Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm ![]() | ![]() ![]() ![]() | |||
ungericht bis ungestadet (Bd. 24, Sp. 818 bis 867) | ||||
| ![]() ![]() [Bd. 24, Sp. 819] 3637) 1, seitenstück zu ungerecht, n., stärker als dieses bes. in der rechtsspr. entwickelt. ahd. ungarihti, ungrihti; mhd. ungerihte, ungeriht; mnd. ungerichte; mnl. ongericht, ongerechte; 1936 ff.; 6, 346; 2, 31. 34. nur noch in der spr. der rechtsgeschichte üblich, sonst veraltet; 2, 117c; 2, 585. plur. ungerichte, früher auch ungericht, ungerichter s. u. 1) halbsinnlich für inconcinnitas (vgl. ungericht inconcinnus) unrichtigkeit, unrichtiges, fehler im vers, j. Tit. 888, 4. gericht fehlt in der entsprechenden bed. 2) unrecht, im gs. zu gericht 1. zu 2—5 s. das rechtswb. die sinnliche vorstellung ist noch nicht ganz erloschen, z. b. g. Gerh. 5150; Willehalm 15375. a) injuria, sittlich und rechtlich: er (gott) nelazzet nieht ungerihtes 2, 132, 14 P.; handeln gegen die entscheidung des hohenpriesters weltchr. 15452 E.; bes. beeinträchtigung, gefährdung der sicherheit, unfriede im alten sinne: dara nah bito ih umba allaz daz ungrihti iouh umba den unfrido iouh umba daz ungiwitiri (pacem, aeris temperiem) gebet 187, 65 St.; vgl. DWB fremde leuffte, unfride und ungerichte 1937; darumb sol man krieg auffnmen, daz man darnach one ungericht (sine injuria) jm frid lebe liber de vita 125a; wider die not und ungestme aller ungericht (omnium injuriarum) 121a; und setze dich aus gerichte in ungericht, aus gnade in ungnade, aus landfried in unfried, verfehmungsformel rechtsalt. 1, 58; vgl. DWB wan oft gericht kumpt in ungericht und recht in unrecht 766. b) criminalverbrechen. s. die wbb. der ä. spr.: die vier ungricht, nachtschach, notzog, haimsuoch und fridbrech wunden (1469) 5, 314; umme ungerichte, als umme mord, brand, raub, dübe und umme ander böse sache 1938; rechtsg. (1907) 781 f.; vitium ... bszheit, missethat, unthat, lasterthat, ungericht, bszstck Schöpper b 3 d; alle richter, die ungerichter uberwunden werden ... die sindt alle rechtlosz lehenr. 8b; ein zetergeschrei, sonst gerüffte, ist, das uber jemand gehet, der ungericht oder unthat begangen 130; feldschaden, scheltworte, schlägerei und andere unthaten wurden ins landgericht, alle haubtrugen und ungericht aber ins halsgericht gewroget tractat (1671) 196; 2, 177c; haubtspr. 649; eine widerrechtliche handlung, um derentwillen eine person auf eine strafe an leib und leben, gliedern, oder zu haut und haar angeklagt werden mag, bezeichnet der allgemeine ausdruck ungericht (verbrechen) rechtsg. 2, 624; zur definition grundz. 171; nur die typisch absichtlichen missetaten galten für ungerichte 173; 285, 350, 354, 363 u. s. w. ungerichtsfall 375, ungerichtsklage rechtsg. 571 u. dgl. ungerichte, halsgerichte 777. zur allgem. wiederbelebung als ersatz für delict, reat, strafthat ist u. kaum geeignet, weil es in der neueren spr. (z. b. bei 2385, Wachter, Haltaus in übereinstimmung mit heutigem sprachgefühl) irrig an gericht judicium angeknüpft wird. c) auch leichtere, gern als frevel bezeichnete vergehen polizeilicher art, die nur strafe an haut und haar nach sich zogen und durch busze oder friedensgeld gesühnt werden konnten: 1 α β; 766; was brüche von den untersassen der herrschafft gefallen, von ungericht, dasz die nach gnaden und recht genommen werden Pr. (1592) 3, z iib; vielleicht ebenso 3 b. 3) strafgeld, buszen für ungerichte; vgl. gericht 6: 1 b; mulctae 1938; 1838. 4) verfahren, klage, zuständigkeit, befugnis bei u., gerichtsbarkeit des ungerichts; vgl. DWB gericht 6, 7: jurisdictio criminalis 1936; das halsgericht 49, 1413; der blutbann 602; gericht und u. [Bd. 24, Sp. 820] 2; mit gericht und u. mit der niederen und der höheren oder peinlichen gerichtsbarkeit ebd.; a. a. o.; mnd. wb. 5, 14b; mit gerichten ader mit ungerichten th. 4, 1, 2, 3638, 1 als inbegriff aller rechtshandlungen (un IV C 3); dem unvergeben gericht jurisdictio reservata et excepta gleichgesetzt von 1937; lange erhalten in der ra. das u. gehet ihm an den hals, einer hat das leben verwürcket 49, 1413 (es gehet ihm das u. an hals 2385; 196, 292; anders alle ungerichte ... die auch an hand und halse, auch an haut und an har gehen quelle v. 1556 bei 1937). 5) ungericht injusta judicia 2, 35; da besatztend sy über den (toten) Zwingli ein u., ungerechtes oder gewalttätiges gericht (?) 1572 3 a. — ungerichtig, adj. , in eigennamen bei 6, 374. mhd. ungerihtec (Georg. pred. 181, 8); mnl. ongerichtich. — ungerichtigkeit, ungerichtikait ignavia 2, 39. vgl. unverrichtigkeit. — ungerichtlich, adj. adv. , nicht gerichtlich Campe. unüblich. vgl. mnl. ongerichtelijk, nl. ongerechtelijk extrajudicialis und unser auszergerichtlich. — ungerick, n. , gth. v. gerick1, schiefe richtung, miszlaune, verdrieszlichkeit, von menschen und thieren Westerw. 283; Nassau 416; auf dem ungerück sein Schmidt; nd. ungeröck; an rücken angelehnt ebd.; gth. v. gerick und geschick Kehrein. — ungeriefelt, part.-adj. zu riefeln 1. vgl. geriefelt 6, 1348: wenigstens muszte ich mir dergleichen einbilden, wenn ich die ungeriefelte stille meines bären (eines brummigen majors) betrachtete, der auch keine linie zog, die nur auf das entfernteste auf die kunst des schiefe-mäuler-machens (über das knasterrauchen) hingespielt hätte Fr. bei 1, 44. unüblich. — ungerieft, adj. , riefenlos, ohne riefe, f. (s. d.). ejugatus beschr. bot. 67; 196, 292; (1836) 1178a. — ungeriffelt, part.-adj. zu riffeln 1. ungeriffelt tuttavia rozzo, non digrossato, non dirozzato 1178a. vgl. DWB ungehechelt: ein ungeriffelter tirolerwirt ist mir immer noch lieber als ein geleckter städter alpensommer 343. — ungerigen, part.-adj. zu reihen 2 b (?): ungerigen petulans morosus Alberus j ijia; der bedeutungsübergang ohne belege. mnl. ongeregen. — ungering, adj. adv. , gth. v. gering th. 4, 1, 2, 3689. ahd. ungiringi; mhd. ungeringe; mnl. ongeringe. vgl. unbering, unring, unringsam. veraltet. gth. von gering 2, träge: das ich sey ... geschickt und prauchsam zu allem gutem, nitt langksam, nit versewmlich, nitt trawrig, nit ungering herzmaner 44b; gth. v. gering 3, mühevoll: der die endlose unermüdlich (sp. 499 nachzutragen) kraft ist ... der nichts widersteen oder etwas schwer oder ungering werden mag schatzbehalter 86c. adv. in unklarer bed.: auch ist sie (die arznei) so ungering (pueriliter Genf [1658] 3, 5 a) kocht in das meszbüchlin (sonst regelmäszig messinen büchszlin), dasz sie kein narung der wunden seyn mag chir. 6 a. — ungeringelt, part.-adj. zu ringeln 2 a; gth. geringelt. natg. 4, 573. — ungerinnbar, adj. adv. , gth. v. gerinnbar incoagulabilis. Campe, Lucas, Sachs-Villatte. dazu ungerinnbarkeit, f. Campe. — ungerinnt, adj. , ohne rinne (2), gth. v. gerinnt th. 4, 1, 2, 3712. ichn. 1, 127. — ungerippt, adj. , gth. v. gerippt th. 4, 1, 2, 3714: und mögen die columnen geript oder ungeript darauff gesetzet werden Vitruv (1575) 262; enervis natg. 610; ecostatus bot. 66; zeuge 196, 292. — ungerissen, part.-adj. zu reiszen im techn. sinne (reiszen 1 b η), gth. von gerissen 6, 1348: sammet 8, 615; 20, 505; kunstgewerbe 418a; s. ritzer 3. — ungerkraut, ungerlein s. DWB Ungar 2 (wo u. zur bez. des spenglers, zigeuners lothr. 519b nachzutragen). — ungermanisch, adj. adv. , nicht germanisch: es wird dem deutschen ursprung der Goten nichts anhaben, dasz ihm (dem Tacitus) die Daker u. erschienen kl. schr. 3, 209; der ungermanischen und unpatriotischen gesinnung 5, 410; eines durchaus ungermanischen despotismus aufs. [Bd. 24, Sp. 821] 1, 19. — ungern, ungerne, adv. , selten adj. oder subst., gth. v. gern th. 4, 1, 2, 3719 ff. ahd. ungerno; an. úgjarna, adv., úgjarn, adj.; ags. ungeorne; mhd. mnd. ungerne; mnl. ongerne; nl. ongaarne; dän. ugjerne; schwed. ogerna. 2, 427; els. 1, 232; lux. 315a; 108a. die verkürzte form ungern schon mhd. in hss. des Parz., 4, 31 B., mnl. wb. 5, 664; die volle ungerne noch nhd. allgemein neben ungern (z. b. Luther, Lessing, Herder, Göthe, Kant, Mörike) üblich. ungeren (mhd. wb. 1, 535a) im 16. jh. schriftsprachlich veraltend ( d. schr. 1, 49, 15; 14, 280, 34 G.); mundartlich noch z. b. a. a. o. ongern red. 131; th. 7, 1204. in mundarten verliert sich schlieszendes n (Staub-Tobler, Martin-Lienhart, lux., mnl. wb. a. a. o.), im schweiz. kann das stammwort zum suffix herabsinken und un umgelautet werden (un I B 6). im übrigen s. DWB gern. während die steigerungsformen von gern i. a. schriftsprachlich verpönt sind, haben sie sich von ungern erhalten, freilich nicht ohne widerspruch: s. DWB gern I 3, Campe wollte eher den superl. als den comp. gelten lassen: so vil ungerner transl. 93, 7 K.; 30, 3, 48, 1 W.; invitius ungerner gedancken (1685) a viir; 17, 320; IV 4, 58, 6 W.; 3, 596; ras. Rol. 1, 42. aller ungernist 76, 3 K.; am ungernesten Armin. 1, 1238a; am ungernsten Pathm. 14; 8, 180; 5, 46; 11, 51 W.; br. 7, 38. vgl. 3 h. vereinzelt als adj. (s. das an. und nl. wb. 10, 1572 anm. 2): in gloss. und wbb. wird invitus und invite hin und wieder unterschieden n. gl. 230b; 462b; 7b; der hunger ist ungern Fr. Wilhelm sprw. reg. a y β 26; aber so ungern, so kurz das lachen auch ist 10, 90; vgl. die substantivierung 3 k. individuelle bildung ungernig: von naturen, denen alle geistesfreiheit abgeht, daher entbindet auch der schlaf ihre züge nicht. ich nenne den ausdruck ungernig, sie sehen aus, als schliefen sie ungern auch einer 2, 378. die mundart kennt auch ungerig 2, 427. 1) der ableitung am nächsten steht das gth. v. gern 1, dem natürlichen 'begehren', streben, trachten, wollen nicht entsprechend oder widerstrebend. mit ausdrücken des begehrens, wollens u. dgl. oder inhaltlich gleichbedeutenden umschreibungen: er sich ... ungern ... keinem menschen wolt offnen 4, 31 B.; auch von unpersönlichem: die füsze wolten nur u. schritt für schritt gehen Grab. 1, 290; ob nun wohl der könig ungerne dran wolte volksb. v. g. Siegfr. 62 ndr.; Felsenb. 26, 28 U.; so ungern er auch daran kam g. d. D. 4, 87; 1, 111. wie bei kaum (th. 5, 353) 1 oft können ergänzt wird, so bei u. oft wollen, mögen: aus gt kumbt man u. (will man u. kommen; kommt man, ohne es zu wollen), das bsz wechszt selbs antip. 1, 44a; u. wendet sich der blick von dem bescheidenen mystiker (er möchte verweilen) litg. 346. übertragen: meine muse fühlt die schäferstunde, 2) im gs. zu gern 2 mit verhütendem, vorbeugendem conj.: ich wolt u. an deren stat sin am jüngsten tag 1, 37 ndr.; und so gern ich geschriebene romane lese, so u. möchte ich in einem wirklichen mitspielen erz. schr. 2, 192. 3) gth. v. gern 3, unfreudig, ohne willige unterwerfung, ohne völliges einverständnis, ohne frohe bereitwilligkeit, mit besonderer unlust, nicht ohne überwindung, zum leidwesen, ärger, verdrusz, bedauern, schmerz u. dgl.: ungerno minus libenter 4, 234; das haben wir ... nicht ungern und mit sunderen freuden gelesen privatbr. 1, 63; darumb wir ungern lident d. e. wiszheit betbüchlin c iia; mancher leihet ungerne Sir. 29, 10; sterben 18, 515, 29 W.; du hiltst ungern dein nasen drüber [Bd. 24, Sp. 822] der nachklang drang zum himmel, ich ... lache ungerne sô man bî mir weinet [Bd. 24, Sp. 823] hundsu. 2, 427, mordsungern. wie gern 3 h δ ironisch: also sprach er, und Zeus klaräugige tochter Athene ungerneres hette nie Rinaldo was verrichtet 4) gth. v. gern 4, unvorsätzlich, unabsichtlich, nicht mit fleisz; der grundbed. gegenüber abschwächung, aber alt ( 1111a, 2); ἀβούλητος Decimator, Garth; net gern unabsichtlich schw. wb. 3, 422, 2: ob du nu eyn wenig zu viel nemest unwissend und ungerne 15, 297, 9 W.; ja nua 280; 1, 66; folgend unlöschbarem durste, gelangt' er zur welle des bornes, 5) gth. v. gern 5 (6), nicht aus freien stücken, unfreiwillig, gezwungen: dieweil sie es u. thn, werden sie ubel dar z geschlagen Agricola sprichw. Cc viib; 1, 45; es ist aber ein herter zwang, die erde 6) gth. v. gern 8, von thieren, pflanzen u. s. w., sowie von naturereignissen, um das gth. oder den mangel einer vorliebe, neigung auszudrücken: wenn auch der künig vil seind, so bringen sye (die bienen) die u. umb Plin. 11, 185; es henckt sich das quecksylber .. ongern an das sylber cosm. 10; kein ärger erdreich ist ... dann es laszt sich u. erbawen 24; 1, 227; wo gotteshäuser sind, da nisten an den wänden 7) gth. v. gern 9 von erfahrungstatsachen 'in der regel nicht, selten'; oft von 6 kaum zu unterscheiden: wie u. auch der allt schlauch diessen weyn fasset, jah auch nicht fassen und hallten kan 10, 2, 325 W.; was in die höhe geimpffet wurt, das bekleibt ungern feldb. 