Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm ![]() | ![]() ![]() ![]() | |||
fürnamen bis fürnehmen (Bd. 4, Sp. 773 bis 776) | ||||
| ![]() ![]() ![]() ![]() [Bd. 4, Sp. 774] ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() vil furnen, karpfen und schnotvisch. ![]() ![]() ja was musz es für ein wein sein, ![]() ![]() wer recht z tn den willen hett ob gekürzt aus fürnemen, fürnemn n.? ![]() ![]() fürnehm, bei Dasypodius, Serranus fürnem, bei Frisius, Maaler fürnäm, doch bei dem letzten im superl. fürnembst, bei Henisch fürnemm, fürnem, lebt noch mundartlich, z. b. bair., wetterauisch u. s. w., fort. schriftdeutsch dagegen scheint, nach 1364, der vornem und nur nebenbei fürnem in der fürnemste herr hat, bereits in der zweiten hälfte des 17. jh. vornehm vorherschend. doch verzeichnet noch im 18. jh. 118b nur fürnemm, fürnem, und Kirsch zieht, indem er bei vornehm auf fürnehm kurz verweist, offenbar dieses vor. Rädlein und Weismann führen fürnehm wie vornehm an, und 2, 134 setzt eben so wol das eine als das andere, jedoch bei Nieremberger wiegt vornehm vor, und (1753), der sp. 991 fürnehm oder vornehm hat, verweist zwar bei vornehm sp. 2542 auf fürnehm, fügt aber die bemerkung bei: schreib aber doch auch lieber vornehm, dafern du vor und für nicht allerdings mit vielen für eins ansehen wilst. damit stimmt auch der sonst immer Kirsch nachtretende wenn er in der ersten auflage seines lexicons (1748) 2, 152a unter fürnehm die form vornäm als richtiger bezeichnet, was er auch in der dritten auflage (1761) 2, 160b, in der er vornehm schreibt, beibehält, doch gleich zu anfange des artikels »fürnehm, vornehm« setzt. deutsch-lat. universalwb. 319 verweist bei fürnehm ohne weiteres auf vornehm. in seinem deutsch-orthographischen wb. 105b bezeichnet jenes als falsch, und antibarb. 1, 435 verwirft es geradezu. überhaupt führen in den beiden letzten jahrzehnten des 18. jh., wie schon vor der mitte desselben 2, 13b und später Adelung, fürnehm gar nicht mehr an, und schriftsteller setzen es, wie unten die beiden stellen von (aus Wallensteins lager) zeigen, fast nur noch in volksmäsziger rede. als schriftdeutsch gültig wird in und seit jenen jahrzehnten allein vornehm angesehen. [Bd. 4, Sp. 775] Bedeutungen: 1) sich voraus nehmend, verwegen. ob ich euch gern zu hilfe kem, 2) vor anderen oder anderem ansehnlich, vorzüglich, ausgezeichnet, hauptsächlich. furnemer oder meisterlicher, autenticus. voc. theut. v. 1482 i 6b, in demselben sinne aber in einem vocab. v. j. 1419 fürgenæm (s. 2, 693). der fusz beneidet och das herz nit, welches gar ein fürnemer ampt hat weder er. Keisersberg pred. (Straszb. 1508) 110a; ich. wil den bogen Elam zubrechen, jre furnemeste gewalt. Jer. 49, 35, in der vulgata summam fortitudinem eorum; und hilet jn fur seinen furnemesten freund. 1 Macc. 11, 27; es war der furnemesten schriftgelerten einer Eleasar. 2 Macc. 6, 18; dis ist das furnemest und gröste gebot. Matth. 22, 38; das furnemest gebot fur allen geboten ist das. Marc. 12, 29, vgl. v. 28; die furnemen artikel. an Albrecht ep. 7; dieses soll das furnemist end und ziel seyn loblicher regierung. dessen anrichtung der lat. schul b 1a; wie wol nu die gemelten ursachen die furnemisten sind. b 2a; diser punct ist stracks wider den fürnembsten und haupt grund des Luthers und aller lutrischen. christenl. underricht 14b; es seind vier fürnemme wind. weltbuch 3a; die euphonia, das ist des lauts wolstand und lieblicheyt, die diser ding fürnämste meisterin und lererin ist, soll hie auch gelten. gramm. C 5b; die fürnembsten nomina. bedenken 20b; dann er (es ist Jesus gemeint) ein gar fürnemmer man 3) äuszeres ansehen habend, ansehen und würde habend, das was ansehen und würde gibt habend. so volksmäszig: spreizen sich, werfen sich in die brust, bey Jove dem fürnembsten gott. früh nhd. wird fürnehmer auch als ehrenwort in dem titel eines rathsmitgliedes, eines bürgermeisters gesetzt: ihr edln weisen und fürnemen (anrede an Roms rathsherrn), [Bd. 4, Sp. 776] 4) äuszeres ansehen zeigend, würde und ansehen zeigend, das was würde und ansehen eigen ist an sich habend. so bei 324a (Wallenst. lager 7) in volksmäszig gehaltenem ausdrucke: mit dem helm da und wehrgehäng ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() I. transitiv, mit beigesetztem acc. 1) vornhin nehmen. 