Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm ![]() | ![]() ![]() ![]() | |||
wiegegeld bis wiegenband (Bd. 29, Sp. 1524 bis 1547) | ||||
| ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() [Bd. 29, Sp. 1525] im konsonantismus zwischen -g- und intensivierendem -ck- (nd. -gg-) und in der ableitung zwischen einfacher schwachformiger bildung und der mit iterativ-diminutivem l-suffix. da ein verbum wigen fehlt (2wiegen ist mit diphthongischem -ie- zu wiege gebildet; vgl. aber lautspielendes wigen, wagen 52, 13 H.-Schr.), ergeben sich neben wagen (s. d. I, teil 13, sp. 289) die reihen wacken, wageln, wackeln und wicken, wigeln, wickeln (s. teil 13, sp. 215, 377 und 209 sowie oben 3wickeln, wo auch das nur mundartl. vorkommende wicken erwähnt ist [dazu nl. wikken 72114a ]; vgl. noch nl. waggelen und wiggelen, engl. waggle und wiggle). offenbar gehen alle diese bildungen von wagen aus, die i-formen mit sekundärablaut, vgl. vokalspiele wie wigen, wagen (s. o.), wickeln und wackeln (s. 3wickeln) und wigelwageln 'hin- und herschaukeln' (im nd. verbreitet, vgl. wickelwackel sp. 855f. und wygelwageln Osnabr. 387; wiegelwageln schlesw.-holst. 5, 625; wig l wageln brem.-ndsächs. wb. 5, 251; Oldenburg 132a; Göttingen 297 usw.; in Wien: wiglwgl 'zweifel, unentschlossenheit' 189; vgl. noch wiegelwagel als namen des pirols unter wiedewal). zu beachten ist aber, dasz wigeln sehr leicht an wiege und wiegen angelehnt oder ein wiegeln hierzu gebildet werden konnte. wie nl. wiegelen zweideutig ist (vgl. etym. wb. d. nl. taal 792b nebst suppl. 194b), so ist auch für nhd. wiegeln nicht zu entscheiden, inwieweit es gedehntes -i- oder monophthongiertes -ie- enthält. mundartl. findet sich (mit -ī- aus -i-) weīgelen 'schaukeln' neben weigen 'wiegen, schaukeln', weige 'wiege' (-ei- aus -ie-) Waldeck 112b, entsprechend weiγələn (diphthongiert) neben wēγən, wēγə Rhoden 283; der einzige mhd. beleg zeigt -ie- (wiegelônde, s. u. 1); dagegen steht -i- in keuuigilit (11. jh.) ahd. gl. 2, 409, 56 St.-S., das aber vielleicht gar nicht hierhergehört (es übersetzt instruit 'unterrichtet' Prudentius, passio Cypriani 106. der genauere sinn des deutschen wortes ist unklar). 1) allgemein 'schwankend bewegen' (intrans. u. trans.); swancken, wagen, waglen, wiglen vacillare, titubare, tremere v. Teuth. 388b; wiegeln in wiegende bewegung versetzen, wiegen steir. 632b: wiegelônde gân 11, 34 in: schweiz. minnesänger 184 Bartsch; (von vögeln, vgl. 2wiegen 5 c:) in ästen sich zu wiegeln qu. v. j. 1854 bei wb. 2, 507; olls niegelts und wiegelts, der wellen die des himmels bilder wiegeln 2) bei schweiz. autoren ein kind wiegeln: singend speiszt sie den säugling, wieglet ihn sanft, bis er wieder entschläft s. w. 8 (1927) 185, 31; (seine frau) die in dunkler ecke ein kind wiegelt und ein anderes säugt ges. schr. (1855) 5, 93. 3) nur lexikalisch belegt sind die folgenden auffassungen: wiegeln stampen, stooten van een schip op zee dt.-holländ. (1768) 420b; wiegeln vorn tiefer als hinten im wasser gehen dt.-frz. wb. 2, 1634; wiegeln etwas durch wiederholten druck aus seiner lage, besonders in die höhe bringen öcon. encycl. 239 (1857) 24. vgl. noch mundartl. wiegeln mit angestrengter kraft arbeiten obersächs. 2, 665a. ![]() ![]() [Bd. 29, Sp. 1526] obersächs. 2, 665a: wo jhr aber viel rahtschlagten zum feind zu ziehen, denn sol er (d. heerführer) etliche hauptleut zu gleichen fürnemmen wiglen, dasz sie jene vnterwegen erlegen kriegsb. 1 (1578) 178b; und wiegelte das gemeine volck wieder den raht, weszwegen er beim könige verklaget ward d. st. Dantzig hist. beschr. (1688) 260a; sie schürten und wiegelten denn auch dergestalt, dasz überall der aufruhr pochte drei königsstädte (1875) 1, 217; tiefen abscheu vor jenen wiegelnden und wühlenden menschen, die eine gute polizei subversive elemente nennt mann ohne eigenschaften (1956) 348. dazu auch wiegler, m.: neulich ist in Erfurt als wühler und wiegler Simoni verurteilt (1849) br. (1913) 556; wieglerisch, adj.: das demagogische gerede von wieglerischen elementen a. a. o. 102. im älteren 19. jh. scheinen solche verwendungen beliebt gewesen zu sein, s. weiteres bei wb. 2, 1600b; erg.-wb. 636a; vgl. auch frühnhd. wegeler teil 13, sp. 3084. — ![]() ![]() ![]() ![]() die jüngernhd. verben wiegen — wog — gewogen und wägen — wog — gewogen (selten wägte — gewägt) gehen gemeinsam zurück auf mhd. wëgen (wige — wac, wâgen — gewegen) 'bewegen', ahd. wëgan, got. gawigan, an. vëga, ags. wëgan, afrs. wëga, zur idg. wurzel *egh- 'bewegen' (näheres hierzu s. unter DWB wägen teil 13, sp. 422). beide nhd. wörter haben in der hauptsache nur noch die speziellen bedeutungen 'soundso schwer sein' (intrans.) und 'das gewicht eines gegenstandes (mit der waage) bestimmen', auch 'wertend schätzen' (trans.). die heutige allgemeine verbreitung der (landschaftlich bereits mhd. auftretenden) ausgleichspräsentien auf -i(wiegen) und -e- (wägen) ist das ergebnis einer schriftsprachlichen entwicklung im 17. und 18. jh., die sich nur auf schmalen mundartlichen boden stützt. auch die formen wog und gewogen, die hier und da schon im 16. jh. begegnen, sind erst seit dem ausgehenden 17. jh. allgemeingültig geworden, ohne mundartlich überall aufnahme gefunden zu haben. während das part. prät. gewogen (seit dem 15. jh. vorkommend) sich direkt gegen das ursprüngliche gewegen (im 17. jh. versiegend) durchsetzt, geht dem prät. wog, wogen zunächst ein wug, wugen (mhd. -uo-) voraus, das seit dem 13. jh. im md. auftritt, seit dem ende des 15. jhs. gegen wag, wagen ins obd. vorrückt und im ausgehenden 16. und älteren 17. jh. herrschend ist (anstelle des unter wägen sp. 425 für das 17. jh. gebuchten prät. ihr waget Judas [1687] 1, 20 [druckfehler] steht in anderen ausgaben die sinngerechte konjunktivform ihr wöget [1686] 1, 34; [1702] 1, 22). — zu dem nachstehenden überblick über die wandlungen des flexionsschemas ist die ausführliche darstellung der geschichte der einzelformen unter wägen, teil 13, sp. 424 bis 427, stets mit heranzuziehen; vgl. auch dt. gramm. 