69b; nicht u. gehen sie den bischof vorbei und wenden sich an den papst 1, 170. 8) gth. v. gern 10 'schwer, mit mühe, kaum, schwerlich'. vgl. nicht gern, nie gern: ahd. nals ungerno haud difficulter 4, 234; dann es (geschmolzenes metall) gar u. fleuszt 2, 550; jede sprach .. laszt sich u. in ein andere sprach bringen ohn abgang Pol. 6; u. heilen a. a. o.; 2, 97; ungernheylsame geschwr 95; difficulter movetur es geht u. 8a; 'die fahrbahn ist schlecht' 427; ihre handlung verträgt u. dramatische ausarbeitung der charaktere Freytag [Bd. 24, Sp. 824] 14, 40; die leute ... lassen sich ungerne (nicht leicht) irgend eine gelegenheit zu taktlosigkeiten .. entgehen jahrb. d. Grillparzerges. 6, 53; das messer haut schülich u. schneidet sehr schlecht, ist stumpf a. a. o. schriftsprachlich heute wohl regelmäszig umgedeutet. 9) wie selten 2, kaum 2, schwerlich 2 b η zur vertretung der negation, 'fast nie, wohl in keinem falle, wohl nicht' u. dgl. vgl. den iron. gebrauch 3 h: Iw. 1041; 54, 22; d. schr. 76, 14 B.; wann das wär, das got nit wöll, 10) in verb. mit gern. s. DWB gern 7: so gerno so ungerno 2, 476, 9 P.; wolten sie nicht gerne, so musten sie mit unlust und ungerne epitome 465a; gern oder u. 2, 236 F.; 1, a ij; 1, 256; 2, 159, 1 B.; 14, 33; 2, 97; vgl. DWB gern oder nicht; gern und u. 2, 680; wir müssen .. gestehen, das wir diese unvollständigkeit fast eben so gern als u. bemerkt haben 7, 15, 28; theils gern, theils ungerne Jobs. 3, 107; gern oder doch nicht u. I 4, 156 u. ä. — ungerter, m. , name einer apfelart 610a. — ungerücht, n. f. , gth. v. gutem gerücht (s. DWB gerücht 4 a und un IV B), bösem gerücht (s. DWB gerücht 4 c) entsprechend. mnd. ungeruchte infamia; mnl. ongeruchte, f. n.; nl. ongerucht kwaad gerucht, slechte naame (Hooft, sonst ungebräuchlich): bey verbietung des geweiheten begrebnis und untüchtigkeit zu allen und jeden rechtshandelung, der verleumung des ungerüchts, der befehdung (infamiae ac diffidationis), der acht und aberacht übersetzung der bannbulle bei 1, 259a Jen.; kayn glaublich ungerücht .. das u. und böser leumut gravamina 1521 bei 1938, 'mala fama'; solt er die schmach und ungerücht, die hasen pflegen in den kohl spiel sie (die flöte), erfreue unsre herzen [Bd. 24, Sp. 825] kindern, jungen leuten chir. (1539) 94b (dazu überruhig 6, 1906 f.). in bewegung, beweglich, rührig, unbändig: wann das vederspil ungeruwig ist 57 (vgl. geruhig 2 d zahm, unruhig brünstig 6, 1908). von geist, sinn, betragen des menschen (vgl. geruhig 2 a, ruhig II 2 a): obe der mensche sich vindet ungerwig und in unfriden pred. 78, 22 V.; ie grübelechter und ungerwiger sie werden b. d. seligkeit (1518) 3c; unfolgsam ( 2, 1862), unfriedfertig, unzufrieden (vgl. geruhig 2 b, c, ruhig II a α): es seind auch ettwan in den reformierten clöstern ungerüwig leüt has im pf. (1510) f f 1a; seditiosus, incitatus, perturbator ( 6, 1908): es würden auch die von Etolia keyn rwe haben, die von art ungerüwig weren Liv. 253b. von sächlichem (vgl. geruhig 2 i, ruhig II 2 b): von der natur sermon. (1508) 205a; solte dem menschen ... ein ungeruhiger friede ... nicht schädlicher seyn? Simpl. 475 Kögel. wie im mnl. (ongeroe 2) improbativ zur bed. fürchterlich ('hevig, zwaar, vreeselijk') verdichtet: do kam Achilles z hausz gegangen schweiszig, greulich und ungerhig und pracht ein geschunden lwen auff seinem rucken hist. v. Troia (1499) 31b; auch in die bezeichnung der zunge als eyn ungeruig ubel (cod. Tepl. 3, 5), eyn ungerüwigs gt ( narrensch. 19, 35) nach Jacob. 3, 8 (das unruhige übel Luther) scheint etwas von dieser bed., dem stärksten gs. zu geruhig 2 f, einzuflieszen. — — ungeruhiglich, adj. adv. , gth. v. geruhiglich: ungerühiglich, 'unruhig, stets rührig' Eifel 1, 232b. sonst unüblich. — ungeruhlich, adj. adv. , gth. von geruhlich: und sey ain ungerwlich ding die weltliche sligkait A. v. Eyb sp. d. sitten V iib. s. a. ungeruhsamkeit. — ungerührig, adj. , gth. v. gerührig, 'unbehülflich, faul, träge' 6, 1269. — ungerührtheit, f. , ἀπάθεια Winckelmann 1, 165; 1, 15. 36. 105. — ungeruhsamkeit, f. , gth. v. geruhsamkeit: Hedwigleg. (1504) e 3 b; der ungersamkeit der welt Francisci legend (1512) k 2a. veraltet. — ungerunzelt, part.-adj. adv. rosen-mând 107; 2, 160. — ungerüst, adj. adv. ; ansetzung eines einfachen adj. ungerüst (s. 1gerüst th. 4, 1, 2, 3781) wird durch zusammentreffen mit dem part. ungerüstet (z. b. 271b; Pol. 37; lob der lauten 631 'schmucklos' vgl. rüstig 1; 1167b) unsicher. — ungerüst, gth. v. 2gerüst, scheint hd. nicht entwickelt. — ungesäglich, adj. adv. , frühnhd. neben unsäglich (s. d.): ein ungeseglich übeltǒt Ter. (1499) 67b; ungeseglich lieb (adj.) buch d. liebe 264b; ungsäglicher weise gepeyniget wundartzn. (1612) 22. zum nl. ongezeglijk, -heid s. wb. 10, 1683. — ungesalbt, part.-adj. adv. zu salben II 1 b, 7, 813 gesalbet b. mhd. ungesalbet: das betrügliche regiment der ungesalbten priesterschafft gest. papstthum (1698) 72; dieses und jenes ungesalbte oder auch ungereimte buch creutzr. 16 (ohne salbung 2); 11, 365; übergehend in die bed. ohne salbung 3: mit rasendem munde kündete die sybille ... ungesalbte reden Dor. 1, 339; derselbe ungesalbte, kindliche ton g. d. d. dicht. 3, 30; reimereien, die zwar ganz so treuherzig und u., aber auch ganz so meistersängerlich roh noch klingen, wie die lieder des 16. jhs. 3, 264. dazu ungesalbtheit, f. sonst ungesalbte wagenräder (salben II 2) 7, 813; kärren antip. 1, 154a; werbungen ohne bestechung 814 (salben 8) u. dgl. unsalbicht sive u. minime unctus 1674. — ungesalzen, part.-adj. adv. , gth. v. gesalzen (s. d.). auch übel, wenig, nicht recht gesalzen, in eig. und uneig. bed. wie insulsus, male salsus; vgl. DWB salzlos (gs. salzreich). g. unsaltans; mhd. ungesalzen; mnd. ungesolten; mnl. ongesouten; nl. ongezouten; an. úsaltr; dän. usaltet; schw. osaltad; ags. un(ge)silt; engl. unsalted neben insulse. 7, 896; 3, 440; els. 2, 355b; 187; 87b; ongesalzt lux. 315b; 432. zur unterscheidung der st. und der schw. form s. th. 8, 1712; ungesalz(e)t (in eig. bed.) schriftsprachlich z. b. [Bd. 24, Sp. 826] flöhatz 2106 ndr. (1877); anthrop. 2, 92; frl. 314; selten übertr. ungesalzte poeten Schuppius bei leseb. 3, 782, 37. ungeselczin voc. 1329. eigentlich gth. v. gegesalzen (th. 4, 1, 2, 3784) 1, ohne salzgehalt: das saltz wirt ungesaltzen (uppig, dumm) erst. d. bib. 1, 158, 50 var. (Marc. 9, 50, g. unsaltan ἄναλος); ein ungesalzen salz und ein christlicher Sokrates gehören in eine klasse 1, 494; see (1550) 2, 15b; fluten Nieders. 3, 70. gth. v. gesalzen 2, nicht mit salz behandelt: mag er essen das u.? erst. d. bib. 7, 158, 50; Hiob. 6, 6; mir ist ungesalzener fisch lieber als versalzener erz. schr. 36, 263; häute 1, 283; holz bergwb. 392; zu uneig. bed. leitet massenhafter gebrauch im bilde, vergleiche, sprichworte und in der sentenz über ('ohne kraft, gehalt, energie' Staub-Tobler a; 4, 1433), z. b. grosse kunst ohne sitten ist wie ein ungesaltzen gericht 4, 51, 20 ndr.; Dass. chr. 5, 24b; fons 110; ein unerfahrner mann ist wie ein ungesaltzenes kraut 1, 208; 443; das lustspiel? pfuy der ungesalzne brey Göthejahrb. 11, 21; mit ungeschmalzen (schmalzen 4 c, unges., ungeschmalzen, nicht gesalzen, noch geschm., weder g. noch g. u. s. w.) verbunden: 5, 185, 33 K.: heb. 162; 1b; 980a; (1730) 623; 10, 168; vgl. unten. das gth. v. gesalzen 3 c hatte früher auch die bed. derb, grob, unfein (von personen: mnl. wb. 5, 690; Hadloub HMS. 2, 300b; von personen und sachen Staub-Tobler b mit beisp. des 18. jhs.), bes. aber fade, gehaltlos, witz-, salz-, geistlos u. dgl.; von personen: das ungesalczen (thörichte) fräwlein 262, 6 K.; 68, 34; 69, 20; 280, 13; 416, 19 B. (münch A. bald vernam, das sie übel gesaltzen was 64, 23; 75, 1; 65, 32; 69, 14; nicht recht gesaltzen 2, 149, 48); baur 419, 22 B.; diszen ungesaltzenen wolgemesten magistris 9, 746, 4 W.; 12, 434, 29 K.; muss derhalben das weib desto rässer seyn, als ungesaltzner der mann ist 271; 2, 709; sintemahl, wenn man durch den titel eines ungesaltzenen menschen einen tummen teufel verstehet, hier (Halle) lauter gescheute leute seyn müssen, nachdem sie nicht nur cum grano solis (!), sondern wohl mit einem scheffel saltz gewürtzet sind n. briefe 331; contrapunktisten generalbasz 8; der ungesalzenste (shallowest) von den gesellen viele bücher genieszt ihr, die ungesalzen; verzeihet, [Bd. 24, Sp. 827] 142 neudr.; bescheit Schiltbürger (1598) 49; Gräter ist ... zu aller zeit ... wie lappleder ... gewesen, eine dreimal aufgegossene brühe mit zwei fettaugen, u. und ungeschmalzen br. 2, 285. u. und ungeschmalzen abspeisen 27, 138; nl. ongezouten äuszerst offenherzig. das ungesalzene g. d. d. dicht. 5, 413; ästh. 2, 43. — ungesalzenheit, f. : die u. meiner dermahligen art zu leben (harum rerum insulsitatem) Cic. br. 3, 111 mit der anm.: das von Cic. vermuthlich neu geschaffene wort insulsitas verdiente doch wohl diesen versuch, es in unsre sprache zu verpflanzen? ausgew. br. 262. engl. insulsity; insulsität 454b. — ungesammelt, ungesamnet, part.-adj. adv. zu sammeln, samnen; gth. v. gesammelt, gesamnet. prägnant 'ohne sammlung' (sammlung 3, collectio animi), kirchlich - mystisch: do waz dennoch sin gemte ungesamnet 8, 5 B.; dyn unstetes gemt ungesamnoten gedencken ew. w. betb. (1518) 13a; entkirchlicht allgemein: die allgemeine phantasie enthält auch alles in sich, was die phantasie als besondere gabe einzelner enthält, aber in stumpferer und ungesammelter (unconcentrierter) weise ästh. 2, 306; es wölkte sich wie ein dampf um das ungesammelte, versprühende lebensfeuer des oft zynischen mannes Oberlin 284; vgl. diffus; den noch ganz ungesammelten zaub. 3, 85. — ungesanglich, adj. adv. , gth. v. gesanglich Campe. ebenso ungesanglichkeit. üblicher unsangbar, unsanglich, -keit. — ungesattelt, part.-adj. , gth. v. gesattelt th. 8, 1827. nl. ongezadelt; dän. usadlet; schw. osadlad; engl. unsaddled. instratus 66b; ungesattel (!) rosz (1591) 277; milchvolk th. 6, 2200; rücken Noah 6, 826; im vergleich 1, 91; bildlich fastnachtsp. 248, 8 (s. reiten 4 und vgl. 7, 1439, 3, 444); nicht sattelfest 196, 294: der ungesattelten nonn (Luthers Käthe) (1726) in Scheibles schaltj. 2, 122; ein ungesattelter theologus 26, 197; er weisz wol ... mit was ungesattelter leichtfertigkeit er hin und her gauckelt instit. (1572) 462; dublonen, einfache, ohne die ergänzung zu 11 fl. a. a. o.; als küchenausdruck 'unbelegt', gs. gesattelt 1 b α, Alemannia 18, 260. — ungesättigt, part.-adj. adv. zu sättigen, nicht gesättigt (th. 8, 1832, 5; vgl. DWB unersättet u. s. w. sp. 502); mnl. ongesadet wb. 5, 668, an den begriff 'unersättlich' heranreichend (mnl. onghesaet inexplebilis): an dem (Christus) mus jderman seinen gifftigen ungesetigten grol und hasz ausgieszen 28, 115, 32 W.; sp. 385 u. unbezähmt; 5, 30; 5, 98 (dazu gesättigt d). chemisch gth. v. gesättigt 5 a: der ungesättigte theil quecksilber I 7, 368; baul. 4, 394; der dampf wird u. 4, 157. begriff des ungesättigtseins 5, 1141. — ungesauber, ungesäuber, ungeseuber s. ungeziefer. — ungesäumigkeit, f. , Sileni Alcibiadis (1525) l 1a (un IV D?). — ungesäumt, part.-adv. adj. zu 1säumen. mhd. ungesûmet; mnd. ungesumet. 7, 961. zu den formen s. th. 8, 1911; vgl. unsäumig, -lich. zu 1säumen 1, bes. in der rechts- u. geschäftsspr. ( 961 a): 2, 1873; sp. 723 u. ungeirrt; rechtsalt. 1, 27; 1, 317; ein jeder teil den andern ungesaumpt sein religion fren lasst chr. 383a; die knecht lan dich ungesaumet Garg. 133 ndr.; noch 1712 962; m. gen. ebd.; veraltet. zu (sich) säumen 2, 3, ohne säumen (th. 8, 1914 3 b): mhd. wb. 2, 2, 728b; quia ungeseumbt venit malum 28, 687, 8 W.; ungsaumpt schiff 378; ohngesäumt lehrpr. 150; so fallt u. in die seiten 8, 98, 18 W.; wie denn das gute, schöne nimmer schwindet [Bd. 24, Sp. 828] abzusenden br. 3, 176 (m. gen. ungesaumbt eines einzigen tages act. publ. 1, 177 P. veraltet). als adj. mit ungesumter fust 962 b; sein ungeseumbte faust ged. 63 ndr.; rache Arm. 2, 108b; bezahlung IV 12, 116 W.; ungesäumte summarische rechtspflege r. g. 1. 436; abmarsch d. g. 4, 78; anderes ungesäumt zu 2säumen 1 (nl. ongezoomd, schwed. osömmad): 36a; dem ungesäumten, ungenähten rand eines tuches kl. schr. 5, 40; zu 2säumen 3 a: u. bei tischlern s. v. w. baumkantig baul. 4, 394; ungesäumte diele dull-edged, flacheuse 1, 792. — ungeschadet = unbeschadet 3 b allg. d. bibl. 101, 576 (nl. ongeschadigd = onbeschadigd wb. 10, 1654). — ungeschaffen (i. ä. spr. oft unschaffen), part.