Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm ![]() | ![]() ![]() ![]() | |||
fürschlagen bis fürschneider (Bd. 4, Sp. 798 bis 801) | ||||
| ![]() ![]() I. transitiv, mit acc. oder einem abhängigen satz an dessen stelle. 1) vornhin schlagen. im besondern: a) vornhin zur befestigung, zum schutze schlagen. für- sive vorschlagen, praemunire, praeferrare. 1822. noch kärnt. fürschlagen, eine wehre, besonders wasserwehr machen. 218 f. s. fürschlag 7). b) durch schlagen vorn vor jemand kommen machen. bair. und nur von vieh gesagt, das dem austreibenden hirten zugetrieben wird. es soll kainer hinten oder neben aus seiner herberg und hofraith kainen trib oder farth haben, sonder ain yeder sein vieh den hüetern ausz seiner innaw (wohnung) vorn heraus auf freye strassen fürschlagen. aus einer dem 16. jahrh. angehörigen dorfschaft von Rorbach an der Ilm bei 3, 440. dasz bei der bedeutung der begrif »vornhin schlagen« zu grunde liegt, ist unzweifelhaft, denn gleicher weise, wie fürschlagen, sagt man, ebenfalls bair., für den herder (den hüter der gemeindeherde, den hirten) schlagen. 3, 439. c) vor augen bringen. da bildet uns s. Peter (nemlich 1 Petr. 3, 18) abermal für den herrn Christum zum exempel und [Bd. 4, Sp. 799] zeucht jmer das leiden Christi an, das (dasz) wir allesampt dem exempel folgen sollen, auff das er nicht einem jglichen stand ein sonderlich bild fürschlagen dürff. denn wie Christus exempel in die gantze gemein jederman ist fürgeschlagen, so helt er es auch jederman in der gemeine für, das (dasz) sich ein jglicher, was stands er ist, in allem seinem leben, wie es sich begibt, darnach halte. 2, 365a (1572 340a). d) mit worten vorbringen, darlegen. und ist aber eins, das (dasz) Moses gottes torheit fürschlecht, das (dasz) er solch nerrisch werck (nemlich 1 Mos. 26, 8) her schreibet, wie Isaac sagt, sie (Rebecca) sey seine schwester ... musste er denn so eben das schreiben? ... wenn du in der schrift sihest solche törliche gottes werck, das (dasz) du wissest, es gelte die welt zu schenden. 4, 146a. mit einem satze statt des acc.: und solcher erinnerung (dasz der peinliche richter nach dem alibi fragen solle) ist darumb not, dasz mancher ausz eynfalt oder schrecken nit fürzuschlagen weist, ob er gleich unschuldig ist, wie er sich des entschuldigen und auszfüren soll. carolina art. 47. mit acc. der sache und dat. der person: in gegenwart sagen, zu jemand sich wendend oder zu jemand gewendet sagen, vertraulich sagen. Garnier von den worten, so jm Reinhart für schlug (nemlich dasz er der Rosamunda die ehe versprochen habe), so sehr erschrack dasz u. s. w. buch d. liebe 246, 2. e) zur annahme oder wahl mit worten vor- oder darlegen, zu annahme oder wahl in worten vorstellig machen. gott hat den ehelichen stand fürgeschlagen und eingesetzt, das wir der hurerey entgehen. 4, 79b; verzeichnisz etlicher artikel, so von dem churfürsten von Brandenburg und hertzog Moritz von Sachsen fürgeschlagen worden. Philipp der groszm. 3, 234; (conjunctiones) adversativae sindt allhier, die liebe hat quartier, fürschlagen in dem sinne führt 51a an, auch 1822, der aber zugleich, völlig überwiegend, vorschlagen hat, eine erscheinung, die sich gleicher weise bei dem viel spätern 2, 435 bietet. Dentzler dagegen verzeichnet wieder nur fürschlagen, eben so (1723) 2, 125b mit (1748) 2, 152b. bei Weismann findet sich weder für- noch vorschlagen, bei Rädlein, dann später bei Hederich und Nieremberger blosz vorschlagen. die form fürschlagen erhielt sich weiterhin nur noch mundartlich. f) eine klage auf — zu wissen thun, ankündigen eine klage auf —. in »eim das rächt fürschlahen, indicare« ( 149d), gegen einen eine rechtsklage erheben. »das recht fürschlagen, dicam impingere alicui« ( 2, 118b), mit jemand einen process anfangen. g) zum verdecken oder verhüllen vornhin thun. der bapst mit allen seinen buben were lengst ein bettler, wenn er nicht hette Christum zu verkeuffen und allen seinen dücken fürzuschlahen. es mus alles jtzt Christus namen decken, was des endechrists regiment in der welt verderbet. 