2, 230 f. und 233 (§ 168 nebst anm. 6). im 16. jh. ist im obd. noch die intakte mhd. vokalreihe wegen, wige — wag, wagen — gewegen sprachüblich, vgl. z. b. bei Wickram: wegen (inf.) w. 2, 263 lit. ver.; wigt (3. sing. präs.) 5, 8; wag (3. sing. prät.) 8, 199; wagen (3. pl. prät.) 3, 177; (du hast) gewegen 4, 75; bei Hans Sachs: wigt (3. sing. präs.) w. 21, 42, 29 lit. ver.; [Bd. 29, Sp. 1527] wag (3. sing. prät.) 11, 54, 21; (er hat) gewegen 12, 133 (neben wag auch wg, wugent, s. u.); bei Fischart mit ausgleich des vokalwechsels im präsens: wiegen (inf.) 2, 373 Hauffen; wieget (3. sing. präs.) ebda; wag (3. sing. prät.) Garg. 218 ndr.; wagen (3. pl. prät.) ebda; (ab)gwägen binenkorb (1581) 177a (neben wag auch wog, s. u.). daneben steht (vom md. auf das obd. übergreifend) die reihe wegen, wige — wug, wugen — gewegen, z. b. bei Aventin: wegen (3. pl. präs.) s. w. 4, 367, 32 bayer. akad.; wigt (3. sing. präs.) 4, 915, 20; wueg (3. sing. prät.) 4, 323, 19; wuegen (3. pl. prät.) 4, 49, 16; (hat) gewegen 4, 417, 7; bei Mathesius: wegen (inf.) Sarepta (1571) 166a; wigt (3. sing. präs.) 166b; wug (3. sing. prät.) 168a; wugen (3. pl. prät.) ebda; gewegen 166a (daneben gewogen 166b); bei Fronsperger: wegen (3. pl. präs.) kriegsbuch (1573) 1, 95a; wigt (3. sing. präs.) ebda; wug (3. sing. prät.) 3, 199a; dazu erwegen (part. prät.) 1, 95a. die geltung dieser im allgemeinen vorherrschenden flexionsweisen wird jedoch durch häufige vokalische schwankungen beeinträchtigt. Luther gebraucht in der regel die reihe wegen, wige — wug, wugen — gewogen, z. b.: wegen (inf.) 1. chron. 23, 3; (3. plur.) ps. 62, 10; wieget (3. sing.) Jes. 40, 12; wigt (3. sing) w. 10, 1, 1, 531 W.; wug (3. sing.) 1. Mos. 23, 16; 2. Sam. 14, 26; tischr. 4, 702 W.; gewogen 2. Sam. 18, 12; Esra 8, 33; tischr. 5, 31 W.; daneben aber -i- für -e-: wiegen (inf.) w. 7, 682 W.; er ... wige (konj. präs.) w. 8, 305 W.; auch -e- für -i-: du wegest (indik. präs.) Sirach 28, 29; als konj. prät. findet sich wöge (3. sing.) Hiob 6, 2. — das part. gewogen tritt sonst im 16. jh. zunächst noch selten auf, zu den wenigen unter wägen sp. 425 angeführten beispielen vgl. noch berichte 36 Wülcker (1521) und kriegsordn. (1595) 101; bei Mathesius wechselt -o- mit häufigerem -e- (s. o.). stärker machen sich die schwankungen im finiten prät. bemerkbar; so begegnet -u- neben -a- im Teuerdank: wug 85, 30; wag 7, 16 und bei Hans Sachs: wugent 7, 202, 6 lit. ver.; wag 11, 326, 13. -o- findet sich neben -a- in der Zimmer. chron.: wog 21, 191; wag 274 und bei Fischart: wog w. 1, 160 Hauffen; wag Garg. 335 ndr.; später dann -o- neben -u- bei Rollenhagen: wog froschm. (1621) O 3a; wug N 6b; bei Grimmelshausen: wog Simpl. 285 Scholte; wug (la. derselb. stelle) 1, 350, 8 Kurz; (dazu gewogen Simpl. 247 Sch.); bei Zesen: erwoog Ibrahim (1645) 1, 417; wug Simson (1679) 206. im präsens tritt durchgeführtes -i- oder -e- neben dem ungleich häufigeren lautwechsel im 16. jh. nur wenig hervor. wi(e)gen findet sich seit dem 12. jh., zuerst im rheinfränk. und auch später namentlich im westmd., z. b. vielfach bei Diefenbach gl. s. v. appendere, compensare, equipensare, librare, pensare, ponderare, taxare, trutinare (vgl. DWB wägen sp. 424). ausgleichsformen auf -e- begegnen nur ganz sporadisch (s. ebda). im mittelfränk. (s. u.) beheimatetes weigen, z. t. mit sekundärablaut nach der i-reihe, s. unter DWB wägen II 4, sp. 426 (mhd. wigest, wiget scheint hier zu wîst, wît kontrahiert, das -î- auch in die übrigen präsensformen verschleppt und diphthongiert worden zu sein); vgl. noch weich (3. sing. prät. trans. u. intr.) Karlmeinet 447, 49 u. 51 Keller; hait zusammen gewiegen 27 loit silbers bei Siegerl. 313; wygen (trans.), weych (prät. intr.) historij des beleegs von Nuys (1476) 482 u. 486 Meisen. die frühnhd. verhältnisse in der präsensbildung sind, wie der folgende überblick zeigt, mundartlich bis in die neuere zeit bewahrt geblieben. im obd. und im nd. hat sich sehr weitgehend der alte lautwechsel erhalten (einzelne abweichungen s. u.), vgl.: wägen, wīg (-š, -t) schwäb. 6, 345; wäge, wig, wigsch, wīgt etc. Basel 308a; i wige, mr wäge Aargau 285; ich wîk, mər wákə (Oberelsasz) elsäss 2, 796; ich wig, wir wegen bayer. 2, 871. — im nd. ist in der 1. pers. sing. -e- eingetreten: ik weg, du wiggst etc. schlesw.-holst. 5, 571; wegen, wigt id. Hamburg. (1743) 347; wäg, [Bd. 29, Sp. 1528] wiggst altmärk. 242b; wëje, wichst Nordharz 224b; wëge, (wögst und) wegst, wegt (ë < ë, e < i) Göttingen 291a. — im westmd. herrscht in einem binnenstreifen, der vom moselfränk. zum hessischen zieht, die form weigen: waiə(n), weiən (nördl. u. östl. Lothr.) Lothr. 535; weien wb. d. luxemb. ma. 480; nösn. weigen, moselfrk. weiən vgl. wb. 244b; weijen Trier 216b; weie pfälz. 150; weie Oberhessen 914. nördlich hieran grenzt ripuarisches woge (zu wooch, wooge 'waage', s. DWB wagen, vb., III, teil 13, sp. 393): Köln 293b; Aachen 263; Düsseldorf 269a. zwischen diesem westmd. -ei- und -o-gebiet und dem obd. und nd. geltungsbereich des e/i-präsens liegen beiderseits mundarten, in denen wiegen durchgeführt ist. der südliche streifen zeichnet sich im rhein-, süd- und ostfränkischen bis ins westerzgebirgische ab: wijə im nördlichsten Elsasz (damit identisch wēje im übrigen Unterelsasz) 2, 804b; wijə(n), win im südl. Lothringen a. a. o.; wie a. a. o.; wiige Rappenau 231; wiije Handschuhsheim 77b; wīche (wenn nicht swv.) Taubergrund 75; wiicən, wiing (westl. Erzgeb.) obersächs. 2, 665. im norden kommt -i- in südniederdeutschen und angrenzenden md. mundarten vor: wîgen westfäl. 324; wijje Siegerland 313b (in teilen des gebietes; daneben wēje, wie auch im köln. bei a. a. o.); weīgen Waldeck 112b; wijən Niederhess. 264; wiegen 'statt wägen' Kassel 87; wijen Teltow 281a; vgl. auch wiegeschale 'wageschale' Berlin 64. — für die ostmd. mundarten mangelt es an ausreichenden buchungen; vgl. noch wê (part. prät. trans. gewêd, intrans. gewójen) Thür. 252; wään (östl. Erzgeb.) a. a. o.; namentlich fehlen angaben für Schlesien, das in der jüngeren schriftsprachlichen entwicklung zuerst mit trans. u. intr. durchgeführtem wiegen hervortritt (s. u.). ausgleichspräsens zugunsten von -ie- oder -ä- findet sich schlieszlich noch neben dem e/i-präsens vereinzelt im ober- und niederdeutschen, vgl. ich weg etc. a. a. o.; wäg, wäggst, wäggt Mecklenb. 