-adj. adv. zu schaffen, geschaffen, gegenstück zu geschaffen th. 4, 1, 2, 3814; th. 8, 2017. ags. ungesceapen; ahd. ungiscaffan; mhd. ungeschaffen; mnd. ungeschapen; mnl. ongescapen; nl. ongeschapen. zur st. u. schw. form vgl. th. 8, 2017, 8, 323 ff. u. unten ungeschafft. in der bed. deformis ( narrensch. 207a) noch im 18. jh. in den wbb. (z. b. bei Kramer, Rädlein, Dentzler, Castelli, Frisch, Steinbach, Kramer-Moerbeek) verzeichnet, letzter schriftsprachlicher beleg unten 1748 (von lit. halbmundart abgesehen); erklärt 3, 1326 diese bed. für oberdeutsch, Campe die bed. 'unverständig' für veraltet, während er 'miszgeschaffen, häszlich' für brauchbar hält und als z. th. von neueren gebraucht bezeichnet. dann bleiben diese bedd. i. a. nur mundartlich lebendig; z. b. a. a. o.; els. 379a; schwäb. wb. 451; 421b; 2, 378; 586; Wien 176; 610a; vgl. Rosegger. aus berufsspr. stud. 197 ndr.; 551b. s. a. unbeschaffen, unerschaffen, miszgeschaffen, miszschaffen, wahn(ge)schaffen und bes. DWB ungeschafft. ohne zu schaffen 325, 2 b; ohne etwas ausgerichtet zu haben ebd. 2 a; 4, 458, 21; ungeschaffener sachen ehzb. 134, 8 H. ungeschaffne wat (gth. geschaffnes kleid) rechtsalt. 2, 154. increatus Alberus m 4a, unerschaffen als eigenschaft der gottheit, unbeschaffen 1, überirdisch (mnl. wb. 5, 671), ewig, uranfänglich, chaotisch: ahd., mhd., mnl., nl.; meisterl. 35, 28 ff. M. vgl. ungesachet 33, 8; ungeschöpft betb. 1518, 206b; dann dieweil das ungeschaffen, das ist das unbeschaffen in dem beschaffenen ist, so ist billich von beyden zu reden 2, 213 B; disem wesentlichen, increato und ungeschaffenen oder ungemachten liecht Sar. 79a; des ewigen und ongeschaffenen bildes 179a; kirchl. 4, 441; ins ungeschaffne meer der bloszen gottheit wand. 14 ndr.; gütte seel. 19 ndr.; wüsten 221 ndr.; dem ungeschaffenen menschen, der nicht wie das thier 'geschöpf' ist allg. d. bibl. 10, 103; ungeschaffene oder halbgeschaffene menschen 17, 107; die ungeschaffne schöpfung chaos 6, 5; diese ungeschaffne nacht 6, 137; Alex. 2; urbild alles seins I 6, 246. gestaltlos (vgl. ahd. scafalôs): hat zum ersten das geringste gemacht, hymel und erden, also das es noch ungeschaffen, wüst und lere gewesen ist 24, 25, 28 W.; der ungeschaffne wust d. neueste 7, 713; allg. d. bibl. 6, 2, 288. in der hauptbed. deformis gth. v. geschaffen (th. 4, 1, 2, 3814) 1, von wohl-, schöngeschaffen, also miszförmig, unförmlich, miszgestaltet, häszlich, garstig, scheuszlich u. dgl., syn. übelgeschaffen, ungeschlacht, ungestalt, ungethan, unflätig, ungehäbe, wüst u. dgl., wie im mhd., mnd., mnl., nl.: die weitten schch, die langen, jung, alt, schön und ungschaffen [Bd. 24, Sp. 829] u. von leyb 9, 284, 5; lustw. 586; am leib gürtel 37b; ungeschaffenes angesicht, ungeschaffene (s. u.) sitten dicteria (1598) 71a; farb, rouch, anblick u. dgl. 1226b; 324; gräszlicher und ungeschaffener als der wüste unflätige Thersites 1, 148; gestalt etwas f. alle 1, 374; dergleichen ungeschaffen leib du wuester, ungschaffner stumen Sterzinger sp. 10, 256; du ungeschaffne person 1937, 20 K.; wie haist der ungeschaffene limmel Judas 4,[Bd. 24, Sp. 830] 502; du bist mir zu u. (gering, unansehnlich, scheuszlich, nd. minne, lege) sagt man mit der absicht der beleidigung 324; mach jn u., sags der sammlung post. 2, 61a; vgl. Wien 176. als eigenname (1381) 325; vgl.ungeschueff, unschueff, unschaffel 393, 307. das adv. nähert sich der blosz steigernden bed. von ungeschaffenlich ( 326 a; vgl. ahd. unscaf enormis, ingens zu scaf modus): haben sie gar ongeschaffen gewütet cosm. 879; immodice 4, 242, 5 K.; archid. 55. schweiz. ungeschueffen miszgestaltet, plump, ungeschlacht, ungelenk, durch kreuzung von ungeschaffen und ungeschueff entstanden 8, 393. — ungeschaffene, f. = ungeschaffenheit, auch ungeschaffeni, ungeschäffne, unschäffne. 325: Absolons hübsche würd geschetzt ungeschaffene bilg. 222d; 220c; dreieck. sp. a a 11b; Augustin. 50b; 2, 206 a; 175 b; 1164a. veraltet. — ungeschaffenheit, f. , auch unschaffenheit, vgl. unbeschaffenheit. mhd. ungeschaffenheit; mnl. ongescapenheit; nl. ongeschapenheid; gth. v. geschaffenheit 2 wie mhd., mnl.: serm. (1508) 45a; zu ungeschaffen deformis: schöne oder unschaffenheit ench. 36; 1, 288; deren u. der ungestalt vieler wilden ... thiern ... gleichförmiger 63. auch im plur. schiff d. pen. 114b; unschaffenheiten dieses handels 21 art. 22 Dacheux; alle jene ungeschaffenheiten und früchten 771. veraltet. — ungeschaffenlich, unschaffenlich, auch ungeschaffenglich ( sünden d. munds 14a), ungeschäffenlich, ungeschafftlig, unschafflich; adv., später auch adj., einem mhd. unbelegten ungeschaffenlîche entsprechend (ahd. unscaflihho gl. 1, 249, 37 zu unscaf superstitio 249, 34; vgl. nl. onschappelijk; schwed. oskaplig; engl. unshapely zu scaf, skap); schriftsprachlich veraltet, im schweiz. stark entwickelt und bis heute lebendig. 326 f. (geschaffenlich [s. d.] folgt ungeschaffen increatus). die bed. ist schriftsprachlich den übrigen bedd. von ungeschaffen im wesentlichen gleich (wie kanst du so u. thun? ysz gemach sünden d. m. 7 c; bedrohlich 2, 119; dok. z. gesch. d. Hans Waldmann 2, 214), mundartlich reich durchgebildet. a. a. o.; s. auch unschaffel ebd. 307. — ungeschaffet, ungeschafft, part.-adj. zu schaffen, geschaffen, seitenstück zu ungeschaffen (s. d.). mhd. ungeschaffet, ungeschaft; mnd. ungeschaffet (mnl. ongescaept deformis zu *scape; engl. shape; mnl. wb. 5, 670); an. úskapðr; altschwed. oskapaþer; dän. uskebt; schwed. oskepad. 8, 323 ff. schriftsprachlich fast ganz veraltet, doch mundartlich. ohne zu schaffen: 162; 325. abintestato on geschafft gl. 3b. ohne etwas geschafft, ausgerichtet zu haben, erfolglos, vergeblich: Teuerd. 25, 123 G.; ungeschaffter sachen ... abzuziehen wend. 5, 58; dinge mil. disc. 196; weise 325; unschaffter abzug, abscheid ebd.; etwas ungeschafft ò ungeschaffter thun (far qualche cosa senza ordine (!) (1702) 2, 451b; du redest viel ... und machst dir damit doch nur ungeschaffte und unnütze arbeit 2, 111; 3, 180; vgl. DWB ohne geschäft th. 4, 1, 2, 3821 g. ungeheiszen: ung'schfft etwas thun, ohne dazu beauftragt zu sein Wien 176; (1702) a. a. o.; ultro: die breite schulter ... [Bd. 24, Sp. 831] zu schäften 1 (vgl.schaftlos): spiesz kr. 2, hv (dafür ungeschiftet th, 4, 1, 2, 3885; Garg. 317 ndr.); läufe jäger (1762) 143, 27 (ungeschifteten 212, 34); röhre art. 1, 2, 182. — ungeschäftig, adj. adv. , gth. v. geschäftig 1 a (vgl. müszig): ein ungeschäftiges leben 1714; dein eifer liesze dich nie ungeschäftig finden genug, der dämon laurte [Bd. 24, Sp. 832] frey art zu schreiben (1718) 507; ist er so ungescheid, dasz er diesem thiere nicht ausweichen wil? Diog. 1, 184; 2, 163; ungescheidt handeln schaub. 1, 326 ('ohne hinlänglichen grund' Adelung). wie gescheid 4 c von nichtpersönlichem: seine auf sie geworfene ungescheide liebe Oct. 1, 236; maszen es sehr ungescheid sein solte, wann sie also bethen solten schwachheiten (1716) 1, 40; er läszt der becher viel hinunter sinken [Bd. 24, Sp. 833] beide eheleute leben von einander getrennt, aber ungeschieden Campe). philosophisch: individuus 2559 (ahd., mhd., mnl.); indivisim serm. 1508, 20a: in einer unzertrenten und ungeschiedenen person Sar. 140a; ongescheidenheid (Vondel) von der dreieinigkeit nl. wb. 10, 1654, s. unten ungeschei(ie)denheit; selbstexistierende kraft, sie selbst ungeschieden 7, 17; individualiter, als individuum: ein jedes thier ist ungescheiden in seinem samen 1, 337 a; in der ungeschiedenen einheit ästh. 2, 9; was ... ungeschieden ineinander verläuft 3, 1, 22; vom ungeschiedenen ausgehend und zum ungeschiedenen, der absoluten einheit, hinstrebend, diesen weg durch trennung zurückzulegen 4, 21; ἄκριτος, indistinctus, unkritisch: mir schwimmt .. alles zu sehr und zu u. herum br. a. Welcker 69; dieser ungeschiedene excerptenwust antis. 1, 336. verallgemeinert 'ohne sich feindlich abzuwenden, in übereinstimmung': als denn bleyb wir inn allem leyden [Bd. 24, Sp. 834] ungeschochen, ongschohen u. s. f. s. DWB scheuen u. 136, 138; zu der scheinbaren vermischung mit ungescheid s. d. ohn gescheuet d. schr. 173. unbeschochen 8, 143; unverschüen ohne scheu, rücksichtslos els. 2, 391a. vgl. DWB scheulos, unscheuch ( 8, 121), unabscheulich (s. d., zu Cysat jetzt 8, 142, 141, 'nicht zu verscheuchen, -treiben', zu ebd. 141 'nicht abzubringen', 'unabtreiblich'). veraltet als part. abs. m. gen., z. th. präpositionsartig: in dem der edl beherzt jung man ungescheucht des eisenfressers auch herfür zoch Wilw. v. Schaumburg 50; auch ungescheuwet seiner jugent ... haben ihn die Römer ... erwehlet wend. 1, 33; ungescheucht des eides Frankf. ref. 1, 44; dessen ungeschewet 1, 293, 31; Galathee, ich wäre blieben, ungescheut des sumpfs kibitzen man griff sie, ungescheut dasz sie auch stärcker waren, durch den strengen Charons flusz wer ein gelehrter ist, der kennt auch meinen namen weil Petrus ungescheut ihr könnt mir immer ungescheut, [Bd. 24, Sp. 835] 1, 170; 2, 2085b; die rechte eigenschaft des marsches ist was heldenmüthiges und ungescheutes capellm. 229; furchtlos 19, 265; durch kein bedenken beeinträchtigt: unser ungescheuter fleisz 440, 201, 98 (vgl. keinen fleisz scheuen); die ungescheute erfüllung meiner pflicht n. schausp. (1771) 6, 4, 152; aus dem ungescheuten gebrauch jenes rechts Ag. 1, 128. ungewöhnlich ungescheuete schriften, deren verf. die 'feile nicht achten' 27, 138, 323. freimüthig von äuszerungen: sein frei und öffendliches, ungeschewtes glaubens bekäntnüsz ritter 4 ndr.; bedencken Fischart discours a 1a; mit ungescheuten worten ap. 81; 2, 249, 585 W. schamlos, frech: ein ungeschewet täglich gewerb bin. 255a; dieberey cat. 2, 330; räubereien 42, 336; die ungescheute publicität des lasters Mont. 2, 280; ungescheutere grausamkeit 1, 491; die ungescheuteste frechheit. selten prädicativ: seither wird ... der raub ungescheuter, kühner 4, 37. vereinzelt mit um: die um ihr thun sind ungescheut (unbekümmert) narrenschiff L. bei sich fügt ains tags ain ungeschicht [Bd. 24, Sp. 836] schiff d. pen. 53; Wilw. v. Schaumburg 25; Herr zuchtbücher vorr.; chronica 79 Kolb; mit unschychte beitr. 16; aus ungeschicht Clawerts hist. 50 ndr.; Rist poet. lustgarte j 4; adverbial wie ungefähr, wanschicht: Schöpper h v i jb; nun begab sich auch ungeschicht, das almsen treibt alle ungeschicht volksl. 1, 416, 4 L.; 1, 424 Uhland. bei der tirol. bez. der bösen wichtel- oder butzdämonen als un(ge)schichten, -el ( 566b, der unschicht 605) hat sich wahrscheinlich ungeschicht in der geschichte 1 c, d entsprech. bed. erhalten, die krankheitsbezeichnung wäre dann wie bei unfall auf den sie verursachenden dämon übergegangen. — ungeschichtet, part.-adj. , geologisch gth. von geschichtet (s. schichten 2 a). erdk. 5, 702; naturg. 1, 776; 209. — ungeschichtlich, adj. adv. , gth. v. geschichtlich 3, unhistorisch. engl. unhistorical; schwed. ohistorisk. Campe. s. unhistorisch, ungeschichtlich d. wort geschichte 21. vgl. geschichtlos: dem ungeschichtlichen vorurtheil I 5, 396; dieser name ... ist ... u. 15, 34; höchst u. und undiplomatisch aber ist es zu sagen 3, 98; sinn mat. 335; ereignisse geist 1, 51; adv. u. entstanden 3, 34. subst. vorliebe für das rohe und ungeschichtliche 5, 291. dazu ungeschichtlichkeit, f., gth. der geschichtlichkeit. Campe. in weiterem sinne: nachdem er (Leo) so seine meisterschaft in der u. bewiesen (vorher wie weit der verf. ... gekommen, die geschichte zu verlernen und zu entstellen) 2, 803; enger u. eines ereignisses, einer person (F. A. Ewald über die u. evangelischer geistlichen in D.). ungeschichtlichkeiten erg. 446b. in ä. spr. steht vereinzelt ungeschichtlich für von ungeschicht: darnach fiel A. ungeschihtlich (casu) ausz Rom übers. v. Schedels chr. 88b. — ungeschick (ungeschicke [s. geschick, geschicke] heute veraltet u. mundartlich), n., früher auch m. (s. geschick; vereinzelt manchen ungschick 283 G.; in vollem zorn über den verderblichen u. 10, 43; zum abstractum als bez. der person s. u.), gegenstück zu geschick. mhd. ungeschic, m.; mnd. ungeschik, n.; mnl. entspricht ongescickenesse; nl. onbeschick. 8, 502; els. 2, 404b; 2, 368; Leipzig 1132; obers. 