Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm ![]() | ![]() ![]() ![]() | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
ausstörlen bis ausstreichen (Bd. 1, Sp. 989 bis 991) | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
| ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() 1) bei den fechtern, den ersten stosz thun: der gegner hat noch nicht ausgestoszen; er darf nur einmal ausstoszen. 2) dem fasz, kessel den zapfen, den boden ausstoszen: wol, nun kann der gusz beginnen, 3) einem das auge, den zahn ausstoszen: er stiesz sich unvorsichtigerweise an einem vorragenden ast das rechte auge aus; die balgerei endigte nicht ohne ausgestoszne zähne; drumb gib den gfangnen bruder (ructum) los, 4) einen ausstoszen, aus der stube, dem haus, dem land jagen, von sich fortjagen: stosz den hund aus! Garg. 87b; ich wil sie nicht auf ein jar ausstoszen fur dir. 2 Mos. 23, 29; das du sie solt ausstoszen fur dir her. 23, 31; und wil fur dir her senden einen engel und ausstoszen die Cananiter, Amoriter. 33, 2; wenn ich die heiden fur dir ausstoszen und deine grenze weitern werde. 34, 24; in disem allen haben sich verunreiniget die heiden, die ich fur euch her wil ausstoszen. 3 Mos. 18, 24; wird sie aber eine widwen oder ausgestoszen. 22, 13; und der herr ewr gott wird sie ausstoszen fur euch. Jos. 23, 5; da aber das weib Gilead im kinder gebar, stieszen sie Jephthah aus. richt. 11, 2; das ubel ist gröszer, denn das ander, das du an mir gethan hast, das du mich ausstöszest. 2 Sam. 13, 16; stosze sie aus umb irer groszen ubertrettung willen. ps. 5, 11; auf das ich euch ausstosze und ir umbkomet. Jer. 27, 10; aber die kinder des reichs werden ausgestoszen in das finsternis hinaus (goth. usvairpanda in riqis). Matth. 8, 12; es kam fur Jesum, das sie in ausgestoszen hatten (þatei usvaurpun imma). Joh. 9, 35; nu wird der fürst diser welt ausgestoszen werden (usvairpada ut). Joh. 12, 31; welche gott ausstiesz vor dem angesichte unserer väter. apost. gesch. 7, 45; und sollten uns nu heimlich ausstoszen? 16, 37; ins elend ausgestoszne gattin! 2, 488; ich bin ein gegenstand der zwietracht. es ist billig, dasz mich die gesellschaft ausstosze. 3, 99; der das weib von sich ausstöszt, die sich ihm ganz geopfert hat. 2, 220. Vormals bedeutete ausstoszen (wie ausschieszen) aber auch in gutem sinn aus der menge sondern und erwählen: Jacobum hett er uszgestoszen. post. 2, 28; das besunder volk gottes, das gott uszgestoszen und erwelt hat vor allem volk. 3, 102. 5) zornige worte, unbesonnene reden ausstoszen; man stöszt oft aus im zorn, was man nie vorgenommen. stosz aus allen zorn auf die trewlose haiden! [Bd. 1, Sp. 990] momenten unentbehrlich sind, nicht geschätzt, vielmehr verworfen und ausgestoszen worden. 17, 409; die heilige liebe, die nach und nach das fremde durch den geist der reinheit, der sie selbst ist, ausstöszt und so endlich lauter werden wird wie gesponnen gold. an Aug. Stolberg 8; das meer stöszt alle unreinigkeit, das bier die hefen von sich aus; ein strom, der sich ergieszt, unbekümmert, woher die gewässer ihm zuflieszen und wohin er sie ausstöszt. 3, 194; diese idee stöszt eine menge von praedicaten aus. 2, 444. 6) den fleischern ist, ein kalb, einen hammel ausstoszen, die haut des geschlachteten thiers durch stoszen ablösen. den hutmachern, einen hut ausstoszen, ihn auf der form zurichten. den buchbindern, ein buch ausstoszen, die scharfen ecken des bandes abstoszen. den gärtnern, die wege und gänge ausstoszen, sie mit dem stoszeisen reinigen. 