104; wëgen (trans.) neben wigen (intrans.) unter schriftsprachl. einflusz bei a. a. o.; vgl. ferner: 'wîgn und wègn werden beide für hd. wiegen und wägen verwendet' Kärnten 257; 'wiegen wird oft mit wägen verwechselt' Lief- u. Ehstl. (1795) 263. abweichende formen s. noch bei plattdt. maa. (1922) 92. die entwicklung zu dem jüngernhd. nebeneinander von wägen und wiegen, z. t. mit differenzierung in transitiven und intransitiven gebrauch, ist also ein überwiegend schriftsprachlicher vorgang, der aber infolge der landschaftlichen gegensätze bis heute zu keinem ausgeglichenen ergebnis gekommen ist. die im 17. jh. sich vollziehenden wandlungen des flexionsschemas genauer zu verfolgen, lassen die spärlichen belege dieser zeit nicht zu. jedenfalls verbinden sich mit dem ausgleichspräsens wiegen (für das e-präsens fehlen ausreichende unterlagen) anfangs noch unterschiedliche präteritalformen, vgl. wigen (inf.), gewegen (part. prät.), dazu das nomen agentis wiger (Weinheim 1489) oberrhein. stadtrechte 1, 395; Fischart gebraucht wiegen — wag (wog) — gwägen (s. o.); der zweite Frankfurter druck (1580) von Aventins bair. chron. hat wiegen (inf., statt wegen) s. w. 4, 367, 32; gewogen (statt gewegen) 417, 7; vgl. auch bei Sebiz wigt (imperat. plur. neben koordiniertem nemet) feldbau (1580) 16; wiget (3. sing.) 134 und dazu selten bezeugtes gewagen 197 (vgl. DWB wägen sp. 426). — immerhin läszt sich vermuten, dasz später das part. prät. gewogen (wohl durch Luthers sprachgebrauch nachhaltiger gefördert, z. b.: man hat dich ... gewogen und zu leicht funden Daniel 5, 27) mit dem ausgleichspräsens wiegen in ein festeres verhältnis trat, und dasz diese verbindung es nahelegte, schlieszlich auch wug, wugen durch wog, wogen zu ersetzen, so dasz das [Bd. 29, Sp. 1529] zeitweilig irregulär gewordene verb an die ablautreihe fliegen — flog — geflogen angeglichen wurde (zeugnis für deren einflusz scheint auch die form weugt [3. sing. präs.] bei Garzoni schawplatz [Frankf. 1641] 656b zu sein; daneben wieget ebda). andererseits finden sich aber ähnliche umbildungen auch neben unverändertem e-präsens bei heben (hub — gehaben > hob — gehoben) und weben (wab — geweben > wob — gewoben), und ebenso stellen sich denn die präteritalformen mit -o- zu dem ausgleichspräsens wägen, das, wie weben, zugleich ein schwaches prät. und part. prät. ausbildet. die belege des späteren 17. jhs. erwecken den anschein, dasz sich zunächst Schlesien und Obersachsen-Thüringen als zentren einer konsequenteren regelung gegenüberstehen, und zwar ersteres mit gänzlich durchgeführtem wiegen, letzteres mit differenzierung zwischen trans. wägen und intrans. wiegen. zwar findet sich bei Schlesiern des frühen und mittleren 17. jhs. noch wägen: es würde leichter wägen t. ged. (1698) 2, 94; auch, der späteren schriftsprachlichen unterscheidung entgegengesetzt, intrans. wägen (3. plur.) neben trans. wiegen (inf.) 665 und 323 lit. ver.; seit der zweiten hälfte des 17. jhs. hat sich hier aber offenbar wiegen gefestigt, so bei Lohenstein: wiegen (inf. trans.) Arminius (1689) 2, 1427a; wiegt (3. sing. trans.) türk. trauersp. 154 Just; wigt (3. sing. intr.) ebda 184; wiegen (3. pl. intr.) Arminius 1, 151b; soviel wiegendes silber 91b; bei Neukirch: wiegen (inf. trans.) ged. (1744) 669; 808; wiegt (3. sing. intr.) 149. auch wo allein die trans. verwendung bezeugt ist, wird nunmehr in der regel zugleich intrans. wiegen vorauszusetzen sein: wieg (imperat.) poet. übers. u. ged. (1701) verm. ged. 152; so auch später: die börse wiegend erz. schr. (1861) 18, 186. dem schles. gebrauch scheinen auch die nördlich anschlieszenden randgebiete zu folgen: wieget (3. sing.) poet. sinnenfr. (1677) 120; poet. vers. (1704) 133; wiegt (3. sing.) ged. (1789) 3; s. w. (1844) 1, 125. für teile des westmd. darf wohl gleichfalls wiegen vorausgesetzt werden, doch mangelt es hier an belegen; vgl. aber oben und unter wägen, sp. 424, frühnhd. wiegen in Frankfurter drucken, ferner in Lehmanns floril. polit. (Frkf. 1662) intrans. wigt 1, 352; wiegen 3, 35 und trans. wiegt 1, 35; 2, 954. — die obersächs.-thür. unterscheidung zwischen intrans. wiegen und trans. wägen ist weniger gut zu belegen. Stieler exemplifiziert: das kalb wiegt dreyszig pfund und sich wägen lassen, wie schweer man sey stammb. (1691) 2521; dazu stimmt bei J. E. Schlegel: wägt (3. sing. trans.) w. (1761) 1, 394; 4, 86. bei Lessing: wägt (imperat. pl.) 1, 137 L.-M.; wägen (inf. trans.) 2, 247; wieget (3. sing. intrans.) 2, 444. bei Thümmel: wägen (inf. trans.) reise 8 (1803) 59. als 'sächsisch' bezeugt wird die genannte unterscheidung durch einen zeitgenössischen schwäbischen grammatiker: 'ist disz wort ein neutrum, und heiszt: auf der wage schwer sein, so conjugirt man es in Sachsen: ich wige, du wigst ... etc. heiszt es, auf der wage untersuchen, wie schwer etwas sei, und ist mithin ein activum, so conjugirt man es: ich wäge, du wägst ... die wahre und kurze lehre disz wortes ist die: wegen, es sei activum oder neutrum, wird nur ... abgewandelt: ich wege (nicht wige oder wiege), du wigst ... das sächsische wigen, oder gar wiegen, wie sie es schreiben, beleidigt unsre ohren, und ist uns obendrein unverständlich' d. teütsche sprachforscher (1777) 1, 135 in: PBB 28, 381; vgl. auch als bair. zeugnis: 'ich wäge, du wiegst, er wiegt ... einige machen den unterschied, und sagen wägen sey das activum, wiegen aber das neutrum' orthogr.