2) vor sich nehmen, vor augen nehmen, vor die hand nehmen zur behandlung, beschäftigung u. dgl. im besondern: vor gericht verhandeln, gerichtlich verhandeln. obe der judde it billich solichen furgnomen frabel selbst verbuszen solle. urk. v. j. 1486 in oberhof s. 417, fortsetzung der zweiten unter 5) angeführten stelle. 3) zur that nehmen und gebrauchen, zur that nehmen und anwenden. in beziehung auf werkzeuge und mittel. dann diser ritter ... die gemainen instrument, männer zfellen, fürnimbt. Nasenesel 54b. 4) vor sich nehmen im kampf u. dgl., ins auge fassen zur that mit ausführung derselben. Dramis name (bei dem anrennen der ritter gegen einander) den Amadis für unnd erreichet jhn also, dasz er jhm den schilt durchrennet. Amadis 420. 5) vorkommen machen zur vernehmung, prüfung, ausforschung, zu einem verweise u. s. w., aber auch so viel als belangen, vorladen, citieren. wie er, als er synen gesasten gerichtstag zu Roitwyle geyn syner wiederparthy verhutten wulte, von unserer gnedigen fruwen von Osterich ungnediglich furgenommen und zu gefengnisz gelaicht wurde. urk. v. j. 1466 in oberhof s. 388; dwile der judde jne (ihn) eyns frabels (frevels) halber, er an jme begangen haben solle, gerichtlich furgenomen gehayt habe und des mit ortel und recht unschuldig funden sy. urk. v. j. 1486 ebenda s. 417; also dasz ein jeder in dem gerichte ... fürgenommen ... würde. landgerichtsordnung v. j. 1521 30. mit recht fürnehmen, vor gericht laden, citieren, vor gericht kommen machen, in jus vocare: ain yeder der einen andern mit recht fürnemen will, der soll zuvorderst bey dem richter ansuchen. Nürnberger reformation 1564 6a. 6) mit entscheidung des willens zur ausführung vor sich nehmen, mit entscheidung des willens zur ausführung beginnen, mit entschiedenem willen thätig beginnen, durch entschlusz im sinne haben. sie werden nicht ablassen von allem, das sie furgenomen haben zu thun. 1 Mos. 11, 6; auff das gantze Israel höre und furchte sich und nicht mehr solch ubel fürneme unter euch. 5 Mos. 13, 11; auff das die andern hören, sich fürchten und nicht mehr solche böse stück furnemen zu thun unter dir. 19, 26; merckt und sehet, wie böse ers furnimpt. 1 kön. 20, 7; und da sie zu Salomo kam, redet sie mit jm alles was sie im sinn hatte fürgenommen. 2 chron. 9, 1; was nimpt dein hertz fur? was sihestu so stoltz? Hiob 15, 12; was du wirst furnemen, wird er dir lassen gelingen. 22, 28; welchs ich itzt gleich unverschampt fürneme zu volbringen. 1, 6a; in zeyt fürgenommenen und werenden Türckenzugs. königin Marie wider den herzog von Cleve b iija; was unser münch hat fürgenomen. [Bd. 4, Sp. 777] meinest du dasz ich mein urtheil felschen und etwas anders fürnemmen wölle, denn disz, so ich bey mir selbs entschlossen. Amadis 186; aber ich, sagt die ander, wil einen andern weg fürnemmen. 128; wenn jr herberg finden wolt, so müszt jr diesen fürgenommen weg verlassen. 63; namen jren weg, von dem sie abgewichen, widerumb für. 296; bisz er zu eim zwerchweg kam, daselbst er nicht wissen oder abnemmen mochte, welchen er under denselben zweyen furnemmen solt. 235; und bedunckte mich das best, dasz jr diese euwer fürgenommene weisz underliessen. 221. aber im Amadis findet sich auch, z. b. s. 298, 632, vornemen. und uns besprachen der gebür, mit einem inf. mit zu an der stelle des acc. oder einem diese stelle einnehmenden durch einen inf. mit zu gebildeten satze: niemands auszgenommen, der darwider zu handeln oder zu thun fürnehme. reichsabsch. v. j. 1512 §. 3; darumb die ritterschaft, der frawen verwant, furnemen thun möchten, jre gesipte freunde zu erledigen. urk. Max. I. 35; dieser Clemens nam für, da er noch hofemeister Leonis war, seinen geitz (das unmüglich war) zu settigen. 1, 491b; wenn sie (die frau) bullbrieff (buhlbriefe) zu schreibn fürnumb, 7) bestimmen. rathschlagen, wie man die obberürten furgenommen ordnung in wesen bringen, behalten und der vollstreckung mache. abschied des reichsregiments v. j. 1501 §. 