Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm ![]() | ![]() ![]() ![]() | |||
irden bis irgendswo (Bd. 10, Sp. 2154 bis 2159) | ||||
| ![]() ![]() 1) von erde gemacht, aus gebrannter erde gefertigt: daʒ eʒ (das wasser) zwên häven vuorte hin 2) dichter des 17. jahrh. brauchen es auch wie irdisch, der erde entstammend, ihr angehörig (wie umgekehrt irdisch im sinne von irden 1 steht); der gebrauch ist ebenso ahd. nachzuweisen: sie getuont die irdinen sundôn, terrenos peccare. ps. 100, wie früher schon im gothischen, wo aírþeins sowol unser irden als irdisch ausdrückt; er (der gute) zähmet seine sinnen, der leib, mein irdnes theil, der ist der seelen grab. der friede führe nun ein irdnes königreich. 66; ein himmlisches gemühte sie sieht was kein mensch kan mit irdnen augen sehn. 129; disz ist es, wehrter freund, wie wenig es auch ist, dasz wir irdnen himmlisch werden, sie kleben an dem koth [Bd. 10, Sp. 2155] ![]() ![]() sus ist gestalt der argen vlîʒ, ![]() ![]() ![]() ![]() 1) der erde und namentlich ihrer art, ihrem leben und treiben zugehörig, an ihr haftend (irrdisch, vom erdtrich här erboren, auf der erden läbende, terrenus, terrestris 237b): ahd. siu machet in contemptorem allis irðisken guotes. 73, 24; uuante sie alliu irô werc tuont durch uuerltlîchen ruom unte durch irdisk gefuore (nutzen). 54, 9; er (diabolus) pesmeiʒʒe mih mit irdischen sundon. bei Hattemer 2, 36b; mhd. ob ich ûch irdesche dinc gesagit habe, und ir gloubit niht: wie gloubit ir denne ob ich ûch himelische dinc sage? Behaims ev.-buch, Joh. 3, 12; dad iʒ mit rehte solte lîchen (gefallen) diu (gottheit) in hâte her gesant das spil ist genant mit seiner lehr wenn der reben güldner saft ehret die frauen! sie flechten und weben so schreiten keine irdschen weiber! das erste aber und hauptsächlichste o! du wirst auf die sternenstunde warten, wohl weisz ich, dasz die irdschen dinge wechseln, und wenn der könig anklingt, soll der himmel and the kings rouse the heavens shall bruit again, 2) substantivisch steht der irdische, die irdische, der oder die auf der erde lebende, oder auch ihrer art angehörige; das irdische, das der erde eigene, sie betreffende, auf ihr enthaltene: da die stiftsdame nur eine heilige, Therese nur eine vollkommene irdische ist. an Göthe 1, 167; der .. engel, der uns irdischen die erdentracht abzieht oder abbricht. leben Fibels 48; des lebens ungemischte freude werft die angst des irdischen von euch! [Bd. 10, Sp. 2156] indesz laszt das irdische! was in dem schlaf für träume kommen mögen, for in that sleep of death what dreams may come, 3) irdisch, der erde, dem festen lande (gegenüber flusz oder meer) angehörig: ein irdischer crocodyl, crocodylus terrestris. thierb. 166b; ausz den schiltkrotten kompt die irdisch niemer ins wasser, die aber so in den sszen wasseren, auch in dem meer wonend, .. rwend oder schlafend auf dem trocknen land. 170a; auf der flachen erde wohnend, im gegensatz zum berge: bekompt seinen namen von der farb, so bei leben schwarzrot gleich den irrdischen hasen. fischb. 116a; endlich der erdoberfläche angehörig, nur in den compositen unterirdisch, oberirdisch (verschieden von überirdisch, das an die bedeutung 1 anknüpft): die garten-gewächse werden eingetheilt in unterirrdische und oberirrdische. 1, 460a. 4) irdisch, wie erdicht, der erde als stoff gleich, erdartig: die irdenen glasurten brennzeuge geben anfangs einen irdischen geschmack von sich. 1, 236a; der weinstein ist das dickeste und irdische theil des weins. 363a; bierhefen ist ein irrdisches, dickes, schweres ding, so sich im bier niedersenket. 2, 95a; es hat dieses wasser nicht den mindesten schwefelichten geruch, setzt wo es quillt und wo es durchflieszt nicht den mindesten ocker noch sonst irgend etwas mineralisches oder irdisches an. 16, 266. 