2, 598b; lux. 315b. bis heute in wbb. ungleich beachtet; nicht bei Stieler, Frisch, Adelung; nur zur bez. eines ungeschickten menschen bei Kramer-Moerbeek und bei (als wort des gemeinen lebens). vgl. misz-, fehl-, irrgeschick, ungeschickte, ungeschicht, ungeschichte, unschick, wahnschick. geschick I 1 entspr. 'ungünstige fügung, schickung' (veraltet): er wirt nit ansehen üwer armut, inn welche ir kummen sind durch mancherley ungeschick ref. flugschr. 1, 244 Clemen; so kömpt des ortes durch ungeschick des glücks der comptor von Pr. 1, h iiia. von ungeschick(e) wie von ungeschicht (mhd., mnd., 502, 1; vgl. ôn geschick ebd. 501); 'zufällig': als er abends von ungeschicke umb die stat spaciren gieng chr. 301; von ungeschick fr ein raubschiff daher nachtb.[Bd. 24, Sp. 837] 126, 34 B. u. ö. geschick I 2 entspricht eine in mundarten ( 502, 2; els. 2, 404b; vgl. Auerbach unten) gepflegte und in neuerer schriftspr. hervorgezogene bed. 'böses schicksal, miszgeschick, unheil': wie solcher (ihr vorgänger) .. durch's ungeschick sich durchgehalten, dann dem geschick nachgeholfen IV 29, 122, 4 W.; nun folgt ein groszes ungeschick, von seinem unsinn, seinem ungeschick da heist es: je mehr ungeschicke, [Bd. 24, Sp. 838] 1) inordinatus, incompositus (vgl. geschickt 1): wir ... Saracenen ... entdeckten, gantz u. undereinander daher marchirendt theatr. amoris 1, 86. dazu mnl. ongeschicketheit (wb. 5, 677, 2). 2) von unrichtiger, ungestalter, scheuszlicher beschaffenheit, art, von solchem wesen (vgl. geschicklich 1, ungeschickt 1 a, b); auff das der mund nit gerumpfen ... werde oder ain ungeschickliche form gewin, so er würt reden chir. 52a; desz teuffels arth ist beim ungeschicklichsten, beim unsauberisten 2, 262 b.; incongruus, ungünstig: unter des himmels ungeschicklichen lauff 2, 374. 3) ungelegen, unzeitig (ungeschickt 2): importune, incommode Frisius; intempestive ; mal à propos zeit. -lust 364. 4) ungeeignet, untauglich, unpassend, unzutreffend, ungereimt, thöricht (ungeschickt 3 a): man mag auch bi den flüssen der wasser nit u. verston das heilige wasser a. d. e. psalmen 20b; bergw. 312; wie u. sie sich rühmen schl. chr. 370; es ist mancherlai der haiden glauben u. 5, 37, 9; die meisten wörter endlich sind so u., dasz d. neueste 3, 739; ich habe dich auserlesen 5) unrecht, sündhaft, verrucht, ungehörig, unangenehm, fatal (ungeschickt 3 b, c): appellare injuste ... ungeschicklich appelliern Schöpper g vija; aufschlagen 527; die sacrament u. gebrauchen 2, 120 ndr.; solich ongeschicklich und verderblich onainigkait aufruhrbuch 2; dieselbigen geitzhälse mit jhren ungeschicklichen, eigennützigen händen Königsb. dichterkr. 255 ndr.; das war u. incommode hercle Ter. 38b. 6) ungeübt, dumm, unwissend, unerfahren, träge, ohne geschicklichkeit (ungeschickt 5, geschicklich 3): indocte u., unartlich Frisius: imperite, inscite Frisius, Reyher: alleine, dasz ihr nur so ungeschicklich seid, 7) unschicklich, gth. v. geschicklich 4, vgl. ungeschickt 5 g. a. a. o.: ich empfindt die ding u. sein, die wir thnd Ter. 95b; nichts so ungeschicklichs oder ungebürlichs (vgl. oben 5) vor erbaren frawen oder junckfrawen z reden were garteng. 6, 26 ndr.; das dauchte ihr gar ungeschicklich im gleichen spielte er sehr ungeschicklich [Bd. 24, Sp. 839] 244, 31, wie heute). 8, 528. für inhabilität 283. 1) ungeschicklich 2, geschicklichkeit 1 entsprechend, unrichtige beschaffenheit, unzulänglichkeit, hindernder umstand, übelstand, unzuträglichkeit: gleich wie das goldt und sylber (durch läuterung) von allen jhren ungeschickligkeiten hinweg genommen werden 1, 811 a; schlechtes wetter 2, 650 (onghescickenisse weders mnl. wb. 5, 676); impedimenta naturae 654b; des bodens u. 20; man saget, so der adler z hohem alter komme, ... so könne er von der ungeschickligkeit wegen des wachsenden ... schnabels nicht mehr essen Plin. vorr. 3a; 528 a. abstracter für geistliche unaufgelegtheit, dürre serm. (1508) reg. 3a; pred. 304, 11 V.; voreingenommenheit post. 2, mb; für ungelegenheit, unzuträglichkeit: die monopolia haben dem reich ... viel ungeschicklichkeiten und ungemach zugefügt 2, 177b aus 'Carol. IV. imp. capitul. art. 7'; Bair. landtsordn. (1553) 22b; wenn sonst keyn ungeschicklicheyt (hindernder umstand, der es unschicklich [vgl. 5] erscheinen läszt) da ist, were es kein sund, wer am abent oder mitternacht mesz hielt 10, 2, 242, 28 W.; ungeschickligkaiten nach der orthographia reformieren 27; ungeschicklikheit und gebrechen diser tragedien gespr. 13 ndr.; die armuth und u. der sprache (vgl. 3) d. neueste 4, 620; Geiler scheidet zwischen der narrheit, die eine folge von u. und gebrechen der natur ist, und ... g. d. d. 2, 355, doch wird der unaufmerksame heutige leser u. 4 verstehen; dasz diese bed. der n. spr. im wesentlichen verloren gegangen, lehrt: dasz hier (im Hamlet) ein ganzes königliches haus durch innere verbrechen und ungeschicklichkeiten (bethätigungen der unzulänglichkeit, H. ist der aufgabe nicht gewachsen) zu grunde geht 22, 164, 8 W. N1, wofür N2—C unschicklichkeiten. vgl. miszgeschicklichkeiten unzuträglichkeiten 3, 375. in ä. spr. gern von krankhaften zuständen (vgl.üble geschicklichkeit und indispositio) 566b: cachexia ungeschicklichheyt des leibs Alberus; des magens (1588) 65c; der nieren 479b; indisposition, unpäszlichkeit und ungeschlickigkeit invaletudo et mala dispositio 102. allgemeiner für defectus Carolina 2; 288b (vitium). verblassend und mit 2, 5 gemischt: die u. des glücks zu ersetzen IV 4, 164, 4 W. (ut importunitati fortunae consulerem). 2) ungeschicklich 3 entsprechend, importunitas, intempestivitas Alberus: nach u. derselben zeit schl. chr. 384, aber undeutlich. veraltet. 3) wie ungeschicklich 4 verkehrtheit, ungereimtheit: die thorheit und u. derer weiber verlachen, welche sich bereden lassen, das eine den mon vom himmel zihen könne ehzb. 179, 5 H.; für soloecismus u. und miszbrauch zereden und zeschreyben Frisius; veraltet oder verdunkelt (auch habe ich mich ... über die u. verwundert, womit das grosze format der kupfer ... angepriesen wird br. 3, 122). länger erhält sich die bed. 'untauglichkeit, nichteignung, ungeeignetheit': jhe mehr ... der menschen ungeschickligkeit für sich gehet 2, 418; die u. des werckzeuges Arm. 2, 545b; einer circulatio generalb. 846; die u. des werkes für die bühne mus. 1, 445. unüblich geworden. 4) ungeschicklich 6 entsprechend, doch reicher entwickelt. vgl. DWB geschicklichkeit 3 und ungeschickt 5. mangel an natürlicher begabung und deren äuszerung (geschicklichkeit 3 a) v. gott 229. unbefähigung, unfähigkeit (gesch. 3 b): ihre u. sich auf andre art zu vergnügen 3, 130; die u. unsrer musiker, sänger und tänzer in der kunst der gesetzgebung rec. 243, 11 ndr.; u. zu 3, 7; von sachen (der d. sprache grobheit und u. unt. 1, 3) eher nach 3 weisend. unklugheit, unweisheit (geschicklichkeit 3 c): wo gott ... das imperium nit erhielt, so möcht es durch die ungeschicklickeyt und sorg und untrew der menschen nit lang bestehen chron. G. 21a; [Bd. 24, Sp. 840] verblassend 5, 319. heute fast nur mangel an körperlicher und geistiger gewandtheit (geschicklichkeit 3 e, c), an kunst, fertigkeit, tüchtigkeit u. s. w. und deren gegentheil; unerfahrenheit, unwissenheit, trägheit, dummheit u. dgl. 49, 1458: aber usz unfürsichtigkait und auch ausz ungeschicklichkeit der leut ... ist Hanns Thoman und zwen knecht mit ime mit zweyen pferden hinweg komen Th. v. Absberg 137; plump ist mehr eine u. des körpers als der seele oder der sitten beob. 121; Mont. 4, 459; die kleinen ungeschicklichkeiten im spiel drei sommer 1, 58; für einen vogel, der aus dem neste gefallen war die kleine u. H. Burkart 36; durch seine (des chirurgicus) ungeschicklichkeit wundarzney 2a; der schauspieler 47, 271, 26 W.; er entschuldigte sich wegen seiner u. im französischen vortrage derselben (einwürfe) d. neueste 4, 300; u. der behandlung Godwi 2, 29; bald aber hatte ich die u. (war ich so ungeschickt), mein licht auszulöschen 5, 50. 5) unschicklichkeit, gth. v. geschicklichkeit 4; vgl. ungeschickt 5 g, unschicklich, -keit. in ä. spr. mit nachdrücklicher tadelnder bed. (vgl. ungeschickt 3 b): sie leren in der betlerey vil mer bberey und ungeschücklikeit dan tugent und leer Carlstadt v. abthuung d. bylder d 4b; sehen da die ungeschickligkeit (importunitatem; temulentast) der häszlichen vettel Ter. 8a; um dein ungeschickligkeit oder übertrettung Th. v. Kempis 127. abgeschwächt von äuszerem wohlanstand, tact(gefühl), convenienz u. dgl.: ein prediger hatte Maria einen unschicklichen ausdruck in den mund gelegt, er besann sich aber doch widerumb seiner u. wend. 2, 152; wer wird eines miszverhältnisses zu einem manne wie Herder öffentlich erwähnen? wer wird sich dabey durch anschuldigung anderer entschuldigen wollen? doppelt und dreyfache u. IV 30, 81, 15 W.; u. einer werbung durch den betrunkenen bader 2, 236. nach 4 umzudeuten: das ungepanzerte rosz (bei der tjost) zu treffen, war grosze u. 18, 21. — ungeschickt, adj. adv. , i. a. gth. v. geschickt. mhd. mnd. ungeschicket; mnl. ongeschicket; nl. ongeschickt; dän. uskikket. 8, 515; els. 2, 405a; 2, 368; 180. 606; obers. 2, 598b; u. läszt grüszen in mundarten 4, 1434; 673a. verbreitung und häufigkeit der einzelnen bed. sehr ungleich. vgl. DWB ungeschickerlich, DWB ungeschicklich, ungeschicktlich; miszgeschickt erg. 447a. gelegentlich (wie in ma.; a. a. o.) mit ch statt ck (s. ungeschicht); wie t in ungeschicktlich eintritt, fällt es häufig im superl. aus (am aller ungeschickesten 6, 125b Jen.; 2, 186, 36; sprw. reg. 9 β, n. 954; Aitinger jagdb. )( iib) oder ab (ain knecht, der nicht ungeschick wäre Äs. 41; 2, j ii viib; vgl. ungeschickhayt serm. 1508, 46a). 1) gth. v. geschickt 1 (wol geschicket), übel gemacht, bereitet (ungeschickteu haupt der schwachsinnigen Megenberg unter geschickt 1; eyn ungeschickts lager 34, 2, 502, 22 W.; ein ungeschicktes viereck trapezium parallelarum basium 49, 1150). a) nicht oder mangelhaft in ordnung gebracht, zugerüstet, vorbereitet; unzulänglich: da hörets nu auff, das die erde nimmer so wüst und u. ist, und kömpt nu ans liecht und gewynnet ein rechte gestalt 24, 35, 29 W.; gepeu öst. weist. 10, 3; haar und part d. Hungern chr. 3b; wege 2, 106; felsenstufen 3, 449; vorrichtungen II 4, 84 W.; von einem zu kleinen, unpractischen buffet am bahnhof: das ist eine ungeschickte einrichtung wand. 5, vgl. bed. 3; meine vielen, ungeschickten (indigestus, confusus Kilian) collectaneen IV 11, 155 W.; von verpfuschten oder aufgebrauchten federspulen, die sich nicht mehr schneiden lassen, die abgestutzten, angetauchten, [Bd. 24, Sp. 841] bes. ungestaltet, häszlich: von der mohrenhaut gest. Rom. 8a K.; für ungeheuer deformis s. DWB ungeheuer, adj. 3 e; eyn u. häszlich gemäl ehzb. 121, 5 H.; unflätig 316; nl. slordig, ongehavend; veraltet. plump, unhandlich, unbequem, unpractisch (vgl. oben und 3): ich förcht das dasz búchli z grosz und z u. wurde betb. (1518) 1b; holz der keule Nieders. 1, 57; u. grosz 20, 83 W.; ein ungeschicktes ding, buch aus dem gemeinen leben und der leichten schreibart; els. 2, 405a, 3; net geschickt schwäb. 3, 465. b) von äuszerer beschaffenheit wird auf die innere geschlossen. α) dämonisch gräulich: die alten ungeschickten weiber, die wir unholden nennen v. zäub. 165; b. d. liebe 388b; vgl. monstrosus Arm. 2, 116b. veraltet. β) von fehlerhafter innerer beschaffenheit; krank (bösartig, durch tumoren verändert 566b): von verdorbenem geschmack mnl. 411a, 4; von metallen Parac. unter unartig A 2; wolken 2, 86 a; erdboden 20. mit ungeschickten, verkehrten und ungeformierten händen heb. 107; er .. hartiglich mit den füssen in jhr angesicht tratt, also dasz jhr die nase gantz und gar u. ward b. d. liebe 288b; u. in dem harn und an dem pulsz schimpf u. e. 251; schwach und u. ber. 549; u. und kranck Barth weibersp. g vb; noch krank und u. Tasso 2753 in stark verallgemeinerter bed.; es macht den magen ungeschickt γ) nicht bereit(willig), unaufgelegt, widerwillig, gth. v. geschickt 2 b, c, d: geistlich pred. 128, 27 V.; serm. 1508, 46a; 6, 125b Jen. (vgl. wand. 6, 69 ndr.); dazu ungeschicketheit, ungeschickhayt pred. 304, 11. 