7) intransitives ausstoszen ist ausbrechen, hervorstoszen, erumpere und galt zumal von kräutern und gewächsen: wann aber gemelte gesetzte pflanzen anfahen auszustoszen oder auszuschlagen. 288, obschon es leicht ist einen acc. beizufügen: aloen, deren etliche in unserer anwesenheit etliche schuh hohe stängel ausstieszen. Arm. 1, 672. figürlich, der kaiser verbisz seinen schmerz eine zeitlang, aber die mehr verhehlte als unterdrückte bitterkeit kochte beständig in seinem herzen, bis sie mit voller gewalt ausstiesz. 3, 294. mhd. hiesz ûʒ stôʒen, zur see ausfahren, auslaufen, von lande stoszen. pass. K. 469, 54. ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() nicht dies die sonne, deren licht ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() 1) die finger, hände, arme, füsze, beine, zunge ausstrecken: nu aber, das er nicht ausstrecke seine hand und breche auch von dem bawm des lebens. 1 Mos. 3, 22; denn ich werde meine hand ausstrecken und Egypten schlahen. 2 Mos. 3, 20; strecke deine hand aus und erhasche sie bei dem schwanz. 4, 4; und da der engel seine hand ausstreckt uber Jerusalem. 2 Sam. 24, 16; wenn ein land mich verschmehet, so wil ich meine hand uber dasselbe ausstrecken. Ez. 14, 13; ich aber streckte meine hand aus wider dich. 16, 27; strecke aus deinen arm. Jud. 9, 9; und Jesus strecket seine hand aus (goth. ufrakjands handu). Matth. 8, 3; strecke deine hand aus. 12, 13; wenn du aber alt wirst, wirst du deine hende ausstrecken und ein ander wird dich gürten. Joh. 21, 18; das wir mit brünstiger hitze und, wie ir tölpische wort lauten, mit ausgestrackter lust sollen auch also uns tödten. 3, 61b; die mit ausgestrackter lust das leiden Christi bedenken. 3, 73; da er zwo oder drei meil kame, da stund er auf die straszen und streckt beide arm aus, einen gegen s. Jacob, den andern gegen seinem dorf. schimpf und ernst 254; langer ausgestreckter hals. weidwerk 2, 56b; mähet mit ausgestreckten armen. Garg. 257a; der käfer streckt sein fühlhorn aus; wer die zung auf hohn ausstrecket, 2) abstractionen: deine sorgen ausstrecken (erstrecken, ausdehnen). 726; wenn ich dann mein sein und fühlen ausstrecke. nov. kr. 2, 240; macht, gewalt, herschaft ausstrecken: [Bd. 1, Sp. 991] einst war seine (des meers) gewalt noch ausgestreckter. 3) sich ausstrecken, ausdehnen. denn s. Gregorius spricht, das göttlich liebe gegen sich selb nicht bestehen kan, sondern sie musz sich ausstrecken zu einem andern. 1, 50b; die ebene streckt sich stundenweit aus; und lasz dem bauch sein rechten gang, sondern mit wachsendem schwang ![]() ![]() ![]() ![]() 1) explicare, glatt streichen: leinwand, wäsche, hemder, falten ausstreichen, glätten; die furchen mit dem pflug ausstreichen, ebenen, schlichten; er hat sich ausgestrichen als steif er immer kund. Keisersberg; wan da komen die wiszen tüchlin und es alls sampt also musz gefaltet sein und ausgestrichen. geistl. gunkel 8; die münich, die da gond als steif ausgestrichen mit linschen röcken und glat und gefaltet am rücken, als hetten sie ein scheit daran. has im pf.; so dein fraw oder dochter zum tanz geziert und ausgestrichen geht. sch. und ernst 373; der eptissin wart geraten, sie solte vier die allerhübschesten frawen, die sie het, wol ausstreichen und solt sie mit ir nemen und mit inen selber für den fürsten komen, sie wurden ein gnedigen fursten finden. 381; mich dunkt wol, könig Heinrich habe ein elle grobs tuchs oder zwo dazu geben, und der giftige bube Leus habe die kappen geschnitten und mit futter underzogen, aber ich wil sie inen ausstreichen, und schellen daran schürzen, ob got wil. 2, 146a. 46d hat ausstreichen exornare, ausbutzen, blümen und ausstreichen. 