Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm ![]() | ![]() ![]() ![]() | |||
tumig bis tummelbecher (Bd. 22, Sp. 1717 bis 1721) | ||||
| ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() postverbale zu 2tummeln (s. d.); vgl. ferner gedümmel teil 4, 1, sp. 2051; getümmel ebda 4, 1, 3, sp. 4570; getümmer ebda 4588 sowie tümmer unten sp. 1750 zu präfixlosen neutralen kurzformen von getümmel s. teil 4, 1, 3, 4575, 3 a. im vergleich mit dem verb überwiegen die umgelauteten formen, wohl unter einwirkung der kollektivbildung getümmel: (1483/89) dok. z. gesch. d. bürgermeisters Hans Waldmann 2, 447; schiff d. penitentz (1514) 83c; Petri bibelglossar (Basel 1523) sowie die von ihm abhängigen glossare von (Straszburg), (Augsburg) und (Hagenau), vgl. d. obdt. bibelglossare d. 16. jhs. 9; 135; (1529) Sabbata 311; trunkenmette A 3a; (um 1550) frölich heimfart v. 449 Strauch; (1535) Acolastus in: schweiz. schausp. d. 16. jhs. 1, 259 v. 2065 Bächt.; Scanderbeg (1561) 165b; Endinger judenspiel (1616) 685; naturae magnalia (1620) 171. — umlautlose formen: (anf. 12. jh.) Rolandslied 6058; (12. jh.) spec. eccl. 80 Kelle (tumil); (1523) 1, 324 Schuler-Sch.; (1534) reisen 33 lit. ver.; (1644) schwed. krieg 123 [Bd. 22, Sp. 1718] Weech; wunderhorn, s. s. w. 14 (1846) 80; w. (1889) 9, 125; nd. nur bei chron. v. Pommern 43 Böhmer (um 1540); ged. (1803) 6, 43; lexikalisch 4, 909; mundartlich allg. dt. idiot. (1788) 559; schwäb. 147; schwäb. 2, 451; Allgäu 2, 742; Pennsylvania-wb. 46; obersächs. 1, 261; nordfries. 646. — umlautlose neben umgelauteten formen schwankbücher 11 (u); 51 (ü); cimbrisch 179; neben umgelauteten und entrundeten formen 1, 190 (u); 4, 178; 320 (ü); 4, 59; 61 (i). — entrundung (1564) briefe 167 Herberger; pfälz. 33. — eingeschobenes b bairisch (s. bair. gramm. § 126) 1, 190; 4, 59; 61. bedeutung und gebrauch. tummel ist schon in einem der frühesten belege unmittelbar neben und gleichbedeutend mit getumel als sonus bezeugt (s. u. 1 a). beide worte haben ihren bedeutungsbereich erweitert zu 'tumultus', vielleicht unter einwirkung des lat. worts, doch vgl. die entsprechende entwicklung von geschälle 3, teil 4, 1, 2, sp. 3832. ein bedeutungsunterschied zwischen simplex und kollektivbildung (so bibelglossar [1523]: 'tümmel gethön, geschrey; getümmel ungestimb, auffrur' s. zs. f. dt. maa. 6, 42 u. 44; vgl. auch Petris bibelglossar 47; d. obdt. bibelglossare d. 16. jhs. 135; 9) ergibt sich nicht aus den literarischen zeugnissen. in der schriftsprache hat sich durch und seit die kollektivbildung durchgesetzt, vgl. teil 4, 1, 3, sp. 4572 getümmel I b. tummel und tümmel ist fast nur obd. bis zur mitte des 17. jhs. bezeugt (vgl. jedoch unten 1 b; unten 2; schweizer. 19. jh. s. u. 1 c; vgl. auch tummelgetose). 1) sonus. a) von elementaren geräuschen, 'sausen', 'rauschen', auch 'donnern': alin gahis wart ein tumil und ein chradim von himele. do chom der heilige geist, und erschein den herin botin mit viwerinin zungin (12. jh.) specul. ecclesiae 80 Kelle (et factus est repente de caelo sonus, tamquam advenientis spiritus vehementis), vgl.getumele als übersetzung d. gleichen stelle ebda 86; davon (von einem see) man allzeit wunderbar b) von geräuschen, die durch instrumente, durch menschliche oder tierische stimmen, durch ungestüme bewegung von mensch oder tier hervorgerufen sind, oft von 2 'tumultus' schwer zu scheiden: (Roland bläst sein horn) so hebt sich in der stuben ein dümmel, losz, heb still, ich ghör ein tümmel! (1535) nachdem nun das eisen genugsam gelitten, [Bd. 22, Sp. 1719] im niederdt. einmal bezeugt: alse die lude nhu den tummel und wrinschent der perde horeden, wusten se nicht anders, jd weren ere hern hertoch Bugslaff und hertoch Casemir gekhamen (um 1540) chron. v. Pommern 43 Böhmer. c) vom leeren äuszeren schall, dem eine innere beteiligung nicht entspricht (vgl. DWB geschälle 1, teil 4, 1, 2, 3832): disz volk êret mich mit den lefzen und maul, aber ir herz ist weit von mir, si êren mich vergebens mit menschentand, und nur weit von mir mit irem grumpel und tumpel. ir geigen und pfeifen will ich nit mêr hören s. w. 1, 190; nur weit hindan von mir mit dem grimpl und timpl deines plerren ebda 4, 61; damit wir uns selbs nit triegen mit unsern ... aufgeplasnen unnützen titl und nämen, lieblosem gefert, lären plossen worten, unandächtigem grimpl und timpl, ungotsforchtigem prangen und angenumer weis, welchs alles wir uns selbs fürgenomen und aufgesetzt haben ebda. 4, 59. 