1 (2, 94). dann: für das amt bestimmen, in das amt einweisen. haben ... zwo und zwanzig personen ... zu unserm regiment im römischen reich geordnet, gesetzt und fürgenommen. reichsabsch. v. j. 1521 §. 1 (2, 172); die fürgenommene und geordnete hauptleut. erklär. des landfr. v. j. 1522 31. II. intransitiv gesetzt. 1) zuvorkommen, hindernd oder vorbeugend vorauskommen. fürnemen et vornemen, anticipare, praeripere. 1364. mit dat. der person oder sache: wo nun solche kranckheiten seind, so soll der artzet auch ein wissen darvon haben, dasz also wirdt müssen fürgenommen werden dem zorn. 1, 702c. 2) sich herausnehmen, sich gröszere freiheit erlauben als zukommt oder zusteht. presumere, furnemen, vermessen. Eychman q iijb. vgl. fürnehmigkeit 1), fürnemischheit und fürnehmung. 3) darauf bedacht sein, darauf aus sein. mit einem eine absicht bezeichnenden satze: alsdann soll der hauptmann in dem bezirck, da die thäter, ihre helffer oder anhänger wohnen oder seynd, mit samt seinen zugeordneten, zusammen kommen, rathschlagen und fürnehmen, damit der landfried gehandhabt und die beschädiger gestrafft werden. reichsabsch. v. j. 1512 §. 8; rathen, fürnehmen und helffen, damit solch urtheil vollnzogen werde. ebenda §. 9. übrigens kann dieser satz auch durch einen inf. mit zu oder um zu gebildet sein. III. reflexiv sich fürnehmen. 1) in der vorhin unter 6) angegebenen bedeutung von fürnehmen. hier steht das reflexive pronomen im dat. und als object der acc.: ich neme mir keine böse sache fur. ps. 101, 3; ich hab einen tag der rache mir furgenomen. Jes. 63, 4; nim dir etwas fur zu erbeiten. Sir. 31, 27; der ihm viel fürnimmt, aber bald müd ist. 2, 118a mit einem satze statt des als object stehenden acc.: doch hab ich mir fürgnommen heut, und haben da mit hertzenleidt [Bd. 4, Sp. 778] günner waren, doch in fürnamen und sich ... berieten im eyn schalckheit ze thn. 401, 25; ich habe mir furgenomen ein haus zu bawen. 1 chron. 29, 2; wenn einer aber jm fest furnimpt ... und beschleusst solches in seinem hertzen, seine jungfraw also bleiben zu lassen, der thut wol. 1 Cor. 7, 37. weil ich (Witzel spricht) mir fürgenummen hab, den Luther anzugreiffen. wider Witzel K 5a; fürnam jhm auch in disen nöten ich het mir fürgenommen auffällig mit acc. des reflexiven pronomens statt des dat.: hielte ich darfür mich mit gegenwertigem schreiben nichts ungefügtes fürzunemmen. ehzuchtbüchlein 2; ihr nam (hab ich mich fürgenommen) dem hab ich also nachzkommen darum hab ich mich fürgenommen, In gleichem sinne, wie sich fürnehmen, steht für sich nehmen: welches alles keyserliche mayestat gesehen unnd gemerckt haben, hat er für jn genommen, solches zu rechen. röm. kaiserl. maj. glück und sieg wider den herzog von Cleve ija, = sich fürgenommen. auch mit vollständigem satze statt des durch einen inf. mit zu gebildeten: Arsace hat für sich genommen, mag feuwer nicht tödten, so sol es doch an stricken, schwerdt und wasser nicht fehlen, und solte man ein unerhörte neuwe pein und todt erdencken. buch d. liebe 217, 2. 2) sich denken, sich vorstellen, sich einbilden: wer da im glauben zweivelt, der neme es im nicht für, das er etwas von gott empfahe. 1, 87b; wir müssen nicht, wie die rottengeister, uns fürnemen, das uns gott on mittel und on sein wort im hertzen tröste. 5, 50b; dann es sind vil wort in der geschrifft, die mögen zogen werden auf den synn, den jm ein yeder fürnimpt, es msz aber nit also sein. J. Eck christenliche unterricht (Ingolstadt 1533) 14a. nempt euch für ein schlacht, darinn zwentzig tausend mann geschossen mit pfeilen und kuglen werden. 1, 713a. 3) sich vorweg nehmen, vorweg an sich nehmen. mhd. dër dritte (nemlich finger, der mittelfinger) heiʒet ungezogen wande ër îlit sich furnëmen, 4) ahd. sih fure nëmen hat die bedeutung: sich hervorthun, sich auszeichnen, hervorragen, praecellere, eminere. N. Boeth. 68. 101. 191. nhd. furgenger oder furgeender oder furnemender, principalis. voc. theut. 1482 i 6a. vgl. DWB fürgänger 3), fürgehen 4) und fürnehm. in dem sinne ist fürnehmen später erloschen. Zum schlusse noch die bemerkung, dasz das part. praet. mundartlich auch fürgenummen lautet.
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