-gramm. wb. (1793) 305b. diesen landschaftlichen verhältnissen entspricht öfteres schwanken zwischen trans. -ie- und -ä- bei gebürtigen Oberdeutschen, z. b. bei Schubart: (du) wägst s. ged. (1825) 2, 78; wiegt (3. sing.) ebda 1, 258; 2, 70. bei Rückert: wiegen (3. pl.) ges. poet. w. (1868) 1, 24 neben intrans. (!) wägt (3. sing.) 2, 168 und trans. schw. partiz. prät. gewägt 1, 121 (aber intrans. gewogen 3, 180). vgl. auch bei Wieland: zu [Bd. 29, Sp. 1530] boden wägen ges. schr. I 22, 413; II 4, 374 akad.; zu boden wiegt I 10, 1, 15; er wiegt I 13, 236. dasselbe begegnet, infolge ähnlicher voraussetzungen, bei norddeutschen autoren; bei Goekingk: wägt (3. sing.) ged. (1780) 1, 17; wiegt (3. sing.) 2, 211; selbst intrans. wägen (inf.) findet sich bei patriot. phant. (1775) 1, 122 (dafür wiegen [1778] 1, 122); vgl. auch trans. du wiegest ird. vergnügen (1721) 1, 126 gegen wägt (3. sing.) s. poet. w. (1771) 2, 68. im übrigen wird von gebürtigen Niederdeutschen eher trans. wägen bevorzugt, vgl. bei Klopstock: wägt (3. sing.) w. (1798) 10, 106; dazu wog ebda; bei Kosegarten: wägst rhapsodieen (1790) 2, 7; bei Immermann: wägen (inf.) Münchh. 21, 141; bei Geibel: wägt (3. sing.) ges. w. (1883) 2, 238; wägend 4, 39; dazu wog 6, 10. indessen scheint bei den Schweizern des 18. jhs. wiegen durchgedrungen zu sein; zwar gebraucht Bodmer wegen (3. plur. intrans.) Noah (1752) 87; (inf. trans.) 89; dazu schwaches prät. sie wegte 305; doch findet sich trans. wiegen bei Haller: wieget ged. 16 Hirzel; wiegt 46; dazu gewogen 54; Zimmermann: wiegt einsamk. (1784) 2, 2; dazu wog 1, 59; Lavater: wigt br. an Philemon 1 (1785) 446; dazu wog physiogn. fragm. (1775) 1, 46 (vgl. aber: 'im schweizerischen schriftdeutsch ist der unterschied [zw. wiegen u. wägen] noch lebendig, und wer hier sagen wollte ich habe mich wiegen lassen würde ausgelacht werden' z. schweiz. schriftdeutsch [1892] 32). auch spätere Baiern haben trans. -ie-, vgl. wiegen (inf.) schr. (1895) I 7, 10; selbst in der mundartdichtung: wiegen (inf.) ged. 3, 25. diese landschaftlichen verhältnisse werden nun aber in der zeit der klassik und später von einer tendenz überlagert, in gehobener stilhaltung die differenzierung zwischen intrans. wiegen und trans. wägen durchzuführen. nach 5 (1786) 218 ist trans. (und intrans.) wiegen 'so wohl im gemeinen leben, als in der edlern schreibart üblich, wägen aber kommt nur in der letzteren vor'; wägen (wog, gewogen und 'zuweilen' wägte, gewägt) ist ebda 19 nur als trans. angeführt. hierzu stimmt Göthes wortgebrauch; er hat intrans. wiegt (3. sing.) gespr. (1889) 2, 290 Biederm.; dazu wog I 44, 32, 14 W.; gewogen IV 8, 88; trans. wägt (3. sing.) I 13, 1, 177, 22; dazu schwaches prät. (er) wägt' I 2, 188, 36; gewogen I 8, 271, 7; in umgangssprachl. ausdrucksweise jedoch auch trans. wiegt (3. sing.) I 47, 373, 17 (notiz); wiegen (inf.) I 31, 57, 22. (vgl. bei A. v. Humboldt: die wägbaren stoffe kosmos 5, 11, aber brieflich das wiegbare in: nachlasz 180, 10 Leitzm.). trans. wägen neben intrans. wiegen ist ferner nachzuweisen bei Schiller: wiegt 2, 91 G.; wägt 3, 141; wägen 11, 332; dazu wog 13, 179; gewogen 12, 57; J. G. Forster: wiegen s. schr. (1843) 2, 217; wiegt 8, 82; dazu wog 2, 343; wägt w. 9, 55 akad.; dazu wägte ebda; Klinger: wiegt neues theater (1790) 1, 117; wägen w. 2 (1832) 346; dazu wog 3 (1815) 195; Grillparzer: wiegt s. w. 20, 26 Sauer; wäg (imperat.) 5, 46; dazu gewogen 1, 226; C. F. Meyer: wiegt br. 63 L.; wägen Engelb. (151907) 44. — intrans. undtrans. wiegen findet sich noch bei Lichtenberg: wiegt (intr.) (1784) br. 2, 160 L.-Sch.; wiegen (tr.) ebda 330; verm. schr. (1800) 5, 16; Mommsen: wiegt (intr.) röm. gesch. 1 (21856) 585; wiegen (tr.) 1, 190; A. v. Droste-Hülshoff: wiegt (intr.) ges. schr. (1878) 1, 204; wiegt (imp. plur. trans.) 2, 296. für die umgangssprache darf in jüngster zeit trans. und intrans. wiegen als sehr verbreitet angesehen werden, während wägen sich nur noch landschaftlich hält. bedeutung und gebrauch. A. intransitiv 'soundso schwer sein, ein bestimmtes gewicht haben', wie wägen III 1, sp. 427; s. ebda die herleitung der bedeutung aus dem alten transitiven gebrauch von ahd. wëgan, mhd. wëgen für 'etwas bewegen, zu bewegen vermögen' (nämlich das gegengewicht auf der waage vermöge des eigenen gewichtes); die gewichtsangabe im akkusativ ist also ursprünglich echtes objekt. [Bd. 29, Sp. 1531] 1) in realer verwendung: wundert euch viel meher der schwäntz an den scytischen schafen, welche meher als dreissig pfund wigen Garg. 228 ndr.; das schwerste musz am meisten wiegen floril. polit. (1662) 3, 35; einen diamant ..., welcher roh dreytausend sechshundert pfefferkörner gewogen hätte Arminius (1689) 2, 412b; seine kleidung wiegt den drittel dessen, was sein gantzer cörper discourse d. mahlern (1721) 2, 175; erdbirnen ... da ein stück etliche pfund wiegt d. Leipziger avanturieur (1756) 2, 165; indem das gold neunzehnmal mehr als das wasser wiegt w. (1832) 7, 1, 192; sechzehn gefässe von gold, die 150 mark goldes wogen s. w. 5, 2 (1857) 41; draus hab ich ein paar ochsen angebunden, am vierten tage endlich gar dazu die seit dem frühnhd. geläufige, doch gegenwärtig wohl veraltende verbindung schwer wiegen 'schwer von gewicht sein' oder auch nur pleonastisch 'soundso schwer sein': welches rosz mehr silbers wehrt ist, dann es schwer wiegen mag buch d. liebe (1587) 22b; ja wiegt der beutel nur fein schwer, und kehrt in einem augenblick 2) häufig metaphorisch, namentlich in der wendung schwer wiegen, aber auch in zahlreichen analogen verbindungen und in prägnanter verwendung. a) schwer wiegen 'gewichtig, von groszer erheblichkeit sein, stark ins gewicht fallen' (vgl. schwerwichtig teil 9, sp. 2593, wofür heute gewöhnlich die zusammenrückung schwerwiegend gebraucht wird): ist einiges unglück unter der sonnen, dasz so schwer wieget als das meinige? d. friedewünsch. Teutschland (1648) 130; so steigt die schönheit der person ich hab in gleicher wage recht gewogen ein wort im streite musz so schwer nicht wiegen [Bd. 29, Sp. 1532] (1943) 1, 316; das dingliche eigentum wiegt schwerer als das geistige, und die versündigung an ihm ist moralisch schwerer N. Hartmann ethik (21935) 549. b) in entsprechender auffassung. α) namentlich leicht wiegen (in realer anwendung literarisch nicht bezeugt, aber umgangssprachlich oder landschaftlich zweifellos geläufig): o himmel, kann ich denn kein leichtes glück empfangen! β) so auch viel, mehr, wenig, nichts wiegen usw., desgleichen mit interrogativem was: drauff bleibet zwischen ja vnd nein disz fräwlein stehen, γ) öfters in mehr bildlicher ausdrucksweise: der hunger, welcher pfündig