72, 5 V. var.); allgemein post. 1, 33b; wie wol wir all dem todt verstrickt, δ) inordinatus mnd. wb. 5, 52a. vgl. mnl. wb. 5, 676, 3. ε) unerwartet, ohne vorbedacht, insubide 1773; ongedacht 673a; mnl. wb. 5, 676, 3: auff das euch nit gleich wie ein pfeil 2) nicht zusammenpassend, unpaszlich, ungelegen; gth. v. geschickt 3, bisweilen in bed. 3 übergehend: des mans sam und der frauen sam sein u. und unmessig zu einander probl. Ar. 23a; ein ungeschickter sattel uff disz rosz adel 41 ndr.; es ist mir zu diser stund u., mit euch heim zu gehen b. d. liebe 206c; nicht ungeschickte (unwillkommene, vgl. 3 c) nachricht d. schr. 106; zeit 34, 50; adv. 28, 30 W. s. ungelegen 5; bei dem ehestande ist es nur die dauer, die etwas ungeschicktes an sich trägt 20, 112 W.; ist [Bd. 24, Sp. 842] nit u., ich sag a re haud alienum est dicere d. schr. 1, 241; das kommt mir u. 3, 147; br. 1, 153; 516; ein ungeschickter ort, wie u.! u. dgl. in oberd. umgangsspr. reich entwickelt. els. 2, 405a, 2. ged. 2, 50. nicht nordd. 3) ungeeignet, unpassend, unzweckmäszig, gth. v. geschickt 4. mit präp. best.: der lasztag soll ... sein .. nit u. am wetter wundarzn. 17, 1a (veraltet); ein versöhnter feind, die kammer zwar a) widersinnig, falsch, verkehrt, nicht dahin gehörend, ungereimt: ausgiessen ungeschickt (inepte effutiam) erst. d. bib. 3, 35, 59; der du eyttel lugen und das aller ungeschicktist affenspiell fur tregist 7, 688 W.; auch im engeren rechtlichen sinne: ungeschickte artickel impertinentes articuli, klagschreiben, zeugen 49, 1458; sonst allgemeiner: urteil Bellin rechtschr. xiiija; wesen absurditas Reyher; begriff wund. 105; beholzung lehrpr. 4; einfall 2, 305, 11: vorschläge 27, 135 W.; sie nennen hier zu lande einen hemmschuh nicht u. einen schleiftrog III 2, 142, 32 W.; da man in dieser aufgeklärten wissenschaft nur allzuschnell entdeckt, wer das geschickte oder wer das ungeschickte thut IV 27, 19 W.; etwas stärker als bed. 2: wenn die menschen aus noth, wie die Venetianer, sich in den sumpf setzen, oder aus zufall an dem ungeschicktesten ort sich ansiedeln, wie die Römer IV 42, 71 W.; ungeschickt! falsch! unsinn! 17, 269, 5 W.; ich denke nicht u. geraten zu haben 33, 11 W.; u. heirathen eine miszheirath thun 1, 93; mit anklang an c und 5 diesseits 199; die ursache des fehlschlagens lag ... in der ungeschickten allianz eines politisch unfähigen feldherrn und eines fähigen ... demagogen r. g. 2, 204; es waren die ungeschicktesten bestimmungen des Pariser friedens gedanken 2, 126 volksausg. aber dasz die n. spr. unablässig am werke ist, dies nach 5 umzudeuten, lehrt beob. 62 (sie suchen sich eigene, selbstgemachte und mehrentheils ungeschickte, d. i. nach ihrer unfähigkeit, richtig zu denken und zu reden, schmeckende wörter). b) sündhaft, unrecht, ungehörig, übel: vor fremden, ungeschickten, ungötlichen dingen serm. 1508, 21b; mnl. wb. 5, 676, 1; leben 2; werck Ringwaldt warn. e 6b; o wie kurtz, wie falsch, wie unordentlich und u. seynd alle wollüsten dieser welt Th. v. Kempis 82; die m ihrer missetaht oder ungeschikter handlungen willen sterben P. 778; dieser aber hat nichts ungeschickts gehandelt Luc. 23, 41 ( 1, 161); 398; von strafwürdigem wie wort, schmachwort ( chr. 745b), rede u. ä. 517; dasz sie (die soldaten im quartier) ... nichts ungeschicktes vornehmen sollten act. p. 4, 126 P.; sich ungeschickt (ungebührlich, inclementer) aufflenen 2, 187, 44; sich u. halten 2, 244, 31; hatt sich kainer gegen ... Martino ungeschickter ... erzaigt städtechr. 25, 155, 27. sich einem andern drölich und fast u. halten 2, 368; die ungeschückten lewt fenglich annemen ebd.; ungeschicktes wesen, weis, handlung ebd.; er ungeschickt (zweifelhaftes, übles) latin für gt tütsch brucht Riederer cva; ein ungeschickten heiligen 534, 18 W. c) mit stärkerer beziehung aufs gefühl widerwärtig, eklig, leidig, verwünscht, unglücklich, unheilvoll, unangenehm, fatal, bedauerlich: das du gar greulich und u. wirst anlauffen 2, 190, 36; gott hat euch ausz dem ungeschickten und dunkeln Egypten geführet ak. rom. 481; diesen ungeschickten schicksalsstreich (Wielands und seiner tochter sturz) IV 23, 413 W.; es war u. (beda uerliche ungeschicklichkeit) von mir, dasz IV 11, 234 W.; es war u. vom zufall, dasz er uns in G. [Bd. 24, Sp. 843] nicht zusammenbrachte IV 15, 284 W.; was im wege stehend empfunden wird, heiszt u.: der ungeschickte baum 5, 330; 1, 77; die ungeschickte badekur! da jagen einen die ärzte vor fünf uhr aus dem bett 3, 149; 516; öppis ungeschickts ein unfall ebd.; dei isch-es doch recht u. g'gangen v. einem brande, einer schweren geburt ebd.; sein ugschicktá schusz 1, 96, 4. wieder nicht nordd.; nach 5 e umgebogen: ihr ungeschicktes bevormunden br. 1, 147, zumuthung 45, 262, an 5 g streifend. zwischen a und c stellen sich fälle wie sich u. niedersetzen ( 18, 260 W.), zutreten, ein ungeschickter tritt (verkehrt, so dasz unbequemlichkeit, lächerliche lage oder üble folgen entstehen). 4) gth. v. geschickt 5, nicht imstande, unvermögend, unkönnend Frisius: u. ze sehent pred. 157, 32; 320, 28 V.; zu fleischlichen sachen evang. (1515) 166c (vgl. 5 a); zu zahlen 2, j ii viib; woferne sie sich für u. und unfähig achten sollten, meinen zukünfftigen vorschlägen zu folgen vern. tadl. 1, 48; so ist die äuszere rinde zu weiterer hervorbringung u. II 6, 86 W. enger seiner vernunft u. geistig gestört, blödsinnig, schwach begabt 517; datzu antwort ich, das man stummen und die sonst auch verhyndert oder u. sind, nit predigen lest 8, 497 W.; städtechr. 25, 131, 28; du weist fürwar nit was du redst, so du dich selbs wie ein ungeschickter nit versteest berichtb. g 3b; von betrunkenen a. a. o.; dann die sich mit bier uberfüllen, werden vil töller und ungeschickter dann die mit weyn belestiget sind chr. 54b; 21, 179; erz. schr. 19, 164; dann steht man mit einem tauben ungeschickten kopf auf 2, 88. schriftsprachlich nicht mehr recht üblich und nach 5 gewendet ( 7, 162, 3 W.). 5) von geistig-sittlicher wie körperlicher anlage, begabung, bildung, leistung, bethätigung des menschen. gth. geschickt 6; wie dieses a) unfähig, unbefähigt: z glauben post. 3, 11b; ein sorglich ampt ... desz ich mich ganz u. weisz ref. flugschr. 1, 234 C.; zur freundschaft 3, 193; zu einem arbeiter 10, 210; für beschäftigungen Winck. 1, 446: miner ungeschikten personen ausdruck der bescheidenheit R. chr. 1, 6. man ist ein ungeschickter tröster (taugt nicht dazu) br. a. s. braut 16, vgl. 3. b) untüchtig: umb daz sie .. den ungeschikten, iungen Neronem ... z dem kaisertm erhhet ber. fr. 280 ndr.; Jost steigt am hof' empor und ist doch ungeschickt c) geistig unbegabt: W. war nicht u., allein es fehlte ihm an einer künstlichen übung 21, 160, 6 W., aber undeutlich. d) träge, iners 172; hebes Reyher o rb. e) ohne die erforderliche körperliche oder geistig-sittliche geschicklichkeit, leichtigkeit und gewandtheit: des menschen leib ... ist der wenigst under allen thieren und der gröbst, ellendest und ungeschickteste 2, 327; der ungeschickt, vierte finger 517; einen nicht ungeschickten tanz Arm. 2, 176a; versuch 23, 214, 4 W.; eselscaressen 43, 1, 179, 9 W.; tänzer 1, 176b; von der ganzen äuszeren erscheinung syn. 303 (u., steif, ungelenk, schwerfällig, unbeholfen, linkisch, ungeschlacht); u. wie hosenpamper dialectf. 109; das ganze service zerbrochen? da war sie wieder ... recht u. kom. 6, 174, vgl. 3 c, 516. vom mangel an mechanischer beweglichkeit, leichtigkeit bei der fortbewegung, an geregeltem lauf u. ä.: so geht der weg auch in ungeschickter bewegung bald herauf, bald herab 20, 71, 22 W.; wurf 7, 184; fahrzeuge 4, 41; erdk. 3, 94; kleidern, die sich überall u. (ohne flusz in der bewegung und anpassung) bauschten 3, 141, vgl. 1 plump. von wesentlich geistigen eigenschaften [Bd. 24, Sp. 844] (der geistigen geschicklichkeit und gewandtheit ermangelnd, von ungeschicklichkeit zeugend; ungeübt, unkundig, unwissend, ungebildet, ungelehrt, unerfahren, ungewandt in kunst, fertigkeit, verrichtung aller art). veraltet mit gen.: aller ding ungeschicket red. 161 B.; hebraischer sprach nit ungeschickt sabb. 151; in d. schr. 1, 39; 5, 52; bei 17, 205; auf der violine 22, 137, 23 W.; an 2, 63; veraltet mit 8 B.; vgl. ongeschicktheyt van spreken mnl. wb. 5, 677. ohne solche best.: von geschickten und ungeschickten predigern 26, 235; ungeschickte kinder, die ihren katechismus nicht können kurzw. 18 ndr.; u. lebt lang, wird alt 517; wer etwas kan, den halt man werth, f) thöricht, unklug, dumm: ein grober ungeschickter mensch plaudert unfürsichtig sprüchw. (1541) 1, 113a; Iphig. 730 (vgl. 741, 742); bair. dös wār owə u. g) unschicklich: frage 49, 3 K.; du solt dich in dein hertz nein schamen, ich musz nur die mutter fragen, sich, sich, wie sich der Kain stelt, [Bd. 24, Sp. 845] mancher jungen galane vern. tadl. 1, 234; roh und u. schreiben 43, 1, 7 24 W.; 22, 87 W.; popanze zeigt man ihnen (kindern) und bemerkt dabei, dasz der popanz kommen würde, wenn sie wieder u. wären br. (1805) 2, 132, vgl. geschickt 6 g in der kinderzucht; Körner, der einmal wieder u. ist, weil ich Schiller nicht genug gelobt habe br. 1, 163 W.; bin ich auch etwa gegen sie u. und starrsinnig herausgefahren? gefühle 1, 123; da ... ging just ein ungeschickter kerl vorbey, welcher meiner tochter auf den fusz trat 1, 53; sey er nicht so u., werf' er mich nicht übern haufen quodl. 4, 81. 6) in schelte und rüge: du ungeschickter alter tropff! gr. dr. 2, 202; 2, 340; cura 41 ndr.; büffel 32a; esel ges. 172; Parn. 520; maulaffen med. maul. 1, 177 u. s. w.; man sagt, er sey ein ungeschickter, niederträchtiger mensch s. v. schausp. (1764) 1, 15; 1, 16; gl. n. 87; 278; 73a; Ungeschickt von Kalkstein 4, 1434; Hans Ungeschickt, so knie doch nieder! 7) steigernd: en ungeschickti (sehr grosze) fröid 518. vgl. intemperans, enormis Kilian. schriftsprachlich werden entsprechende fälle (einer u. groszen goldmedaille schr. der Götheges. 5, 47) wie u. 1 a verstanden. 8) in der von nordd. rede abhängigen schriftspr. droht u. zu verarmen, indem es hauptsächlich auf bed. 5 e bezogen zu werden pflegt. — dazu ungeschickte, f., gth. v. geschickt(e), geschick(e)de oder mangel daran. 8, 518. schwach entwickelt. als veraltet bei 2, 177b. wesentlich oberdeutsch. vgl. DWB ungeschicht, DWB ungeschick, -lichkeit, ungeschicktheit, -lichkeit. von u., von ungeschicht, von ungeschick entsprechend, zufällig, ausnahmsweise: das kumbt ettwan von ungeschickt narrenschiff [Bd. 24, Sp. 846] läszt: die ungeschicktheit (nicht ungeschicklichkeit) und unrichtigkeit des Newtonischen beobachtens und experimentirens I 7, 304. vgl. ungeschickte, f. 1) ungeschickt 1 b γ und ungeschicklichkeit 1 entsprechend: unaufgelegtheit im geistlichen sinne pred. 304, 11 V.; 72, 5 (var. ungeschickeit, ungeschichtikeit). mnl. auch von übler äuszerer körperlicher beschaffenheit (wb. 5, 677, 1) und unordnung (677, 2; vgl. ungeschicklich 1). veraltet. 2) ungeschicklichkeit 3, nl. ongeschiktheid (wb. 10, 1657, 3), ungeschickt 3 entsprechend, 'untauglichkeit', veraltet: die u. der französischen sprache zu pindarischen oden allg. d. bibl. anh. 25—36, 3366. 3) bes. mangel an körperlicher und geistiger gewandtheit, kunst, fertigkeit, wissen, bildung u. s. w. und davon zeugend (ungeschickt 5 e, ungeschicklichkeit 4). in stärkerer bed. 'barbarei' heute veraltet: ist ietziger zeit nichts anders darin (in Griechenland) zu finden, dan ungeschickthait und aller kunsten unwissenhait schawplatz d. erdb. (1572) 40a; diese gothischen secula der u. disc. d. mahl. 2, 170. in dem milderen heute geläufigsten sinne von ungeschickt 5 e: die bequemlichkeit und u. einiger .. dichter allg. d. bibl. 110, 111: in meinem angebornen talente zur u. 4, 73; u. in ritterlichen künsten kl. schr. 1, 637. ungeschicktheiten an K. v. Günderode 96; I 5, 473. 4) die bed. ungeschicklichkeit 5, ungeschickt 1 a und 4 c streifend: sehen wir nicht den lieben Ulysses ... so oft mit einer mütze, die in ihrer steifen u. gern eine moderne schlafhaube wäre 19, 44. — ungeschicktlich, adv. , gth. v. geschicktlich, in einigen bed. v. ungeschickt. 8, 518. ongeschicktelick 432b. nl. ongeschiktelijk (wb. 10, 1656). substantiviertes adj.: etwas ungeschicktlichs (inepte) 831b. dazu ungeschicktlicheit (ineptiam) Ter. 1499 cxvib; nl. ongeschiktelijkheid. veraltet. — ungeschieden, -heit, -schiedlich s. ungescheiden, -heit, -scheidlich. — ungeschiftet s. DWB ungeschäftet. — ungeschildet (erdkäfer) allg. d. bibl. 86, 164, -schindelt (wappenkunst) 196, 296, -schirre, n. , s. geschirre 18 ( nord. gäste 12), -schirrig, adj. , ebd. (th. 4, 1, 2, 3895; th. 9, 225): ein ungeschirriger und vielleicht ungewiegter hat sich unterstanden ... z verachten geburtsk. (1570) v v 1b. — ungeschirrt 1, 90. — ungeschlacht, adj. adv. , i. a. gth. von geschlacht. ahd. ungislaht; mhd. ungeslaht; mnl. ongeslacht ( 411a nederr.); 2, 321; els. 2, 450 (auch ungeschlachten); schwäb. wb. 463 ( 3, 471); 2, 500; Wien 176; vgl. wb. 73a; Henneb. 