'leerer lärm und betriebsamkeit': sich hie, was ist der tummel aller örden anders, weder dasz sy anders leerend, weder gott geleert hat dt. schr. 1, 324 Schuler-Sch.; hierher wohl im gedicht 'die zweifellosen', d. i. 'von sich überzeugten': bei euch ist nichts als lärmendes geschiebe, 2) tumultus. lärmende bewegung, verwirrung, menschenauflauf, auch gefecht. das moment der bewegung ist mit dieser bedeutung des substanivs enger verbunden als mit der entsprechenden des verbs.: ich sihe wie der gtig her Jesus also gewaltigklich und graussamklich von den juden ist angefallen worden, mit so groszem geschray, tümmel und ungestümigkait jn angriffen, strick geworffen an seinen hayligen halsz, gebunden sein hayligen hend, also auff jn gefallen und getobt schiff d. penitentz (1514) 83c; iederman fiel in die götzen. man reisz sy ab den altär, wenden und sülen; die altär wurden zerschlagen, die götzen mit den axen zerschitet oder mit hämern zerschmettert; du hettest gemaint es geschech ain feldschlacht. wie war ein thümmel! wie ain gebrecht, wie ain tosen in dem hochen gwelb (1529) Sabbata 311 Egli u. Schoch; darzu verprenten sie unnsz auch 4 grosze schieff, welche auf ein halbe meil vonn unnsz auff dem wasser stunden. das folckh, so drauf gewesen unnd kein geschiz hette, als es solchen groszen tumeln der Inndianer sahen, flôch es aus diesen 4 schieffen in anndere 3, so nit weit darvon stunden und darinen geschiz war (um 1550) reisen 33 lit. ver.; in solchem tümmel sich bereit mir freude des lebens [Bd. 22, Sp. 1720] ![]() ![]() literarisch: im 17. jh. zuerst und sehr häufig belegt, auch im 18. noch lebendig; 'rausch' (vgl. DWB tummelchen (3) und tummelein): sind wir früh vor 4 uhr aufgestanden, da uns dann die köpfe von dem vergangenen tummel schwer und unlustig gewesen (1627) tagebuch (1887) 15; 2, 216; 406 Keller; bei vollem sadtem bauch und halben tummel gibts schlechte meditationes christl. gott wolgefäll. busz (1671) 206; er bekam einen tummel im kopff und schlieff sanfft darauff oriental. reisebeschr. (1676) 564; sie sein von dem gestrigen tummel so eingenommen, dasz sie nicht eher ein auge aufthun können, bis die nacht wieder heran kommet rosenthal (1679) 1101; della Valle gestehet, dasz er so bezecht gewest ... dasz er auf keinem fusz stehen können, also, dasz er sich an die stricke desz zelts anhalten müssen. endlich vergieng ihm der tummel ein wenig, dasz er wieder gehen und auf sein pferd steigen können lufft-kreis (1680) 248; soldaten, die lieber haben tummel als trummel, sind nichts nutz (1680) w. 1, 155 Strigl; vgl. Judas der ertzschelm (1686) 1, 88; 4 (1691) 306; etwas für alle 2 (1711) 735; frantzös. Simplicissimus (1683) 1, 79; d. polit. u. lust. tobacksbruder (1684) 177; das teutsche gespenst (1684) 211; steh auf und komm ins haus vereinzelt mit erotischer färbung: haben wir uns nicht zuletzt ihr fahrt in hitzigem tummel ohne ziel ![]() ![]() ![]() ![]() doch, was Savoyen thut, das steht mir besser an, freundlich führt uns deine (des todes) dürre hand ![]() ![]() [Bd. 22, Sp. 1721] seewb. (1850) 90a. — ![]() ![]() ![]() ![]() 1) vertikaler: tummelbaum ... eine senkrecht stehende welle, um welche sich beim herumdrehen das tau, an welchem eine last heraufgezogen werden soll, umwindet wb. d. landbaukunst (1836) 376; im bergbau innerhalb eines gerüsts angebrachter senkrechter baum, von oben und unten in einer spur gehend und mit einem hebel oder arm versehen, um damit den aus dem schacht gezogenen kübel auf die seite zu drücken Mothes baulex. (31874) 4, 279; auf schiffen eine senkrecht stehende winde, welche ... zum ankerlichten, zum bugsieren und ähnlichen schweren arbeiten dient seewb. (1850) 699a; in einigen gegenden bestandteil altertümlicher keltern: 'im kelterraum an boden und decke um sich selbst drehbar befestigter balken, der durch eine quer hindurch gesteckte stange gedreht wurde. es wickelte sich dann ein dickes seil um ihn auf, durch welches die hebelstange an der kelter bewegt wurde' rhein. wb. 1, 1559; schwäb. 2, 453; ebda 1, 713 s. v. baum 3 b. 2) auch das ganze gerät wird tummelbaum genannt: tummelbaum ... eine alltägliche, im hochbau, bei abteufungen, rammmaschinen, vorzüglich verwendete hebemaschine aus holz erhält ein voluminöses gerüste behufs sicherer lagerung der haspelwelle und gewinnung des erforderlichen laufweges für die die maschine bethätigenden arbeiter Karmarsch-Heeren techn. wb. (31876) 4, 288. 3) horizontal liegender hebel, vermittels dessen ein göpelwerk gedreht wird bergwb. (1870) 506; Mothes ill. baulex. (31874) 2, 454. — ![]() ![]() es theilten zwey und zwey
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