wieget, auf! kronen wiegt des flüchtigen augenblicks δ) mit wiegen (gewöhnlich: auch mit wiegen) 'gleichfalls von gewicht, von bedeutung sein': bei den weibern zählt einer wenigstens mit, wiegt er auch nicht mit. sie schätzen die courmacher nach der zahl, nicht nach dem gewichte gespr. (1889) 2, 290 Biederm.; ich und mein gefolg' — wir wiegen auch ja mit altsächs. bildersaal (1818) 1, 340; in einer moralischen untersuchung über schuld und unschuld wiegt auch eine absicht mit A. einsetzung e. königs (1950) 431. ε) prägnant wiegen 'gewicht und geltung haben': ist der gesang ein feiges spiel geworden? [Bd. 29, Sp. 1533] c) dieselben oder ähnliche wendungen begegnen mitunter auch in abgewandelter auffassung (schwer wiegen ist hier gleichfalls am häufigsten). α) von persönlichkeiten, auch leistungen o. ä., auf deren gewichtigkeit, bedeutung, inneren gehalt oder äuszere wertschätzung bezogen: denn grosse leut die feylen auch, β) etwa wie 'lasten' (bes. auf dem gemüte jmds): sie können nicht glauben, wie schwer meinem herzen dieses vermeynte opfer wiegt frl. v. Sternheim (1771) 2, 180; alles was noch in mir wog und zog, waren einige schwere gedanken ... über wichtige puncte des vergangenen so wohl als künftigen lebens verm. schr. (1800) 5, 432; dem wandrer wiegt B. transitiv 'das gewicht eines gegenstandes ermitteln'; sicherlich desselben ursprungs wie A, nur in reziproker auffassung, nämlich 'etwas (durch gegengewichte bekannter schwere) zur bewegung bringen'. vgl. DWB wägen III 2, sp. 430. 1) in realer verwendung. a) den gebrauch der waage voraussetzend: sollen alle linwober ... haben ein rechte gewichte, damit sie dann den luten ire garn wiegen (Miltenberg 1379) oberrhein. stadtrechte 1, 314; rechenmeister sollen allen wesselern und wigern lassen verbieden, nymantisz silber, perlin oder golt zu wigen, sunder solichs sollen die wigen, die der rad darzu beschieden und daruber gesworn han (1444) Frankf. berufswb. 114a; 'so wiegets, dasz ich wisz den kauff.' wie viel hat ein loth tabac rauch? die asche kanstu wiegen; er (Newton) wiegt die innre kraft, die sich im körper regt, [Bd. 29, Sp. 1534] dazu gegen etw. wiegen zu einem gegenstand einen anderen des gleichen gewichtes mit der waage ausmitteln: packt den Juden, wiegt ihn gegen ein schwein! ges. schr. (1878) 2, 296 (wohl verbreiteter, vgl. DWB wägen III 2 b, sp. 432). — sich etwas klingend wiegen lassen (bildlich) 'es sich in barer münze bezahlen lassen' (auf den altertümlichen brauch, geldmengen nach gewicht zu bestimmen, anspielend, vgl. DWB wägen III 2 b, sp. 431 und klingen II 1 d, teil 5, sp. 1183): auch habe er sich die gebete um segen für die lebendigen ... klingend wiegen lassen schr. (1895) I 7, 10. b) vom abschätzen des gewichtes in der hand (vgl. DWB wägen III 2 c, sp. 432). α) prägnant: er wiegt und wählt aus einem haufen speere er wiegt den stock, und denkt bei sich: β) gebräuchlich ist in (mit) der hand wiegen: holdselig lächeltest du, als ich deine langen glänzenden haare bewundernd ... in meinen händen wog w. (1811) 1, 90; sie ... wog es (ein paket) in der hand und glaubte ein gewaltiges messer gefunden zu haben erz. schr. (1861) 3, 150; wog er den vogel mit freier hand und nannte die zahl der pfunde, auf die er ihn schätzte schlosz Hubertus (1917) 469; manche mahlen das korn der vergangenheit und wiegen das mehl in ihrer hand missa sine nomine (1950) 145. γ) hierbei kann sich leicht die schwache flexion einstellen, wenn die redensart auf den bewegungsvorgang bezogen und daher als anwendung von 2wiegen (denominativ zu wiege 'cuna') aufgefaszt wird (s. d. und vgl. weitere bedeutungsmischungen unter 2 b): als herr Ehrenthal das document nachlässig in der hand wiegte ges. w. 4 (1887) 49; er wiegte die tatzen des toten (bären) prüfend im arm; juhuhu, das wird ein festschmaus ges. w. (1907) 2, 159. 2) übertragener gebrauch (a, b) und abweichende verwendungen (c, d). a) 'wertend abschätzen', seit alters geläufig (gern auch unter dem konkreten bilde der waage), jedoch wird in modernerer sprache hierfür wägen bevorzugt (s. d. III 2 d, insbes. ε, und vgl. DWB erwägen, das jüngernhd. keine bildung mit -ie- neben sich hat): wer kan nach rehte daz gewigen Elisabeth 8378 lit. ver.; drumb lasset dem Luther tzu, das er der concilien gesetz wige nach dem euangelio 8, 305 W.; also wurden auch die tapfersten überstimmet, wie es insgemein zu geschehen pfleget, wo die meynungen gezehlet, nicht gewogen werden Arminius (1689) 1, 59b; er (der nachruhm) wieget nicht den werth der dinge, er (d. geschmack) lehret einen geist, was schön ist, schnell empfinden, [Bd. 29, Sp. 1535] 330; man musz sie (die menschen) nur mit dem krämergewicht, keineswegs mit der goldwage wiegen Göthe I 31, 57 W.; je sorgfältiger man dieses alles untersuchet und wiegt, desto eher erhellet das wahrhaftig gute der einsamkeit über d. einsamkeit (1784) 2, 2; er (Scipio) wog Roms schicksale im stillen ebda 1, 59; wer legt den jammer meiner tage, α) speziell worte wiegen (vgl. DWB wägen III 2 d ζ): der die wahrheit der worte wiegen konnte, fühlt jetzt blosz ihre glätte verm. schr. (1800) 5, 16; alle seine thaten und worte wigt er (der christ) vor dem auge des allgegenwärtigen und allerheiligsten brief an Philemon (1785) 1, 446; wer kann jedes wort wiegen? sämmtl. dram. w. (1827) 1, 209. β) in opposition mit wagen, wofür heute wägen und wagen gebräuchlich ist (in den beiden ersten belegen liegt noch der reguläre imperativ zum e/i-präsens wegen vor): nit wigs, wags sprüchw. (1545) 1, 22b; ehe wigs, dann wags sprichw., schöne weise klugreden (1548) 42a; wagen thuts offt besser als wiegen floril. polit. (1662) 2, 875; gut ding musz haben gute weil, γ) in der koppelung wägen und wiegen: im wägen und wiegen und abschätzen der sünden binenkorb (1581) 105b; o herz, was hilft dein wiegen und dein wägen b) verschiedene anwendungen gehen von der vorstellung der ausgewogenheit oder des pendelnden gleichgewichtes aus. im letzteren falle liegen übergänge zum sinn des schwachen verbums 2wiegen nahe (s. u.