263; obers. 2, 598b; Scherffer 226; 187a. vgl. DWB schlacht III, schlachten 3; ungeschlachte, -heit, ungeschlachtig, -lich, ungeschlachten, unschlachtig, -lich; ungeartet, unartig, ungeschaffen u. dgl. — im gegensatz zu Adelung von Steinbach, Heynatz und Schwan als immer seltner werdend und wenig gebräuchlich, von als landschaftlich bezeichnet; doch sind besonders die bedd. 3 und 5 a durchaus gangbar. in älterer zeit dringt aus dem comparativ (s. th. 4, 1, 2, 3896) umlaut ein: Suchenwirt s. unten; ungeschlch: ansach kirchenl. 497, 36. ungeslat 602 (mundartlich wird vielfach der vokal lang). ungeschlagt ref. flugschr. 4, 109 Clemen; meth. 11. in .. ungeschlage(c?)httem regenwetter briefw. 247. in betreff der bildung unsicher werdendes sprachgefühl führt mit anlehnung an das verb. (schlachten, geschlachten, schlechten, geschlechten) zu den erweiterten, nicht empfehlenswerthen formen ungeschlachtet, ungeschlechtet, vgl. DWB ungestalt, ungestaltet u. s. w.: Rein. Fuchs (1650) 70; 237; crit. m. 523; 10, 81 (druckfehler?); 31, 442; ameisenb. 42; nachgel. schr. 2, 557; ans. 1, 43; 9, 262; g. d. d. dicht. 4, 93; r. g. 3, 239 ( 2, 421; dr. h. märlein 578; stud. 197 ndr.; 196, 296; Höfler [Bd. 24, Sp. 847] 571a); ungeschlattet v. 2, 206; nebeneinander ungeschlachtet und ungeschlacht 1, 311; 2, 241; ein listiger, sehr brauchbarer bedienter von einer sonst ungeschlechteten nation (1719) 123. 1) gth. v. geschlacht 2, nicht von derselben familie: mhd. wb. 2, 2, 388a, 1. vgl. dissimilis 1744. veraltet. 2) gth. v. geschlacht 3, unedel geboren, von niedriger herkunft, abstammung (vgl. mhd. ungeslehte, n.) Laubacher Barlaam 13447; s. o.; von unedlen vögeln renner 20079 Ehrism. veraltet. 3) von übler äuszerer beschaffenheit, ungestalt, unförmig, massig, unhandlich, unfein (vgl. 4, nicht glatt, nicht feinhaarig 1 a), deformis Schöpper e 1a: mit nageln ungeschlachte meisterl. 77, 123 M.; waffen 1, 37; trösteins. 74 Pf.; adern Nieders. 3, 29 (venosus, übertragen 1352b); stein IV 6, 386, 19 W.; hörner 2, 38; fäuste 2, 507; kogel drei sommer 1, 280; schatten 2, 120. wallfisch tugendb. 411; riese 48, 68 W.; bestie 2, 373; ein groszer satan hat immer etwas ungeschlachtes und vierschrötiges pros. jugendschr. 2, 270 M.; obers. 2, 598b. oft ist beziehung aufs innere, geistige (vgl. 4. 5) nicht auszuschlieszen: plumpe, ungeschlachte natur 9, 202; 6, 16 W.; II 4, 302 W.; form litg. 263. 4) von übler art und wesenheit (mit hauptbezug auf die innere beschaffenheit), gth. v. geschlacht 5, schriftsprachlich durchweg veraltet. nicht veredelt, wild: die ander gemeyn salvey ... ist etwas wilder und ungeschlachter confectb. 84b; gebüsche oecon. 1126; im bilde: feindesliebe, ... dem ungeschlachten stamme eingeimpft br. 2, 215. unfruchtbar: Agricola unter geschlacht 5 b; obststemme haush. in vorw. 100. verkrüppelt, knorrig, uneben, krumm ( 2, 1868; Schöpper fija; 463); so sol derselbige baum ... gantz u. auffwachsen 18a; solcher grober stöck und ungeschlachter wimmer hat es vil im gebirge Sar. 25b. dazu ungeschlachte, f. Es. 1, 227, 27 K. nicht voll metallhaltig (vgl. unartig): der schwartzen kupffer seind mancherley, eines theils gar gut, eines theils aber unrein und u. 20a; nicht vollgehaltig: hülsen Reyher o rb. vom boden: a. a. o.; s. geschlacht 5 e; nicht gut zu bearbeiten els. 2, 450b, 2; obers. 2, 598b; feld erst. geb. 16; land 2, 466; acker Mont. 5, 178; boden Adelung; übertragen in ein ungeschlachtes land (unter die Türken) sich begeben Plesse 3, 5. unfein von faden (vgl. 3); ein graw ungschlachtes thch wend. 1, 491. unschön, wüst (vgl. 5 b): und habt uns ausz Egypten bracht durch beer und eichel, ungeschlacht, [Bd. 24, Sp. 848] 263; 7, 195, 1089. als krankheitsbezeichnung ( a. a. o.): wa ein wund hitzig ist oder u. dest. 119b; gesicht 19, 410, 33 G.; schaden chir. 95b; beulen und geschwulsten artzneyb. 2, 337; an ungeschlachten orten, da sich viel rötin, das ist blut erzeigt 1, 56a; nicht allein dem hilfsamen und geschlachten podagram .. sondern auch dem unhilfsamen, ungeschlachten, rumorischen, halsstarrigen und die medicos trotzendem pfatengram ehzb. 13, 11 H. 5) übel von charakter und sitte, gth. v. geschlacht 6. vgl. unartig 4. 5, unedel, degener, unartig, ungeschlacht Alberus, unschlachtiges geschlecht Phil. 2, 15 (disem ungeschlachten geschlcht Zürich. bib. 1531, act. ap. 2 verm. schr. 2, 104; 2, 315, 33 B.; ungeschlachten nachkömmlingen ges. 2, 79; brut schaub. 6, 6). mhd. wb. 2, 2, 388a, 3; ungeslehticlîchen 2, 1868. a) grob, unartig, roh, unmanierlich, tölpisch, plump; duri oris 454b; 321; els. 2, 450b, 1; ungezogen Münsterthal Straszb. stud. 2, 247; obers. 598b; ungebildet 176; unbeholfen, ungelenk 73a; flegelhaft, ungeschickt 187a; von schlimmem widerwärtigen wesen, bes. wenn dies durch rauh- und rohheit widrig ist, dem zuwider gehend, was nur irgend den anforderungen an gutes, geschicktes äuszeres verhalten gemäsz ist syn. 3, 846; von den bei ungeschickt 5 e angeführten syn. das stärkste 304: so sehen sie uns dest lieber naher reiden. dem ungeschlachten menschen ist b) bösartig, böse, entsetzlich; widerwillig, -spänstig, ungeberdig: vom schretel, teufel mhd.; meisterl. 3, 53 M.; der was ain bös u. man, der hett seiner aignen kind zwai .. getöt städtechr. 5, 71, 3; sprüchw. (1541) 2, 204a; den ungeschlachtenn, jha bösen herren 3, 260 ndr.; dyscolus, intractabilis 462d; morose Reyher o rb; abgeschwächt difficilis 414b; unumgänglich, unzugänglich: u. .. und misztrauisch waren sie (bauern) 18, 187; 5, 280; 321; 473. durch herttigkeit werden sie unwillig und u. d. schr. 1, 20, 26; s. DWB ungeschlachten, verb.; und wirt über die zwen u. 10, 3, 239, 2 (9) W.; ists noch ungschlacht auch macht sie das creutz ungeschlacht, mein geist wardt auch so ungeschlacht [Bd. 24, Sp. 849] u. sterben 19, 310, 28 G.; verfolgen 258, 27 G. von sachen: sünden ungeschlächten Hätzlerin 204, 119; armt ist u. und ungeduldig inn gotlosen sprüchw. (1541) 2, 158b; do wart sein gluck u. chr. 277. auch vom foetus: sie wirdt u., fecht an umb sich zu stossen artzn. 548c; von thieren: hirsch Plin. 171; affen 1, 131; nachklang: er ungeschlachter, roher sturm 6) in schelte und rüge, wie mhd. (vgl. das ironische geschlacht): wee der ungeschlachten, schweig, du ungeschlacht! 7) mehrfach in steigernde bed. übergehend: warumb schreyst so u. (vgl. 5 b) fastnachtsp. nachl. 21, 34 K.; dein grimm u. 18, 355, 22 G.; inn dem sich gegen mir her macht meinr ungeschlachte müsz gott walten schamhaft erglühend, nahm ich den heiligen [Bd. 24, Sp. 850] noli me tangere von seiner u. nennen chir. 72a (ungeschlacht 4); u. des grundes v. wassern 91 (u. 4); zweige und holtz, die sich wegen der harte und zähen ohngeschlachtigkeit mit dem horn vergleichen a. weisheit lustg. 416 (u. 4); damit unser wildigkeit und u. in disem himlischen brunnlein verschlungen werde hist. Christi 1, 61a (u. 4, 5 b). alterthümelnd Arist. 3, 116. veraltet. — ungeschlachtlich, adv. morose 841a. — ungeschlafen, part.-adj. adv. wie mhd. ohne zu schlafen: br. 1, 425; 10, 9; 7, 29. Basel 299. übernächtig els. 2, 452b. Straszb. stud. 2, 276. insomnis, die sach ligt bey mir ungeschlaffen, u. legen Dentzler; die sach legt mich u. Aler. vgl. DWB schlaflos. — ungeschlagen, part.-adj. von schlagen, gth. v. geschlagen. mhd. ungeslagen; mnl. ongeslagen; Basel 299. act. 4, 285 30; Simpl. 333 Kögel; 7, 227; einigen schaden darauf ungeschlagen (unangeschlagen) Rosenb. chr. 145. pass. freiwillig, von selbst: Garg. 141 ndr.; cat. 1, 290; mnl. wb. 5, 684, 5. ohne schaden: bleiben mhd. wb. 2, 2, 373b; wenn ich jn (den fürsten) heuchle ..., so bleib jch u. 32, 346, 16 W.; sat. 1, 97 Schade; davonkommen u. dgl. 140a; so kam U. fast u. aus groszer gefahr 2, 69; sein Es. 2, 179 K.; u. ist am besten 17, 1, 27, 15 W.; 4, 1435; spr. 1532, 591 Latend.; Fr. Wilhelm spr. g g a 53; 3, 443. unbehelligt: rechtsalt. 1, 446; sagen 2, 42; ähnlich Mansf. chr. 120a; ges. 2, 372. technisch vom land mnl. wb. 5, 683, 4; gold ebd. 1, Arm. 1, 863b; silber 690a; arbeit 196, 296; wolle (1702) 2, 543b; haar (nicht in flechten geschlagen) ebd. u. dgl. — ungeschlank, -heit Campe. — ungeschlecht, n. , für neutrum (s. DWB geschlecht II 4 h), gelegenheitsbildung 2, 150. — ungeschlechtet s. DWB ungeschlacht. — ungeschlechtig, adj. , nicht geschlechtig. wörter, communia τὰ ἐπίκοινα gr. 3, 329; gesch. d. d. spr. 928; ungeschlechtiges pronomen gr. 3, 407. wie geschlechtlos 2: gegenstände kl. schr. 3, 359. ohne bedeutungszusammenhang mit mhd. ungeslehtic, -lîchen. — ungeschlechtlich, adj. adv. , gth. v. geschlechtlich: zwei ungeschlechtliche fortpflanzungen red. u. aufs. 2, 445; tierzucht 239. — ungeschlechtlichkeit, f. — ungeschleckt, part.-adj. , gth. v. geschleckt sauber (schlecken 2, vgl.ungeleckt): 10, 236. ungeschleckter für ungeleckter bär els. 2, 461b. — ungeschleiert, part.-adj. zu schleiern 1, gth. v. geschleiert: volksm. 3, 43. exindusiatus, schleierlos beschr. bot. 72. — ungeschleun, ungeschlömig, adj.: im may sein herr wardt ungeschleun, es het ein reicher man ein knecht [Bd. 24, Sp. 851] 1) ursprünglich sinnlich nicht geschliffen (schleifen II A 2 a, b), nicht durch schleifen geschärft, glatt gemacht, verziert, unpoliert, matt u. ä. (geschliffen 4, 1, 2, 3920, 1): wenn ein eisen stumpff wird und an der schneiten ungeschlieffen bleibt, mus mans mit macht wider scherffen pred. 10, 10; ungeschliffene gläser Campe; u. schneid nicht 2, v v iir; 187; im wortspiel mit wie geschliffen 477; steine mnl. wb. 5, 684, 1, beliebt im vergleich und bild: weil der mensch selbst ... einem ... ungeschliffenen steine ähnlich wäre Arm. 1, 609b; ein genie .. ein ungeschliffener demant litbr. 10, 196; 9, 134; kom. 226; erz. schr. 8, 245. 2) übertragen: a) nicht geschärft oder ausgebildet durch erfahrung, sachkunde, unscharf von natur, stumpf, dumm, plump, unverständig (mnl. 2; vgl. geschliffen 4. 5 und schwed. slipad listig): sinn mhd. mnl.; zunge mnl.; sieb. tageszeit 93 (e g'schliffes mul eine beredte zunge); wort Meyer und altd. dicht. 51b, 527, vgl.c; solche ungeschliffen unchristliche wort 30, 2, 578 W. (doch worte schleifen th. 9, 596 glatte worte machen mit dem nebensinn des betrüglichen); sehr unbeschliffen und grobe lügen pomm. chr. 2, 166; in n. spr. nur mit rückkehr zu sinnlicherer vorstellung: ein verständig ohr höret in der musik ganz was anders, als ein ungeschliffenes wahrh. 549, 9; blick Mont. 2, 49; vgl. geschliffen 2 (4) und th. 9, 596. b) unverfeinert, unfein, ohne geistigen schliff, ohne anspruchsvollere künstlichkeit, geistigkeit, geistreichigkeit u. dgl. (vgl. geschliffen 3 und ungepaliert, ungepoliert, unpoliert): also hab ichs u. durch die federn herausz geschütt städtechr. 11, 804, 4; grob u. mönchisch latein pap. inquis. 149; reimversen, welche sonsten gar u. lauten trutzn. 64, 10; kopf 376b; 1, 149; Pathmos 205 (den kopf schleifen s. schleifen II A 2 c und beim depositionsbrauch). witz 7, 26, verstand, geist u. dgl., oft mit c zusammenflieszend. c) hauptsächlich rauh, eckig, unfein in sitte, verfahren und benehmen, im höchsten grade ungesittet Adelung, gth. geschliffen 6. schon in mhd. ungesliffen, mnl. ongeslepen mag die bed. des schleifens (schleifen II A 2 c) durch lat. impolitus, ἀνεπίξεστος beeinfluszt sein; entlehnung aus fr. impoli (zeitschr. f. d. wortf. 4, 131), engl. unpolished käme erst für die jüngsten jahrhunderte in betracht. dagegen wirkt wie bei ungehobelt (s. d.) handwerks- und depositionsbrauch, das schleifen der berufssprachen (schleifen II A 2 e; redensarten 72) deutlich ein. mit dem hintergrund des schleifens bei der gesellenweihe: man sol aber solchen ungeschlieffen und ungehöbelten (so oft verbunden) gesellen das handtwerck zu schreiben verbieten und legen bedencken (1553) B 4a; ungeschliffenen gesellen 6, 101 wie allgemein. ungeschliffene leute von den bachanten vor der deposition stud. 132 (1720); undeutlich gegen b abgegrenzt: den doctorhut auf dasz ungeschliffene gehirn zu setzen narrenk. (1683) 98; 151; zu 1 zurücklenkend: F. erschöpfte sich in wüthenden vergleichungen zwischen jungen sauschlingeln und alten hauklingen, die beide u. seien 3, 185. für rüde 328, rustical geschäftsf. 