1, 420b. 2) vor sich bringen, als gewinn erwerben, erübrigen. aber es gieng mier woll, dan alein mit der trukery mocht ich alle jar 200 fl. fürschlachen, min trukery und huszrad bessren. 100 (206). 3) beim verkauf einer waare zuviel fordern, über gebühr fordern, über den werth oder preis hinausgehend fordern. er schlägt auf die elle wenigstens dreiszig kreuzer für, fordert dreiszig kreuzer zuviel. s. DWB fürschlag 5). mit auslassung des acc.: am gebote der waaren fürschlagen, oder zu viel fodern, plus aequo licere. (1761) 2, 161. die erste, 1748 erschienene ausg. des buches enthält dieses beispiel noch nicht. heute nur mundartlich, z. b. wetterauisch, oberhessisch. 4) beim schmelzen strengflüssiges erzes diesem zusetzen, um es leichter in flusz zu bringen oder das, was das metall geraubt haben würde, zu verflüchtigen. in der berg- und hüttensprache, [Bd. 4, Sp. 800] s. mineral- u. bergwerkslex. 589a. 2, 595. mit acc. der bezeichnung des gegenstandes, der, und dat. der bezeichnung des erzes, dem beim schmelzen zugesetzt wird. was nun Esaie spruch belanget, musz badil an dem ort entweder gekörnet oder angefrischt oder hart bley, glet oder sonst ein zusatz sein, den man pfleget den ertzen fürzuschlagen oder zuzusetzen. Sar. 136b (1587 97a); zyn kan es (hebr. badil) an dem ort nicht heissen, das schlecht man nicht dem ertz für. 137a (97a); also treibt man auch das bley vom silber durchs fewer, da es im rauch wegk gehet, und macht ein sehr gifftigen und gehlen bleyrauch, der sehr lehmet, oder es trencket sich inn treibherd, welches hernach wider angefrischt und den ertzen oder schlacken fürgeschlagen wirdt. 143a; denn sie haben jren ertzen auch bley zugesetzt und fürgeschlagen und die silber ubers bley gestochen. 145a. mit auslassung des dat.: helt silber darneben, da man mehr bley ausz bringt, den man fürgeschlagen hat. 142b; Jeremie 6 nennet gott den prediger ein ertzscheider und schmeltzer, der das ertz scheiden unnd das geblese wider anhengen und frisch bley fürschlahen und die hütte gottes wider anrichten und anlassen sol. 315a. II. reflexiv sich fürschlagen, sich vorsetzen, in den sinn fassen zu thun. da gehet der spruch Salomo (spr. Sal. 16, 1. 9), das (dasz) jm der mensch etwas fürschlecht, aber gott füret es hinaus. 4, 33a. III. intransitiv. 1) in der bewegung sich vornüber neigen: als er (Jupiter) darnach die wag auffzug, 2) vorwiegend sein, überwiegend sein, im übergewichte sein: mhd. solten dise kumber sîn al ein (nur einer) die wahrheit soll und musz der lügen 3) vorherschend sein, gröszere stärke und gewalt vor anderm oder überhaupt allem andern haben. nimb umb ein batzen mercurium sublimatum und dann bolum armenium, doch dasz desz boli armenii mehr sey und furschlage. rossarznei 261. 4) weidmännisch: die fährte des wildes mit dem hunde verfolgen. mhd. ich hân dâ für geslagen blâsen unde jagen ich gedâcht, ëʒ kümt doch nimmer Stæte (frau beharrlichkeit) durch fâhen ûf mîn Hërze ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() Heute schriftdeutsch vorschleichen, s. d. ![]() ![]() [Bd. 4, Sp. 801] ![]() ![]() S. vorschmieren. ![]() ![]() bildlich hört man auch was ist dém fürgeschnappt? ihm vor den sinn gekommen dasz er so seltsam sich benimmt? Hochdeutsch heute vorschnappen. ![]() ![]() ursprünglich wol: mit dem munde, dem schnabel in kurzer, klappender bewegung voraus d. h. vor andern zufahrend. sieh schnappen. Von dem adj. kommt dann das gleichlautende adv. ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]()
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