α u. γ). im übrigen kann hier neben der transitiven auffassung auch die intransitive eintreten. — singulär begegnet noch (an den begriff der quantitierenden metrik angelehnt): so lang ich meinen vers nach gleicher art gewogen, α) auf sehr unterschiedliche zusammenhänge beziehen sich formulierungen wie etwas gleich wiegen, gleich gewogen sein u. ä.: unz er (Pilatus) dar was gestigen (sc. dem range nach), wiege zwischen kälte β) gegeneinander wiegen 'miteinander auswiegen, ausgewogen sein', von den teilen eines ganzen; ähnlich auch in prägnantem partizipialen gebrauch: darum hat er (der [Bd. 29, Sp. 1536] mensch) diese, nicht mehr und nicht andre sinne — alles wiegt gegen einander! ist ausgespart und ersetzt! mit absicht angelegt und vertheilt 5, 69 S.; wie helle er (Shakespeare) in die seele gesehen, und seelen gemahlt! umstände und gegenumstände zusammen und gegeneinander gewogen, dasz der getäuschte leser gleichsam das gesetz der fatalität empfindet ebda 242; weil in ihm (dem Straszburger münster) so vieler menschen werk so einträchtig und geschlossen und gewogen auf festem grunde steht (1822) ges. br. (1858) 3, 36. γ) die verbindung hin und her wiegen neigt in der auffassung mehr zum schwachen verbum 2wiegen (s. d. 7); hier sind nur die verwendungen im sinne von 'erwägen, abwägen' (bedächtig oder unentschlossen) anzuführen (vgl. a): edel-ernst, ein halbthier liegend, c) nur ganz selten ist die unter wägen III 3 e angeführte bedeutung 'mit hebelkraft behandeln' auf wiegen übergegangen; sie musz wohl etwas weiter gefaszt werden, etwa 'einen unwiderstehlichen druck oder zug ausüben, wuchten' u. dgl.; hierher gehören: (der esel des ziegelstreichers klagt:) jetzo mit der kraft des stranges d) vereinzelt findet sich auch wiegen 'foltern', wie wägen III 3 f (s. d. und vgl. DWB wiege 3 a β für ein folterinstrument, statt wage): glich als ob man ein wygt, vntz das er sagen müs was man will (glosse) Terenz (1499) 69a (als ob er in an die wag füren wolte, die warheit vsz ym z bringen ebda). ![]() ![]() [Bd. 29, Sp. 1537] du solt es heben und legen, siben stein sint si wider legende vereinzelt begegnen formen des starken verbums; wohl durch reimzwang (vgl. aber weigen — gewiegen unter wägen, teil 13, sp. 426 und 1wiegen sp. 1527): ich bin zuvor auch schon mit dieser wieg gewigen, nicht zum swv. wiegen (obwohl den späteren verwendungen unter 4 c und 5 ähnlich) gehört die in der älteren theol. literatur vielfältig zitierte übersetzung der bibelstelle Ephes. 4, 14: auff das wir nicht mehr kinder seien, vnd vns wegen vnd wigen lassen von allerley wind der lere (κλυδωνιζόμενοι καὶ περιφερόμενοι) bibel 7, 119 Bindseil; wägen und wiegen tischr. 6, 338, 72 W. es handelt sich hier um ein lautspiel (s. o.) der beiden bei Luther möglichen infinitivformen des stv. wegen 'bewegen' (s. 1wiegen), vgl.: last euch keynen andern wind der lere bewegen 12, 149, 27 W. spätere zitate in der form wegen (-ä-) und wiegen: kirchenordn. f. Braunschw. (1569) 16; evangel. censur (1640) 7; catech.-milch (1657) 1, 8; pred. f. landvolk (1776) 3, 134. in freierer aufnahme u. a.: ob schon dein schmertz vnd eigen hertz das ursprünglich transitive wiegen wird in übertragenen anwendungen vielfach auch reflexiv gebraucht (z. b. sich in träumen, in hoffnungen, in sicherheit wiegen, s. u. 3 c—e); in den verwendungen für '(sich) schwankend bewegen' wechselt die transitive mit der reflexiven und intransitiven fassung bei verschiedenster rollenverteilung der substantivischen satzglieder (s. namentlich 4 und 5). 1) ein kind durch sanftes schaukeln (der wiege) beruhigen oder einschläfern. a) 'cunare, ein kind in der wiege wiegen' (auch eine wiege wiegen kommt vor, s. u. Herder); incunis an wage do man kinde in wyeget (15. jh., md.) gl. 293b; wiegen, die wiege bewegen bercer t.-frz.-it. (1616) 413b; das kind wiegen cunare un bambino t.-ital. 2 (1702) 1347a: darna nicht langhe ... starff Maumetes de Turke, keyser van lutken Asyen unde Greken ...; he was eyn grymmich louwe unde en strytbaer vorste, men nu weget he deme duvel syne kyndere (ende d. 15. jhs.) Lüb. chron. 2, 426 Grautoff; rumpfft sie die nassen und spricht: ach, solt ich das kind wiegen, die windell wasschen (1522) 10, 2, 295 W.; so das kind geseugt ist vnd man es schlaffen legt, so sol man es gemechlich wiegen hebammenb. (1580) 218; denn der augenschein gab es fast, als ob sie in [Bd. 29, Sp. 1538] kurtzen was solte zu wiegen bekommen legation (1638) J 2a; klapperstorch, langbein, der himmel segne sie (d. ehepaar) mit ehre, gut, vergnügen, mutter, mutter! meine puppe b) auf den knien, auf dem schosze, in den armen wiegen: der herr der menschen und der götter dreyen söhnen gaben wir bräute, wir wiegeten fröhlich selig, welchen die götter, die gnädigen vor der geburt schon denk nicht an den alten Douglasneid, 2) in einigen mehr gelegentlichen bildlichen auffassungen. a) der himmel wiege dich mit seiner seegenshand (1714) wer dem herrn am herzen lieget, sanft wiegte dich bis heute dein geschick b) meine phantasie c) der abend wiegte schon die erde 3) sehr verbreitet ist ein übertragener gebrauch des typus in den schlaf, in träume wiegen oder sich in träumen, in hoffnungen wiegen. a) vorweggenommen sei eine abweichende verwendungsart, bei der eine gemütsregung als subjekt steht; nur vereinzelt in frühen belegen: wen blinder eifer wiegt, dem traumet von unglücke Octavia (1677) 2, 555: [Bd. 29, Sp. 1539] du weiszt, dasz menschen sich nicht recht entmenschen können, den beklommnen mutterbusen wiegen b) in den schlaf, zur ruhe wiegen; anfangs öfters in bildlichen auffassungen: vnterdessen wiegten die ausz der schantz manchen Spanier in den ewigen schlaff teutscher nation weish. 