5) irdisch, wie irden 1, aus gebrannter erde gemacht: zerlas den (schwefel) in ainem irdischen geschier. 1, 140 Fromm. (von 1429); in einem groszen hause aber sind nicht allein güldene und silberne gefesze, sondern auch hülzerne und irdische. 2 Tim. 2, 20; irdische krausen (becher). Petr. 36a; spielend mit dieser und der bedeutung 1: du klagest oft über die prediger, dasz sie nicht thun was sie thun sollen. allein sie sind menschen. sie tragen den prediger-schatz nicht in silbern oder güldenen, sondern in irrdischen gefäszen. was ists wunder dasz sie underweilens anstoszen? 210. ![]() ![]() die unwürdigkeit so irdisch-blöder augen. ![]() ![]() 1) nach irdisch 1, irdisches treiben, erdenleben; bei 386 als poetischer ausdruck für das irdische, mundana, terrestria, transitoria, temporaria: von eim propheten der ouch seit, 2) nach irdisch 4, erdige art, erdige bestandtheile: mit sand do sich die wasser klären, ![]() ![]() was sonst die reiche welt in ihrem busen hält, ![]() ![]() ![]() ![]() 1) form. das wort erscheint ahd. bei Otfrid als getrenntes io wergin neben bloszem wergin usquam, alicubi, im altniederfränkischen (gloss. Lips. 711) in der negation nie wergin usquequaque; und wie von dieser negation bereits (ebenda 713) die zusammenziehung niergin sich findet, so kommt von der positiven formel auch im späteren ahd. das contrahierte iergen auf: sâhet ir iergen mînen wine? 22, 4; eine form die mhd. die gewöhnliche, wenn auch nicht die alleinige bleibt (vgl. gramm. 3, 220). verkürzung zu irgen ist zunächst vorzugsweise mitteldeutsch: alicubi irgen 22b; ouch von keiserlîchir hant (privilegien), [Bd. 10, Sp. 2157] ich kerte den spiegel hin und her, und wær ierne einer in dem lande und stellt euch fix zur währe, 2) die ursprüngliche locale bedeutung von irgend = irgendwo findet sich selten noch bis ins ältere nhd.: irgend, uspiam, usquam Dasyp.; warum wird doch iergend an einem ort deines reichs gedacht? Livius 687; irgend üm diese gegend, loca haec circiter 885; vgl. dazu irgends. 3) irgend, temporal, einmal, zu irgend einer zeit, wird unten in der form irgends nachgewiesen. 4) irgend bei ungefähren raumbestimmungen, wie etwa: lasz irgend zwen quer finger breit raum. rechenung (1550) 188a; da wir noch irgend einen büchsenschusz zu reiten hatten. 2, 596; es sind irgend zehn meilen auf Leipzig, Lipsia dissidet abhinc decem circiter millia. 885; auch bei anderen zahlbestimmungen: wenn mans rechnet, findet sichs, dasz sie (die Juden) fast bei zweihundert jaren, und irgend sechtzehen in Egypten gewesen sind. 4, 93a; doch hat der kampf nicht lange müssen wehren, .. mag irgend eine stunde oder halbe vor tage gewehret haben. 181b; er ist irgend von dreiszig jahren, triginta praeter propter annos natus est. 885. 5) irgend, modal, irgendwie: niemand wird dies system annehmen, dem es irgend um philosophie zu thun ist. 7, 302; wenn man nur irgend dieser kaninchen habhaft werden könnte. der gestiefelte kater, 2. akt; verhüte gott, dasz irgend tücke walte, schläfts irgend 6) am häufigsten findet sich irgend zu einem pronomen oder adverb gestellt, um dessen begriff zu verallgemeinern. die verbindung ist dabei entweder eine enge (vgl. an alphabetischer stelle die zusammenrückungen irgendwie, irgendwo), oder eine freiere. a) irgend wer, irgend was: wer ist irgent von den stemmen Israel, der nicht mit der gemeine ist erauf komen zum herrn? richt. 21, 5; ist irgend was fursehen im trucken, bitte ich, ein jeder wol das rechtfertigen. rechenung (1550) 196a; ist irgend wer hier, numquis hic est? 885; wenn ich unwissend oder in der wuth du kannst nicht falsch sein gegen irgend wen. Hamlet 1, 3; ob irgend was, uns unbekannt, ihn drückt. 2, 2; irgend etwas. oder wirfet irgend etwas auf in unversehens. 