2) illinere, oblinere, interlinere, anmahlen, vgl. DWB anstreichen, DWB bestreichen: got hat das distelvögelin auf das allerschönst ausgestrichen mit hübschen farben. sieben scheiden 6; da gieng es denn wol hin, das der lügen gute schlappen gebe und striche sie mit rechter farben aus. 4, 331b; das ich sie bisher nicht genug gemahlet habe, sondern allein auf ein papier schlecht abgerissen und derhalben begeren, ich solle sie auch mit der farben ausstreichen. 5, 161b; solt ich, oder hette ich zeit solchen buben zu mahlen und auszustreichen, so wolt ichs wol klar machen. 5, 255a; wo ist er (der teufel) denn? rings umb euch, spricht er (Christus). was hat er im sinn? er suchet wen er verschlinde. da habt ir in mit seiner farbe auf das meisterlichst abgemahlet und ausgestrichen. 5, 334b. man nannte auch das schminken ein ausstreichen, färben: aus disem metall (dem spieszglas) sollen die weiber etwan ihre schmink gemacht haben, damit sie die augen ausgestrichen und die angesichter angestrichen haben. 106b, s. anstreichen 2. handschriften und die ältesten drucke pflegten roth ausgestrichen zu werden: das buch ist so hübsch gerubriciert und ausgestrichen. post. 18; eine kirchenrechnung von 1552 setzt zwei gulden an für 'das büchlein auszustreichen'. Scheibles kloster 6, 983; ausstreichen, illuminieren. Garg. 186b; die glosen solches testes mit gebürender farbe besser ausstreichen. wendunm. 264a; welcher seinen schorstein auf dem tache hatte weisz und rot ausstreichen lassen. 669. mit dem durchstreichen, unterstreichen verband sich aber auch leicht der begrif von delere, abolere: ein wort, eine zeile ausstreichen, tilgen. sein name ist im buche ausgestrichen worden, man soll ihn im verzeichnisse ausstreichen, wegstreichen, auslöschen; eine stelle im brief war ausgestrichen; die schuld ist ausgestrichen; aber auch die kunst auszustreichen verstehet herr Klopstock. 6, 51; die kunst auszustreichen, auf und damit man es lese, wie einige leute in ihren briefen die gewohnheit haben. 4, 218. [Bd. 1, Sp. 992] 3) auf diese sinnliche vorstellung des färbens, vielleicht auch mit auf die erste des glättens und faltens zurück geht nun die häufige abstraction des ausstreichens, herausstreichens, hervorhebens, ausmahlens und ausführens, wobei bald gar nicht mehr an farbe oder falte gedacht wurde: deshalben ist mit allem vleisz des glaubens war zu nemen in dem sacrament und wöllen in weiter ausstreichen. 1, 63b; ja freilich sol man sie nicht verzweiveln heiszen, aber das verzweiveln müst man recht ausstreichen. 1, 176a; ich köndte diesen handel mit exempeln der heiligen schrift wol weiter und reichlicher erkleren und ausstreichen. 1, 444a; das musz ich weiter ausstreichen. 3, 82; darumb hat Jona fürwar der Nineviten rewe und busze meisterlich und gewaltiglich ausgestrichen, als die heftig, ernst und thetig gewest ist. 3, 207; das redet Habacuc mit vielen worten und streicht es alles eigentlich aus und schmückts mit gleichnissen. 3, 234b; dieser spruch ist wol werd, das man in vleiszig ausstreiche. 4, 25a; wie sanct Paulus sagt Rom. am 5. nun wir gerecht worden sind etc. wie er daselbs diese freude weiter ausstreichet. 5, 67b; zu dem wöllen wir euch ewer römisch Sodoma, welsche hochzeit, venedische und türkische breute und florenzische breutgam also ausstreichen, das ir sehen solt und greifen, das sich unser ehe an ewer erlosen keuschheit redlich gerochen habe. 5, 90b; wolan, es ist mir itzt zu viel, die prediger können alle diese stück wol reichlicher ausstreichen. 