3 (1653) 50; Chach ward nach langem wüten wo grüne dunkelheit uns in den schlummer wiegt lispelt leise süssen frieden, selten ist hier, im gegensatz zu c und d, reflexiver gebrauch und in mit dativ: Lisette wiegte sich in süszer morgenruh poet. schr. (1763) 2, 8; ein stilles, schon in nächtlicher ruhe sich wiegendes dorf zauberer v. Rom (1858) 1, 77. c) (sich) in träume wiegen 'in träumereien', seltener soviel wie 'in schlummer': und nun die grimme noth die grüne nacht belaubter bäume wann erst die mitternacht um den tyrannen liegt ziemlich gebräuchlich auch in der präpositionalen verbindung mit dativ sich in träumen wiegen 'sich angenehmen vorstellungen hingeben', auch 'selig schlummern'; daneben mitunter transitiv; älter öfters mit träumen: du (gott) wirst mich wohl in süssen träumen wiegen sämtl. trost- u. geistr. schr. (1740) 1, 1162; wie weit sein hochmuth flieget, so waren jene träume, [Bd. 29, Sp. 1540] d) vom vorigen aus mit den verschiedensten beziehungswörtern, die angenehme oder beruhigende vorstellungen bezeichnen; hier überwiegt der dativ des präp. objekts bei meist reflexiver fassung des verbs (häufig besonders sich in [mit] hoffnungen wiegen): sein irrthum wieget ihn in diesem sichern hoffen, heut abend wieg ich mich im grundbesitz! erst sich in geheimnisz wiegen und wiegst dein herz in bitterm weh der akkusativ tritt, namentlich in jüngster sprache, weit zurück: das menschliche gemüth in neue lust zu wiegen e) noch hervorzuheben ist die in neuester zeit häufige wendung sich (jmdn) in sicherheit (meist dat.) wiegen: er solle sich ja nicht in falsche sicherheit wiegen lassen ges. schr. (1875) 15, 52; sie waren obenauf gewesen und hatten sich in sicherheit gewiegt d. untertan (1949) 495; sie wiegte sich nun in tiefer sicherheit geschw. v. Neapel (1931) 140; aber jetzt erkannte Nero selber, der sonst in der glücklichen sicherheit des verrückten sich wiegende, dass es aus war d. falsche Nero (1947) 341. 4) wiegen von der beim fahren und reiten entstehenden bewegung, ferner vom wogen des wassers und vom schwanken der wasserfahrzeuge, vgl. in einer kutsche oder schiff gewiegt werden t.-ital. 2 (1702) 1347a. a) wan sonn sich wider bieget, [Bd. 29, Sp. 1541] man durfte kaum die trense rücken, in eines streithengsts bügeln möcht b) nicht oft: vermutlich ist, dass das meer von einem strand sich zu dem andern, wiewol weitentfernet, gegen über waltze und wiege frauenz.-gesprächsp. (1641) 8, 501; wenn die rollenden wellen in dem glanze der abendsonne wiegen w. (1809) 1, 309; wo zum Rheinstrom hin von Siegen c) häufig dagegen: wie ihn des schicksals hand die welle wieget unsern kahn wehe dem fahrzeug, das jezt unterwegs und weiszt du was ne gondel ist süss lieb, süss lieb und wiege dich fein 5) vielfach von bäumen und zweigen im winde und von vögeln im fluge oder auf schwankenden zweigen, hiernach auch vom winde. a) vom schwanken windbewegter bäume, zweige, halme und blumen: der leichte zephyr küsste schwankend wiegen rauschend wiegt [Bd. 29, Sp. 1542] wo die ... tannen sich vom sturm hin und her wiegen lieszen s. schr. (1843) 7, 232; und disteln wiegen das bärt'ge haupt ged. (1817) 1, 99; da sang es im wiegenden kelch (einer blume) schr. (1828) 17, 276; wie dort, gewiegt von westen entsprechend: golden wiegten sich die locken wie ein sternenpaar das schwert, die harfe, wiegten auch: wie, vom zephyr gewiegt, der leichte rauch durch die luft schwimmt noch ein glöcklein hat geschwiegen und ihr, wachset und blüht, geliebte lieder, und wieget reifende früchte werden gewiegt wie kinder: sanft gewiegt von lauen westen ein ast der schaukelnd wallet b) vom flug der vögel und schmetterlinge: zuweilen wendet sich der reiger mit seinem gantzen leibe (gegen den angreifenden falken) und schwebet oder wieget mit ausgespannten flügeln, als mit einem segel, in freyer luft Noel Chomel öcon.-physic. lex. (1750) 8, 233; nun wiegt sich der raben der schmetterling wiegt purpurflügel wie der weih des gebirgs ... und der habicht, jetzt gewiegt [Bd. 29, Sp. 1543] (schmetterlinge, die) sich schwankend wiegten Leberecht Hühnchen (1899) 186; wie ein falke, der sich im äther wiegt Ingeborg (1911) 326. — mitunter auch: hier wiegen sich schmerlen im tosenden fall (1795) volksthüml. lieder d. Deutschen 167 Böhme. c) sich auf zweigen wiegen (o. ä.), von vögeln und vergleichbaren wesen: wenn ihr (tauben) euch auf schlanken ästen wieget und Eros, wenn auf neubelaubten ästen kaum erwachet der tag, so erfleucht an des hellen stromes ufer sie war wie von der nachtigall geboren d) von der bewegung des windes, wie von flugwesen (vgl.b und c), gewöhnlich sich wiegen: ein sanfter wind wiegte sich auf den zarten zweigen s. w. 5, 19 Sch.; geisterwehn von alten sagen wiegt sich durch die ... flur w. 2, 101 Hempel; wenn der mittagswind sich leise wiegt d. Günderode (1840) 1, 120; wieget er hat sich gewiegt, e) als ungewöhnlich sei hier noch angefügt: bis von der wunden macht besiegt, 6) von bewegungen des menschlichen körpers, oft in redensartlichen verbindungen; hieraus abgeleitet auch von musikalischen erscheinungen (d). a) ähnlich wie unter 5 c vom schaukeln auf schwankender unterlage, namentlich sich auf dem stuhle wiegen: er wiegt sich auf dem stuhl, und läutet mit den füssen verm. w. (1754) 167; ein paar hielt sich mit den händen fest und ein bauer schlüpfte unten durch, oder wiegte sich darauf Siegwart (1777) 1, 211; dabei wiegte er sich auf dem schemel mit einem gar vergnügten gesicht hosen d. hrn v. Bredow (1846) 1, 137; indem sie ... ihre leichte gestalt auf den losen brettern wiegte s. w. (1899) 1, 92. [Bd. 29, Sp. 1544] b) sonst in unterschiedlichen auffassungen: sie verachtet die Pariser theatergrimassen, das tragische schluchzen, das wiegen der arme, und den heldinnentritt schr. (1779) 1, 93; der marchese ... wiegte sich von einem fuss auf den andern I 43, 269 W.; erhob er sich vom stuhl, wiegte sich in den neuen schuhen und ging eifrig einige male auf und nieder ges. w. (1889) 4, 129; die hände auf dem rücken, wiegte er sich behaglich in den knieen s. w. (1899) 2, 45; Gustav wiegte seinen schlanken oberkörper ersichtlich in dem bewusztsein, ein hübscher kerl zu sein Büttnerbauer (1895) 2; (er) wiegte sich lächelnd auf seinen langen beinen adel im untergang (1947) 386. c) besonders vom tanz und ähnlichen bewegungen des ganzen leibes: hand in hand wiegen sie sich meerfrauen mit gesang und spiel d) entsprechend von der bewegungsart musikalischer tonfolgen: (die jetzigen tonkünstler) wiegen sich auf einem seil von tönen in der luft 15, 236 S.; sein strich hat so viel delicatesse und wiegende