2. 382, impoli verd. (1813) 367a. synonyma sind zahllos, z. b. unbehauen, -schnitten, -gehobelt, -geglättet, -gekämmt, -gekocht, -geschoren, -striegelt, -waschen u. s. w., bes. in den mundarten und verwandten spr., z. b. ungehechelt, ungeschroten 187, angeschrubbelt, angeschuft Eupen 10b, ongeschufft 172, nl. onbeschoft, onbeschaafd, schwed. ohyfsad u. dgl. heute unsinnlicher als ungehobelt, s. d. sp. 712. die ältere spr. verwendet u. auch in weiterer, geistig-sittlicher bed., während in der n. spr. der bezug auf die äuszere wohlanständigkeit oder die gesellige bildung vorwaltet (Eberhard-Lyon 784). von personen oder persönlich vorgestelltem: 14, 108, 7 G. sp. 729; was were wilder und ungeschliffener denn ein mensch, der weder recht [Bd. 24, Sp. 852] aufferzogen noch ermanet, erinnert und in guten künsten unterwiesen 20b; ungeschliefene und steinerne hertzen, die eine schwangere nicht aufnehmen wollen grund 69; die ungeschliffneste leute von unserm schiff Simpl. 579 Kögel; wenn in ein ehrbar g'lag ein ungeschliffner kommet rosenth. 29; ungerecht, u. gegen menschen umg. 1, 16. zwischen b und c steht: ein ungeschliffener (ungebildeter, unvollkommener, impolitus) mahler 3, 69; übersetzer zs. f. d. wortf. 13, 207; vgl. unten land. beliebt als schelte: ein unhöfflicher, ungezogener, ungeschliffener grober röltz grillenvertr. (1605) 3, 14; wocke Herk. 316; flegel ollap. 103, 20 ndr.; kerl 2, 198; grobiantus 388b; 73a; vgl. schliffel, schlüffel. das ungeschliffne land als inbegriff seiner ung. bewohner 1, 250; von flöhen flöhhaz 269 H.; grillen volks- u. studl. 228. nur nicht immer so u. n. schausp. (1771) 1, 363; 2, 151; wie u.! 1, 245. halb u. und halb keck gehört zum heutigen bon ton quodl. 4, 11. von ungeschliffenheit zeugend: er empot jm ein ongeschliffene antwort Comines 43; mores wend. 1, 536; grobheit rosenmând 12; ränke 9, 72, 468 W.; äuszeres 2, 167; lebensart 1, 129; wörter 2, 237 (anders oben 2 a). das ungeschliffene zu vermeiden allg. d. bibl. 97, 283. — ungeschliffenheit, f. , gth. der geschliffenheit (doch ist dies oft nur rückbildung aus u.), nach ungeschliffen 2 c. dän. uslebenhed. für rudität Kinderling, rusticität Voigt, impolitesse (1813): der alte mann aber blieb ... wegen der ungeschlieffenheit des gottlosen uberführers zurücke pers. baumg. 45; 14, 403; 3, 207; um des gastes u. abzuschleifen 11, 316; eine bäuerliche u. der verkehrsformen br. a. s. br. 361; tageb. 2, 436; ungeschliffenheiten allg. d. bibl. 93, 605; 3, 15; sagen Campe. — ungeschlömig s. DWB ungeschleun. — ungeschlossen, part.-adj. zu schlieszen, gth. geschlossen th. 4, 1, 2, 3921; 9, 706, 6. mnl. nl. ongesloten; 2, 536; 196, 297. vgl. unbeschlossen, auch unab-, unauf-, unausgeschlossen, unerschlossen, unentschlossen. räumlich sinnlich nicht geschlossen (zu-, ab-, zusammengeschlossen, abgesperrt u. dgl.). mnl. wb. 5, 684, 1. schlieszen 6 a: thür Es. 1, 400 K.; hand sprichw. (1534) a viib; lippen 7, 131; straszen 9, 95; nabelvene bau 5, 148; beine 2, 32; helm, harnisch 298 u. a. rechtlich nicht beschränkt, verboten (schlieszen 6 b): flur, zeit Krünitz ebd. gth. v. geschlossen 1, schlieszen 6 c, nicht compact, lückenlos u. ä.: kette a. a. o.; holz 536; land Adelung; B. ist von alters her ungeschlossenes land 9, 179. dazu ungeschlossenheit, f. handwb. d. staatsw. 4, 1213. geschlossen (schlieszen 6) d entsprechend: reihen und glieder v. sold. 226, 34; gesellschaft, verein Krünitz; handwerk 4, 484a; zünfte 3, 371; die zünftige geckheit war von ganz andrer beschaffenheit als die unzünftige oder ungeschlossene 2, 249; gerichte polizeyrecht 1, 127. geschlossen 6 e entsprechend: des noch ungeschlossenen werks kl. schr. 7, 332; rechnung Kramer-Moerbeek, Krünitz. weidmännisch: in alten ungeschlossenen (es steht da aber ungeschloffenen) dachs- oder fuchsbauen pract. 174 wie geschlossen (th. 4) 6. mnl. ongesloten immensus, unbeschlossen, wb. 5, 684, 2 b. ungeschlossene (ungeschlieszene 245) federn frzl. 655 zu schleiszen th. 9, 616, 618. — ungeschlüsselt alpensommer 94. — ungeschmack, m. , gegenstück zu geschmack, m. vgl. mhd. âsmac 55, 5; abgeschmack, abschmack; unschmack; nl. onsmaak, wansmaak; altschwed. osmaker, schwed. osmak; geschmacklosigkeit. zu den formen (ungeschmäcke gl. 28a; ungeschmacke 1, 156; ungeschmachen 2, 541; ungeschmach 610a) s. DWB geschmack I. ohne plural. [Bd. 24, Sp. 853] 1) wie geschmack II A vom übeln geruch, a. a. o.: ob er an unserm mund spure athems ungeschmach b. hofordn. 2, 221 Kern; zuhand die göttin bracht ein kraut, 2) geschmack II B entsprechend, vom geschmack. mangel an g.: die kürbisz frucht ... soll man von jrer wässerigkeyt und ungeschmacks wegen wol würtzen spiegel 41a; u. des wassers binenk. 16a. übler g., amaritudo 28a: du keinen sauren safft ... in keinem küpfferin ... gefäsz sieden solt, dann es bekompt ein u. darvon confectb. 127a: engl. com. (1624) q 8a; 3, 415a; (1623) 38; a. a. o.; schlechte geschmacksempfindung 584b; damit verbundener ekel, nausea: ein tranck für ungeschmacke des munds, dasz einem weder essen noch trincken schmeckt 1, 156; uns den u. des zuvorgehörten mit einer trinkbaren rede hinunter zu spülen I 5, 406; uns aber liegt noch wie assa foetida auf der zunge der scheuszliche u. der worte, die wir gegen dich (Platen) zitiren muszten red. 2, 425. üblich ab-, bei-, nachgeschmack. 3) wie geschmack II B 4 in anwendung auf das schöne. nl. onsmaak 2. seit Campe verzeichnet. mangel an geschmack überhaupt, unempfindlichkeit gegen das schöne: die (alten) hätt' einst, ihnen zeitverwandt, ob er um verruchten lohn [Bd. 24, Sp. 854] 'das wort u. hat etwas ungelenkiges und möchte daher wohl nicht in die jetzige hd. spr. zurückkehren' 196 (1848), 299; dennoch entbehrt es nicht des eigenwerthes und deckt sich mit schmacklos, geschmacklos, unschmackhaft, abgeschmackt, abschmeckig, abschmeckend nicht völlig. vgl. auszerdem überschmack, wohl-, gut-, feingeschmack, ungeschmackhaft, ungeschmackig, -lich, -voll. für fade verd. (1813) 310b nach Heynatz. 1) wie mhd. übelriechend: ein ungeschmackter sauerlechter geruch prob. d. harnen 8; geschmack m. alch. 2, 76; mund 2, 734. 2) wie mhd. unschmackhaft, kraftlos: suppen bilger 16b; oberh. 845; mit thränen musz ich mischen schlaff, speisz und tranck mir ungschmack ist 3) übertragen a) wählerisch, urtheilslos, schlechten geschmack zeigend: ungeschmacke welt, zu klein desz daucht dich ungschmach und unbillig dieweil dein mund mein ungeschmacktes küssen [Bd. 24, Sp. 855] janua 272; insulsus, fatuus, insipidus ... ein ungeschmackter, ungeschmaltzener mensch 2, 2086a; Trissin und Tasso schienen alt, und die natur [Bd. 24, Sp. 856] n., böses geschmeisz. s. DWB geschmeisz 2 b, 4, 586a und un iv b: dasz aber die corallen den donner- und hagelschlag, auch andere gewitter verhüten, alles u. vertreiben und die reisende davor präserviren sollen, ist ein bloszer aberglaube 3, 508a. — ungeschminkt, part.-adj. adv. , gth. v. geschminkt (s. d. und schminken). dän. usminket; schwed. osminkad. auch unbeschminkt 1880; vgl.unange-, unüberschminkt, DWB ungefärbt (unentfärbt phras. 379), ungeheuchelt, ungeschmeichelt ( gr. 3, 462) u. ä.: der ungeschminkte wein 1, 318, 28; K. tritt u. auf 2, 299. übertragen: die recht ungeschminckte treu 714; zierlichkeit unterr. 1, 240; freuden Arm. 2, 1332b; natur 17, 15 Hempel; beredtsamkeit Luc. 3, 269; beliebt: gantz ungeschminckte wahrheiten sagen vern. tadl. 2, 375; die reine ungeschminkte wahrheit 2, 468; 3, 64 (s. wahrheit II 3 g); wahrhaftigkeit aufs. 1, 448; seltener den reitz unserer ungeschminkten gegend reise 6, 178; ungeschminkte politische organe, die ungeschminkte wahrheit sagen 1, 153. aus einem ungeschminckten hertzen Däd. 1, 347; der ungeschminkte geist I 1, 232. von personen: eines ungeschminckten christen gedult d. a. unglück 371; mann ehrenpf. 5; menschen 22, 120. comp.: muster von ungeschminkteren liedern g. d. d. dicht. 3, 274; mit den ungeschminktesten worten 3, 133 Tieck. adv.: u. beschrieben Yor. 1, 38. ungeschminktheit, f., gth. der geschminktheit 3, 208. — ungeschmückt, part.-adj. adv. , gth. v. geschmückt, s. DWB schmücken II 3, 5, 7; nl. ongesmukt. ganz ähnlich wie ungeschminkt entwickelt. schwed. osmyckad. vgl.unschmückend 2, 981c, inadornatus, unadorned, schmucklos: unfreundlich, ungeschmückt, und rauh und wüste, um euer denkmal ziehn [Bd. 24, Sp. 857] unbegriffenlich, untröstlich Frisius; ein ungescholtener unberüchtigter ehrenmann 139; glaube Däd. 1, 668; sehnen bel. 6, 464; freude d. neueste 8, 891; die ungescholtensten zeugen lebensl. 4, 140; dein hemd und frack soll u., das heiszt weisz und ganz seyn 4, 388. — ungeschöpf, n. , individuelle bildung Göthes, ungezieferliches (s.un iv b): rohr und binse, molch und salamander, dieweil sein wohlgeführtes leben, [Bd. 24, Sp. 858] 1 4 c im geschlechtlichen sinne liefert inhaltlich einen schwachen einschlag (vgl. ungeheit, ungebrüht, ungesorten; formell haben die verb. ungeheit u. s. w. lassen eingewirkt), verstärkt den kraftwortcharakter und erklärt die 'niedrigheit' des ausdrucks, der sich erst im 19. jh. zu unbedenklicherer brauchbarkeit für anspruchlose oder familiäre redeweise abschleift. der bereits gefestigten ra. flieszt durch zurückgehen auf sinnliche vorstellung immer wieder neuer lebendiger inhalt zu ( 3, 33): zu dem siehe ich euch auch vor kein scherergesindel an? darum lasset mich u. Simpl. 637 Kögel; sine me indetonsam jus potandi (1668) e 1b (zs. f. d. wortf. 10, 247); lasset mich u., oder ich gebe eine garstige antwort pol. guckuck (1684) 272; harl. 50; der duellant mich bath, dasz ich ihn u. lassen solt (nicht die nase abhauen, vgl. DWB scheren I 4 h α) Schelm. 121 ndr.; ey, nimm doch warnung an und lasz sie (das mädchen) u. ihr ungeheuren wünsche! geht und laszt mich ungeschoren macht was ihr wollt; nur laszt mich ungeschoren! ist jemand hier erfroren, denn mich, bei Mahom! läszt es ungeschoren, ein trefflicher poet ist selten ungeschossen das ist es, mutter, wort für wort, was ich [Bd. 24, Sp. 859] d. gesch. 1, 665; wort gottes bin. 61a; d. neueste 2, 529; sitte 2, 99 u. s. f.). — ungeschriftgelehrt Columella 1, 47 ndr. — ungeschrobenheit s. DWB ungeschraubt. — ungeschuf s. DWB ungeschaffen. — ungeschuht, part.-adj. , gth. v. geschuht 1 und seitenstück zu unbeschuht. mhd. ungeschuoch und ungeschuohet; mnd. ungeschoiet; mnl. nl. ongescoeit: ongeschücht Reich. chr. 78, 33; der ungeschuheten karmelbrüder 33, 319. — ungeschult, part.-adj. adv., gth. v. geschult (s. DWB schulen b δ): einer neuen ungeschulten versammlung fr. rev. 389; beobachter Winckelmann 2, 1, 348; arbeitskräfte hand wb. d. staatsw. 7, 268; dann wirft man dem bauer vor, dasz er roh und ungeschult ist 1, 201; 8, 625; unbeschuelet 627; ein ungeschulter kl. schr. 1, 347. stimmen 5, 97; selbstsucht 2, 118; die überzeugungen waren damals aufrichtiger und ungeschulter gedanken 1, 77. — ungeschultheit, f. , gth. d. geschultheit. — ungeschuppt, part.-adj. , gth. v. geschuppt. ohne schuppen: die iuden assen kein ungeschüpten fisch post. 2, 65b, s. DWB schuppen II 1 a; alepidotus 610; wapenkunst 33. mit schuppen, unabgeschuppt s. DWB schuppen II 3. — ungeschützt, part.-adj. adv. zu schützen: ungeschützte haide 5, 8; u. liegen. — ungeschütztheit, f. , erg. 466c. — ungeschwänzt, part.-adj. zu schwänzen 2 d γ, gth. v. geschwänzt. (1702) 2, 697c. pflanzenk. 600; 954b; sterne 2, 371. ungeschwänztheit, f.; Sachs-Villatte. vgl. DWB unbeschwänzt, unbeschweift. — ungeschweift, part. adj. zu schweifen 5 a (cometen kosm. 3, 221) und 5 c (senza incavatura 1702, 2, 707a; wölbung der stirn fragm. 2, 128). — ungeschwind, adj. adv. , gth. v. geschwind. mhd. ungeswinde. inpromptus, hebes, incallide Frisius: nit ungeschwind der gesten einer ... verbirgt den bratnen kapaunen 3, 17, 25 ndr. ungschwindigklich inargute Frisius. trotz Campe schriftsprachlich veraltet. — ungeschwisterlich, -keit Campe. — ungeschwollen, part.-adj. zu schwellen 2 l, geschwellen I 3: ein ungeschwollenes, doch nicht zu niedrigs wort Nieders. 4, 232. unüblich. — ungeschwunden, part.-adj. zu schwinden: u. ding Garg. 370 ndr., th. 2, 1167 durch 'unverzüglich' erklärt; eher wohl 'tüchtig' als ausdruck der steigerung wie: bei dem grossen, ungeschwunden, harten elendte novae novi orbis historiae (1591) 502. dis kostet jo ein ungeschwundenes geld 'unversiegbar viel' els. 2, 520b. — ungeschwungen, part.