauchen, sie noch willkührlicher, tyrannischer behandeln, als er es jetzt thut w. (1809) 12, 27; (amtshauptmann:) ... wer aber das recht nicht hren will, handelt tyrannisch theatral. w. (1827) 6, 81. ε) 'selbstherrlich, vermessen, hoffärtig': narren reden tyrannisch, aber die weisen bewaren jren mund prov. 14, 3; die narrn tyrannisch reden thund d) als steigerungspartikel vor adj. (vgl. höllisch teil 4, 2, sp. 1758 [4] und verteufelt teil 12, 1, sp. 1873): seht nicht auf die gesetztafel, die oft so tyrannisch hoch hängt, dasz das auge sie nicht erreichen kann üb. d. ehe (1792) 6. in fester komposition: die bedienten erfuhren eine ... oft tyrannischharte behandlung weltgesch. (1801) 9, 632. ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() 1) 'despotisch (als tyrann) herrschen'; in verschiedener anwendung (s. auch dt. wortgesch. 2 [1943] 20 Maurer-Stroh). a) 'despotisch regieren, willkürlich u. gewalttätig herrschen': [Bd. 22, Sp. 1994] wo ein thirann gleich ungeirt Cambises ... ein gottloser, wo der regiert, b) '(als eroberer) grausam wüten, verwüsten': und wie jtzt die Türcken grausamlich tyrannisiret haben 28, 687 W.; welche jhm ins land gefallen, und darinnen dermassen tyrannisireten, das sichs ansehen liesz, sie wrden den knig daraus vertreiben krieges spiegel (1597) b 1a; dero herrschafft ... ist ... gerst, dem an der Donau tyrannisirenden erb-feind ... feuer zu kosten zu geben verm. Donaustrand (1684) vorr. 3; vereinzelt auch auf tiere bezogen: wann sie der göttliche weingart c) 'despotisch walten', vom willkürlichen, gewalttätigen treiben des adels, der offiziere u. a. machthaber des gesellschaftlichen lebens: ist er (L. Opimius) der fürnemst under den edlen gewesen, so wider den gemeinen mann tyrannisiert hat Sallust (1565) 73a; wie ... hauptmnner tyrannisierten vnd die leüt vber türckische tyranney plagten eins vnd hundert (1567) 4, 140b; zu welchen schlimmen bossen schnell d) metaphorisch, insbesondere vom walten des teufels, todes und glückes: so wirdt ein zeit sein werden, da er (der tod) nit mehr uber uns zu gebieten, zu herrschen und zu tyrannisirn haben wirdt mancherlei form zu predigen (1557) 112a; drumb musz man mit den Jesuwidern den Endechrist nicht in Vtopia vnd Schlauraffenland suchen, noch sich träumen lassen, er sey noch nicht an den tag kommen, sondern wissen, dasz er schon lang tyrannisiret vnd viel verführet habe erläuterung d. proph. Daniel (1645) 2, 47; überall tyrannisirt das glück Montaigne (1798) 4, 592; gelegentlich auch sonst: der fast allgemeine schlechte geschmack in gärten, der wie jede andre mode tyrannisirt, thürmt vor seinen (des gartenkünstlers) entwürfen neue hindernisse auf anm. üb. d. landhäuser u. d. gartenkunst (1773) 127; man verachtet jeden menschen, wenn er im [Bd. 22, Sp. 1995] affekt ist ... weil die menschheit herabgesetzt ist, und die thierheit auf dem throne sitzt und tyrannisirt lebensl. (1778) 1, 262. e) gelegentlich auch auf eine einzige willkürhandlung bezogen (vgl. tyrannei C), 'tyrannisch handeln': wan ich (der zur hölle verdammte fürst) schluge und tyrannisirte, wurde es eine tapfferkeit geheissen gesichte (1650) 1, 618; tyrannisieren crudeliter agere clavis ling. lat. (1716) 293a. 2) 'despotisch beherrschen bzw. behandeln'. a) 'gewalttätig beherrschen, despotisch unterdrücken': das sie (d. obrigkeit) mit tugentreycher hand b) 'grausam unterjochen, knechten': götter haben sey nur ein vorrecht der bessern Aegyptier: und das, um es (das volk Israel) mit so viel grösserm anscheine von billigkeit tyrannisieren zu dürfen 13, 417 L.-M.; die nazis bemächtigten sich des zeichens (V), deuteten es in 'Victoria' um und zwangen schamlos die schlimmer als Holland tyrannisierte Tschechoslowakei ... überall das prahlerische ... siegeszeichen vor augen zu haben l. t. i. (1949) 227. c) 'despotisch behandeln, schikanieren, quälen'; allgemein vom verhalten des mächtigeren gegenüber untergebenen, schutzbefohlenen oder schwächeren; in präpositionaler konstruktion bereits bei H. Sachs: dargegen sol ein biderman tyrannisiret nicht, ihr mütter, [Bd. 22, Sp. 1996] abgeschwächten sinne von 'belästigen, behelligen, plagen': niemand will mich mehr tyrannisiren, und ungehindert werden des leibes bedürfnisse befriedigt (1824) briefw. u. tageb. 6 (1874) 214. d) metaphorisch in verschiedener an 2 a-c anschlieszender anwendung; 'unterjochen, unterdrücken', vom beherrschenden zwang menschlicher leidenschaft: freylich sind sie sklaven ... ihrer eignen begierlichkeit, von deren sie dann grausamlich tyrannisirt werden ostländ. lorbeerhayn (1657) 35; da (wo leidenschaft herrscht) wird dann ... der natrliche trieb zur menschenliebe schrecklich tyrannisirt s. schr. (1835) 5, 285; geistiger wesenheiten: bei frauenzimmern ist dies wohl weniger treffend, weil sie gar zu sehr von der mode tyrannisiert werden rom. m. lebens (1781) 2, 26; tyrannisirt etwa die konvenienz die natur darum weniger 2, 342 G.; denn von dem gesetz ... was diese (die gesellschaft) tyrannisirte, hatte er sich losgemacht ruhe (1852) 1, 69; auch im sinne von 'quälen, plagen', so von krankheit und schmerz: der schnupfen tyrannisirt mich schon seit 8 tagen (26. 3. 1789) br. 2, 263 Jonas; mein eigenes ungemach war vergessen über dem schmerz, von dem ich dieses wesen (ein junges mädchen) tyrannisiert sah ges. schr. (1891) 2, 431. ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]()
|
| ||
Digitale Publikationsumgebung / Wörterbuchnetz © 2008 by Trier Center for Digital Humanities, Universität Trier Home | Impressum | Kontakt | ![]() |