4 Mos. 35, 23; sobald mir einer merken läszt, dasz ihm in poetischen darstellungen irgend etwas näher anliegt als die innere nothwendigkeit und wahrheit, so gebe ich ihn auf. an Göthe 1, 54.b) irgend ein: du solt dir kein bildnis noch irgend ein gleichnis machen. 2 Mos. 20, 4; das sie irgent wider ein gebot des herrn gethan hetten. 3 Mos. 4, 13; wenn ein weib sich irgent zu einem vieh thut. 20, 16; wenn irgend eins manns weib sich verlief. 4 Mos. 5, 12; lasset uns aber niemand irgent eine ergernis geben. 2 Cor. 6, 3; da nun irgend ein grober solche deutsche catholische herzenbiszlin zu kosten lust hette. bienk. 141b; auf irgend eine art entschädigt. an Göthe 1, 38; das gemälde, das sie jetzt entworfen haben, kann weniger als irgend ein anderes aus ihrer individualität flieszen. 57; mit irgend einer schrift. 63; als plural zu irgend [Bd. 10, Sp. 2158] ein gilt in der gewählten sprache irgend welche, in der des gemeinen lebens aber auch irgend einige: er hat von irgend einigen leuten unterstützung bekommen; auch findet sich im singular irgend einig für irgend ein: aus irgend einiger ursache; ist irgend ein reichs closter das apt oder eptin hat. erblickt ich zween lateinsche ringer, stets warst du mir ist irgend eine gute that zu thun. Shakesp. Hamlet 1, 1; irgend jemand: übergeben sie ja das ganze irgend jemand zur besorgung. an Schiller 1, 218.c) auch kein wird durch irgend verallgemeinert: das ir von uns ja keinen schaden irgent inne nemet. 2 Cor. 7, 9; Saturnus eigne kinder friszt, d) irgend welch: ihm ist irgend welches glück widerfahren; irgend welche mittel zum leben musz er haben; in den mienen sprach sich hingebung und unterwürfigkeit unter die beschlüsse irgendwelches erbprinzen aus. Münchh. 3, 173. e) irgend wo, irgend woher, irgend wohin: der zweier zuht ist grœʒer dâ, kracht irgendt wo ein haus, dasz, wo sie immer irgend auch des weges sich f) irgend wie, auf irgend eine weise, vgl. unten irgendwie. g) freier und seltener tritt irgend zu anderen als den aufgezählten pronomen oder adverbien: welcher Israeliter oder frembdlinger in Israel sein opfern thun wil, es sei irgent ir gelübd oder von freiem willen. 3 Mos. 22, 18; wenn ein levit kompt, aus irgend einer deiner thoren, oder sonst irgend aus ganz Israel. 5 Mos. 18, 6; sie möchten trinken und der recht vergessen, und verendern die sachen irgend der elenden leute. spr. Sal. 31, 5; kaum hegt, irgend umher, einfachere menschen die erde. h) in Melissus' psalmen findet sich irgend wie ein adjectiv behandelt und flectiert: aus irgender ursach. S 1a; mit irgender liebe. X 6a; irgender mas. L 4a. Q 2b; irgenterlai Y 2a. Hierzu darf die als neutrum verwendete gekürzte form irn = etwas: leicht tt uns irn gelingen, ![]() ![]() 1) irgendwo, an irgend einem orte: sein bild, dasz an einer wand iergens mit einer kolen oder eim pensel abgemahlet steht. bienk. 169a; wer weisz, ob er nicht umb dergleichen schelmenstuck irgends gefangen gelegen. 1, 609; halt an, und sieh dich ümm, ob irgends aller enden, vielleicht, dasz einst in andern welten 2) temporal, einmal, zu irgend einer zeit: als Philips margraf von Croya .. mit einem herrn von Brecht von Antorf irgends spazieren gieng, allerlei kurzweil mit ihm triebe. apophth. 1, 330. 3) irgends, bei ungefähren zahlbestimmungen (vgl. irgend 4): acht tage waren schon und irgends mehr fürüber. 4) irgends, etwa, vielleicht (vgl. irgend 5): ire beste speisen wäre irgends zu mittag ein paar rettige und auf den abend eine hand voll salat. Simpl. 1, 349 Kurz. [Bd. 10, Sp. 2159] 5) irgends, verallgemeinernd zu pronominibus tretend (vgl. irgend 6): ein edelmann der yergens einem fürsten vigent ist, der tht im schaden. bilg. 60c; wenn doctor Martinus Luther iergendts zu einem kranken kam, .. so redete er ganz freundlich mit ime. tischr. 457b; ich habe keinen friede, ![]() ![]() vergleicht sich irgendswo die lehre mit dem leben,
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