anmuth ästhetik d. tonkunst (1806) 144; eine zither war es ..., die töne wiegten sich und schwollen und wurden ein gewimmel, und plötzlich sang eine männerstimme darein s. w. 1 (1904) 145; insbesondere haben die mädchen eine hohe stimmlage und überlassen sich gerne dem weichen wiegen und trillern des tons (beim sprechen) drei sommer in Tirol (1895) 2, 230; die worte (alter wiegenlieder) fügen sich weniger dem sinn als dem laut und dem wiegenden rhythmus nach zusammen Bach (1948) 5; das rezitativ 'die schlange, so im paradies' wird durch wiegende passagen begleitet ebda 539. e) redensartlich den kopf wiegen, gewöhnlich als gebärde der bedenklichkeit; schon mhd. wird diese verbindung mit dem sw. vb. wegen (*wagjan) gebildet: er wegetez houbet unde sprach ihr macht mich nicht zum schwachen, blinden narrn, wenn alle tanzend fliegen, [Bd. 29, Sp. 1545] tun bekommen, sagte der doktor, indem er auf die süszigkeiten wies und den kindern drohte. dann hob er mit wiegendem kopf ein gediegenes gerät für salz, pfeffer und senf empor Buddenbrooks (1922) 1, 21; den kopf nachdenklich wiegend d. schlaf. heer (1904) 1, 70; dann wiegte sie feindselig den kopf. nein, bedeutete das quelle v. j. 1931. f) sich in den hüften wiegen: süss, sirene, auf der hüfte g) partizipial wiegender gang, schritt (vgl. wiegegang, wiegeschritt): solch ein wiegender gang sämtl. ged. (1802) 2, 213; das pferd ... ging in wiegendem schritte weiter erz. schr. (1861) 4, 81; obwohl ihr gang noch immer der leichte, wiegende der frauen jener gegend war E. die da kommen u. gehen (1909) 274; wenn herr Hugo Weinschenk ... wiegenden und selbstbewuszten schrittes über die grosze diele schritt Buddenbrooks (1922) 2, 64; und geht mit seinem breiten, wiegenden schritt Simone (1950) 82. 7) einige verwendungen, die das faktum der unentschiedenheit umschreiben, stützen sich mehr oder minder auf das bild der schwankenden waage (vgl. 1wiegen B 2 b α und γ): und wie zwo schalen wiegend wanken, a) warum zwischen tod und schande mich hin und her wiegen? 3, 445 G.; dasz sein auge auf dem zarten schwebenden punct stehe, wo sich die purpurfarbe zwischen dem blauen und gelben hin und her wiegt Göthe II 5, 2, 32 W.; die sprache ist überhaupt ein bewegliches organ, ein gegenstand musz sehr fest und derb dastehen, wenn ihn die sprache nicht in ihren ausdrücken herüber und hinüber wiegen soll ebda 253. b) so auch: lange mit solchen gedanken hin und her gewiegt selbstbiogr. (1798) 239. sonst aber dem gebrauch unter 5 nahestehend: gedanken sich wiegen, dies ist die stunde, das gemach, c) da wiege ich mich denn in unentschlossenheit IV 29, 219 W. (vgl. 3 d); dasz ich glauben musz, sie thue mir die kammer auf, wenn ich komme; und es wiegt mir sich, ob ich gehen solle Uli d. knecht (1846) 112. 8) das adj. part. prät. gewiegt 'beschlagen, gewandt, gewitzigt' ist teil 4, 1, 3, sp. 5790 ausführlich behandelt; vgl. auch gewiegt und gewickelt unter 4wickeln C 2, sp. 853. frühe belege, in denen gewiegt noch nicht adj. ist, stellen den ursprung dieses sinnes auszer zweifel: (ein mensch) de myt synen willen upgeweighet unde ghewenet is 56, 35 Jostes; das sie von iugend auff do mit ertzogen und gewiget sein von beiden gestaldten d. hl. messze (1521) A 4b; der die selben (schandpossen) ... von kindts wesen auf getriben, ja [Bd. 29, Sp. 1546] damit gewiegt worden seie schwankb. 467 lit. ver.; verdeutlichend: dann wir sind z dem dickeren mal ... des artickels halb von M. Ulrichen vnderricht vnd gewyeget worden, das ich daran keynen zweyfel me hab acta oder geschicht (1523) n 2 a. auch begegnet: damit (bergbaurecht) gewigt und geerdigt speculum juris metallici (1698) vorr. b 1b. statt des älteren gewiegt mit wird später gewiegt in bevorzugt (gewiegt sp. 5791, ziffer 1): ein solcher Teutscher, der in der italiänischen sprache nicht gewieget ist it.-t. u. t.-it. wb. (1741) vorr. 2b. öfters begegnet die verbindung klug gewiegt: ich bin noch klug gewiegt und weis wohl auszuführen, wer sagt mir an, wo Weinsberg liegt? die ältsten (der töchter), schön und klug gewiegt, in neuerer sprache am geläufigsten ist gewiegt als attribut zu wörtern wie kenner, praktiker, zu berufsbezeichnungen (namentlich: jurist) und zu sonstigen nomina actoris, die eine gewitztheit erfordernde tätigkeit bezeichnen; s. gewiegt sp. 5792, ziffern 2 u. 3 und vgl. noch: ein gewiegter leser Montaigne (1793) 1, 236; (graf W. ...,) gewiegter kunstkenner und freigebiger mäzen musiklex. 91310a; morgen sollte ich den vergleich mit einem gewiegten (berg-)steiger in aller form erst zu bestehen ... haben Kalkalpen (1874) 339. jünger auch zu entsprechenden abstrakten: Lisbeth brannte also mit gewiegter erfahrung ihre (kaffee-)bohnen Dincklage gesch. a. d. Emslande (21872) 1, 89; kann man mit gewiegterem gefühl das schöne erzielen? Faustus (1948) 213. 9) wiegen in verschiedenen technischen bedeutungen. a) 'ein schiffer wieget das boot, indem er es am winde und deshalb das ruder hinten führet' technol. wb. (1781) 4, 646a; zeitungslex. (1824) 4, 932b; öcon. encycl. 239 (1857) 24. b) 'ein schiff wiegen, holl. een schip wiegen, wenn ein schiff vom stapel laufen soll, so läszt man viele leute oben auf dem verdeck zugleich von einer seite zur andern laufen, um es in schwankung, und dadurch in gang zu bringen' seewb. (1850) 438a. c) zu wiege 3 b 'granierstahl, gründungseisen': wiegen beim kupferstecher, die platte mit dem gründungseisen rauh machen öcon. encycl. 239 (1857) 24; kunstgewerbe (1884) 439a. d) zu wiege 3 c 'wiegemesser'; wiegen mit einem gebogenen werkzeuge ... schneiden zeitungslex. (1824) 4, 932b: grünkernflocken müssen ... zu brei ausquellen, der erkalten musz, bevor man ... eine kleine, feingewiegte zwiebel ... und einen löffel gewiegte petersilie daran tut daheim (23. 8. 1934) 18a; zuletzt wird das gericht mit salz und gewiegten feinen kräutern abgeschmeckt ebda 18b. ![]() ![]() leiden — unser wiegenangebinde — [Bd. 29, Sp. 1547] ein kindlein in der wiege lag, ![]() ![]() ![]() ![]() da sitzet Maria kaum ist dein heldengeist dem wiegen-band entgangen,
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