5, 185a; wie man das alles aus den historien in die lenge mag ausstreichen. 5, 206b; die pfarrherrn sollen solcher groben leute bosheit öffentlich aufs allerschendlichst ausstreichen. 5, 253b; das sind doch solche wort, die kein mensch noch kein engel gnugsam kan ausreden und ausstreichen, wie sie wol werd weren. 5, 318a; wiewol er das gesetz recht erkläret und ausstreichet. 5, 371b; es ist eine solche predigt, die man kan lang und weit ausstreichen und auch kurz machen. 5, 438a; aber in jener antwort sol ers, ob got wil, anders finden, da wil ich solche schöne sachen ausstreichen. 6, 32a; nu das sind tiefe und rechte paulische wort, dazu seer reich, darumb müssen wir sie etwas ausstreichen, das mans ein wenig verstehe und seiner rede gewone. 6, 35b; wie s. Paulus davon pfleget zu reden, als ein rechter meister diesen artikel auszustreichen und imer beide, herz und mund vol hat, wie Christus auferstanden ist. 6, 79a; und wer hat auch jemal gethan oder künds noch thun, das er alle bosheit von stück zu stück solt in einem buche, schweig in einem psalm ausstreichen. 6, 164b; ich gedachte dasselbe (wider den ablasz) nur zu entwerfen, darnach würden wol andere leute kommen, die es würden vollend ausstreichen und hinaus führen. tischr. 277a; las in des Campani buch, das er mit eigener hand geschrieben, und Munsterus ubersehen und ausgestrichen (angestrichen) hatte. 294b; wo aber die sophisten nicht aufhören zu lestern, wollen wir diesen handel weiter ausstreichen. im corp. doctr. christ. 48; diese historien ans liecht zu bringen und mit fleisz auszustreichen. Melanchth. decl. von k. Fridrich, deutsch von bl. 8; mündlich ausstreichen und declariern. die gleichnus klärer auszustreichen. so soltu im sein wort ausstreichen. nach verdienst beschreiben und ausstreichen. ein greis, der nicht kan streiten, streicht löblich aus dem herren seine werke, so laszt gelehrte händ aufs prächtigst euch ausstreichen. die menge macht mich arm, ich kan nicht zierden haben für tugend streichen aus die schändlichsten gebrechen. nit mögens gnugsam streichen aus er weisz sie anzubringen, auszustreichen, [Bd. 1, Sp. 993] 4) ausstreichen, virgis caedere, ausstäupen, auspeitschen, streiche auf den rücken geben, was auch ein bemahlen mit striemen heiszen könnte, da mit der rute, dem besen, wie mit dem pinsel gestrichen wird: mit ruoten zum tor uszgstrichen. fastn. sp. 871, 32; so lasz mit ruten streichen aus Möchus ward mit ernst vermahnt in ein andre haut zu krichen, 5) ausstreichen, everrere, auskehren, das gleichfalls mit dem besen geschieht: es kommen gäste, streich die stube schnell aus!; die tenne musz, bevor der tanz beginnt, erst einmal ausgestrichen werden. 6) den fusz ausstreichen, unter dem volk ein zeichen der höflichkeit (s.ausscharren): ungezwungene stellungen des leibes lassen sich nicht blosz dadurch erlangen, dasz man den rücken krümmen und den fusz ausstreichen lernet. 3, 446. der transitivausdruck geht aber leicht über in den intransitiven mit dem fusz ausstreichen: der alte verwalter strich ungeschickt mit dem fusz aus. Wilhelmine 34. 69; du sollst auf dem Bucephalus sitzen, ob er sich gleich wie ein elephant in die luft hebt, seinen speckhals krümmt und hinten ausstreicht und wiehert. 1, 409. man sagt von rossen und hunden, sie streichen mit den beinen aus, streichen aus, laufen schnell. 7) intransitiv, ausstreichen, evagari: die eulen, fledermäuse streichen aus; der ein ist wie ein löw erhitzt,
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