-adj. zu schwingen 2 k. mhd. ungeswungen. 2, 251b. 2, 639. vgl. ungeschwungenlich bei N. v. Wyle, ags. ungeswuncen. 1) sinnlich: u. werck, hanf mhd. wb. 2, 2, 803b; habern, flachs (1702) 725c; wäsche Frisch; es rühret solcher mangel von ungeschwungenem, unreinem und staubichten futter her öc. l. (1757) 5, 16. noch im sinnl. bilde: des römischen hofs boszheyt und ungeschwungene unsauberkeyt 3, 83, 20 ndr. dazu das ausgeschwing, die ausschwingete das unsaubere des getreides, flachses, hanfes beim schwingen desselben 2, 365. 2) aus dem alten wort der land- und hauswirtschaft ist bei übertragung ein beliebter kraftausdruck geworden, der erst im 18. jh. veraltete. a) grob, derb, 'tüchtig' (vgl.b), ungeschliffen; ungeschickt (Nürnberg) Schmeller: wen ein mensch zu dir keme undt spreche: ich bin .. das brodt des lebens, so wurdestu sagen: das ist eine ungeschwungene rede, die nichts taug 33, 63, 32 W.; u. ding widder gott reden 30, 2, 495 W.; bes. DWB lügen ebd. 121; crassissima mendacia 117a (vgl. b); ungeschwungeners liegen .. hab ich mein lebtag nie erkannt antip. 3, 54a; cat. 5, 1219; Abele unter ungehechelt; ubersetzen h. d. h. Este 64a; fabeln 1, 508; reden (1702) 725c; auch solch ungeschwungener, grewlich grosser betrug 6, 91a Jen.; ordensleuten mit iren ongeschwungnen anfechtungen und begirden [Bd. 24, Sp. 860] 2, 346; sie solten ihm ein wenig mist unter streuen, darmit er nicht zu gar einen ongeschwungenen fall thue grillenvertr. 162 ( v. Bahder z. Lalenbuch xxvii). adv. u. lestern 8, 221a Jen.; saufen, essen u. dgl. dicht. 72; 9, 15, 8; 5, 122, 29 K.; vgl. b; wan er stecket vol phantasey wenn aus dem bett ein weib gantz ungesegnet geht, durch dich werden ferner wir nicht mehr beglückt, [Bd. 24, Sp. 861] gesegnet, n., krankheitsname: impetigo, ekzema, wundsucht, schöne, rothlauf, afel, fieberanfall (vgl. DWB das versegnet) 631b; gicht 135, 152; 2, 240; 79; v. 2, 206. ung'segn'tes kindbettfieber Wien 176. schriftsprachlich veraltet. — ungesellig, adj. adv. , gth. v. gesellig. mhd. ungesellich, ungesellelich var. zu ungeselleclich renner 9216 (vgl. gesellich); mnl. ongesellich, -sellijc; nl. ongezellig; lux. 316a. wenn die dürftigkeit der belege (es steht für die ältere zeit auszer der rennerstelle nur ein beleg aus Carbachs Liv. zu gebote) nicht täuscht, wird u. literarisch erst in der 2. hälfte des 'artigen' 18. jhs. gangbar, doch wohl unter einflusz der westl. cultursprachen; mnl. ongesellich, -ijc sollte lat. non socialis, insociabilis wiedergeben. das fehlen in den meisten ma. stimmt dazu. die wbb. verzeichnen es aber seit Frisius reichlich und die durchbildung der bedd. spricht für eigene entwicklung (s. gesellich, gesellig). ältere bildungen wie ungeselliglich, -sellisch, -sellsam, -sellt (s. diese) hätten den gebrauch von ungesellig wenig hindern können, eher etwa der üble anklang an ungeselle (Röthe zu 183, 8). 1) gth. v. gesellig 1, ohne gesellen, freund, seines gleichen, ohne gemeinsamkeit mit diesen, unvereinbar, abgesondert, vgl. DWB ungeheuer adj. 1, mhd. gesellelôs, ungesellet: Platen unter gesellig 1; J. u. br. 99; vgl. ungesellt; der mensch ... ist nicht zum ungeselligen zustande gemacht wahrh. 512; von pilzen dazu sind sie zu u. wald 31; insociabilis u., das man nit zesamen binden mag oder vereinbaren 709a; die zwey widersprechendsten, ungeselligsten dinge 12, 150; bei uns wohnen sie (schöne körper und schöne seelen) durch verschiedene stückwerke abgesondert und ungesellig gespr. 1, 150; aufs. 1, 79. solitarius, ein ungeselliger Kinderling. 2) gth. v. gesellig 2, unfreundlich: renn. 9216; undeutlich und in 4 verflieszend wer das nicht thäte (sich mit feinden nicht versöhnte), sollte als ein mann von ungeselliger und wilder seele angesehen seyn 8, 315; wäre ich denn ungesellig gegen euch? 3, 84. nl. wb. 10, 1684 b 2. 3) dem lebensgenusz, geselliger lebensfreude abgeneigt, ohne tadelnden beisinn, sonst gesellig 3 entsprechend: freudlos in der freude fülle, 4) gth. v. gesellig 4, ungeneigt zu umgang und verkehr, menschenscheu; invenustus, unholdsälig, unfründhold, ungsellig, häszlich, unlieblich 729; dissociabilis, unfügsamlich 431a; morosus 2006; incompatible 288; insociabel, unerträglich 73a; mnl. wb. 5, 680; nl. 10, 1684 a 1. oft von 2 nicht zu scheiden: die senatores waren jnen nit alleyn ungewegen als den feinden, sondern auch auff die, als wider eyn ungezempt und ungesellig volck, seer erzürnt Liv. 331r; dieser unbrauchbaren und ungeselligen gelehrten tageb. s. beob. 1, 13; denn auszer diesem ist er der ungeselligste mann auf der welt br. 1, 78 Körte; 6, 268: 8, 53; dasz er sich .. eben heute .. so u. (nicht aufgelegt zu geselligem umgang) fühle erz. schr. 26, 73; die morgenfrühe läszt u. 5, 12. er ist ... ungeselliger als der mäusebussard vögel 1, 363. 5) gth. v. gesellig 5, dem geselligen umgange unangemessen, dabei verpönt, der geselligkeit widerstrebend, menschenfeindlich, unwirthlich, öde, unbehaglich (nl. wb. 10, 1684 a 2): einer von natur nicht ungeselligen gemütsart br. 3, 7 (vgl. 3); wörter d. neueste 4, 372; geist 12, 273; flug 13, 17 nach 1 zurückweisend; afterreden ... das ungeselligste sittliche übel nachl. 62, 2; unarten 33, 97 W.; dazu vgl. 6; sprache Athen. 2, 36; im steifen, [Bd. 24, Sp. 862] ungeselligen Göttingen 8, 24; klösterlichkeit 5, 180; o donner, rolle du nicht von ungeselligen bergen 6) gth. v. gesellig 6, der gesellschaft (societé) und ihren lebensbedingungen, ihrem zwang, wie ihrer gemüthlichkeit u. dgl. widerstrebend, unsocial: dahingegen der eigendünkel u. macht und die nationen den geraden weg zur barbarey zurück führet allg. d. bibl. 1, 2, 15; grundsätze bürgerl. verb. d. juden 1, 16; den ungesell'gen wilden glocke 312; 2, 131; dasz der preuszische offizier ... u. (exclusiv) sei 15, 316. auch ungeselliger völkergeister 2, 522. vgl. ungesellschaftlich. 7) gth. v. gesellig 7, nicht gemeinsam, nicht für die gemeinsamkeit bestimmt: die menge der geselligen vergnügen ist unbegränzt, indesz die anzahl der ungeselligen (nur wortspielerisch gs. v. gesellig) sehr umschränkt ist Amyntor (1782) 135; das einsame ungesellige lesen Europa 2, 80: die weinlieder unserer minnesänger scheinen zu u. kl. schr. 3, 47. — ungeselligkeit, f. , mangel an geselligkeit und deren gth., insociabilitas, insociabilität, insociabilité, unsociableness u. s. w.; mnl. ongesellijcheit incomitatus; nl. ongezelligheid. seit 1716 verzeichnet; für incompatibilité 288. geselligkeit 1 entsprechend, das nichtzusammensein, -leben, -verkehren: zustand der u. III 3, 359, 8 W.; befremdliche u. bei den Tahitiern, frauenverachtung 2, 112. geselligkeit 2 entsprechend, ungeneigtheit und abneigung gegen geselligen umgang, menschenscheu, -feindschaft, unverträglichkeit (vgl. Spanutius), mangel an der wahren geselligkeit (vgl. ungesellige g. unter ungesellig 5), nl. wb. 1684, 1: diesz übel scheint mir in keine vergleichung zu kommen mit dem schrecklichen übel der u., der menschenfliehenden, menschenverachtenden laune geh. tageb. 2, 25; nicht ungeselligkeit, in enger dumpfheit strebend [Bd. 24, Sp. 863] Alfred 231; vom ungesellschaftlichen zustande des menschen allg. d. bibl. 37, 436; denkw. 118; wir sagen, um deutlich zu sein, unsocial und antisocial. dazu ungesellschaftlichkeit, f. Campe. unvereinbarkeit mit der richtigen gesellschaftsordnung 7, 33, vgl. gesellschaftlichkeit 3. unüblich. — ungesellt, part.-adj. zu gesellen (sellen). mhd. ungesellet. in verbalen verbb.: zeitvertreiber (1668) 441; betr. 5, 588; 6, 325; 2, 590; der ungesellte 1, 58. — ungesessen, part.-adj. , gth. v. gesessen 2 (vgl. th. 10, 1, 1290), nicht ansässig wie mhd.: lege aber jemandes ungesessen in der stadt chr. d. st. Trautenau 6; ein ungeseszener advocat acta p. 2, 127 P.; niederösterr. weist. 3, 497, 30; 49, 1459; rechtsalt. 1, 494; alle ungesessene berginf. 1, 19. 7, 1750. vgl. DWB unangesessen, DWB unansässig, DWB unbesessen, ungesetzt, ungesitzet (th. 10, 1, 1280. 1290) und mhd. ungesâʒet. gth. v. gesessen 3: so offt ein bürg harumb tods abgieng, u. oder durch brechen oder sust unnütz wurd Riederer w vib. veraltet. — ungesetz, n. , gegenstück zu gesetz. seit Campe verzeichnet; doch schon bei Luther. heute noch haftet dem worte die zufälligkeit seiner ursprünglich wortspielenden oder individuellen entstehung an, es ist erst auf dem wege zu einem vollgehaltigen culturbegriff, den z. b. ungeist (G. Schoppe weist ungeist in bed. b schon bei S. Betulius [ 5, 100 ] nach, womit die chronologie sp. 723 zu berichtigen wäre) bereits erreicht hat. nach un iv c 3 zu beurtheilen: unangesehen bapst gesetz oder u. (s. DWB gesetz 3) 10, 2, 38, 26 W. noch in der sog. figura etymologica verhaftet: deine seel' ist gesetz! aber ihr blick ... wo miszgestalt in miszgestalten schaltet, du warnst vor stolzer bassen ha die Alekto (Ungesetz ist ihr schrecklicher name) was ungesetzlich ist in der versammlung, wie's über stock und block [Bd. 24, Sp. 864] 1, 204; haufen 17, 303. vgl. DWB gesetzlos. dazu ungesetzlichkeit, f., gth. und mangel der gesetzlichkeit. abstract und concret. von antib. 2, 521 gegen den tadel der allg. d. bibl. 13, 60 vertheidigt. lux. 316a. ungesetzmäszigkeit, ungesetzlichkeit, gesetzwidrigkeit, widergesetzlichkeit syn. (1882) 454. vgl. gesetzlosigkeit: man musz ungesetzlichkeiten zu vermeiden suchen Heynatz; die weisen sind doch durch weisheit weise .. die ungesezlichen aber durch u. ungesezlich Plat. 2, 347; anomalie kosm. 4, 47; die eigenschaft, kein gesetz zu sein 4, 385; plur. 14, 155; 37, 255; 3, 67; gibt es eine gröszere u.? tageb. 5, 335. biblisch wie ungesetzlich 2: thäter der u. 3, 158. — ungesetzmäszig, adj. adv. , gth. v. gesetzmäszig. (1702) 2, 777a illegitimo. zur syn. s. DWB ungesetzlich: wenn das .. volk ... einen concüssionair ... u. aber nicht ungerecht hängt Neseggab 1, 166; verfahren 3, 151; laut 4, 136; herrscher 6, 353; zeit 4, 7. dazu ungesetzmäszigkeit, f. Campe. — ungesetzt, part.-adj. , gth. von gesetzt (th. 4, 1, 2, 4084; 10, 1, 687) 1: dienste, frohnen 3020; ungesetzte und ungemessene dienste dorff- u. landrecht (1719) 348; unbestimmt schwäb. 3, 524; nicht verbrieft 7, 1629. nicht ansässig s. DWB setzen II E 2; Bair. landtsordn. (1553) 82b. gth. v. gesetzt 2 a, setzen II E 4, insedatus 462d: mit ungesaster vernunft 159, 21 B.; pred. 53, 22 V. (gesetzt rückbildung?); gth. v. gesetzt 2b: in solchen noch ungesetzten alter ged. Dürers 4 ( mitth. d. Schles. ver. f. volksk. 18, 83); betragen beitr. z. Bahrdts lebensb. (1791) 11. zu setzen II B 3 a: mit ungesetzten oeltrusen 361. die neuere spr. hat so ziemlich auf das wort verzichtet. — ungesicht, n. , maske, wesen mit maske 20/23, 256; 257. individuelle bildung; ebenso zu ungesichte 'so dasz man sie nicht sieht' meisterl. 10, 85 m. — ungesichtet, part.-adj. zu sichten B 3: den ungesichteten (unbolted, vgl. ungebeutelt, DWB ungeschwungen u. dgl.) schuft Shakespeare Lear 2, 2; den ungesichteten schwengel 3, 279. unüblich. — ungesichtig, adj. , gth. v. gesichtig 1, unsichtbar. mhd. ungesihtic; mnl. ongesichtich. 7, 269. vgl. unsichtig, -sichtbar: die ungesichtigen creaturen baum d. seligkeit (1518) 15a. für discolus ( n. gl. 137a) wohl miszverstanden. — ungesichtiglich, adv. , unsichtbar, wie mhd., mnl.: d. ew. w. betb. 60a ( pred. 311, 3 V.). — ungesichtlich, adj. serm. (1508) 193a. veraltet. — ungesinde, n. : dis ist die aller sichrest statt von Engadi, die allem ungesind (vgl. gesinde, n., 3) ist vor beschlossen 553, 18 B.; lasz niemandt mehr herein, meinet aber nach wie vor das ungesindt (vgl. gesinde 5, 6) und kinder etc. wendunm. 2, 280. veraltet. — ungesinnt, part.-adj. zu sinnen, gesinnen, sinn (auch zu sinnen, sinnen, gesinnen eichen, signare 7, 1082), gegenstück zu gesinnt (th. 4, 1, 2, 4120; 10, 1, 1166), seitenstück zu unbesinnt (s. d.). mnl. ongesinnet (insensatus); nl. ongezind, -heid. 7, 1057. gemeinsprachlich veraltet. unentwickelt 'ungeneigt' (nl. ongezind wb. 10, 1686, 2), point affectionné 377a, und 'nicht gesonnen oder geneigt zu einer handlung' (nl. ongezind 3) th. 10, 1, 1166. wie unbesinnt 1 'unerwartet, unversehens, plötzlich', inopinatus, insciens 7, 1057, s. ungesinntheit erg. 483b. nl. ongezind 1, unbesinnt 2 entsprechend 'verstimmt': wer etwas nöthig hat und es nicht alsbaldt findt, [Bd. 24, Sp. 865] es ist geschrei, auch war dabei, dasz gott jungfräwlein straffe, |